Die aktuelle Ausgabe von Kapital & Märkte analysiert, was bei Anlagen in China zu beachten ist:
- Einzelwerte weisen hohe Risiken auf
- Mit REITs in den chinesischen Immobilienmarkt investieren
- Währungsrisiken nicht außer Acht lassen
DIE MARKTMEINUNG AUS STUTTGART: Abwertungshausse in Europa
Kapital & Märkte, Ausgabe Oktober 2014
1. Anlagen in China – mit kalkuliertem
Risiko in der aufstrebenden Wirt-schaftsmacht
investieren
In der August-Ausgabe haben wir über China auf dem Weg
zur größten Volkswirtschaft berichtet. In den vergangenen
Wochen hat sich immer deutlicher gezeigt, wie sehr die Welt-wirtschaft
von den Wachstumsimpulsen dieses Landes ab-hängig
geworden ist. Selbst ein langsameres Wachstum, wie
wir es skizziert und begründet hatten, vermindert nicht die
Bedeutung der Volksrepublik. Auch langsamere Wachstums-raten
sind, von der inzwischen enormen Größe des Sozial-produktes
aus gesehen, für die Weltwirtschaft mindestens
genau so wichtig wie die höheren Zuwachsraten der vergan-genen
Jahre. Insbesondere an den Rohstoffmärkten, wo Chi-na
zum Teil der dominierende Nachfrager ist (beispielsweise
bei Kupfer), wird jede Konjunkturmeldung aus dem Reich der
Mitte genau analysiert und ausgewertet. ❚
Politische Risiken nicht außer Acht lassen
Am Umgang mit den bei Redaktionsschluss friedlichen Pro-testen
in Hongkong für mehr demokratische Mitwirkungs-rechte
und individuelle Freiheit wird sich zeigen, ob die
Kommunistische Partei (KP) gewillt ist, vorsichtige Reformen
zu dulden. Daran zeigt sich für Kapitalanleger sehr deutlich,
dass Anlagen in und um China keine risikoarmen Engage-ments
sind. Das Land wird nach wie vor von der KP be-herrscht
– aktuell in Person des sehr mächtigen chinesischen
Staatspräsidenten Xi Jinping. Ihm ist es gelungen, im Rahmen
seines in der Bevölkerung sehr geschätzten Kampfes gegen
Korruption, viele seiner Widersacher politisch kalt zu stellen.
Er wird bereits als mächtigster Führer der KP seit dem Refor-mer
Deng Xiaoping bezeichnet.
Die chinesische Ökonomie ist keine echte Marktwirtschaft.
Sie wird von der Politik gelenkt. Das Vorgehen der chinesi-schen
Behörden gegen eine Vielzahl von ausländischen Un-ternehmen
im Land ist fast schon als rabiat zu bezeichnen.
Ihnen werden viele unterschiedliche Arten von Fehlverhalten
vorgeworfen. Insbesondere die ausländischen Automobilher-steller,
speziell die deutschen Oberklasseproduzenten, mussten
unter politischem Druck massive Preissenkungen etwa für
Ersatzteile akzeptieren. Die Behörden warfen auch einigen
amerikanischen Unternehmen, beispielsweise Microsoft,
monopolistische Verhaltensweisen vor, die ein faktisches Ge-schäftsverbot
mit öffentlichen Stellen zur Folge hatten. Es
scheint, dass China nicht länger gewillt ist, die zum Teil ex-orbitanten
Gewinnspannen ausländischer Unternehmen in
ihrem Chinageschäft zu tolerieren. Offensichtlich will man
dadurch Kaufkraft im Land behalten und auch ein Zeichen
setzen, nicht länger hinzunehmen, dass ausländische Unter-nehmen
große Gewinne zu Lasten der chinesischen Käufer
abschöpfen. ❚
Einzelwerte mit hohen Risiken
Damit wird deutlich, dass die bis vor einigen Monaten erfolg-reiche
Strategie, indirekt am chinesischen Aufschwung über
den Kauf von Aktien europäischer oder amerikanischer Unter-nehmen
zu profitieren, nicht mehr hinreichend schützt. Wer
an China verdienen will, wird künftig nicht daran vorbeikom-men,
einen direkteren Weg zu beschreiten. Dieses höhere
Kapital & Märkte erhalten Sie sehr gerne auch per E-Mail.
Wenn Sie hiervon Gebrauch machen möchten, senden Sie uns bitte eine kurze E-Mail an:
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Kapital & Märkte
Ausgabe Oktober 2014
2. Risiko wird glücklicherweise aktuell durch sehr niedrige Be-wertungen
der chinesischen Aktien entsprechend aufgewogen.
So sind die Kurs-Gewinn-Verhältnisse trotz der jüngsten An-stiege
der chinesischer Aktien noch immer einstellig (Vergleich
Abbildung 1). Noch tiefer sind unter den großen Börsen nur
russische Aktien bewertet.
Aktieninvestments in China lassen sich nicht nur mit Aktien,
die in Shanghai und Shenzen (A-Aktien für Inländer, B-Aktien
für Ausländer) und zum Teil parallel dazu in Hongkong notiert
sind (H-Aktien), tätigen. Alternativ kommen auch rein in
Hongkong notierende Unternehmen, taiwanesische Gesell-schaften
sowie einige typischerweise von chinesischen Akti-onären
beherrschte Unternehmen in Frage, die an der Börse
in Singapur gehandelt werden. In der Regel haben diese Ge-sellschaften
bessere Führungsstrukturen und berichten trans-parenter.
Meist sind sie allerdings auch entsprechend höher
bewertet. Die noch für dieses Jahr geplanten Liberalisierungs-schritte
der chinesischen Aktienmärkte für In- und Ausländer
werden den Aktienhandel beflügeln.
Weil die meisten deutschen Anleger kaum über ausreichende
Marktkenntnisse verfügen, um erfolgversprechend in Einzel-werte
in China zu investieren, führt ein sinnvoller Weg über
Fonds. Strategisch ist ein zweigleisiges Vorgehen nützlich.
Als Basisanlage dienen ETFs auf chinesische Großunterneh-men.
Diese sind zwar aufgrund ihrer mangelnden Transparenz
und des staatlichen Einflusses weniger effizient, dafür sind sie
jedoch in ihren Bewertungen um einiges günstiger als etwa
reine Privatunternehmen mit modernen Führungs- und Unter-nehmensstrukturen.
Diese Anlagen sollten mit spezialisierten
Chinafonds ergänzt werden. Davon gibt es eine ganze Reihe
ausgezeichneter Produkte, die es in den vergangenen Jahren
vermochten, die alles in allem unbefriedigende Wertentwick-lung
chinesischer Aktien deutlich hinter sich zu lassen.
Der Weg über Einzeltitel ist steinig. Jüngstes Beispiel ist der
Börsengang von Alibaba Group Holding, der in New York
stattfand, weil dort die Regularien weniger streng als etwa
an der Hongkonger Börse sind. Bei Alibaba haben die freien
Aktionäre absolut nichts zu sagen. Die Gründungsaktionäre
um Jack Ma und eine ganze Reihe von chinesischen Politikern
beherrschen den Verwaltungsrat. Das bedeutet, die Bewer-tung
des Unternehmens ist im Grunde einerseits politisch und
andererseits durch die Handlungen von Jack Ma determiniert.
Klassische Aktienanalyse mit Bewertungskennzahlen führt hier
nicht sehr weit.
Viele deutsche Anleger mussten bittere Erfahrungen machen,
wie schwierig es ist, über hierzulande notierte chinesische
Unternehmen zu investieren. Die Deutsche Börse AG hat sich
in den letzten Jahren sehr darum bemüht, vor allem Unter-nehmen
aus der Partnerprovinz Fujian an der deutschen Börse
einzuführen. Dadurch ermöglichte sie einer großen Anzahl
zweit- und drittrangiger kleiner Unternehmen den Zugang zu
westlichen Kapitalmärkten. Es folgt seither ein Skandal nach
dem anderen. Besonders schlimm waren die jüngsten Berichte,
beispielsweise von der Ultrasonic AG, einem Schuhhersteller,
bei dem die Firmenkasse mit dem Vorstand auf mysteriöse
Weise abhanden kam. Zwar sind die Bewertungen von einer
ganzen Reihe dieser Unternehmen extrem niedrig. Dennoch
sind Käufe hier nur mit großer Vorsicht in Betracht zu ziehen.
Zusammengefasst ist es sehr riskant, auf chinesische Einzel-werte
zu setzen, weil die Risiken auf Unternehmensebene sehr
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Quelle: Bloomberg, Eigene Darstellung
ABBILDUNG 1: KURSENTWICKLUNG CHINESISCHER AKTIENINDICES (IN EURO NORMIERT)
Shanghai Composite Index
Hang Seng Index
Taiwan Weighted Index
MSCI World Index
siehe auch Hinweise im Impressum zu (2) und (3)
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3. viel höher sind als bei westlichen Gesellschaften. Der aufgezeigte Weg über Fonds scheint der eindeutig bessere. ❚
Welche Chancen bietet der chinesische Immobilienmarkt dem Anleger?
Die Regierung hat jüngst die Restriktionen für Ausländer bei Immobilienanlagen in China gelockert. Dies geschah, um den seit einigen Quartalen zur Schwäche neigenden Immobilienmarkt zu stabilisieren. Auch die für inländische Wohnungskäufer eingeführten Restriktionen wurden wieder gelockert. So können etwa Käufer von Zweitwohnungen oder Drittwohnungen je nach Region wieder tätig werden.
Dennoch eignen sich Direktanlagen in chinesische Immobilien nicht für europäische Anleger. Dies gilt nicht nur für private sondern auch für die meisten institutionellen Investoren. Der Markt ist ungeheuer groß, komplex und nur wenige Ausländer haben das nötige Know-how beziehungsweise sind in der Lage, vertrauenswürdige einheimische Partner zu finden.
Der bessere Weg führt über Immobilienaktien beziehungsweise REITs. Hier lassen sich zwei Hauptgruppen von Unternehmen unterscheiden: Einerseits die typischen Vertreter der Immobilienentwickler, welche an der Börse in Shanghai dominieren, andererseits Bestandshalter wie etwa die im Hang Seng REIT Index enthaltenen Gesellschaften (Vergleich Abbildung 2). Auch eine ganze Reihe von Immobiliengesellschaften und REITs in Singapur sind in China engagiert und bieten die Möglichkeit, mit etwas weniger Risiko am langfristigen Potenzial des chinesischen Immobilienmarktes teilzuhaben. Besonders in schwierigen Märkten wie China können Immobilienaktien ihre Vorteile ausspielen: Sie offerieren Handelsmöglichkeiten und maximale Flexibilität, was in einem eher riskanten Markt noch mehr von Vorteil ist, als etwa hierzulande. ❚
Währungsrisiken sind zu beachten
Wer die Kursentwicklung der chinesischen Währung oder auch die des Hongkong-Dollars, insbesondere in den letzten Monaten gegen den Euro betrachtet, darf sich an seinen Engagements am Geld- beziehungsweise Rentenmarkt erfreuen (Vergleich Abbildung 3). Berücksichtigt man noch, die zur Zeit bei ungefähr vier Prozent liegende Verzinsung zehnjähriger chinesischer Staatsanleihen, dann sieht das für einen von Nullzinspolitik geplagten europäischen Anleger geradezu nach einem Paradies aus.
Es ist allerdings zu beachten, dass China seit dem Februar 2014 von seiner Politik der letzten Jahre, die heimische Währung permanent langsam gegen den US-Dollar aufwerten zu lassen, abgerückt ist. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Wie in der August-Ausgabe von Kapital & Märkte beschrieben, sind die chinesischen Lohnstückkosten in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dies hat zu einer geringeren Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie, vor allem gegenüber anderen asiatischen Ländern geführt. Die inzwischen eingetretene leichte Abwertung gegenüber dem US-Dollar – nicht gegen den Euro – zeigt, dass die Anlage in Geldmarktpapieren beziehungsweise Anleihen in chinesischer Währung riskanter ist als dies bis vor kurzem der Fall war.
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siehe auch Hinweise im Impressum zu (2) und (3)
3
4. Währung sind durchaus attraktiv, dürfen aber in ihrer Gewich-tung
nur als Beimischung eines internationalen Rentenport-folios
betrachtet werden, und nicht als Kernanlage. ❚
Man darf davon ausgehen, dass die chinesische Notenbank
im Falle einer anhaltenden Abschwächung der chinesischen
Wirtschaft auch in den allgemeinen weltweiten Abwertungs-wettlauf
einsteigen wird. Das heißt: Anleihen in chinesischer
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Quelle: Bloomberg, Eigene Darstellung
ABBILDUNG 3: KURSENTWICKLUNG CHINESISCHER WÄHRUNGEN GEGEN EURO
Wechselkurs Hongkong-Dollar/Euro
Wechselkurs Renminbi/Euro
Datenreihe3
siehe auch Hinweise im Impressum zu (2) und (3)
BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG
Börsenplatz 1, 70174 Stuttgart
Amtsgericht Stuttgart HRA 738
Persönlich haftende Gesellschafter:
Dr. Volker Gerstenmaier, Mario Caroli
Allgemein:
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zum Zeitpunkt der Erstellung des Dokuments wieder. Sie können ohne
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