Das führende europäische Fachmagazin für Spinnentiere »ARACHNE« ist das zweimonatlich erscheinende Publikationsorgan der Deutschen Arachnologischen Gesellschaft e.V. (http://www.dearge.de).
Sie umfasst ca. 50 Seiten und befasst sich mit Themen rund um Spinnentiere - mit Ausnahme der Ordnung Acari (Milben) - wobei der Schwerpunkt bei den Theraphosidae (Vogelspinnen) liegt.
1. Deutsche Arachnologische Gesellschaft e. V. Mitteilungen
8. Jahrgang
Heft 2
März 2003
in dieser Ausgabe:
• Atypus piceus – auf der Suche nach der einhei-
mischen Vogelspinne, ein Exkursionsbericht
• Vergesellschaftung von Vogelspinnen mit Asseln
• Der »Spinnenmann« kommt – Tierischer Besuch
in der Grundschule
• Spinne des Jahres 2003 – Die große Zitterspinne
Pholcus phalangioides
ISSN 1437-5214
2. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
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schen Vogelspinne, ein Exkursionsbericht . . . . . . . . . . . . 4 - 10
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3. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
Atypus piceus – auf der Suche nach der einheimi- Meter links von unserem »Dschungeldurch- zunächst jenen Arten, die einem nicht gleich den
bruch« verlaufenden wunderbar begehbaren ganzen Vorrat an Geduld und Hartnäckigkeit
schen Vogelspinne, ein Exkursionsbericht Wanderweg, der zum gleichen Ziel führte, abverlangten. Erwähnenswert und ebenfalls nicht
von Tobias Dörr und Dipl. Biol. Thomas Lübcke sahen wir erst viel später... einfach zu entdecken ist Aulonia albimana, eine
Wie dem auch sei, dem durch zahlreiche grazile kleine Wolfsspinne, die, im Gegensatz zu
Literaturstudien geschärften, Atypus suchen- ihrer übrigen Verwandtschaft, ein Fangnetz baut:
Die meisten Exkursionen, die im Rahmen scheinbar höhere Lagen. A. muralis ist eine den Auge entging nicht, dass dies der bisher Eine kurze Röhre im Boden, deren Eingang in
des Biologiestudiums an der Universität eher östliche Art mit den westlichsten Vor- heißeste Tipp bei unserer Suche nach dem einen Fangtrichter ausläuft. Zumeist am Waldrand
Hannover in Zusammenarbeit mit der Tier- kommen im Harzvorland. orthognathen Burschen war: Ein Trockenra- unter Steinen und Holz zeigte sich indes unser größ-
ärztlichen Hochschule angeboten werden, Atypus piceus schliesslich kommt in Zen- sen in südlicher Hanglage mit Übergang ter heimischer Laufkäfer : Carabus coriaceus.
haben geradezu Kultstatus. Genauso verhält traldeutschland vor, nördlich bis Greifswald, zum Eichenmischwald, an dessen Rand Kie- Die reichhaltige Vegetation aus Doldenblütlern,
es sich mit den im Harz und Harzumland in Höhenlagen bis 1200 Meter. fern wuchsen – (fast) genau so steht es Kompositen und Glockenblumen bot jedoch vor
abgehaltenen »Entomofaunistischen Übun- Alle Arten können sympatrisch (= eine eigentlich in allen Büchern! allem Fliegen und Schmetterlingen als ihren auffäl-
gen«, die alljährlich von Herrn Dr. Albert Region bewohnend, zum Beispiel in Südti- ligsten Besuchern einen idealen Lebensraum. Diver-
Melber vom Institut für Tierökologie und rol) und sogar syntopisch (= im selben Bio- Der Standort ließ, wie eingangs angedeutet, nicht se Schwebfliegenarten, vor allem aus der Unterfami-
Zellbiologie veranstaltet werden und deren top lebend, gemischte Kolonien) vorkom- nur Atypiden, sondern auch eine Reihe anderer lie der Eristalinae, ließen sich in Ruhe beobachten.
Ruf arthropodenbegeisterte Studenten jeden men (alle Angaben aus K RAUS und BAUR höchst interessanter Spinnen und Insekten erwarten. Große Exemplare der Gattung Volucella, vor
Semesters herbeilockt. 1974). Dementsprechend allem V. pellucens waren ebenso vertreten wie die
Dabei bearbeitet jeder Student eine Glie- widmete ich grabwespenähnlichen Xanthogramma-Arten.
derfüßergruppe, wobei das Erlernen von All diese Daten schwebten uns im Kopf, als mich Unter den Schmetterlingen erkannte ich gerade noch
Präparations- und Bestimmungstechniken wir am Montag dem 5. August 2002 von Papilio machaon, den
im Vordergrund steht. Aufgrund persönli- unserem Stützpunkt in St. Andreasberg star- Schwalben-
cher Präferenzen kümmerten wir uns um teten. schwanz. Ein
den arachnofaunistischen Teil, wobei ein Ziel der Exkursion war ein Kalkmager-
ganz besonderer Fund gemacht werden rasen in der Umgebung von Göttingen. Als
konnte: Die heimische Vogelspinnenver- solcher faunistisch und floristisch vielver-
wandte Atypus piceus (SULZER 1776). sprechend, war dieser Standort für uns von
Gastteilnehmer für einige Tage war Prof. besonderem Interesse, da Herr Dr. Melber
E. Wachmann aus Berlin, der angereist kam, im Vorjahr dort zufällig auf einen Atypiden-
um die eine oder andere sechs- oder achtbei- Fangschlauch gestoßen war.
nige Sehenswürdigkeit fotografisch festzu- Unsere Ankunft begann als kleines
halten. Abenteuer, denn obgleich wir den von
Herrn Dr. Melber erwähnten Lebensraum
Die Gattung Atypus ist mit ihren drei Arten auf einem Hügel hinter einem ziemlich
Atypus affinis EICHWALD 1830, Atypus muralis dicht aussehenden Jungwaldstück vermute-
B ERTKAU 1890 und Atypus piceus (S ULZER ten, so versperrte uns eben jenes den Weg
1776) die einzige mitteleuropäische Reprä- ins gelobte Land! Dabei blieb es nicht lange,
sentantin der Unterodnung Mygalomorphae Thomas und ich sahen uns nur an, irgendje-
(Orthognatha). Atypus affinis ist am weitesten mand sagte »Also los« und schon stürzten
von allen verbreitet und ist sogar bis Süd- wir uns mitten ins Dickicht, weder Abschür-
schweden und im südlichen Schottland zu fungen noch Zecken fürchtend und kamen
finden (CROWSON und CROWSON, 1934 keuchend und schwitzend schließlich am
Atypus piceus, in Verteidigungsstellung
ex KRAUS und BAUR 1974), meidet aber unteren Rand einer Wiese an. Den keine 20 Foto: Prof. E. Wachmann
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4. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
Schmetterlingsspezialist hätte sicherlich seine helle x-ten Male verdorbene Foto) zwischen den Kiefern jedoch von den Wächterinnen am Höhleneingang meine Pflicht, dem eigentlichen Sinn unse-
Freude an dem Artenreichtum gehabt; aber wenn von Vespa crabro. Immerhin ließ sich dadurch das drohend abgewehrt. res Kommens nachzugehen. Doch wie
man interessenhalber den unauffälligeren Bewohnern Hornissennest ausfindig machen; ich Bevor ich mich wieder der Suche nach dem beginnen? Einfach irgendwo hinknien und
einer solchen Wiese den Vorzug gibt, bleibt den mei- brauchte bloß der Arbeiterin mit ihrer Hauptziel dieser Exkursion widmete, bekam ich den Boden anstarren ist zwar, wie ich aus
sten Faltern nur die Demütigung, umfassend frisch erlegten Beute hinterherzulaufen, noch ein Weibchen der überall umherraschelnden
als »Bläulinge« oder »tja...« determiniert um zu sehen, wie sie nach etwa fünfzig Zauneidechsen zu fassen. Ich befreite sie von fünf-
zu werden. Ich wandte mich Metern in den Sinkflug ging und in zehn Zecken, die sich an ihrem Hals festhielten,
daraufhin den meiner An- einem Erdloch verschwand, aus setzte sie zurück und sah zu, wie sie, heilfroh, einem
sicht nach interessanteren dem mir sogleich einige ihrer vermeintlichen Fressfeind entkommen zu sein, im
Raupenfliegen zu, jedoch Kolleginnen entgegen- Gras verschwand.
nicht ohne den Vorsatz, Schmetterlingen kamen. Zu mei- Mittlerweile brauchte ich mich nicht mehr durch
künftig mit mehr als nur höflicher Auf- ner Beruhigung den Bodenbewuchs zu wühlen, um einen Fang-
merksamkeit zu begegnen (schon aus der zeigten sie jedoch schlauch zu finden: Während ich mir geruhsam
Erkenntnis heraus, dass die meisten an mir nicht annä- einen Überblick über den Standort gegönnt hatte,
Tachiniden ohne ihre farbenprächtige hernd soviel Interesse hatte Tobias sich längst voller Eifer in die Arbeit Zauneidechsenweibchen (Lacerta agilis) mit Zecken
Nahrungsgrundlage wohl ebenfalls wie umgekehrt. Im- bzw. ins Gras gestürzt und wurde dementsprechend Foto: Dipl.-Biol. Thomas Lübcke
gefehlt hätten). merhin hatte ich er- als erster fündig.
Mit etwas Glück war die in wartet, direkt vor meiner Erfahrung mit Falltürspinnen weiß,
Größe und Färbung schon hum- dem Eingang zu Während Thomas also nur noch als wedeln- recht effektiv, aber der innere Schweinehund
melähnliche Große Raupenfliege Tachina grossa ihrem Nest zu- der Kescher erkennbar hinter der nächsten grölt dann doch immer ein faules »Da gibt
zu beobachten, die wohl spektakulärste Art ihrer Carabus coriaceus mindest gründlich Hügelkuppe verschwand, hielt ich es für es doch eh nichts!« und verlangt nach einer
Familie in Mitteleuropa, deren Larven sich von Foto: Tobias Dörr
gemustert zu wer- etwas komfortableren Lösung. Also begann
großen Raupen, wie der des Schwalbenschwanzes, den; anscheinend ich damit, teils aus Berechnung, teils aber
ernähren. war es für sie nicht die Mühe wert, auch durch von mehreren arachnologischen
Anders Alophora hemiptera: Diese Art, einen neugierigen, solange nicht übermüti- Interessenjahren geschulten Reflexen, Steine
äußerlich eher einer Schwebfliege ähnlich, befällt gen, Entomologen in seine Schranken zu weisen. und Ähnliches umzudrehen.
Blattwanzen. Auffällig sind vor allem die Männ- Nach einer Weile und mit gebührendem Respekt Ein weggeworfenes Taschentuch erregte
chen, deren ungewöhnlich zog ich mich vom Nest dieser – zugegeben – bedroh- unter einer Steinplatte meine Aufmerksam-
breite Flügel bräunlich- lich wirkenden und deswegen leider immer noch häu- keit. Ich schaute genauer hin und meine zur
violett schimmern. fig missverstandenen Geschöpfe zurück. Nach einer Näherungsdistanz umgekehrt proportionale
Während meiner Weile fand sich ein Bodennest ihrer kleineren Ver- Verdachtserhärtung wurde vollends zur
Suche nach weite- wandten, Paravespula vulgaris. Im Grunde nichts Gewissheit, als ich das Gebilde in die Hand
ren Besonderheiten besonderes – jeder Kleingartenbesitzer hat schon ein- nahm: Ein Fangschlauch! Erst da bemerkte
wurde ich ständig mal ein Wespennest beherbergt (oder es von der Feu- ich den außerhalb des Steines im Moos ent-
von Hornissen beglei- erwehr entfernen lassen), doch hier wurde ich sogleich lang laufenden Rest der Röhre. Doch die
tet, die zwischen den Dol- auf ein Paar Conopiden (Dickkopffliegen) der Gat- Freude währte, so ist es ja meistens, nicht
den patrouillierten. So tung Conops aufmerksam, die vor dem Eingang allzu lange, denn da gab es zwei Probleme:
endete die eine oder andere lauerten. Conopiden parasitieren vor allem Hymen- 1. Die Röhre war schon halb zerfallen und
Graphosoma hirsutum
Foto: Tobias Dörr Schwebfliege, die sich zu opteren, und in diesem Fall wartete das Conops- demzufolge wohl verlassen.
meiner Freude nach lan- Weibchen darauf, eine heimkehrende Arbeiterin von 2. Wie es sich immer verhält, wenn man die
gem Zögern endlich für einen Schnappschuß auf hinten anfliegen und ihr ein Ei anheften zu können, versteckteren Gesellen des Spinnenreiches
einer Blüte niederließ, zu meinem Entsetzen (teils was ihr auch hin und wieder gelang; meist wurde sie mal aufspürt: Selbst wenn die Röhre Acht-
über den hinterhältigen Angriff, teils über das zum Araneus diadematus beiniges beinhaltete, so würde dieses sich si-
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5. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
ren (Leider fand ich im Nachhinein nichts über fer’ einordnen?« Vielleicht ist die Frage berechtigt.
mögliche Prädatoren oder Parasiten von Atypus Wer wäre betrübt, wenn die »gefährliche Hornisse,
spp. und bin daher für Hinweise dankbar!). die einen Menschen mit drei Stichen tötet«, nur noch
Die Bewohnerin nach oben zu locken, indem in Büchern zu finden wäre? Häufig geistert diese
ich, sachte ans Gespinst klopfend, ein potenzielles Vorstellung noch immer in den Köpfen vieler Men-
Beutetier imitierte, funktionierte nicht. Durch unse-
re emsige Tätigkeit übertage war sie längst gewarnt
und ließ sich nicht so leicht täuschen. Die einzige
Chance, sie zu sehen, war also, ihren Fangschlauch
an einer Stelle vorsichtig aufzuschneiden und mög-
lichst regungslos zu verharren, bis die Spinne nach
oben käme, um das Loch zu stopfen. Diese Taktik
erwies sich letztendlich als erfolgreich (auch wenn es
alles andere als einfach war, die Stechmücken zu
ertragen, die ihre Chance offensichtlich klar erkannt
hatten; eine abwehrende Bewegung meinerseits, und
die Spinne, die gerade im Begriff war, ihre schüt-
»Atypus-Rasen« bei Göttingen mit eifrigem Entomologen
zende Deckung zu verlassen, verschwand wieder in
Foto: Michael Weber den Tiefen des Erdreichs). Als sie schließlich doch
wagte, zum neu entstandenen Ausgang ihrer Behau-
cherlich einige Dezimeter tiefer befinden Je mehr Schläuche wir fanden, desto fru- sung emporzuklettern, gelang es mir, ihr den Rück-
und sich damit unserer Aufmerksamkeit auf strierender wurde es, denn obig als Problem weg abzuschneiden, indem ich mit einem Finger
ewig entziehen – oder etwa nicht? Nr. zwei angesprochener Sachverhalt blieb rasch, aber vorsichtig den Fangschlauch hinter ihr
Während ich noch diesen Gedanken bestehen: Die Spinnen hatten schlichtweg niederdrückte. Wenig begeistert von diesem Überfall,
nachging, war Thomas schon herbeigelaufen keine Lust, an einem herrlichen Sommertag zeigte sie sich während der folgenden Schnappschüsse
gekommen und unserer nun durch den wie diesem irgendwelchen Riesen zu begeg- entspechend gereizt (siehe Fotos Farbtafel Abb. 6
Katalysatorfund entfachten Aufmerksamkeit nen, welche sich über ihre Röhren beugten. & 7), was uns doch sehr an ihre asiatische Thera-
entging die Nachbarröhre nicht, welche Eines jedoch, so fand Thomas heraus, phosidenverwandtschaft erinnerte.
doch recht passabel und damit bewohnt aus- nervt die Spinnen dann doch so sehr, dass Die Bilder im Kasten, setzten wir das Tierchen, Argiope bruennichi
sah. Ist der Anfang erst mal gemacht, geht sie alle Vorsicht vergessen: Man schneide ein das uns in diesen paar Minuten trotz seiner schlech-
alles wie von selbst: Auf dem Boden krie- kleines Loch in das Ende eines Schlauches ten Laune doch sehr sympathisch geworden war, schen umher. Wen kümmert es, ob in unserer
chend stellten wir fest, dass unsere Atypi und warte geduldig. zurück in seinen Fangschlauch. Die Exuvie, die es Umgebung »Vogelspinnen« leben oder nicht? Kaum
scheinbar nichts darüber gelesen hatten, wie beim Hausputz vor die Tür gelegt hatte, nahmen jemand ist sich dessen bewusst, und noch weniger
man sich als solche verhält: Mehrere Röhren Atypiden erbeuten verschiedene, meist am Boden wir mit – als Souvenir. bekommen sie je zu Gesicht. Und wen störte es,
fielen uns nicht durch die Ähnlichkeit mit ei- lebende Arthropoden, indem sie, sobald sich etwas wenn sogar Atypus’ große Verwandte eines Tages
nem alten Taschentuch auf, sondern durch über ihren oberirdischen Fangschlauch hinwegbewegt, Am Ende einer erfolgreichen, 9tägigen Exkursion, von der Bildfläche verschwänden, abgesehen von eini-
die Häutungsreste, welche, nicht wie gele- ihre Chelizeren von innen durch die Spinnseide ste- gemeinsam den offiziellen oder persönlichen Erst- gen Exemplaren, die von wenigen Interessierten als
sen, in der Röhre deponiert wurden sondern chen und mit ihnen das Opfer packen. Sogleich wird nachweis des einen oder anderen Exemplars mit skurrile Haustiere gehalten werden? Wahrscheinlich
an deren äußeren Ende – mit einer aus die Beute in die Röhre gezerrt, wodurch diese einem Glas Sekt begießend, stellte ich mir insgeheim würden viele dies lediglich mit einem Achselzucken
einem solchen Häutungsrest herauspräpa- beschädigt wird. Ist der Fang sicher verstaut, macht die Frage: »Wozu der ganze Aufwand? Wozu legt quittieren. Und trotzdem (oder gerade deshalb) wäre
rierten Vulva gelang uns übrigens auch die sich die Bewohnerin unverzüglich daran, das Loch man Sammlungen an, erstellt Artenlisten, verhängt das unauffällige Verschwinden dieser und anderer
endgültige Artbestätigung: Atypus piceus! im Fangschlauch wieder mit Spinnseide zu schließen, Schutzstaten für Organismen, die die meisten wohl ungeliebter Geschöpfe ein nicht wieder gut zu
wohl auch, um Feinden ein Eindringen zu verweh- eher in das wenig schmeichelhafte Taxon ‘Ungezie- machender Verlust. Ein Verlust, der letztendlich,
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6. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
wie der tägliche Niedergang so vieler Arten, besten- LITERATUR: Vergesellschaftung von Vogelspinnen mit Asseln,
falls zur Kenntnis genommen würde.
Selbst als Biologe bin ich mit meiner Faszinati- KRAUS , O. & H. BAUR (1974): Die Atypi-
Teil II*
on für allerlei Wirbellose ein »seltenes Exemplar«. dae der Westpaläarktis, Systematik, Ver- von Marc Würde
Vielleicht sollte ich einen persönlichen Schutzstatus breitung und Biologie. Abh. Verh. natur-
beantragen. wiss.Ver. Hamburg (NF)17, S. 85-116,
Als wir Herrn Prof. Wachmanns Insektenfotos Hamburg EINLEITUNG [Porcellio scaber], Nasen-Kugelassel [Armadilli-
samt Kamera bewunderten, fragten wir ihn, wie BELLMANN, H. (1997): Kosmos-Atlas Spin- dium nasatum] und gewöhnliche Kugelassel
kostspielig eine solche Ausrüstung sei. Er antwortete nentiere Europas. Franckh-Kosmos Verlags Im ersten Teil dieses Berichtes (W ÜRDE , [Armadillidium vulgare]) unterschieden, da die
lächelnd, um sich das leisten zu können, musste er GmbH & Co., 1. Auflage, Stuttgart 1997 2002) wurde beschrieben, wie meine ersten gesammelten Tiere nicht bestimmt wurden.
ein hohes Alter erreichen. Bis wir soweit seien, gäbe HEIMER, S. & W. NENTWIG (1991): Spin- Versuche zur Vergesellschaftung von Vogel- Die Grösse der ausgewachsenen Tiere liegt
es eh’ keine Tiere mehr, die wir fotografieren könn- nen Mitteleuropas. Verlag Paul Parey, Ber- spinnen mit Asseln scheiterten. Jetzt, etwa zwischen 15 und etwa 20 mm.
ten. lin ein Jahr danach, kann ich über weitere Ver-
Ich habe angefangen, dafür zu sparen. suche und den daraus gewonnenen Erfah-
Adressen der Autoren: rungen berichten. Ich werde zeigen, unter
DANKSAGUNG: Dipl. Biol. Thomas Lübcke welchen Vorraussetzungen eine Vergessel-
Quellengrund 2a schaftung möglich ist.
Wir danken Herrn Dr. Melber (Inst. f. 30453 Hannover In verschiedenen Beiträgen in Internet-
Tierökologie und Zellbiologie, Tierärztliche ! tmarus@web.de foren (z. B.: im Vogelspinnen InfoCenter
Hochschule Hannover) für die äußerst hilf- www.vsic.de, ...) werden Asseln (neben
reichen Angaben zum Fundort und Herrn Tobias Dörr Springschwänzen) als »Putzkolonne« für’s
Prof. Wachmann (Institut für Biologie/Zoo- Falkenstraße 24 Terrarium bezeichnet. In »The Tarantula
logie, Universität Berlin) sowie unserem 30449 Hannover Keeper’s Guide« (S CHULTZ & S CHULTZ ,
Bekannten M. Weber für die uns zur Verfü- 1998) wird von Vogelspinnenliebhabern
gung gestellten Exkursionsfotos. berichtet, die die Vergesellschaftung ihrer
Spinnen mit Asseln praktizieren. Dagegen
SUMMARY: bezeichnen F RIEDERICH und VOLLAND
(FRIEDERICH & VOLLAND, 1998) Asseln als »weiße Asseln« (vermutlich Trichorhina tomentosa)
Atypus piceus – the search for the native bird- Futtertiere für Vogelspinnen. VON WIRTH
eating spider. UND H UBER ( VON W IRTH & H UBER , 2002) RAHMENBEDINGUNGEN
erwähnen, dass man Springschwänze und
In August 2002 some members of Hanno- Asseln in Terrarien ansiedeln kann, da diese Die Asseln wurden an verschiedenen Stellen
ver University (biological section) did a field Futterreste und Schimmel vertilgen. In die- gesammelt. Ein Teil der Asseln wurde im
trip in order to find and observate Atypus sem Artikel wird auch P ROY (P ROY , 2000) Wald, abseits von Feldern und Straßen ge-
piceus. Some specimen of this mygalomorph zitiert, der über die Zucht der Weißen Assel sammelt, ein anderer Teil direkt an einem
spider were found and photographed in a und ihrer Verwendung als Futtertier berich- Haus, in einem schmalen Steinstreifen, nahe
region called »Harz« (Germany). Other ins- tet. der Straße.
ects and spiders were found and documen- In dem hier vorgelegten Bericht wird Die in der Tabelle 1 beschriebenen Ter-
ted, too. nicht zwischen den verschiedenen Asselar- rarien wurden mit jeweils ca. 15-20 Asseln
ten (Mauerasseln [Oniscus asellus], Kellerassel besetzt (Aussnahme: Terrarium IV (Brachy-
pelma smithi) nur mit 7 Asseln).
____________________
*) Teil I: siehe (WÜRDE, 2002)
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7. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
Tabelle 1: Einrichtung der Terrarien: Bodengrund bei allen Terrarien ist Terrarienhumus, Vogelspinnen bis etwa 3 cm Körperlän- experiments were done to gain information
ausserdem ist eine Wasserschale in geeigneter Grösse vorhanden. ge scheinen unsere heimischen Asseln mit about the size a woodlouse population has
einer Körperlänge von bis zu 20 mm als to be to exist continually in the cage of a
Nr. Spinne Alter Maße (LxBxH) KL (in cm) Einrichtung Futtertiere zu betrachten und verhindern so bird spider.
eine erfolgreiche Besiedelung mit den einge-
I Avicularia versicolor NZ 08/00 30x30x40 cm 5 Korkrinde, Weinrebe,
setzten Tieren. Dass die Besiedelung in Ter- LITERATUR
Grünlilie, Efeu
rarium II (Avicularia minatrix; Farbtafel Abb.
II Avicularia minatrix NZ 05/01 20x20x30 cm 3 Korkrinde, Pflanze
4) erfolgreich, in Terrarium V dagegen nicht F RIEDERICH , U. & VOLLAND, W. (1998):
III Chromatopelma cyano- NZ 10/00 30x30x25 cm 5 Korkrinde, Efeu,
erfolgreich verlaufen ist, lag nicht am Grös- Futtertierzucht: Lebendfutter für Vivari-
pubescens Farn
senverhältnis Spinne/Assel, das ja ungefähr entiere. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart, 3.
IV Brachypelma smithi NZ 98 30x30x20 cm 5 Blumentopf, Efeu,
gleich war, möglicherweise spielt hier die Auflage.
Grünlilie
grössere Grundfläche im Terrarium II die P ROY, C. (2000): Praktische Erfahrungen
V Avicularia metallica NZ 02/01 15x15x20 cm 3 Korkrinde, Efeu
entscheidende Rolle. bei der Zucht der Grüunen Schabe (Pan-
VI Grammostola rosea NZ 10/98 20x15x15 cm 3 Korkrinde
VII Grammostola rosea NZ 10/98 20x15x15 cm 3 Korkrinde chlora nivea) und der Weissen Assel
AUSBLICK (Trichorhina tomentosa) sowie ihre Ver-
wendung als Futtertiere. Her petofauna
Ich plane die bei einigen Futtertierversen- 22(127): 19-22.
BEOBACHTUNGEN Asseln von der Spinne gefressen wurden. dern erhältlichen »weissen Asseln« in einer SCHULTZ, S. A. & SCHULTZ, M. J. (1998):
Die Asseln sind im Verhältnis zur Spinne zu weiteren Versuchsreihe einzusetzen. Da- The Tarantula keeper's guide. Barron’s
Die Kontrolle der Asselpopulation erfolgt klein, um als Futtertiere wahrgenommen zu durch wäre die Gefahr des Einschleppens Educational Series, Inc, Hauppauge, New
nachts, da sich diese Tiere tagsüber eingra- werden. von Umweltgiften durch »in freier Wild- York, 2. Auflage.
ben. Es wird die Zahl und die Grösse der Die Terrarien I-III weisen auch nach bahn« gefangene Asseln reduziert. Ausser- VON WIRTH, V. & HUBER, M. (2002): Eini-
Tiere überprüft. Die Überwachung ist nicht nunmehr 12 Monaten noch Asseln auf. Für dem sind diese Tiere, wenn sie ausgewach- ge Praxis-Tipps zur Haltung von Haplo-
einfach, da sich die Asseln nicht in jeder Asseln geben F RIEDERICH und VOLLAND sen sind, deutlich kleiner (etwa 5 mm) und pelma Arten und anderen Röhren
Nacht zeigen. Manchmal wurden in den (F RIEDERICH & VOLLAND , 1998) eine werden damit wohl auch von kleineren bewohnenden Vogelspinnen. DeArGe
Terrarien in bis zu 7 Nächten hintereinander Lebenserwartung von 3-4 Jahren an. Es Vogelspinnen nicht mehr als Futtertier Mitteilungen 11: 14-23.
keine Asseln gesichtet, während dann in der könnte sich also bei den beobachteten Tie- wahrgenommen. WÜRDE, M. (2002): Vergesellschaftung von
nächsten Nacht zwischen 10 und 20 Tiere ren noch um die ursprünglich eingesetzten Wie P ROY (P ROY , 2000) berichtet, ver- Vogelspinnen mit Asseln. DeArGe Mittei-
beobachtet werden konnten. Tiere handeln. Da in den Terrarien aber mehren sich sog. weisse Asseln im Gegensatz lungen 1: 4-5.
Es sind keine Unterschiede in der Popu- auch Jungtiere beobachtet wurden (etwa 2 zur Kugelassel (Armadillium vulgare) und Kel-
lation durch Asseln der unterschiedlichen mm lang), scheinen die Asseln sich erfolg- lerassel (Porcellio scalor) parthenogenetisch. Adresse des Autors:
Sammelstellen aufgefallen. reich fortgepflanzt zu haben und die Popu- Man ist also nicht darauf angewiesen, dass Marc Würde
In den Terrarien V-VII nahm die Asseln- lation hat sich stabilisiert. man beim Sammeln männliche und weibli- Aspergstr. 16
population innerhalb von drei Wochen auf che Asseln findet. 72131 Ofterdingen
Null ab. Die Spinnen frassen alle Asseln auf. FOLGERUNGEN
Als Indizien hierfür dienen einerseits die SUMMARY:
gefundenen Futterreste, andererseits wurde Um eine stabile Asselpopulation zu erhalten
das Verzehren der Asseln direkt beobachtet. sollten nach den oben beschriebenen Beob- The association of bird spiders with wood-
Im Terrarium IV (Brachypelma smithi) achtungen mindestens 15, besser 20 Tiere lice, Part II
konnten die Asseln nicht weiter beobachtet ins Terrarium gegeben werden. Kleinere
werden. Dies kann an der zu kleinen Assel- Populationen scheinen mit der Zeit nicht This second article of Marc Würde treats
population gelegen haben, es ist auch mög- länger lebensfähig zu sein. the conditions by which it is possible to
lich, aber eher unwahrscheinlich, dass die associate bird spiders with woodlice. Several
12 13
8. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
Der »Spinnenmann« kommt – Tierischer Besuch in keit der Kinder auf sich zu ziehen und diese ich zunächst ein Stück Spinnseide aus einem
dann vom Wesentlichen abzulenken. Gespinst in die Runde, damit jeder mal
der Grundschule Nach der Pause kamen auch schon die testen konnte, wie sich sowas anfühlt und
von Thorsten Gurzan Kinder in die Klasse und wurden direkt auf- dass es nicht unbedingt klebrig sein muss.
gefordert sich in einem Kreis um die »Mane- Währendessen stellte ich noch je eine Dose
ge« zu setzen. Nach anfänglichem »iiiiiih mit einer Avicularia versicolor (Farbtafel Abb.
ANMERKUNG: Die Gesichter der Kinder wurden So kam ich dann in der großen Pause, Spinnen«, welches aber schnell der Faszinati- 2) und einer Psalmopoeus irmina, welche gera-
auf Wunsch der Schulleitung unkenntlich gemacht. um kurz nach zehn, in der Schule an. Die on wich, stellte ich mich vor und begann mit de die geeignetsten Gespinste für eine Ver-
Lehrerin der Klasse, in der ich meinen »Auf- anschaulichung einer »Wohnburg«
Die Kinder eines 3. Schuljahres erwarteten tritt« haben sollte – eine Freundin von mir – gebaut hatten, zu den anderen
schon gespannt den Besuch des »Spinnen- hatte grade Pausenaufsicht und winkte mich Achtbeinern in die Mitte. Mit eini-
mann«. Nicht weniger gespannt war ich. direkt vom Parkplatz auf den Schulhof. Ich gen kleinen Hilfen erarbeiteten wir
Schließlich war es auch für mich das erste stieg aus meinem Auto aus und sofort bilde- dann, dass einige Spinnen auch ein
mal, dass ich zum Thema »Spinnen« in eine te sich eine kleine Traube von Kindern, die Wohngespinst bauen, um sich vor
Grundschulklasse eingeladen wurde. Weni- sich an den Autoscheiben die Nasen platt dem Wetter zu schützen, sich vor
ger der fachliche Anspruch, als vielmehr die drückten, und sich so einen Blick auf meine Feinden zu verstecken und auf Beu-
methodisch-didaktische Kompetenz war es, achtbeinigen Freunde erhofften. Und natür- te zu lauern. Außerdem wollten wir
was mich bei meiner Vorbereitung beschäf- lich boten sich beim ausladen auch gleich uns merken, dass es auch Spinnen
tigt hat: Werden die Kinder verstehen, was eine Menge fleißiger Helfer an. gibt, die keine Netze bauen, wie die
ich ihnen zu vermitteln versuche? Zur Nachdem nun alle Kisten mit Terrarien Springspinnen, die ja jedes Kind
Erklärung muss ich aber noch sagen, dass und sonstigen »Mitbringseln« gut im Klas- kennt.
ich eine Grundschulpädagogig-Studentin im senraum angekommen waren, wurde ich Und wie eine Spinne ein Beute-
höheren Semester zur Freundin habe, und dem Direktor, der auch schon aufgeregt im tier ohne klebriges Netz fängt, woll-
deshalb wohl ein »gebranntes Kind« bin. So Klassenzimmer sowohl mit einer Foto- als Begeistert werden die Häute betrachtet.
ten natürlich alle sehen. Ich holte
musste ich dann auch eine Menge gut auch mit einer Videokamera »rumwerkelte«, Foto: Thorsten Gurzan eine Schachtel mit Heimchen her-
gemeinter Ratschläge wie »sprich langsam« vorgestellt. Auf einem bereitgestellten Tisch aus, die ich auch erst einmal in die
oder »verwende deutsche Bezeichnungen« stellte ich dann 3 Terrarien mit jeweils einer meinem Konzept, welches durch bestimmte Runde gab, da viele der Kinder solche Tiere
neben einigen »Horrorgeschichten aus dem Acanthoscurria geniculata, Brachypelma vagans Präsentationen und gezielte Fragen den Kin- noch nie gesehen hatten. Ich erzählte ihnen
Klassenalltag« über mich ergehen lassen. und einer Avicularia huriana. Alles andere dern Grundlegendes über Spinnentiere zu noch, was sonst noch so auf dem »Speise-
Aber erstens kommt es anders und zwei- verschwand in einer Ecke unter einer vermitteln versuchte. plan« der Spinnen steht und fing derweil an
tens als man denkt. großen Decke, um nicht die Aufmerksam- Meine erste Frage bezüglich einer Spinne mit der Fütterung. Ein Highlight – eigent-
– »Was ist das?« – wurde natürlich schnell lich hätte ich den Rest der Zeit nichts ande-
und von allen beantwortet. Schwieriger wur- res machen brauchen als zu füttern. Neben-
de es schon, als ich wissen wollte, woran sie bei erklärte ich noch, dass die Spinne das
die Spinne nun erkannt haben. »Warum ist Beutetier eigentlich nicht frisst, sondern
es denn keine Maus?« – wir stellten schließ- dass sie eine Art Magensäure in die Beute
lich fest, dass Spinnen bzw. Spinnentiere einspritzt, wodurch sich diese dann von
acht Beine haben. innen auflöst. Dieser Nahrungsbrei wird
Und was ist typisch für eine Spinne? Na dann von der Spinne aufgesogen. Übrig
klar, das Spinnennetz. Dieses wurde dann bleibt dann nur ein kleiner Rest, der nicht
als rund und klebrig beschrieben,und dass es aufgelöst werden kann.
zum Fang von Insekten eingesetzt wird - Weiter ging es dann mit dem Wachstum
Der Unterricht beginnt. Erste Begegnung mit den »ungewöhnlichen« Tieren.
Foto: Thorsten Gurzan Foto: Thorsten Gurzan ganz wie ich es erwartet hatte. Darum gab der Spinnen. Dazu konnte mir kein Kind
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9. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
etwas sagen und ich versuchte anhand von über die Funktion des Kokons und über die Bevor ich meine »Vorführung« beendete Menschen gefährlich werden können und
Beispielen und zwei aufeinander folgenden durchschnittliche Anzahl der Eier im und die Kinder in die Pause geschickt wur- dass die kleinen Spinnen, denen man so
Exuvien einer Avicularia versicolor das Prinzip Kokon, die je nach Art unterschiedlich sein den, kamen wir zu einem Thema welches häufig begegnet, meist gar nicht in der Lage
klar zu machen, was mir anscheinend auch kann. Meiner Meinung nach schien dies aber mir ganz besonders wichtig war: »Spinnen: sind in unsere dicke Haut mit den kleinen
gut gelungen ist. Die von einer Vereinskolle- eher uninteressant zu sein und nach einem giftig und gefährlich?«. Warum ich das The- Zähnen beißen zu können. »Giftig und
gin zur Verfügung gestellte Haut einer Thera- kurzen Blick standen die Kinder schon wie- ma, wo es doch so wichtig ist, erst zum gefährlich« sind also zwei verschiedene
der vor den Terrarien und schauten der Schluß erwähnt habe, erklärt sich daraus, Sachen! »Wenn Ihr hier also irgendwo eine
Spinne zu, wie sie das Heimchen »bearbeite- dass die Kinder nämlich nun durch den Spinne seht, dann braucht Ihr überhaupt
te«. Umgang mit den Spinnentieren die anfängli- keine Angst zu haben und könnt sie mit den
Anschließend stellte ich die Frage, ob che Scheu und Reserviertheit gegenüber die- Händen ohne Probleme nach draußen set-
jemand weiß, wie Spinnen »schmecken« sen urtümlichen Tieren verloren hatten und zen, anstatt sie, wie viele das machen, ein-
können. Schließlich haben sie ja keine Zun- nun m. E. offen dafür waren dieses Thema fach zu töten.« – das war für mich die wich-
ge. Man glaubt gar nicht, wie kreativ Kinder unbefangen aufzunehmen. tigste Botschaft, die ich rüberbringen wollte.
sein können und was für Ideen »ausgebrü- Und so begann ich damit, den Kindern Dann erzählte ich noch etwas zum Gift der
tet« werden. Ein wenig ungläubig und über- zu erklären, dass fast jede Spinne giftig ist Vogelspinnen und zeigte anhand der Haut
rascht schauten mich die Kinder dann an, als um die Beute überwältigen und verdauen zu der Theraphosa blondi noch einmal die
ich ihnen erklärte, dass Spinnen quasi »mit können. Auch erklärte ich, dass es in Beißwerkzeuge.
den Haaren schmecken«. Deutschland keine Spinnen gibt, die dem
Als nächstes kramte ich ein Becken mit
zwei Pandinus imperator, die ich von einem
Spinnenkollegen geliehen hatte, unter der
Decke hervor und präsentiere diese eben-
falls auf dem nun schon recht vollen Tisch
in der Mitte des Stuhlkreises.
Und wieder wollte ich wissen : »Was ist
das?«, Die Frage wurde dann auch prompt
und wie erwartet beantwortet. »Aber wozu
gehören nun die Skorpione? Sind es viel-
leicht Insekten?«. Die Stimmen, die eben
»Begutachtung« des Größenunterschiedes zweier aufeinan-
derfolgender Avicularia versicolor Exuvien.
noch »Skorpion« gerufen hatten, wussten
Foto: Thorsten Gurzan diesmal keine Antwort. Dennoch gab es
noch genügend Kinder, die mir nun fach-
phosa blondi löste dann schon einiges Erstau- männisch erklärten, dass es sich wohl auch
nen aus und ermögliche außerdem sich ein- um Spinnentiere handeln müsse, da die
mal die Beißwerkzeuge und den Augenhügel Skorpione ja auch acht Beine haben. Als ein
näher anschauen zu können. Die Spinnen Beispiel für ein Tier das ebenfalls Scheren
wurden natürlich nicht schon so groß gebo- hat, aber nicht zu den Spinnentieren zählt,
ren und so hatte ich als Gegenstück einen erwähnte ich dann noch den Krebs, dem
Kokon einer Avicularia urticans mit Spiderlin- auch fast jedes Kind schon einmal am
gen im Larvenstadium (Farbtafel Abb. 3) Strand begegnet ist. Als wir damit begannen
unter ein Binokular gelegt, durch das jedes die Skorpione auch zu füttern , zeigten sich
Kind die Winzlinge betrachten konnte. Bei diese allerdings als wenig »kooperativ« und Umringt von den ganzen Kindern führt Thorsten die mitgebrachte Schwarze Witwe vor.
dieser Gelegenheit erzählte ich noch etwas verweigerten das Futter. Foto: Thorsten Gurzan
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10. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
Da es gut zum Thema passte und ich die Kinder wohl sehr erfreuen würde. Ich Namen und das genaue Verbreitungsgebiet sich meine Adresse aufzuschreiben oder
schon häufig gehört hatte, dass eine Schwar- persönlich finde diese Idee hervorragend ab, ein Eifer der mich sehr erstaunte. nach Exuvien zu fragen, die ich natürlich
ze Witwe von den Kindern ungefähr vom und freue mich darauf zu hören, was aus Abschließend durften dann die Kinder gerne weiter gab.
Aussehen so beschrieben wurde wie eine dem Projekt geworden ist. Wenn es dazu jene Fragen stellen, die bis jetzt noch unge- Wenn ich der Lehrerin glauben schenken
Grammostola pulchra, hatte ich eine Schwarze etwas Neues gibt, werde ich dies im Rahmen klärt waren. Ich erklärte z. B., warum die darf, dann habe ich mich ganz gut geschla-
Witwe einmal mitgebracht. Zuvor hatte ich der DeArGe natürlich veröffentlichen. Vogelspinnen »Vogelspinnen« heißen und gen und die Informationen interessant und
natürlich nach dem Aussehen und der Nach der Pause waren die Kinder nun warum sie an glatten Flächen hochklettern kindgerecht vermittelt.
Größe gefragt. Das sie dem Namen nach gefordert. Die Lehrerin hatte ein Blatt vor- können. Für Fragen oder konstruktive Kritik bin
schwarz sein sollte, war (fast) allen Kindern bereitet, auf dem die Kinder sich zu den Dann wurde ich noch nach den Namen ich natürlich immer offen und würde mich
klar. Die Meinungen über die Größe waren Tieren etwas notieren sollten, um später der Spinnen gefragt, die die Kinder in der über Reaktionen von Euch freuen.
allerdings genau so, wie ich es erwartet hatte. dann diese Daten für erwähnte Berichte etc. Pause zuvor in Spitzerdosen und ähnlichem
gefangen hatten. Ein Junge meinte dann SUMMARY:
noch aufgeregt, dass sich eine der gefange-
nen Spinnen wohl grade gehäutet hätte. Bei The spiderman comes – an »animal« visitati-
näherem hinsehen erwies sich die »Haut« on in a primary school
jedoch nur als die Reste des spitzens eines
Buntstiftes. Thorsten Gurzan visited a german primary
Besonders beeindruckte mich die Frage school and told the pupils about birdeating
einiger Kinder: »Welches ist die giftigste und spiders and scorpions. In order to prevent
welches die gefährlichste Spinne?«. Ich war fear and disgust at these fascinating animals
schon ein wenig stolz, dass meine Aus- he presented some specimen of his collec-
führungen nicht spurlos an ihnen vorbeige- tion.
gangen war. Vor allem weil die Theorie ja
bei weitem nicht so interessant scheint, wie Adresse des Autors:
das praktische Füttern! Thorsten Gurzan
Nach einem kräftigen Applaus wurde Sternenburgstraße 45
dann den Kindern freigestellt in die 2. Pause 53115 Bonn
In der abschließenden Fragerunde wurde aktiv mitgemacht.
Foto: Thorsten Gurzan zu gehen oder noch dabei zuzuschauen, wie ! spider@itsy-bitsy.de
die restlichen Tiere gefüttert wurden. Die
So waren die Kinder auch sehr verwundert, nutzen zu können. Wie hießen diese Spin- Entscheidung schien nicht schwer gefallen
als ich die Dose mit einer adulten Latrodectus nen denn gleich nochmal? Man kann natür- zu sein und so standen nun fast alle Kinder
mactans hervor holte und in die Runde zeige. lich einem Drittklässler schlecht erklären, eng um die Terrarien und Dosen herum und
Während der Pause wurde dann vom daß er Brachypelma vagans oder Acanthoscuria schauten gespannt auf die Pinzette mit dem
Direktor und der Lehrerin fotografiert und geniculata schreiben soll. Wir einigten uns Futtertier. Natürlich durften dabei dann
gefilmt und natürlich musste ich für die dann auf Namen wie »baumbewohnende auch die Kinder einmal einen Versuch unter-
Filmaufnahmen erneut füttern. Dieses Vogelspinne« oder »bodenbewohnende nehmen und die Spinnen füttern.
Material, so erklärte mir der Direktor, soll Vogelspinne« und schauten uns die entspre- Anschließend wurden die Kinder in die
dafür verwendet werden, dass die Kinder chenden Spinnen noch einmal genauer an. Pause auf den Hof geschickt.
später einen Bericht, eine Radiosendung Es wurden neben der Farbe auch die Her- Eine besondere »Unterrichtsstunde« –
oder vielleicht sogar eine Art Schul-Fernseh- kunft, Nahrung und auch die Größe notiert. nicht nur für die Kinder – war damit zu
sendung damit produzieren können. Viel- Ein Kind schrieb sogar aus einem Buch das Ende und ich packte in dem nun fast leeren
leicht kommen die Aufnahmen dann sogar ich mitgebracht hatte die wissenschaftlichen Klassenzimmer meine Sachen zusammen.
ins Internet auf die Seiten der Schule, was Einige Kinder kamen dabei noch zu mir, um
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Farbtafel Farbtafel
Abb. 2: Avicularia versicolor
Abb. 1: Pholcus phalangioides, adultes Männchen Abb. 6: Atypus piceus, Frontansicht
Foto: Prof. E. Wachmann
Abb. 3: geöffneter Kokon mit Avicularia Larven
Abb. 4: Avicularia minatrix Abb. 5: Argiope bruennichi mit Beute Abb. 7: Atypus piceus, in Verteidigungsstellung
Foto: Prof. E. Wachmann
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12. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
kürzlich publiziert kürzlich publiziert
Spinne des Jahres 2003 – Die große Zitterspinne spinnen für den Menschen völlig ungefähr- Von Pholcus phalangioides ist auch bekannt,
lich. dass Individuen in Netze anderer Spinnen
Pholcus phalangioides (FUESSLIN, 1775) Männchen und Weibchen lassen sich im eindringen um die Bewohnerin zu töten.
von Dr. Peter Jäger & Dr. Martin Kreuels geschlechtsreifen Zustand leicht auseinan- Dies ist aber sicher die Ausnahme von der
derhalten: Die Männchen verfügen an ihren Regel.
Tastern über große Geschlechtsorgane Die Große Zitterspinne ist eine Mitbe-
Proklamation durch die Arachnologi- Spinne in ihrem Netz gestört oder berührt, (Farbtafel Abb. 1). Diese trägt die Spinne wohnerin in unseren Häusern, die nicht nur
sche Gesellschaft e. V. (AraGes) am schwingt sie heftig hin und her. Sie zittert! wie Boxhandschuhe an ihrem Vorderende. ungefährlich, sondern im Gegenteil sehr
10.01.2003 (Berlin) Dadurch verschwinden die Umrisse der Den Weibchen hingegen fehlen diese Orga- nützlich ist beim Vertilgen von lästigen
Spinne und der potentielle Räuber wird in ne. Sie weisen lediglich dünne, beinartige Insekten. Überdies lassen sich interessante
Die Große Zitterspinne ist ein Kosmopolit, der Beutefanghandlung gestört und lässt Taster auf. Weibchen können kurz vor der Verhaltensweisen direkt vor bzw. hinter
dessen eigentliche Herkunft noch nicht ge- von der Beute ab. Eiablage einen großen Hinterleib aufweisen, unserer Haustür beobachten. Zitterspinnen
klärt ist. Jedoch scheint sich die Art in wobei dieser mit Eiern prall gefüllt ist. eigenen sich außerdem als Terrarientiere, wo
gemäßigten Breiten im Gegensatz zu den Weibliche Zitterspinnen verpacken ca. sie nicht nur Kindern zur Anschauung die-
Tropen stärker durchgesetzt zu haben. 20 Eier in einen hauchdünnen Seidenkokon nen können.
Pholcus phalangioides kommt in Europa und tragen diesen in ihren Fängen mit sich
vor allem in den südlichen Teilen vor, hat herum. Wenn die Jungspinnen schlüpfen, Kuratorium der Spinne des Jahres: Dr. Ger-
sich von dort nach Norden hin ausgebreitet verbleiben sie noch einige Zeit in einem not Bergthaler, Dipl.-Biol. Theo Blick, Dr.
und ist heute in fast jedem Haus zu finden. Knäuel aus langen Beinen und zarten durch- Oliver Finch, Dr. Ambros Hänggi, Dr. Peter
Vor allem in Kellern und ruhigen Ecken in sichtigen Körpern im Kokon. Später weben Jäger, Dr. Martin Kreuels.
der Wohnung ist diese zart anmutende Spin- sie ihr eigenes kleines Fangnetz und sind auf
ne häufig anzutreffen. Die Art kann bis drei sich selbst gestellt. INTERNETADRESSE:
Jahre alt werden und ist ganzjährig mit ge- Die Netze der Zitterspinnen erscheinen
schlechtsreifen Tieren vertreten. Neben der unstrukturiert und bestehen aus zahllosen, Arachnologische Gesellschaft e. V.
Spinne fallen ihre z. T. großflächigen Netze kreuz und quer gewebten Fäden, die eine http://www.arages.de
auf, vor allem, wenn sie verlassen und nach Netzdecke bilden. Diese wird durch zahlrei-
einiger Zeit verstaubt sind. che Haltefäden aufgespannt. In diesem Netz Adressen der Autoren:
Zitterspinnen werden häufig mit den sitzt die Spinne mit dem Bauch nach oben. Dr. Peter Jäger
ähnlich langbeinigen Weberknechten ver- Die Fangfäden weisen keine Leimtropfen Forschungsinstitut und Naturkundemu-
wechselt. Letztere besitzen keine Spinndrü- auf wie z.B. die Fangspirale der Kreuzspin- seum Senckenberg
sen – damit auch keine Netze – und sind ne. Wie kann Pholcus trotzdem so erfolgreich Sektion Arachnologie
eher an sonnigen Hauswänden oder im Gar- Zitterspinne mit Kokon
Beute machen? Zum einen gibt es soge- Senckenberganlage 25
ten anzutreffen. Neben eher unscheinbaren nannte Schraubfäden, die dem Faden eine 60325 Frankfurt am Main
Unterschieden kann man die Zitterspinnen zusätzliche Elastizität verleihen und bei
Dr. Martin Kreuels
auch daran erkennen, dass sie im Gegensatz Der Körper der Zitterspinne ist eher Berührung wie Fußangeln wirken. Zum
BioNetworX
zu einem Weberknecht einen deutlich zwei- klein (0,7-1,0 cm), grauweiß und an einigen anderen schießt die Spinne blitzschnell zu
Alexander-Hammer-Weg 9
geteilten Körper besitzen. Neben der hier Stellen durchsichtig erscheinend. Vorder- einem Beutetier und wickelt es mithilfe ihrer
48161 Münster
genannten häufigen »Großen Zitterspinne« und Hinterkörper sind mit einer bräunlichen langen Hinterbeinen ein, indem sie Fäden
gibt es noch einige weitere Arten. Alle Arten Zeichnung versehen. Der Hinterleib hat eine aus den Spinnwarzen herauszieht und diese
lassen sich nur anhand der Geschlechtsorga- zylindrische Form. Im Gegensatz zum Kör- über die Beute wirft. Im nächsten Schritt
ne eindeutig unterscheiden. per können die charakteristischen Beine bis wird die Beute ein Stück weit herangezogen
Der Name der Zitterspinnen geht auf zu fünf Zentimeter lang werden. Trotz der und in Rotation versetzt und dabei weiter
ein interessantes Verhalten zurück. Wird die imponierenden Beinspannweite sind Zitter- eingesponnen.
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13. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
Schon mal gesehen??? Vereine informieren
Heute: Argiope trifasciata (FOSKÅL, 1775) »BerlinSpinnen« – die Vogel-Spinnen Arbeitsgemein-
von John Osmani schaft Berlin-Brandenburg stellt sich vor
von Martin Schmidt
Mittlerweile kennt wohl fast jeder die Zebra-
spinne Argiope bruennichi (S COPOLI , 1772),
denn sie hat ihren Siegeszug durch halb An dieser Stelle möchten wir einmal uns, die organisatorische Dinge. So war klar, dass
Europa in den letzten Jahren immer weiter »BerlinSpinnen«, und unsere Ziele und Akti- eine belebte Gaststätte am Potsdamer Platz
nach Norden fortgesetzt. Die nun hier kurz vitäten vorstellen. Wie der Name schon ver- sicherlich nicht als der ideale Ort anzusehen
vorgestellte nahe Verwandte Argiope trifascia- rät, teilen die Mitglieder des Vereins ein ist, um unsere Pfleglinge auf den Tischen
ta (F ORSKÅL , 1775) ist wohl nicht so be- gemeinsames Hobby: Achtbeiner. Die Fami- »auszubreiten«. Hier wurde aber schnell eine
kannt, was wohl vor allem daran liegt, dass lie der Vogelspinnen (Theraphosidae) Lösung gefunden, ein Nebenraum im
sie in Mitteleuropa nicht vorkommt. Und stellt sicherlich den größten Leopolds in Berlin-Neukölln wur-
doch ist sie weit erfolgreicher in der Besied- Anteil der gehaltenen Tiere, de unser monatlicher Treff-
lung neuer Lebensräume als A. bruennichi aber auch Tiere anderer punkt und ist es auch bis
(Farbtafel Abb. 5), denn sie ist nahezu kos- Familien sind in den Terrarien heute. Die zunächst unter
mopolitisch in allen subtropischen und tro- der Mitglieder zu finden. der Bezeichnung »Vogelspin-
pischen Gebieten der Erde verbreitet. Und Ein erstes Treffen der nenstammtisch Berlin/Bran-
so habe ich sie denn auch im Mittelmeer- »BerlinSpinnen« fand denburg« stattfindenden Zu-
raum, auf den Kanaren, in der Karibik, ja im April 2001 statt, wel- sammenkünfte gewannen
sogar in Südkanada immer wieder angetrof- ches von Hagen Dreischhoff von Treffen zu Treffen mehr
fen. A. trifasciata gehört wie A. bruennichi zur organisiert wurde. Zuvor jedoch Mitglieder. Ende des Jahres
Familie der Radnetzspinnen Araneidae. Sie Argiope trifasciata betastete man sich vorsichtig im Internet. In 2001 kamen im Schnitt schon 20 Leute zu
ist deshalb in der Regel in der sog. Nabe Foto: John Osmani
diversen Foren zum Thema Vogelspinnen den Treffen, teilweise mit einem bemerkens-
ihres Radnetzes anzutreffen, in welcher sie war nicht zu übersehen, dass es auch in Ber- wert und erfreulich hohen Frauenanteil.
meist mittig Platz genommen hat um dort lin einige Vogelspinnenhalter geben musste. Schon im ersten Jahr unseres Bestehens
auf beute zu lauern. Das Netz kann dabei Hagen tat also den ersten Schritt und rief zu waren die »BerlinSpinnen« auf zwei Börsen
ein sog. Stabiliment enthalten. Charakteri- einem Treffen auf. Bei der ersten Zusam- vertreten: in Hamm als Besucher und im
stisch für diese Art ist die Ruhestellung der menkunft, bei der schon 8 Interessierte teil- Oktober in Springe und auf der Berliner
Beine, dabei werden jeweils die beiden vor- nahmen, ging es natürlich zunächst um Insektenbörse sogar mit einem eigenen
deren Beinpaare zusammen nach vorne
gestreckt und die beiden hinteren Beinpaare
zusammen nach hinten gestreckt. Die Beine
weisen eine schwarze Ringelung auf. Die
Weibchen werden bis zu 25 mm groß, die
Männchen bleiben mit etwa 6 mm weitaus
kleiner. A. trifasciata ist eine sehr wärmelie-
bende Art, die selbst in ödem Brachland ihr
auffallend großes Radnetz aufspannt.
Adresse des Autors:
John Osmani
Dürerstr. 1
50226 Frechen Argiope bruennichi, im Fangnetz mit Stabiliment Gemeinsamer Grillabend Gruppenfoto
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14. DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003 DeArGe Mitteilungen 8(2), 2003
Vereine informieren Vereine informieren
Kontakt zu den bundesweit bereits etablier- »Grünen Woche« im Januar in Berlin werden te würden wir uns natürlich sehr freuen.
ten Vereinen. So erfolgte im April 2002 der wir im Rahmen der »Heim - Tier - Pflanze« Vielleicht findet der eine oder andere auch
Beitritt zum Verband Deutscher Vereine für einen Stand gestalten und unsere Tiere aus- mal den Weg nach Berlin, verbunden mit
Aquarien- und Terrarienkunde e. V. (VdA). stellen. Dabei wird es uns zum ersten mal einem Besuch der »BerlinSpinnen«, oder
Gleichzeitig änderte sich unser Name: wir möglich sein, unser Hobby einem wirklich sogar für einen weiteren Vortrag.
wurden zu den »BerlinSpinnen« – Vogel-Spin- breiten Publikum näherzubringen, durch
nen Arbeitsgemeinschaft Berlin-Brandenburg. Aufklärungsarbeit Vorurteile und Ängste »BerlinSpinnen« – Vogel-Spinnen Arbeits-
Etwa zeitgleich wurden wir Mitglied in der gemeinschaft Berlin-Brandenburg
Zentralen Arbeitsgemeinschaft Wirbellose im Ter-
rarium e. V. (ZAG). Weiterhin wurden 1. Vorsitzender: Hagen Dreischhoff
zunächst zwei Mitglieder der »BerlinSpin- alias »Hagen von Tronje«
Gemeinsame Fahrt zur Terrarienbörse Hannover.
nen« Mitglied in der Deutschen Arachnologische ℡ 030-23622345
Gesellschaft e. V. (DeArGe), diese Anzahl hat 2. Vorsitzender: Günter Tischmann
Stand. Hier stand neben den Spinnen natür- sich mittlerweile auf fünf erhöht. ℡ 030-4117630
lich das Knüpfen von neuen Kontakten im Eine kurze Aufzählung unserer Aktivitä-
Vordergrund, unser Bekanntheitsgrad hielt ten im Jahr 2002 zeigt, dass wir den richti- Mitglied Nr. 01 042 im VDA Bezirk 01
sich ja zu diesem Zeitpunkt noch in engen gen Weg eingeschlagen haben: Auf 3 Börsen Berlin-Brandenburg
Grenzen. waren wir mit einem eigenen Stand vertre- Mitglied Nr. 355 der ZAG
Im zweiten Jahr unseres Bestehens wur- ten, zwei mal in Springe und auf der Berli- Internet: www.berlinspinnen.de
de allerdings schnell klar, dass ein simpler ner Insektenbörse. Andere Börsen machten Volker von Wirth während seinem Vortrag. ! hagen@von-tronje.de
»Stammtisch« unseren Zielen und Aktivitä- wir als Besucher unsicher. Weitere Aktivitä-
ten nicht mehr gerecht werden konnte. Sinn ten waren die Teilnahme zweier Mitglieder abzubauen und vielleicht bei Manchem auch Treffen:
und Zweck unserer Treffen sind nämlich an einer Exkursion mit der DeArGe zur ein Interesse an Spinnen zu wecken. Weiter- An jedem 2. Samstag im Monat zwischen
primär die Zucht von Vogelspinnen (eine Insel Poel und der Besuch der ZAG Herbst- hin ist ein Bestimmungskurs mit Volker von 15.00 - 18.00 Uhr im Kaminzimmer des
erste Zuchttierliste wurde erstellt, Zuchter- tagung in Potsdam. Als absoluter Höhe- Wirth in Planung, der uns – wenn alles Leopold´s
folge ließen nicht lange auf sich warten), der punkt ist allerdings der Vortrag von Volker klappt – vertiefte Kenntnisse der Vogelspin- Rollbergstr. 69
Austausch von Erfahrungen untereinander, von Wirth im Juni in Berlin, zur Haltung und nen-Taxonomie und die Möglichkeit der 12053 Berlin
dem Bekanntmachen unseres interessanten Zucht asaitischer Vogelspinnen, zu nennen. eigenen Bestimmung unserer Tiere liefern
Hobbys verbunden mit dem Abbau von Auch für das Jahr 2003 sind wieder wird. Vorangehend werden dazu »Aufbause- BILDNACHWEIS: Die Fotos zu diesem Artikel
reichlich vorhandenen Vorurteilen und dem umfangreiche Aktivitäten geplant. Auf der minare« erfolgen, in denen Mitglieder mit stammen von von Martin Schmidt und Olaf
schon fortgeschritteneren Kenntnissen den Bruhns.
»unwissenden« Mitgliedern Grundkenntnis-
se vermitteln. Ebenso ist ein Ausflug in die Adresse des Autors:
nähere Umgebung Berlins geplant, auf dem Martin Schmidt
ein ausgewähltes Habitat nach dem Vor- Groß-Ziethener Str. 6
kommen einheimischer Spinnen untersucht 12309 Berlin
werden soll. Natürlich sind wir auch von ! schmidt.mail@gmx.de
den wiederum zahlreich stattfindenden Bör-
sen nicht mehr wegzudenken.
Bei weiterem Interesse an unseren Akti-
vitäten besuchen Sie unsere Website oder
kontaktieren eines unserer Mitglieder. Über
Hagen beim Aufbau des gemeinsamen Börsenstandes. Stammtisch Weihnachten 2002 Zuschriften, Anregungen und neue Kontak-
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