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Umgang mit
 herausforderndem Verhalten

  Schreien oder Rufen
       von Menschen mit Demenz

                     Hans-Werner Urselmann



1. Newsletter-Day des Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD)
                           30.10.2012
Übersicht

•   Herausforderndes Verhalten
•   Prävalenz des herausfordernden Verhaltens
•   Ausdrucksvielfalt der Schreie und Rufe im Überblick
•   Ätiologie der Schreie und Rufe von Menschen mit Demenz
•   Vorstellung der Studie (Methodisches Vorgehen, Datenerhebung,
    Datenanalyse, Datenquellen
•   Fallbeispiele in unterschiedlichen Wohn- und Lebenskontexten
•   Intervention(sgestaltung)
•   Recht auf Schreien oder Rufen
•   Genese der Unerträglichkeit von Schreien oder Rufen



                    1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Begriffserklärung




  „Herausforderndes Verhalten“
                von Menschen mit Demenz




                    1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Prävalenz

Schätzungsweise    1,3 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland
60 % der Menschen in stationären Einrichtungen haben eine Demenz


(Weyerer et al., 2006; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2011)




Prävalenz der herausfordernden Schreie oder Rufe von Menschen mit
Demenz in stationären Einrichtungen der Altenhilfe

15 % - 40 %
(Ryan et al., 1988; Cohen-Mansfield et al., 1990; Cariaga et al., 1991; Burgio et al., 1994;
Dywer et al., 2000; Manière et al., 2010)



                          1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Ausdrucksvielfalt der Schreie und Rufe

                                am Anfang der
                                 menschlichen
                                Kommunikation
                                                                 in der Disziplin
   als Motor                                                        der Selbst-
  der Abwehr                                                      beherrschung

                                Schreien
                                                                  als Expression:
Ausdruck von Macht                                              Entsetzen, Freude,
         in der                                                  Zorn, Schmerz, ...
  Statushierarchie
                              als kollektives
                           Verhalten („Tooooor“)

                     (Buchholz et al., 1983; Urselmann, 2004)


                       1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Ätiologie der Schreie und Rufe
von Menschen mit Demenz


• Vielzahl von potenziellen Schrei- oder
  Rufgründen
• Komplexes Zusammenspiel, dass durch ein
  vielschichtiges Beziehungs- und
  Bedingungsgeflecht gekennzeichnet ist
• Erklärungsansätze
(Ryan et al., 1988; Cohen-Mansfield et al., 1989, 1990; Kipp, 1992; Burgio et al., 1994;
Holst et al., 1997; Sloane et al., 1999; Draper et al., 2000; Dwyer u. Bryne, 2000;
Urselmann 2004, 2006; Halek u. Bartholomeyczik, 2006; Bartholomeyczik et al. (2006);
von Gunten et al., 2008; Rosen et al., 2008; List und Supprian, 2009; Höwler, 2010;
Manière et al., 2010)


                       1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Forschungsfragen


• Wie erleben Pflegende in stationären
  Einrichtungen der Altenhilfe das herausfordernde
  Schreien oder Rufen von Menschen mit Demenz?
• Wie intervenieren Pflegende bei diesem
  herausfordernden Verhalten von Menschen mit
  Demenz?
• Welche Faktoren beeinflussen das Erleben und
  die Interventionsgestaltung der Pflegenden?



             1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Datenerhebung


 Narrative Interviews
   nach Schütze (Loch und Rosenthal, 2002)


 Offene Beobachtungen

 Ethisches Clearing der Ethik-Kommission
   des Instituts für Pflegewissenschaft der Privaten Universität
       Witten/Herdecke gGmbH (kurz EKIP)




                  1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Datenanalyse

Grounded Theory
 Parallelität der Datensammlung und -analyse

 Offenes, axiales und selektives Kodieren
  (nach Strauss und Corbin, 1996)


 Theoretical sampling

 MAXQDA 2007


                   1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Übersicht der Interview- und Beobachtungsorte
Traditionelle Wohnform


Segregative Wohnform für Menschen mit Demenz


Segregative Wohnform f. Menschen mit Demenz, die schreien oder rufen


Universitätsklinikum (Gerontopsychiatrie)


Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz


Säuglings- und Kinderstation eines Kreiskrankenhauses
                    1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Übersicht      Interviewteilnehmer

                                                           11 männlich
Geschlecht
                                                           39 weiblich
Alter                                                      22 – 61 Jahre

Berufserfahrung (in Jahren)                                1 - 33
staatlich anerkannte Altenpfleger
- davon mit gerontopsychiatrischer Weiterbildung
Altenpflegehelfer (mit Ausbildung)
Altenpflegehelfer (ohne Ausbildung)
Altenpflegeschüler
Krankenpfleger
Sozialassistent

                  1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Schreiende und rufende Personen
in stationären Einrichtungen der Altenhilfe




Schrei- oder Rufverhalten

Wohn- und Lebenskontext

Interventionsgestaltung



                      1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Herr A.




1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Herr B.

                „… Und ich kenne ihn noch,
                als er noch gelaufen ist, als
                das alles noch anders war.
                Ganz, ganz sympathischer
                Mensch auch …“

                Interview 29




1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Frau C.

            „… Der Frau, der konnte man - was hab ich
            immer gesagt: ‚Am besten […] bring ich
            morgen en Trichter und noch Puderzucker
            mit’ (lacht). Weil sie kriegte schon alles, […].
            Man hat ihr wirklich jeden Wunsch von den
            Augen abgelesen, nur damit wir unsere Ruhe
            hatten, ja. …“
            Interview 9




1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Interventionsgestaltung




umarmen
Zuhören
Basale
10-Minuten-Aktivierung
ablenken
vertrösten
Toilettengang
vorlesen gemeinsam
Wohnumfeld
Ärztliche widerspiegeln
streichelnExtratisch
Meditationsmusik
Schmerzbeobachtung,
Ins Zimmer / gehen
Verhaltenverordnete
Zurückschreien
Bewusst (Schreie oder /einsetzen
Externe Veranstaltungen
Musiktherapie daneben
Musizieren, gemeinsam singen
Fallbesprechungen
An einen nichts /anreichen
fixieren anbieten Rufe)
„Sitzordnung“anpassenspazieren
Begleiten, spiegeln gestalten
In den Garten gezielt überhören
Nähe anbieten machensetzen
TrinkenStimulationanreichen
Essengebenbringen setzen
Medikamente geben
Einschätzen von Schmerzen



                      1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Ergebnisse:   Interventionsziele bei Schreien und Rufen




              Ruhe                       Wohlbefinden
      Wohlbefinden der Umwelt, …   +     der Schreienden + Rufenden




                  1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Ergebnisse:              Interventionen / Strategien



   Suche nach dem Schrei- und Rufgrund               -    Versuch / Irrtum



 körperbezogene      emotionsbetonte       medizinisch –        abwehrorientierte
    Aktivitäten        Aktivitäten         medikamentös          und restriktive
                                            orientierte            Aktivitäten
                                            Aktivitäten




                            Bewältigungsstrategien
Auszeit nehmen; Arbeit an Kollegen abgeben; Energiequellen (am Arbeitsplatz) haben




                       1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Ergebnisse:




                                                       !
Menschen mit Demenz
haben ein
Recht

auf Schreien und Rufen

              1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Ergebnisse:

Genese der Wahrnehmung von Unerträglichkeit

„… irgendwann möchte man sich einfach nur noch die Ohren zuhalten,
weil es von der Lautstärke her manchmal nicht mehr so gut zu ertragen
ist, nee. Aber von der Person her nicht unbedingt“.
(Interview 2)


„Ganz, ganz schlimm. Ganz, ganz schlimm. Vor allen Dingen
ununterbrochenes Schreien, ununterbrochen und laut durch die ganze
Station, ne. Man is so hilflos, ne. Man muss die anderen Bewohner
fertigmachen, man muss für die anderen Bewohner da sein und gerade da
liegt jemand, der wirklich die Hilfe am allernötigsten hat und man hat keine
Zeit dafür. Und auch kein anderer im Haus, ne, ist da, der, der diese Zeit
hat. Es ist katastrophenmässig gewesen.“
(Interview 33)

                    1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Ergebnisse:

Genese der Wahrnehmung von Unerträglichkeit


„… also das ist krass, was ich jetzt sage: Das war - ich habe
mit einer Arbeitskollegin diese Treppe geputzt. […] und da
hast du so Gedanken: Wenn die [schreiende Frau mit Demenz]
jetzt runter fliegt, ja, dann brichst sie sich was, dann geht sie
ins Krankenhaus, dann haben wir ne Auszeit. Das ist furchtbar,
wenn das, das so weit kommt. […] Also so was - dann muss
ich zum Pfarrer, mit ihm sprechen. Ja. Das ist schrecklich, ne.
Das sind so Momente, so was wünsch ich nicht meinem Feind.
Aber ich hatte ja in dem Moment, momentan den Wunsch,
dass sie einfach uns ein bisschen Ruhe gibt. …“

<Interview 46>



                  1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
„… wie gestern auch, dann sagt sie die ganze Zeit: „Arschlecken, Arschlecken“
und solche Sachen auch. Und dann immer so laut oder wiederholt immer
dieselben Worte. ne. Dann haben wir ne andere Dame, wenn die ein Wort hört,
sagt sie den ganzen Tag immer dasselbe Wort. Oder wie gestern, sagte sie
immer so: „Komm zurück. Komm zurück“, den ganzen Tag, monoton, immer
wieder. Und gleichzeitig hören sie dann: „Du kannst mich am Arsch lecken. Du
kannst mich am Arsch lecken“. „Komm zurück“, „Komm zurück“. Drüben haben
sie Frauen, die sich darüber beschweren. Dann haben wir ne Dame, die lutscht
immer an dem Daumen, beschweren sie sich da drüber und die andere werden
noch wieder lauter. Dann haben sie einen wahnsinnigen Geräuschpegel. Dann
geht das Telefon. Sie haben das Gefühl, also ich habe das Gefühl, ich bin
wirklich im Irrenhaus.
I.: Ist das jeden Tag so?
32: Überwiegend so. Es gibt Tage, da macht’s mir weniger aus, aber meine
Toleranzgrenze ist so nach dem dritten, vierten Tag - finde ich das schon sehr
anstrengend. So die ersten, zwei, drei Tage geht’s noch, aber nach dem vierten
Boh, das nervt aber schon, ne.
I: Und was machen Sie am vierten Tag?
32: Gar nichts, Zähne zubeißen und arbeiten. Können Sie nix machen. Was soll
ich denn machen? Schimpfen kann ich dann auch nicht, ich geb den Leuten
nicht mehr Medikation wie sonst. Augen zu und durch.“

Interview 32
                    1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Schreien oder Rufen von Menschen mit Demenz

                           An Grenzen stoßen

                      Erwartung haben/entwickeln

Ergebnisse:
                           Unausweichlichkeit
Genese der                                               Unerträglichkeit
Wahrnehmung
von                         Unerträglichkeit
                            erleben/ertragen (müssen)
Unerträglichkeit



                   Phase der Kumulation bzw. Bewältigung

                      Energiequellen aktivieren können
Praktische Relevanz
    der
Forschungsergebnisse

• das Phänomen als Unterrichtseinheit in der
  Pflegeausbildung und Fort- und Weiterbildung
  aufnehmen
• (Pflegewissenschaftliche) Fachbegleitung
  der Pflegenden vor Ort
• Optimiertes Zusammenspiel aller involvierten
  Akteure und Einflussfaktoren


             1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
Ich wünsche mir,


      „dass wir Pflegenden und alle Menschen
  eigentlich diese Schreie genauso wertschätzen,
 als würde er mir etwas sagen. Er sagt mir ja auch
 was. Dass ich es wertschätze als seine mögliche
       Ausdrucksform - er hat keine andere.“

                     <Interview 19>




             1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
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Schreien oder Rufen: Eine echte Herausforderung für Pflegende. Vortrag von Hans-Werner Urselmann

  • 1. Umgang mit herausforderndem Verhalten Schreien oder Rufen von Menschen mit Demenz Hans-Werner Urselmann 1. Newsletter-Day des Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) 30.10.2012
  • 2. Übersicht • Herausforderndes Verhalten • Prävalenz des herausfordernden Verhaltens • Ausdrucksvielfalt der Schreie und Rufe im Überblick • Ätiologie der Schreie und Rufe von Menschen mit Demenz • Vorstellung der Studie (Methodisches Vorgehen, Datenerhebung, Datenanalyse, Datenquellen • Fallbeispiele in unterschiedlichen Wohn- und Lebenskontexten • Intervention(sgestaltung) • Recht auf Schreien oder Rufen • Genese der Unerträglichkeit von Schreien oder Rufen 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 3. Begriffserklärung „Herausforderndes Verhalten“ von Menschen mit Demenz 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 4. Prävalenz Schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland 60 % der Menschen in stationären Einrichtungen haben eine Demenz (Weyerer et al., 2006; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2011) Prävalenz der herausfordernden Schreie oder Rufe von Menschen mit Demenz in stationären Einrichtungen der Altenhilfe 15 % - 40 % (Ryan et al., 1988; Cohen-Mansfield et al., 1990; Cariaga et al., 1991; Burgio et al., 1994; Dywer et al., 2000; Manière et al., 2010) 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 5. Ausdrucksvielfalt der Schreie und Rufe am Anfang der menschlichen Kommunikation in der Disziplin als Motor der Selbst- der Abwehr beherrschung Schreien als Expression: Ausdruck von Macht Entsetzen, Freude, in der Zorn, Schmerz, ... Statushierarchie als kollektives Verhalten („Tooooor“) (Buchholz et al., 1983; Urselmann, 2004) 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 6. Ätiologie der Schreie und Rufe von Menschen mit Demenz • Vielzahl von potenziellen Schrei- oder Rufgründen • Komplexes Zusammenspiel, dass durch ein vielschichtiges Beziehungs- und Bedingungsgeflecht gekennzeichnet ist • Erklärungsansätze (Ryan et al., 1988; Cohen-Mansfield et al., 1989, 1990; Kipp, 1992; Burgio et al., 1994; Holst et al., 1997; Sloane et al., 1999; Draper et al., 2000; Dwyer u. Bryne, 2000; Urselmann 2004, 2006; Halek u. Bartholomeyczik, 2006; Bartholomeyczik et al. (2006); von Gunten et al., 2008; Rosen et al., 2008; List und Supprian, 2009; Höwler, 2010; Manière et al., 2010) 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 7. Forschungsfragen • Wie erleben Pflegende in stationären Einrichtungen der Altenhilfe das herausfordernde Schreien oder Rufen von Menschen mit Demenz? • Wie intervenieren Pflegende bei diesem herausfordernden Verhalten von Menschen mit Demenz? • Welche Faktoren beeinflussen das Erleben und die Interventionsgestaltung der Pflegenden? 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 8. Datenerhebung  Narrative Interviews nach Schütze (Loch und Rosenthal, 2002)  Offene Beobachtungen  Ethisches Clearing der Ethik-Kommission des Instituts für Pflegewissenschaft der Privaten Universität Witten/Herdecke gGmbH (kurz EKIP) 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 9. Datenanalyse Grounded Theory  Parallelität der Datensammlung und -analyse  Offenes, axiales und selektives Kodieren (nach Strauss und Corbin, 1996)  Theoretical sampling  MAXQDA 2007 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 10. Übersicht der Interview- und Beobachtungsorte Traditionelle Wohnform Segregative Wohnform für Menschen mit Demenz Segregative Wohnform f. Menschen mit Demenz, die schreien oder rufen Universitätsklinikum (Gerontopsychiatrie) Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz Säuglings- und Kinderstation eines Kreiskrankenhauses 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 11. Übersicht Interviewteilnehmer 11 männlich Geschlecht 39 weiblich Alter 22 – 61 Jahre Berufserfahrung (in Jahren) 1 - 33 staatlich anerkannte Altenpfleger - davon mit gerontopsychiatrischer Weiterbildung Altenpflegehelfer (mit Ausbildung) Altenpflegehelfer (ohne Ausbildung) Altenpflegeschüler Krankenpfleger Sozialassistent 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 12. Schreiende und rufende Personen in stationären Einrichtungen der Altenhilfe Schrei- oder Rufverhalten Wohn- und Lebenskontext Interventionsgestaltung 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 13. Herr A. 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 14. Herr B. „… Und ich kenne ihn noch, als er noch gelaufen ist, als das alles noch anders war. Ganz, ganz sympathischer Mensch auch …“ Interview 29 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 15. Frau C. „… Der Frau, der konnte man - was hab ich immer gesagt: ‚Am besten […] bring ich morgen en Trichter und noch Puderzucker mit’ (lacht). Weil sie kriegte schon alles, […]. Man hat ihr wirklich jeden Wunsch von den Augen abgelesen, nur damit wir unsere Ruhe hatten, ja. …“ Interview 9 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 16. Interventionsgestaltung umarmen Zuhören Basale 10-Minuten-Aktivierung ablenken vertrösten Toilettengang vorlesen gemeinsam Wohnumfeld Ärztliche widerspiegeln streichelnExtratisch Meditationsmusik Schmerzbeobachtung, Ins Zimmer / gehen Verhaltenverordnete Zurückschreien Bewusst (Schreie oder /einsetzen Externe Veranstaltungen Musiktherapie daneben Musizieren, gemeinsam singen Fallbesprechungen An einen nichts /anreichen fixieren anbieten Rufe) „Sitzordnung“anpassenspazieren Begleiten, spiegeln gestalten In den Garten gezielt überhören Nähe anbieten machensetzen TrinkenStimulationanreichen Essengebenbringen setzen Medikamente geben Einschätzen von Schmerzen 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 17. Ergebnisse: Interventionsziele bei Schreien und Rufen Ruhe Wohlbefinden Wohlbefinden der Umwelt, … + der Schreienden + Rufenden 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 18. Ergebnisse: Interventionen / Strategien Suche nach dem Schrei- und Rufgrund - Versuch / Irrtum körperbezogene emotionsbetonte medizinisch – abwehrorientierte Aktivitäten Aktivitäten medikamentös und restriktive orientierte Aktivitäten Aktivitäten Bewältigungsstrategien Auszeit nehmen; Arbeit an Kollegen abgeben; Energiequellen (am Arbeitsplatz) haben 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 19. Ergebnisse: ! Menschen mit Demenz haben ein Recht auf Schreien und Rufen 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 20. Ergebnisse: Genese der Wahrnehmung von Unerträglichkeit „… irgendwann möchte man sich einfach nur noch die Ohren zuhalten, weil es von der Lautstärke her manchmal nicht mehr so gut zu ertragen ist, nee. Aber von der Person her nicht unbedingt“. (Interview 2) „Ganz, ganz schlimm. Ganz, ganz schlimm. Vor allen Dingen ununterbrochenes Schreien, ununterbrochen und laut durch die ganze Station, ne. Man is so hilflos, ne. Man muss die anderen Bewohner fertigmachen, man muss für die anderen Bewohner da sein und gerade da liegt jemand, der wirklich die Hilfe am allernötigsten hat und man hat keine Zeit dafür. Und auch kein anderer im Haus, ne, ist da, der, der diese Zeit hat. Es ist katastrophenmässig gewesen.“ (Interview 33) 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 21. Ergebnisse: Genese der Wahrnehmung von Unerträglichkeit „… also das ist krass, was ich jetzt sage: Das war - ich habe mit einer Arbeitskollegin diese Treppe geputzt. […] und da hast du so Gedanken: Wenn die [schreiende Frau mit Demenz] jetzt runter fliegt, ja, dann brichst sie sich was, dann geht sie ins Krankenhaus, dann haben wir ne Auszeit. Das ist furchtbar, wenn das, das so weit kommt. […] Also so was - dann muss ich zum Pfarrer, mit ihm sprechen. Ja. Das ist schrecklich, ne. Das sind so Momente, so was wünsch ich nicht meinem Feind. Aber ich hatte ja in dem Moment, momentan den Wunsch, dass sie einfach uns ein bisschen Ruhe gibt. …“ <Interview 46> 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 22. „… wie gestern auch, dann sagt sie die ganze Zeit: „Arschlecken, Arschlecken“ und solche Sachen auch. Und dann immer so laut oder wiederholt immer dieselben Worte. ne. Dann haben wir ne andere Dame, wenn die ein Wort hört, sagt sie den ganzen Tag immer dasselbe Wort. Oder wie gestern, sagte sie immer so: „Komm zurück. Komm zurück“, den ganzen Tag, monoton, immer wieder. Und gleichzeitig hören sie dann: „Du kannst mich am Arsch lecken. Du kannst mich am Arsch lecken“. „Komm zurück“, „Komm zurück“. Drüben haben sie Frauen, die sich darüber beschweren. Dann haben wir ne Dame, die lutscht immer an dem Daumen, beschweren sie sich da drüber und die andere werden noch wieder lauter. Dann haben sie einen wahnsinnigen Geräuschpegel. Dann geht das Telefon. Sie haben das Gefühl, also ich habe das Gefühl, ich bin wirklich im Irrenhaus. I.: Ist das jeden Tag so? 32: Überwiegend so. Es gibt Tage, da macht’s mir weniger aus, aber meine Toleranzgrenze ist so nach dem dritten, vierten Tag - finde ich das schon sehr anstrengend. So die ersten, zwei, drei Tage geht’s noch, aber nach dem vierten Boh, das nervt aber schon, ne. I: Und was machen Sie am vierten Tag? 32: Gar nichts, Zähne zubeißen und arbeiten. Können Sie nix machen. Was soll ich denn machen? Schimpfen kann ich dann auch nicht, ich geb den Leuten nicht mehr Medikation wie sonst. Augen zu und durch.“ Interview 32 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 23. Schreien oder Rufen von Menschen mit Demenz An Grenzen stoßen Erwartung haben/entwickeln Ergebnisse: Unausweichlichkeit Genese der Unerträglichkeit Wahrnehmung von Unerträglichkeit erleben/ertragen (müssen) Unerträglichkeit Phase der Kumulation bzw. Bewältigung Energiequellen aktivieren können
  • 24. Praktische Relevanz der Forschungsergebnisse • das Phänomen als Unterrichtseinheit in der Pflegeausbildung und Fort- und Weiterbildung aufnehmen • (Pflegewissenschaftliche) Fachbegleitung der Pflegenden vor Ort • Optimiertes Zusammenspiel aller involvierten Akteure und Einflussfaktoren 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012
  • 25. Ich wünsche mir, „dass wir Pflegenden und alle Menschen eigentlich diese Schreie genauso wertschätzen, als würde er mir etwas sagen. Er sagt mir ja auch was. Dass ich es wertschätze als seine mögliche Ausdrucksform - er hat keine andere.“ <Interview 19> 1. Newsletter-Day des DZD – 30.10.2012