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40 personalSCHWEIZ Juli–August 2014
Werte & Kompetenzen
Kein Inserat, das ohne den Begriff
Kompetenz auskommt. Kein Unter-
nehmen, das nicht seine Kompetenzen in
Imagebroschüren hervorhebt. Keine HR-
Abteilung, die intern ohne die Benützung
des Wortes Kompetenzen auskommt.
Doch was sind Kompetenzen überhaupt?
Kompetenzen sind die Kombinationen aus
Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten mit
Werten, Normen und Einstellungen, um
eine definierte Aufgabe im Sinne des Un-
ternehmens erfolgreich zu erfüllen.
Die Begriffe Kompetenzen und Kompe-
tenzmanagement teilen das Schicksal
vieler Trendbegriffe und werden fast
inflationär und mitunter unkritisch und
nicht reflektiert verwendet. Dabei ist das
Kompetenzmanagement weit mehr als
nur ein Trend. Es ist eine Kernaufgabe
der Unternehmensführung, die richtigen
Mitarbeitenden-Ressourcen zum richti-
gen Zeitpunkt passend zur unternehmeri-
schen Strategie zur Verfügung zu stellen.
Das Kompetenzmanagement ist ein Ins-
trument, um die Unternehmensstrategie
heute, morgen und übermorgen mit den
richtigen Mitarbeitenden umzusetzen.
Zu oft wird das Kompetenzmanagement
– also das Definieren, das Messen und
das Entwickeln von Kompetenzen – auf
einen operativen HR-Prozess reduziert.
Dies liegt wohl auch daran, dass sowohl
die im Unternehmen vorhandenen als
auch die auf dem Markt angebotenen
Instrumente und Hilfsmittel in der Regel
vor allem die operativen Prozesse unter-
stützen, insbesondere im Bereich Rekru-
tierung und Auswahl. Ein weiterer Grund
ist vielfach auch die fehlende Auseinan-
dersetzung der Geschäftsleitung mit dem
Kompetenzmanagement. Analog zu den
finanziellen Kennzahlen und den Steu-
erungsinstrumenten wie Budgetierung,
Investitions- und Anlagebuchhaltungen
sollte das HR in der Lage sein, die entspre-
chenden kompetenzbasierten Daten wie
Kompetenzinventar, Capability Planning,
Human Capital Portfolio und Talentma-
nagement-Kennzahlen zu liefern.
Erwünschte Kompetenzen definieren
Bevor das HR die entsprechenden Infor-
mationen liefern und den gewünschten
Mehrwert stiften kann, ist eine Ausein-
andersetzung der Unternehmensführung
mit dem Kompetenzmanagement nötig.
Dabei stehen folgende drei Fragen im
Mittelpunkt:
• Welche Kompetenzen benötigen wir
in 2, 5 und 10 Jahren für die definierte
Strategie?
• Welche Kompetenzen müssen wir sel-
ber bereitstellen, welche können wir
zukaufen?
• Welche Kompetenzen wollen wir be-
wusst abbauen?
Vor allem die dritte Frage wird in der Pra-
xis zu wenig beachtet. Kompetenzen sind
grundsätzlich wertneutral. Das heisst,
es gibt ohne Kontext weder gute noch
schlechte Kompetenzen. Bezogen auf
Kompetenzmanagement
Zum langfristigen Erfolg befähigt
Als operatives Instrument ist das Kompetenzmanagement längst etabliert. Im strategischen
Bereich stiftet es jedoch noch nicht den gewünschten Nutzen. Entscheidend für eine kompetenz-
orientierte Unternehmensführung ist insbesondere die Ausgestaltung des Kompetenzmodells.
Von Andreas Mollet
Die Zukunft antizipieren: Welche Kompetenzen braucht es, um die strategischen Ziele zu erreichen?
Operativ
• Laufbahn und Nachfolge
• Talent Management
• Change-Prozesse
• Systematische Entwicklung
• Neue Geschäftsfelder
• Restrukturierung
• Kernkompetenzen
• Werte und Kultur
Taktisch Strategisch
• Mitarbeiterbeurteilung
• Individuelle Entwicklung
• Stärken-Schwäche
• Rekrutierungsprozess
41personalSCHWEIZ Juli–August 2014
Werte & Kompetenzen
die Strategie bedeutet dies jedoch, dass
heute erwünschte Kompetenzen in der
Zukunft – aufgrund geänderter Rahmen-
bedingungen – sogar unerwünscht sein
können. Insbesondere bei Phasenüber-
gängen in der Unternehmensentwick-
lung, Zusammenschlüssen oder unter-
schiedlichen Zeitpunkten einer laufenden
Restrukturierung ist dies zwingend als Er-
folgsfaktor zu berücksichtigen.
Bestandsaufnahme durchführen
Auf der anderen Seite muss das HR in der
Lage sein, die Antworten auf folgende
Fragen zu liefern:
• Über welche Kompetenzen verfügen
wir heute (Kompetenzinventar)?
• Wo ist unbenutztes Talent und Poten-
zial im Unternehmen?
• Wie können wir den gewünschten
Transfer bewerkstelligen?
Um diese Fragen beantworten zu kön-
nen, ist die Anbindung des Kompetenz-
managements an die Unternehmensstra-
tegie der entscheidende Erfolgsfaktor.
Nur wenn die Kompetenzen und das
Kompetenzmodell konsequent an die
Bedürfnisse, die Stärken und Schwächen,
die Individualität und die Eigenheiten
angepasst sind, können sowohl die Ge-
schäftsleitung als auch die HR-Abteilung
die gewünschten und notwendigen Ant-
worten liefern.
Erfolgsfaktor Kompetenzmodell
Im Zentrum jedes Kompetenzmanage-
ments steht das Kompetenzmodell.
Dieses ist aber weit mehr als nur eine
Strukturierungshilfe für die Kompeten-
zen. Das Kompetenzmodell ist Orientie-
rungsrahmen, Wegweiser und Perspekti-
ve für Mitarbeitende und Führungskräfte
im täglichen und strategischen Umgang
mit Stärken, Schwächen, Normen und
Werten. Und so individuell, wie jedes
Unternehmen ist, so einzigartig muss
diese Landkarte sein. Nur so kann der
effizienteste und effektivste Weg vom Ist
zum Soll beschritten werden. Wie soll ein
Kompetenzmanagement die Unterneh-
mensstrategie unterstützen, wenn die
Individualität nicht oder nur oberflächlich
berücksichtigt wird? Trotzdem werden
in der Praxis immer noch standardisierte
Kompetenzmodelle angewendet, die gar
nicht in der Lage sind, den strategischen
Bezug umzusetzen.
Das Kompetenzmodell ist der entscheiden-
de Kern des Kompetenzmanagements. Ein
gutes Modell bildet eine verlässliche Basis
für alle Aspekte des Kompetenzmanage-
ments, während ein schlechtes Modell Fehl-
entscheidungen und Misserfolge verstärkt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Per-
spektive von Kompetenzmodellen. Durch
die gewählte Perspektive wird – teilwei-
se unbewusst – das unternehmerische
Erfolgsverständnis kommuniziert. Noch
immer wird ein Grossteil der Kompetenz-
modelle auf der rückwärtsgerichteten,
forschungsbasierten Perspektive erstellt.
Als Basis werden jene Kompetenzen defi-
niert und analysiert, welche für den bishe-
rigen Erfolg verantwortlich waren. Es geht
daher primär um die Fortführung von Be-
währtem und die Behebung von Schwä-
chen. Diese Modelle zeichnen sich oft
auch durch eine Defizitorientierung aus.
Forschungs-
basiert
Strategie-
basiert
Wertebasiert
An der Zukunft orientieren
Gerade weil ein Grossteil der Kompetenz-
modelle immer noch standardisiert und
rückwärtsgerichtet strukturiert ist, kann
der strategische Mehrwert des Kompe-
tenzmanagements in der Praxis gar nicht
geleistet werden. Die zeitlich neutraleren
wertebasierten Kompetenzmodelle bil-
den vor allem gemeinsame Werte, Nor-
men und Einstellungen ab. Solche Un-
ternehmen zeichnen sich oft durch eine
starke, individualisierte Kultur aus und die
Kompetenzen sind meist Idealorientiert
ausformuliert.
Konsequent strategiebasierte Kompe-
tenzmodelle sind in der Praxis noch kaum
anzutreffen. Diese zukunftsorientierten
Kompetenzmodelle fokussieren auf jene
Kompetenzen, welche für die erfolgrei-
che Zukunftsgestaltung entscheidend
sein werden. Dies unabhängig von den
vorhandenen und mit einem klaren Fokus
auf die nicht mehr benötigten Kompeten-
zen. Diese Modelle sind stark potenzial-
orientiert.
Kompetenzmodell klar definieren
Neben der bewussten Entscheidung für
die passende Perspektive muss ein indi-
viduelles Kompetenzmodell weiteren An-
forderungen genügen. Nachfolgend die
wichtigsten sechs Punkte, um der opera-
tiven und der strategischen Nutzenstif-
tung gerecht zu werden:
• Zweck: Klar definierter und geklärter
Zweck bzw. Einsatzgebiet
• Begriff: Einheitliche Begriffsverwen-
dung im Modell und in anderen Inst-
rumenten
• Verankerung: Explizite Berücksichti-
gung der vorhandenen Kultur, Werte
und Normen
• Beständigkeit: Verwendung einer
trag- und zukunftsfähigen Vision als
Basis
• Mass: Grösstmögliche Flexibilität in-
nerhalb der gewählten Modellstruktur
• Einheitlichkeit: Konsistenz zu ande-
ren firmeninternen Instrumenten und
Methoden
Die richtigen Indikatoren wählen
Natürlich unterliegen auch die schluss-
endliche Definition, Messung und Analy-
se der einzelnen Kompetenzen systema-
tischen Anforderungen. Grundsätzlich
geschieht die Messung von Kompetenzen
immer auf der Basis von beobachtbaren
oder erschliessbaren Handlungsankern
oder Indikatoren. Diese Indikatoren müs-
sen folgende Eigenschaften aufweisen:
• Beobachtbar: Durch Dritte beobacht-
bar und somit einschätzungsfähig sein
• Wirkungsorientiert: Auf die ge-
wünschte Wirkung oder das ge-
wünschte Ergebnis fokussieren
• Relevant: Einen entscheidenden As-
pekt der übergeordneten Kompetenz
darstellen
• Different: Gemeinsam mit anderen
Indikatoren die Kompetenz ganzheit-
lich beschreiben
• Neutral: Geschlechts- und situa-
tionsunabhängig formuliert sein
Idealerweise bildet ein Kompetenzmo-
dell also Strategie, Werte und Vision des
Unternehmens ab. Dies, ohne dabei die
43personalSCHWEIZ Juli–August 2014
Werte & Kompetenzen
bisherigen Erfolgsfaktoren oder das Er-
folgsverständnis des Unternehmens zu
vernachlässigen. Die entsprechenden
Kompetenzen erfüllen die grundlegen-
den Anforderungen und werden für das
Unternehmen individuell erarbeitet.
Brücken bauen als Ziel
Ein wirkungsvolles Kompetenzmanage-
ment ist nicht nur im Sinne des HR, son-
dern auch der Geschäftsleitung und kann
so dem HR behilflich sein, als strategischer
Partner der Geschäftsleitung aktiv mit-
zuwirken. Das Kompetenzmanagement
kann aber noch in anderen Bereichen ei-
ne wichtige Brückenfunktion einnehmen
und so helfen, in der Praxis kleinere oder
grössereGräbenzuüberwinden.Einfunk-
tionierendes Kompetenzmanagement
ist das Bindeglied zwischen Personal-,
Organisations- und Unternehmensent-
wicklung, indem aktuelle und zukünftige
vorhandene und benötigte Ressourcen
berücksichtigt werden. Zu erwartende
Kompetenzlücken können proaktiv ange-
gangen werden, wodurch sich verhindern
lässt, dass diese reaktiv durch teure Rek-
rutierungen geschlossen werden müssen.
Potenziale werden langfristig durch die
Personalentwicklung aktiviert. Vorhan-
dene Stärken fliessen als bekannte und
genutzte Wettbewerbsvorteile in die Un-
ternehmensentwicklung ein.
Das Kompetenzmanagement schliesst
aber auch die in der Praxis oft vorhande-
ne Lücke zwischen operativem und stra-
tegischem HR. Als Führungsinstrument
unterstützt das Kompetenzmanagement
die Linienverantwortlichen sowohl direkt
im operativen Geschäft, aber auch in der
Umsetzung von Projekten oder Zielen.
Das Wissen über vorhandene und abruf-
bare Kompetenzen sichert die Business
Excellence, während Potenzial und Talen-
te die Zukunft sichern. Die zukünftige Ge-
staltung eines Verantwortungsbereichs
darf nicht nur auf finanzieller Planbasis
oder gar auf Planstellen basieren.
Der Verbindung von Talentmanagement
(«Welche Leistung wäre möglich?») und
Performancemanagement («Was wird
geleistet?») kommt eine weitere ent-
scheidende Bedeutung im Kompetenz-
management zu. Die langfristige Balance
im Human Capital Portfolio (HCP) ist ein
entscheidender Faktor – sowohl im Um-
gang mit Veränderungen als auch in der
Steigerung der Produktivität.
Und zu guter Letzt ist das Kompetenz-
management ein unverzichtbares Instru-
ment, um das Employer Branding sichtbar
zu machen. Was nützen die besten Hoch-
glanzbroschüren, die schönsten Websei-
ten, wenn die Stärken des Unternehmens
sich im Kompetenzmodell nicht wieder-
finden? Wenn die Gründe, warum das
Unternehmen einzigartig ist, nicht für Mit-
arbeitende ausformuliert sind? Dabei geht
es nicht um marketingtechnische Aspek-
te, es geht vielmehr darum, die Individu-
alität des Unternehmens als Arbeitgeber
und Marke nicht nur zu transportieren,
sondern auch als Massstab im operativen
Tagesgeschäft, aber auch in der langfristi-
gen Entwicklung zu verankern.
Instrument mit grossem Potenzial
Obwohl die ersten Erkenntnisse des
Kompetenzmanagements aus der Mitte
des letzten Jahrhunderts stammen, ist
die Disziplin als Managementinstrument
noch ziemlich jung. Die notwendige
Emanzipation von allgemeingültigen
Methoden und die daraus folgende In-
dividualisierung stehen noch am Anfang.
Grundsätzlich wäre das Kompetenzma-
nagement das ideale humanorientierte
Parallelinstrument zu den kapitalorien-
tieren Finanzinstrumenten. Ob es dieses
Potenzial ausschöpfen kann, hängt in
erster Linie davon ab, ob es uns gelingt,
den Nutzen in der Praxis aufzuzeigen und
den kompetenzbasierten Strategiebezug
auch einzufordern. Entscheidend hierfür
wird sein, dass sich das HR langfristig als
strategischer Partner der Geschäftslei-
tung etablieren kann.
Autor
Andreas Mollet ist Ge-
schäftsleiter der INOLUTION,
Betriebsökonom und hat
einen MaS in Corporate
Development. Er bloggt
regelmässig zum Thema
Kompetenzmanagement
auf www.kompetenz-management.com.

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Kompetenzmanagement - Zum langfristigen Erfolg befähigt

  • 1. 40 personalSCHWEIZ Juli–August 2014 Werte & Kompetenzen Kein Inserat, das ohne den Begriff Kompetenz auskommt. Kein Unter- nehmen, das nicht seine Kompetenzen in Imagebroschüren hervorhebt. Keine HR- Abteilung, die intern ohne die Benützung des Wortes Kompetenzen auskommt. Doch was sind Kompetenzen überhaupt? Kompetenzen sind die Kombinationen aus Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten mit Werten, Normen und Einstellungen, um eine definierte Aufgabe im Sinne des Un- ternehmens erfolgreich zu erfüllen. Die Begriffe Kompetenzen und Kompe- tenzmanagement teilen das Schicksal vieler Trendbegriffe und werden fast inflationär und mitunter unkritisch und nicht reflektiert verwendet. Dabei ist das Kompetenzmanagement weit mehr als nur ein Trend. Es ist eine Kernaufgabe der Unternehmensführung, die richtigen Mitarbeitenden-Ressourcen zum richti- gen Zeitpunkt passend zur unternehmeri- schen Strategie zur Verfügung zu stellen. Das Kompetenzmanagement ist ein Ins- trument, um die Unternehmensstrategie heute, morgen und übermorgen mit den richtigen Mitarbeitenden umzusetzen. Zu oft wird das Kompetenzmanagement – also das Definieren, das Messen und das Entwickeln von Kompetenzen – auf einen operativen HR-Prozess reduziert. Dies liegt wohl auch daran, dass sowohl die im Unternehmen vorhandenen als auch die auf dem Markt angebotenen Instrumente und Hilfsmittel in der Regel vor allem die operativen Prozesse unter- stützen, insbesondere im Bereich Rekru- tierung und Auswahl. Ein weiterer Grund ist vielfach auch die fehlende Auseinan- dersetzung der Geschäftsleitung mit dem Kompetenzmanagement. Analog zu den finanziellen Kennzahlen und den Steu- erungsinstrumenten wie Budgetierung, Investitions- und Anlagebuchhaltungen sollte das HR in der Lage sein, die entspre- chenden kompetenzbasierten Daten wie Kompetenzinventar, Capability Planning, Human Capital Portfolio und Talentma- nagement-Kennzahlen zu liefern. Erwünschte Kompetenzen definieren Bevor das HR die entsprechenden Infor- mationen liefern und den gewünschten Mehrwert stiften kann, ist eine Ausein- andersetzung der Unternehmensführung mit dem Kompetenzmanagement nötig. Dabei stehen folgende drei Fragen im Mittelpunkt: • Welche Kompetenzen benötigen wir in 2, 5 und 10 Jahren für die definierte Strategie? • Welche Kompetenzen müssen wir sel- ber bereitstellen, welche können wir zukaufen? • Welche Kompetenzen wollen wir be- wusst abbauen? Vor allem die dritte Frage wird in der Pra- xis zu wenig beachtet. Kompetenzen sind grundsätzlich wertneutral. Das heisst, es gibt ohne Kontext weder gute noch schlechte Kompetenzen. Bezogen auf Kompetenzmanagement Zum langfristigen Erfolg befähigt Als operatives Instrument ist das Kompetenzmanagement längst etabliert. Im strategischen Bereich stiftet es jedoch noch nicht den gewünschten Nutzen. Entscheidend für eine kompetenz- orientierte Unternehmensführung ist insbesondere die Ausgestaltung des Kompetenzmodells. Von Andreas Mollet Die Zukunft antizipieren: Welche Kompetenzen braucht es, um die strategischen Ziele zu erreichen? Operativ • Laufbahn und Nachfolge • Talent Management • Change-Prozesse • Systematische Entwicklung • Neue Geschäftsfelder • Restrukturierung • Kernkompetenzen • Werte und Kultur Taktisch Strategisch • Mitarbeiterbeurteilung • Individuelle Entwicklung • Stärken-Schwäche • Rekrutierungsprozess
  • 2. 41personalSCHWEIZ Juli–August 2014 Werte & Kompetenzen die Strategie bedeutet dies jedoch, dass heute erwünschte Kompetenzen in der Zukunft – aufgrund geänderter Rahmen- bedingungen – sogar unerwünscht sein können. Insbesondere bei Phasenüber- gängen in der Unternehmensentwick- lung, Zusammenschlüssen oder unter- schiedlichen Zeitpunkten einer laufenden Restrukturierung ist dies zwingend als Er- folgsfaktor zu berücksichtigen. Bestandsaufnahme durchführen Auf der anderen Seite muss das HR in der Lage sein, die Antworten auf folgende Fragen zu liefern: • Über welche Kompetenzen verfügen wir heute (Kompetenzinventar)? • Wo ist unbenutztes Talent und Poten- zial im Unternehmen? • Wie können wir den gewünschten Transfer bewerkstelligen? Um diese Fragen beantworten zu kön- nen, ist die Anbindung des Kompetenz- managements an die Unternehmensstra- tegie der entscheidende Erfolgsfaktor. Nur wenn die Kompetenzen und das Kompetenzmodell konsequent an die Bedürfnisse, die Stärken und Schwächen, die Individualität und die Eigenheiten angepasst sind, können sowohl die Ge- schäftsleitung als auch die HR-Abteilung die gewünschten und notwendigen Ant- worten liefern. Erfolgsfaktor Kompetenzmodell Im Zentrum jedes Kompetenzmanage- ments steht das Kompetenzmodell. Dieses ist aber weit mehr als nur eine Strukturierungshilfe für die Kompeten- zen. Das Kompetenzmodell ist Orientie- rungsrahmen, Wegweiser und Perspekti- ve für Mitarbeitende und Führungskräfte im täglichen und strategischen Umgang mit Stärken, Schwächen, Normen und Werten. Und so individuell, wie jedes Unternehmen ist, so einzigartig muss diese Landkarte sein. Nur so kann der effizienteste und effektivste Weg vom Ist zum Soll beschritten werden. Wie soll ein Kompetenzmanagement die Unterneh- mensstrategie unterstützen, wenn die Individualität nicht oder nur oberflächlich berücksichtigt wird? Trotzdem werden in der Praxis immer noch standardisierte Kompetenzmodelle angewendet, die gar nicht in der Lage sind, den strategischen Bezug umzusetzen. Das Kompetenzmodell ist der entscheiden- de Kern des Kompetenzmanagements. Ein gutes Modell bildet eine verlässliche Basis für alle Aspekte des Kompetenzmanage- ments, während ein schlechtes Modell Fehl- entscheidungen und Misserfolge verstärkt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Per- spektive von Kompetenzmodellen. Durch die gewählte Perspektive wird – teilwei- se unbewusst – das unternehmerische Erfolgsverständnis kommuniziert. Noch immer wird ein Grossteil der Kompetenz- modelle auf der rückwärtsgerichteten, forschungsbasierten Perspektive erstellt. Als Basis werden jene Kompetenzen defi- niert und analysiert, welche für den bishe- rigen Erfolg verantwortlich waren. Es geht daher primär um die Fortführung von Be- währtem und die Behebung von Schwä- chen. Diese Modelle zeichnen sich oft auch durch eine Defizitorientierung aus. Forschungs- basiert Strategie- basiert Wertebasiert An der Zukunft orientieren Gerade weil ein Grossteil der Kompetenz- modelle immer noch standardisiert und rückwärtsgerichtet strukturiert ist, kann der strategische Mehrwert des Kompe- tenzmanagements in der Praxis gar nicht geleistet werden. Die zeitlich neutraleren wertebasierten Kompetenzmodelle bil- den vor allem gemeinsame Werte, Nor- men und Einstellungen ab. Solche Un- ternehmen zeichnen sich oft durch eine starke, individualisierte Kultur aus und die Kompetenzen sind meist Idealorientiert ausformuliert. Konsequent strategiebasierte Kompe- tenzmodelle sind in der Praxis noch kaum anzutreffen. Diese zukunftsorientierten Kompetenzmodelle fokussieren auf jene Kompetenzen, welche für die erfolgrei- che Zukunftsgestaltung entscheidend sein werden. Dies unabhängig von den vorhandenen und mit einem klaren Fokus auf die nicht mehr benötigten Kompeten- zen. Diese Modelle sind stark potenzial- orientiert. Kompetenzmodell klar definieren Neben der bewussten Entscheidung für die passende Perspektive muss ein indi- viduelles Kompetenzmodell weiteren An- forderungen genügen. Nachfolgend die wichtigsten sechs Punkte, um der opera- tiven und der strategischen Nutzenstif- tung gerecht zu werden: • Zweck: Klar definierter und geklärter Zweck bzw. Einsatzgebiet • Begriff: Einheitliche Begriffsverwen- dung im Modell und in anderen Inst- rumenten • Verankerung: Explizite Berücksichti- gung der vorhandenen Kultur, Werte und Normen • Beständigkeit: Verwendung einer trag- und zukunftsfähigen Vision als Basis • Mass: Grösstmögliche Flexibilität in- nerhalb der gewählten Modellstruktur • Einheitlichkeit: Konsistenz zu ande- ren firmeninternen Instrumenten und Methoden Die richtigen Indikatoren wählen Natürlich unterliegen auch die schluss- endliche Definition, Messung und Analy- se der einzelnen Kompetenzen systema- tischen Anforderungen. Grundsätzlich geschieht die Messung von Kompetenzen immer auf der Basis von beobachtbaren oder erschliessbaren Handlungsankern oder Indikatoren. Diese Indikatoren müs- sen folgende Eigenschaften aufweisen: • Beobachtbar: Durch Dritte beobacht- bar und somit einschätzungsfähig sein • Wirkungsorientiert: Auf die ge- wünschte Wirkung oder das ge- wünschte Ergebnis fokussieren • Relevant: Einen entscheidenden As- pekt der übergeordneten Kompetenz darstellen • Different: Gemeinsam mit anderen Indikatoren die Kompetenz ganzheit- lich beschreiben • Neutral: Geschlechts- und situa- tionsunabhängig formuliert sein Idealerweise bildet ein Kompetenzmo- dell also Strategie, Werte und Vision des Unternehmens ab. Dies, ohne dabei die
  • 3. 43personalSCHWEIZ Juli–August 2014 Werte & Kompetenzen bisherigen Erfolgsfaktoren oder das Er- folgsverständnis des Unternehmens zu vernachlässigen. Die entsprechenden Kompetenzen erfüllen die grundlegen- den Anforderungen und werden für das Unternehmen individuell erarbeitet. Brücken bauen als Ziel Ein wirkungsvolles Kompetenzmanage- ment ist nicht nur im Sinne des HR, son- dern auch der Geschäftsleitung und kann so dem HR behilflich sein, als strategischer Partner der Geschäftsleitung aktiv mit- zuwirken. Das Kompetenzmanagement kann aber noch in anderen Bereichen ei- ne wichtige Brückenfunktion einnehmen und so helfen, in der Praxis kleinere oder grössereGräbenzuüberwinden.Einfunk- tionierendes Kompetenzmanagement ist das Bindeglied zwischen Personal-, Organisations- und Unternehmensent- wicklung, indem aktuelle und zukünftige vorhandene und benötigte Ressourcen berücksichtigt werden. Zu erwartende Kompetenzlücken können proaktiv ange- gangen werden, wodurch sich verhindern lässt, dass diese reaktiv durch teure Rek- rutierungen geschlossen werden müssen. Potenziale werden langfristig durch die Personalentwicklung aktiviert. Vorhan- dene Stärken fliessen als bekannte und genutzte Wettbewerbsvorteile in die Un- ternehmensentwicklung ein. Das Kompetenzmanagement schliesst aber auch die in der Praxis oft vorhande- ne Lücke zwischen operativem und stra- tegischem HR. Als Führungsinstrument unterstützt das Kompetenzmanagement die Linienverantwortlichen sowohl direkt im operativen Geschäft, aber auch in der Umsetzung von Projekten oder Zielen. Das Wissen über vorhandene und abruf- bare Kompetenzen sichert die Business Excellence, während Potenzial und Talen- te die Zukunft sichern. Die zukünftige Ge- staltung eines Verantwortungsbereichs darf nicht nur auf finanzieller Planbasis oder gar auf Planstellen basieren. Der Verbindung von Talentmanagement («Welche Leistung wäre möglich?») und Performancemanagement («Was wird geleistet?») kommt eine weitere ent- scheidende Bedeutung im Kompetenz- management zu. Die langfristige Balance im Human Capital Portfolio (HCP) ist ein entscheidender Faktor – sowohl im Um- gang mit Veränderungen als auch in der Steigerung der Produktivität. Und zu guter Letzt ist das Kompetenz- management ein unverzichtbares Instru- ment, um das Employer Branding sichtbar zu machen. Was nützen die besten Hoch- glanzbroschüren, die schönsten Websei- ten, wenn die Stärken des Unternehmens sich im Kompetenzmodell nicht wieder- finden? Wenn die Gründe, warum das Unternehmen einzigartig ist, nicht für Mit- arbeitende ausformuliert sind? Dabei geht es nicht um marketingtechnische Aspek- te, es geht vielmehr darum, die Individu- alität des Unternehmens als Arbeitgeber und Marke nicht nur zu transportieren, sondern auch als Massstab im operativen Tagesgeschäft, aber auch in der langfristi- gen Entwicklung zu verankern. Instrument mit grossem Potenzial Obwohl die ersten Erkenntnisse des Kompetenzmanagements aus der Mitte des letzten Jahrhunderts stammen, ist die Disziplin als Managementinstrument noch ziemlich jung. Die notwendige Emanzipation von allgemeingültigen Methoden und die daraus folgende In- dividualisierung stehen noch am Anfang. Grundsätzlich wäre das Kompetenzma- nagement das ideale humanorientierte Parallelinstrument zu den kapitalorien- tieren Finanzinstrumenten. Ob es dieses Potenzial ausschöpfen kann, hängt in erster Linie davon ab, ob es uns gelingt, den Nutzen in der Praxis aufzuzeigen und den kompetenzbasierten Strategiebezug auch einzufordern. Entscheidend hierfür wird sein, dass sich das HR langfristig als strategischer Partner der Geschäftslei- tung etablieren kann. Autor Andreas Mollet ist Ge- schäftsleiter der INOLUTION, Betriebsökonom und hat einen MaS in Corporate Development. Er bloggt regelmässig zum Thema Kompetenzmanagement auf www.kompetenz-management.com.