Was die Finanzkrise kostet
Lesen Sie in der aktuellen Kapital & Märkte, welche Kosten die Finanzkrise
für Staat und Volkswirtschaft verursacht hat und welche Empfehlungen sich
aus der Krise für Anleger ableiten lassen.
- Ein kurzer Rückblick
- Fiskalische Kosten
- Gesamtwirtschaftliche Kosten
- Nicht-monetäre Kosten
- Kosten für Kapitalanleger
- Erkenntnisse für den Anleger
DIE MARKTMEINUNG AUS STUTTGART: Abwertungshausse in Europa
Kapital & Märkte, Ausgabe März 2014
1. Kosten der Finanzkrise
Ein kurzer Rückblick
“Allowing Lehman to go bankrupt was the single biggest
mistake of the financial crisis.”
„Lehman in die Insolvenz gehen zu lassen, war der größte
Einzelfehler der Finanzkrise.”
John Thain, ehem. CEO Merrill Lynch
Die Finanzkrise ab dem Jahr 2007 hat in den Industrienationen
zu den größten ökonomischen Verwerfungen seit dem Zwei
ten Weltkrieg geführt. Gut fünf Jahre nach dem Höhepunkt
der Krise ist davon im Alltag zwar kaum noch etwas zu spüren,
doch wirken die Folgen der Krise bis heute nach. In dieser
Ausgabe von Kapital & Märkte finden Sie einen Überblick
darüber, welche Kosten die Finanzkrise für den Staat, die
Volkswirtschaft und für Kapitalanleger verursacht hat und
noch weiter verursachen wird. Diese Betrachtung deckt we
sentliche Folgen der Finanzkrise ab, allerdings können auf
grund der Komplexität nicht alle Auswirkungen, wie etwa die
der Vermögenspreisinflation durch die expansive Geldpolitik
auf die Realwirtschaft, berücksichtigt werden.
Die Krise wurde durch eine Vielzahl von Fehlern und Fehlan
reizen verursacht, die zu einer Blasenbildung am amerikani
schen Häusermarkt und – nach dem Platzen der Blase – zu
Milliardenverlusten bei Banken und Kapitalanlegern geführt
haben. Neue Formen von Hypothekenkrediten für finanz
schwache Bevölkerungsgruppen, die Möglichkeit diese in
Form von komplexen Kreditverbriefungen an Drittinvestoren
weiterzureichen, das Versagen der Rating-Agenturen und viel
zu laxe Regulierungsvorgaben trugen maßgeblich zum Ent
stehen der Kredit- und Immobilienblase bei.
Die in den Jahren zuvor anhaltend niedrigen Zinsen führten
bei – auch vielen deutschen – institutionellen Investoren zu
einer „Jagd nach Rendite“, wobei sie zunehmend größere
Risiken in Kauf nahmen. Dass man gleichzeitig den Banken
sektor deregulierte, unterstützte diese Entwicklung. Als mit
den Zinserhöhungen der Fed immer mehr Hausbesitzer ihre
Hypotheken nicht mehr bedienen konnten und die Hauspreise
nachzugeben begannen, wurde die Komplexität der Kredit
verbriefungen zum Problem. Man konnte kaum nachvoll
ziehen, welchen Wert die einzelnen Tranchen der verbrieften
Hypothekenkredite hatten und welche Bank somit welche
Risiken in den Büchern hatte. Vertrauen – die Basis für ein
funktionierendes Finanzsystem – begann zu schwinden und
die Banken hatten immer mehr Schwierigkeiten bei der Re
finanzierung.
Nachdem im März 2008 die in Schwierigkeiten geratene
Investmentbank Bear Stearns noch gerettet wurde, ver
weigerten die Behörden im September der angeschlagenen
Investmentbank Lehman Brothers Hilfen, so dass es zu einer
ungeordneten Insolvenz kam. Dies verschärfte die Ver
trauenskrise dramatisch. Dadurch brach nicht nur der Inter
bankenmarkt zusammen, sondern auch die Realwirtschaft
bekam zunehmend Probleme mit der Kreditversorgung. Viele
Unternehmen stoppten ihre Investitionen und verringerten
die Produktion, um ihre vorhandenen Barmittel zu schonen.
Gleichzeitig ging insbesondere in den USA der private Kon
sum deutlich zurück. Dies führte Ende 2008 zu einem Ein
bruch der Wirtschaftsleistung, großen Rettungspaketen für
den Finanzsektor und staatlichen Ausgabenprogrammen zur
Kapital & Märkte erhalten Sie sehr gerne auch per E-Mail.
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Kapital & Märkte
Ausgabe März 2014
2. Stützung der Konjunktur. Gleichzeitig wurden die Zinsen
dramatisch gesenkt und verschiedene Programme zur Liqui
ditätsversorgung des Bankensystems und der Volkswirtschaft
aufgelegt. ❚
Fiskalische Kosten
„Bankenrettung ist kein Geschäft“
Christopher Pleister, Vorsitzender des Leitungsausschusses
des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin)
Die offensichtlichsten Kosten der Finanzkrise sind die, die sich
unmittelbar im Staatshaushalt niederschlagen. Allerdings ist
auch hier eine genaue Abschätzung der Kosten schwierig.
Zum einen muss die hypothetische Situation ohne Finanzkrise
geschätzt werden, was mit vielen Unsicherheiten behaftet ist
und zum anderen können Ausgaben des Staates nicht ohne
weiteres mit Kosten gleichgesetzt werden. Die Belastungen
für den Staatshaushalt lassen sich unterteilen in die Kosten
der Bankenrettung, die Ausgaben für staatliche Konjunktur
programme und die Belastungen durch die automatischen
Stabilisatoren.
Kurze Zeit nach der Insolvenz von Lehman Brothers haben
die meisten westlichen Staaten große Programme zur Stabi
lisierung der Finanzmärkte aufgelegt. So wurden in Deutsch
land bis zu 480 Milliarden Euro für Garantien, stille Einlagen
und Eigenkapitalbeteiligungen zur Verfügung gestellt. Da die
ausgestellten Garantien jedoch bei weitem nicht alle in
Anspruch genommen wurden und darüber hinaus eine Ver
zinsung erfolgte, liegt die Belastung für den Staatshaushalt
wesentlich unter diesem Betrag. Das gilt entsprechend für
Kapitaleinlagen, die ebenfalls verzinst werden bzw. für die
der Staat im Gegenzug Unternehmensanteile erhielt. Laut
einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirt
schaftsforschung (RWI) summieren sich die Nettokosten für
den Bundeshaushalt auf bislang 37 Milliarden Euro. Weitere
Verluste drohen aus der Beteiligung an der Commerzbank
sowie aus den beiden Abwicklungsanstalten für von der
Hypo Real Estate bzw. der WestLB ausgelagerte Wertpapier
portfolios.
Neben der Bankenrettung hat die Bundesregierung verschie
dene Maßnahmen getroffen, um die Realwirtschaft zu stützen
und so einer weiteren Abschwächung der Konjunktur ent
gegenzuwirken. Zu diesen Konjunkturpaketen gehörten unter
anderem die „Abwrackprämie“, die Verlängerung der Kurz
arbeit und zusätzliche Investitionen in die Verkehrsinfrastruk
tur. Berücksichtigt man die positiven Effekte in Form von
zusätzlichen Steuereinnahmen und vermiedenen Sozialaus
gaben, führten die Maßnahmen zur Konjunkturbelebung
nach Schätzung des RWI zu einer Nettobelastung des Staats
haushaltes von 47 Milliarden Euro.
Die sogenannten automatischen Stabilisatoren zogen eben
falls deutliche fiskalische Belastungen nach sich. Unter diesen
versteht man Schwankungen bei den Staatsausgaben und
-einnahmen, welche glättend auf den Konjunkturverlauf
wirken. Die Arbeitslosenversicherung muss zum Beispiel in
einer Hochkonjunktur nur an relativ wenige Personen Zah
lungen leisten, erhält dagegen aber überdurchschnittlich
viele Beitragszahlungen. Dies verringert die Kaufkraft der
Beitragszahler und dämpft damit das Wirtschaftswachstum.
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Hunderte
Hunderte
Quelle: Bloomberg
ABBILDUNG 1: STAATSVERSCHULDUNG UND FINANZKRISE
BIP-Wachstum Deutschland in % (linke Skala)
Staatsverschuldung Deutschland in % des BIP (rechte Skala)
2
3. In Abschwungphasen steigt die Zahl der Arbeitslosen an,
wodurch die Zahl der Unterstützungsempfänger zunimmt
und die Zahl der Beitragszahler sinkt. Die Transferzahlungen
mindern den durch die Arbeitslosigkeit entstandenen Kauf
kraftverlust und stützen damit die Konjunktur. Das RWI
schätzt, dass die automatischen Stabilisatoren durch die von
der Finanzkrise ausgelöste Rezession Kosten für den Staats
haushalt von etwa 65 Milliarden Euro verursacht haben.
Fasst man diese drei Kostenblöcke zusammen, sind für den
Bundeshaushalt in Folge der Finanzkrise Belastungen von
mindestens knapp 150 Milliarden Euro entstanden, was etwa
sechs Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts von 2010
entspricht. ❚
Gesamtwirtschaftliche Kosten
“But these direct fiscal costs are almost certainly an under
estimate of the damage to the wider economy which has
resulted from the crisis – the true social costs of crisis.”
„Diese direkten fiskalischen Kosten unterschätzen aber quasi
sicher den durch die Krise angerichteten gesamtwirtschaft
lichen Schaden – den wahren sozialen Kosten der Krise.“
Andrew G. Haldane, Executive Director, Bank of England
Die Finanzkrise hat jedoch nicht nur den Staat, sondern die
gesamte Volkswirtschaft getroffen. Der starke Rückgang der
Wertschöpfung – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – hat
direkte Auswirkungen auf die Menschen und Unternehmen
in Form von entgangenen Lohnzahlungen und Unterneh
mensgewinnen, geringeren Investitionsvolumina und damit
einem verlangsamten technologischen Fortschritt. Da das
Bruttoinlandsprodukt über Jahre hinweg unter dem Niveau
bleiben wird, das es ohne die Finanzkrise erreicht hätte, sum
mieren sich die Krisenkosten schnell zu sehr großen Beträgen
auf. Wie hoch diese letztendlich sein werden, hängt davon
ab, ob das zukünftige Wirtschaftswachstum hoch genug sein
wird, um in einigen Jahren das Niveau zu erreichen, welches
ohne die Finanzkrise erreicht worden wäre.
Abbildung 2 zeigt exemplarisch die Kosten für eine Volkswirt
schaft, deren Wirtschaftswachstum nach der Finanzkrise für
einige Jahre über dem Trendwachstum liegt, so dass bis 2023
wieder das Niveau ohne Finanzkrise erreicht wird. Die volks
wirtschaftlichen Kosten der Finanzkrise ergeben sich aus den
aufsummierten Barwerten der jährlichen Differenzen zwischen
hypothetischem Bruttoinlandsprodukt ohne die Finanzkrise
(hellblaue Linie) und dem tatsächlich realisierten Niveau
(rote Linie). Die rote Fläche stellt die entgangene Wirtschafts
leistung dar. Ist das jährliche Wirtschaftswachstum dagegen
nicht hoch genug, wird die Volkswirtschaft nie das Niveau
erreichen, das sie ohne Finanzkrise erreicht hätte (vgl. Abbild-
ung 3). In diesem Fall wären die Kosten der Krise um ein
Vielfaches höher, da in jedem zukünftigen Jahr die Wertschöp
fung geringer ausfallen wird.
Es ist sehr schwierig, genaue Zahlen zu ermitteln, da diese
vom Szenario, welches ohne die Finanzkrise eingetreten wäre,
dem prognostizierten Wirtschaftswachstum der kommenden
Jahre und dem Diskontierungszinssatz der zukünftig ent
gangenen Wertschöpfung abhängen. Verschiedene Studien
u.a. des IWF, der Federal Reserve Bank of Dallas und der
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Quelle: Bloomberg, eigene Berechnung
ABBILDUNG 2: VOLKSWIRTSCHAFTLICHE VERLUSTE BEI RÜCKKEHR AUF TRENDWACHSTUMSPFAD
BIP-Wachstumspfad ab 2013
BIP-Wachstum 2003 bis 2012
BIP-Trendwachstum ohne Finanzkrise
3
4. Nicht-monetäre Kosten
“A stark legacy of the recession and the lackluster labor
market is reduced opportunity and deterioration captured
in subjective measures of well-being.”
„Ein schweres Erbe der Rezession und des schwachen Arbeits
marktes sind die geringeren Chancen und eine Verschlech
terung in subjektiven Messgrößen des Wohlergehens.“
Federal Reserve Bank of Dallas
Neben den, wenn auch teilweise schwer quantifizierbaren,
Kosten der Finanzkrise kommen weitere Belastungen hinzu,
die man kaum in monetären Größen ausdrücken kann. Ver
läuft die wirtschaftliche Erholung nach einer Rezession nur
sehr langsam – so wie dies oft der Fall ist, wenn Finanzkrisen
der Auslöser waren – droht vielen Menschen eine längere
Arbeitslosigkeit. Abgesehen vom entgangenen Einkommen
kann dies Zukunftsängste, Stigmatisierung oder andere For
men von psychischem Stress hervorrufen. Ebenso können
Beschäftigte betroffen sein, da die Gefahr des Arbeitsplatz
verlusts ansteigt und die Möglichkeiten für berufliche Ver
änderungen geringer sind. Zudem ruft die lange Arbeits
losigkeit bei vielen das Gefühl hervor, dass sich ihre Chancen
auf ein gutes Leben deutlich verschlechtert haben. So ist
etwa in den USA die Zahl der neu gegründeten Haushalte
in den Jahren nach der Finanzkrise deutlich zurückgegangen,
da viele Kinder im erwerbsfähigen Alter weiter bei ihren
Eltern wohnten. Studien zeigen, dass dieses Problem in
Deutschland mit seiner aktuell geringen Arbeitslosigkeit und
den gut ausgebauten Sozialsystemen relativ gering ist.
Friedrich-Ebert-Stiftung kommen zu einer Bandbreite von
Ergebnissen, in der die gesamtwirtschaftlichen Kosten der
Finanzkrise wahrscheinlich liegen werden.
Die Schätzungen für die USA reichen von 5 Billionen bis
14 Billionen US-Dollar, was etwa 35 bis 90 Prozent der Wert
schöpfung eines Jahres entspricht (gemessen am BIP von
2007). Für Deutschland liegen die Schätzungen in Prozent
des Bruttoinlandsprodukts gemessen mit Werten zwischen
30 und 90 Prozent ähnlich hoch wie die für die USA (gemes
sen am BIP von 2008), was Beträgen zwischen 750 Milliarden
und 2.200 Milliarden Euro entspricht.
In den Studien wird davon ausgegangen, dass beide Länder
zwar einen längeren Zeitraum von etwa 15 Jahren benötigen,
um wieder auf das BIP-Niveau ohne Finanzkrise zu kommen,
sie letztendlich aber dafür ausreichend hohe Wachstums
raten aufweisen werden. Für Deutschland und auch die USA
kann diese Annahme zutreffen. Jedoch wurden viele Länder
von der Finanzkrise härter getroffen oder haben nicht ähnlich
gute Voraussetzungen zur Generierung zukünftigen Wachs
tums: einen hohen Kapitalstock, gute Bildungssysteme und
eine hohe Innovationsfähigkeit. Berücksichtigt man noch,
dass bei längerer hoher Arbeitslosigkeit viele fachliche
Qualifikationen verloren gehen, ist davon auszugehen, dass
einige Länder in Zukunft ein geringeres Trendwachstum
verzeichnen werden. Die volkswirtschaftlichen Kosten der
Finanzkrise werden für diese Länder – in Prozent des Brutto
inlandsprodukts gerechnet – ein Vielfaches dessen aus
machen, was Deutschland oder die USA zu tragen haben. ❚
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Quelle: Bloomberg, eigene Berechnung
ABBILDUNG 3: VOLKSWIRTSCHAFTLICHE VERLUSTE OHNE RÜCKKEHR AUF TRENDWACHSTUMSPFAD
BIP-Wachstumspfad ab 2013
BIP-Wachstum 2003-2012
BIP-Trendwachstum ohne Finanzkrise
4
5. durch die Krise – wie im Abschnitt „Gesamtwirtschaftliche
Kosten“ beschrieben – Umsätze und Gewinne entgangen,
die letztendlich zu Lasten der Aktionäre gehen. Die massiven
Liquiditätsspritzen, mit denen die Zentralbanken gegen
Rezession und drohende Deflation kämpfen, kompensieren
diese Belastung allerdings über niedrigere Zinskosten zumin
dest teilweise.
Diese Liquiditätsflut bereitet Anlegern aber auch große Pro
bleme. Durch die extrem niedrigen Kapitalmarktzinsen ist
es sehr schwierig geworden, festverzinsliche Anlagen zu fin
den, die einen realen Kapitalerhalt ermöglichen, ohne über
mäßige Risiken in Form von schlechterer Bonität, langer
Laufzeit oder Fremdwährungen einzugehen. Es ist kaum mehr
möglich, Sicherheit, Rendite und Liquidität gleichzeitig zu
erreichen. Während Kapitalanlegern Erträge verloren gehen,
profitieren Schuldner von den niedrigen Zinsen. So spart die
Bundesrepublik Deutschland nach Auskunft der Bundesre
gierung von 2010 bis 2014 knapp 41 Milliarden Euro an
Zinszahlungen ein. Nach einer Studie von McKinsey haben
die Bundeshaushalte der USA, Großbritanniens und der Euro
zone zwischen 2007 und 2012 knapp 1.400 Milliarden US-
Dollar und Unternehmen (ohne Banken) 710 Milliarden US-
Dollar an Zinskosten gespart. Dies ging zu Lasten der
privaten Haushaushalte mit 630 Milliarden, der Versicherun
gen und Pensionskassen mit 460 Milliarden sowie Investoren
aus dem Rest der Welt mit 710 Milliarden US-Dollar. Da es
sich um Verteilungseffekte zwischen gesellschaftlichen Grup
pen handelt, gehören diese zwar nicht zu den gesellschaft
lichen Kosten der Finanzkrise, doch können die Umvertei
lungswirkungen für die betroffenen Personen spürbare
Belastungen bedeuten. ❚
Erkenntnisse für den Anleger
„Be fearful when others are greedy. Be greedy when others
are fearful.”
“Sei ängstlich, wenn andere gierig sind. Sei gierig, wenn
andere ängstlich sind.“
Warren Buffet
Finanz- und Wirtschaftskrisen verursachen in Form von Wohl
standsverlusten immense Kosten für die Gesellschaft. Es liegt
nicht in der Macht des einzelnen Anlegers, diese zu vermei
den. Aus der Krise lassen sich jedoch einige Empfehlungen
für die Vermögensanlage ableiten:
In den USA, wo der „Amerikanische Traum“ im Bewusstsein
vieler Amerikaner fest verankert ist, sowie in Südeuropa, wo
die Finanzkrise und die Euro-Schuldenkrise zu hohen Arbeits
losenquoten geführt haben, spielen diese nicht-monetären
Kosten eine bedeutende Rolle.
Ein weiterer Aspekt ist, dass das Vertrauen der Menschen in
die Regierungen und das marktwirtschaftliche System ge
sunken ist. In Ländern, in denen größere Anpassungspro
gramme unvermeidlich sind, droht dadurch eine Stärkung
radikaler Parteien an beiden Enden des politischen Spekt
rums. Damit besteht die Gefahr, dass die Staaten notwen
dige wirtschaftliche Reformen nur halbherzig umsetzen. In
Ländern wie Deutschland, die relativ gut durch die Krise
gekommen sind, reagiert die Politik mit verstärkter Umver
teilung und dem teilweisen Zurückdrehen von Wirtschafts
reformen. Gerade diese Abkehr von Strukturreformen erhöht
jedoch die Gefahr, dass das zukünftige Wirtschaftswachstum
geschwächt und damit die gesamtwirtschaftlichen Kosten
der Finanzkrise erhöht werden. ❚
Kosten für Kapitalanleger
„Aus dem ‚risikolosen Zins’ ist ein ‚zinsloses Risiko’ gewor
den“
Handelsblatt
Die Finanzkrise hat auch die Kapitalanleger schwer getroffen.
So verloren die Aktienmärkte in Europa und den USA von
ihren Höchstständen Ende 2007 bis zum Tief im Frühjahr
2009 über 50 Prozent an Wert. Auch wenn sich die Aktien
märkte in den kommenden Jahren relativ schnell erholten,
haben die Folgen der Finanzkrise für die Weltwirtschaft sowie
die Krisenreaktionen der Notenbanken nachhaltige Konse
quenzen für die Kapitalanleger. Neben offensichtlichen Ver
mögensverlusten, wie Anlagen in der verstaatlichten Hypo
Real Estate oder Zertifikaten des Emittenten Lehman Brot
hers, waren auch Finanzprodukte betroffen, die keine direk
te Verbindung zum US-Immobilienmarkt oder zu Kreditver
briefungen hatten. So führte etwa der starke Rückgang im
Welthandel durch die globale Rezession Anfang 2009 zu
sammen mit vielen Schiffsneubauten – die noch vor dem
Ausbruch der Krise in der Erwartung weiter schnell wach
sender internationaler Güterströme bestellt wurden – zu
einem Einbruch bei den Frachtraten. Dadurch konnten viele
Schiffe nicht mehr kostendeckend betrieben werden, wo
durch Anleger geschlossener Schiffsbeteiligungen teils deut
liche Verluste erlitten. Aber auch vielen Unternehmen sind
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6. Bankhaus Ellwanger & Geiger KG
Börsenplatz 1, 70174 Stuttgart
Amtsgericht Stuttgart HRA 738
Persönlich haftende Gesellschafter:
Dr. Volker Gerstenmaier, Mario Caroli
Ihr Ansprechpartner:
Michael Beck
Leiter Portfolio Management
Telefon 0711/2148-242, Telefax 0711/2148-250
Michael.Beck@privatbank.de
Redaktion:
Patrick Nass
Fondsmanager bei Ellwanger & Geiger Privatbankiers
www.privatbank.de/kapitalmarkt
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•• Vernachlässigen Sie bei der Suche nach renditeträchtigeren
Anlagen das damit verbundene Risiko nicht. Diesen Fehler
haben institutionelle Investoren in den Jahren vor der Finanz
krise mit verbrieften Hypothekenkrediten begangen. Die
Folgen sind an der Hypo Real Estate, der IKB Bank und
einigen Landesbanken zu sehen. Insbesondere im aktuell
niedrigen Zinsumfeld sollte man für den Reiz, einige Basis
punkte Extrarendite zu erzielen, seine persönliche Risiko
tragfähigkeit nicht vernachlässigen.
•• Die wirtschaftliche Erholung ist aktuell stark von den Maß
nahmen und Entscheidungen der Regierungen und Noten
banken abhängig. Wie die Lehman-Insolvenz gezeigt hat,
ist keine dieser Institutionen frei von Fehlern. Anleger sollten
daher die Möglichkeit von Politikentscheidungen – insbe
sondere wenn damit unpopuläre Ausgaben verbunden sind
– einkalkulieren, die sich negativ auf das Vertrauen an den
Kapitalmärkten auswirken.
•• Je komplexer Finanzprodukte sind, desto schwieriger ist es,
deren Verhalten in Extremsituationen einzuschätzen. Auch
die Kostenstruktur ist mit steigender Komplexität tenden
ziell ungünstiger. Wenn es im Einzelfall keine guten Gründe
für das strukturierte Produkt gibt, sollte man das einfachere
Investment vorziehen.
•• Wenn Sie in unternehmerische Anlageformen wie Aktien
oder geschlossene Beteiligungen investieren, sollten Sie ein
breit gestreutes Portfolio aufbauen, da bei Einzelpositionen
ein Totalverlust nie ausgeschlossen werden kann. Eine breite
Diversifikation, nicht nur über alle Vermögensklassen hin
weg, sondern auch innerhalb des jeweiligen Segments ver
hindert, dass sich einzelne Problemfälle stark negativ auf
das Vermögen auswirken. Hätte man etwa das Segment
Versicherungen vor der Finanzkrise nur über die AIG Group
abgedeckt, läge der Wertverlust seit Anfang 2008 bei über
94 Prozent, wogegen der Sektorindex in dieser Zeit gut
zwölf Prozent hinzugewonnen hat.
•• Riskante Anlagen erfordern einen langen Anlagehorizont
– vielleicht länger als man es vor der Finanzkrise für ausrei
chend erachtet hat. Die Kursschwankungen der vergangenen
Jahre haben gezeigt, dass ein Anlagehorizont von fünf
Jahren zu knapp sein kann, um mit hinreichender Sicherheit
eine gute Wertentwicklung zu erzielen. Diesen Anlage
horizont sollte man – trotz möglicher zwischenzeitlicher
Verluste – durchhalten. Der mediale Höhepunkt einer Krise
ist selten ein guter Verkaufszeitpunkt. ❚
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