Aufbau und Umsetzung eines prozessübergreifenden
Working Capital Managements im Rahmen einer
wertorientierten Unternehmenssteuerung
(am Beispiel eines konzerngebundenen Mittelstandsunternehmens)
1. Working Capital Masters
3./4.11.2010, Berlin
„Aufbau und Umsetzung eines prozessübergreifenden
Working Capital Managements im Rahmen einer
wertorientierten Unternehmenssteuerung“
(am Beispiel eines konzerngebundenen Mittelstandsunternehmens)
Oliver Aflenzer
Manager Finance & Controlling
Federal Mogul Friction Products GmbH
2. Gliederung
Flusslehre: „Panta rhei.“
Working Capital Management als „Mannschaftssport“
Einflussparameter – die richtigen Stellschrauben
Knowledge Cycle – der „Nockenwelleneffekt“
Anreizsysteme und Messbarkeit von Erfolg
Wertschöpfende Effekte eines WCM
Das große Ziel: „Steady State“ (Bionik)
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3. Heraklit von Ephesos, Philosoph
„Pantha rhei.“ * um 520 v. Chr. + um 460 v. Chr.
Flusslehre:
• Fortwährender Stoff- und Formwechsel
• Prozessualität der Welt
• Das Sein ist nicht statisch, sondern als Wandel dynamisch zu erfassen
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4. WCM als „Mannschaftssport“
Komplexität des Gesamtprozesses
„Sepp“ Herberger
Unterschiedliche Stakeholder Dt. Fußballtrainer; *1897 +1977
Zusammenspiel von Spezialisten „Elf Freunde müßt ihr sein.“
„Die richtigen Dinge richtig tun“ (Effektive Effizienz)
Zeiteffizienz durch Arbeitsroutinen
Das Ganze ist mehr als die Summe der Einzelteile
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5. WCM als „Mannschaftssport“
Sales
FCST-Schärfe (Zeithorizont: rollierendes nächstes Quartal)
Erkennen von „weak signals“ bei der Kundenentwicklung
Contract Mngmt.: Kurze Zahlungsziele (≠ 60 Tage netto!)
Aktive Beteiligung am Mahnverfahren
Interne Kommunikation der Ansprechpartner beim Kunden
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6. WCM als „Mannschaftssport“
Purchase/Procurement
Fixen von kurzen Lead-Times (Local Sourcing)
Begrenzung der Lieferantenmächtigkeit
Diversifizierung des Lieferantenportfolios (Plan B und C)
Speditionspflege (Sonderfrachten)
Interne Kommunikation der Ansprechpartner beim Kunden
Contract Mngmt.:
Just in time-Anlieferung
Lange Zahlungsziele
Begrenzung der Zahlungszeitpunkte (Cash-Outflow)
Konventionalstrafen bei Falsch- und/oder Zuspätlieferung
Permanente Pflege der Materialdatenbanken
Verfügbarkeit
Lead-Times
Haltbarkeit
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7. WCM als „Mannschaftssport“
Logistics
Bestandsoptimierung: Delivery Performance > Min. Inventories
Identifikation von Schnell- und Langsamdrehern
Optimale Produktionsversorgung mit RHB, etc.
Vorwegnahme von Peak- (z.B. Vorproduktion für
Sommerpause) und Off Peak-Periods (z.B. Betriebsferien)
Strukturelle Steuerung der Inventories:
Raw Materials: Max. im Periodenbeginn; Min. im Periodenende
(=Reporting)
Work in process: ggf. Puffer, z.B. für Vorproduktion
Finished Goods: Zeitnahe Auslieferung und Realisierung der Marge
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8. WCM als „Mannschaftssport“
Production
Real Time - Check des Orderbooks
Personalplanung (Bedarfsmeldung an HR)
Materialplanung (Bedarfsmeldung an Purchase/Procurement)
Min. der Durchlaufzeiten (Capex: Process Improvements)
Standardisierung der Prozesse („Best Practice“)
Flexibilisierung der Beschäftigung, um bspw. sofort auf „Snapshots“ der
Kunden reagieren zu können
Ausbildung der Mitarbeiter auf mehreren Maschinen (Doppelbedienung,
Vertretungsmöglichkeit)
Präventive Instandhaltung (Min. Ausfallzeiten)
Null Fehler-Produktion
Min. SCRAP
Min. Sperrlager (QS)
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9. WCM als „Mannschaftssport“
Finance
Regelmäßige Erstellung eines A/R-Aging Trees
Mobilisierung der ZZÜ im 30-60-Tagebereich
Intensive Kundenansprache im > 60 Tagebereich
Aktives Mahnverfahren
Besondere Vereinbarungen mit „notleidenden“ Kunden, z.B.
Zahlungsplan
Limitierung der Zahlungszeitpunkte von A/Ps
Regelmäßige Erstellung eines Working Capital-Dash Boards
(DSO, Inventory Turn, Inventory/Revenues %, DPO)
Intensive Cash Flow-Betrachtung
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10. Einflussparameter – die richtigen Stellschrauben
Zielgleichung
A/R => Min.
WC => Min.!
Inv. => Min.
Cash => Max.!
A/P => Max.
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11. Einflussparameter – die richtigen Stellschrauben
A/R
Verträge mit Kunden (Zahlungsbedingungen, Zahlungstermine)
Schnelle Klärung von Reklamationen, Gutschriften, etc.
Regelmäßiges Mahnverfahren („Mannschaftssport“)
Regelmäßiger Check der Zahlungseingänge auf den Bankkonten
Kritische Beobachtung des Aging-Trees (> 60 Tage ZZÜ => Credit Insurance)
Notleidende Forderungen wertberichtigen (nicht hoffen!)
Intensiver Kundenkontakt (z.B. mit der Buchhaltung)
Inventories
Aktive Bestandssteuerung in Abhängigkeit von der Auftragssituation
Intensiver Einsatz der IT zwecks Überwachung der Verfügbarkeit, Überdeckungen und Haltbarkeit
Regelmäßiger Bestands-Scan bzgl. „Langsamdreher“ (Verschrottung oder Verkauf)
Kontinuierliche Anpassung der E&O-Reserve (sonst ggf. Ergebnisrisiko am Jahresende)
Ermittlung von KPIs zwecks (Früh)warnfunktion, z.B. (Bestände/lfd. Umsatz) * 100 = x %
Split der Bestände in Raw, WIP und Finished Goods zwecks Optimierung im Periodenzeitraum
Vorwegnahme von bspw. saisonalen Effekten, z.B. Vorproduktion für die Sommerpause
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12. Einflussparameter – die richtigen Stellschrauben
A/P
Verträge mit Lieferanten (Zahlungsziele, Zahlungstermine)
Alle Rechnungen schnellstmöglich in Finance verfügbar
Rechtzeitig zahlen und Skonto ziehen (sonst: teurer Kredit!)
A/R als kurzfristige Finanzierungsmöglichkeit (nicht überreizen!)
Vorsicht bei GRNI => Rückstellung anpassen!
A/R + Inventories > A/P = Vermögen > Verbindlichkeit
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13. Knowledge Cycle - der „Nockenwelleneffekt“
Definition:
„Eine Nockenwelle ist ein Maschinenelement in Form eines Stabes (= „die
Welle“), auf dem mindestens ein gerundeter Vorsprung (= „der Nocken“)
angebracht ist. Die Welle dreht sich um die eigene Achse, durch den oder die
auf ihr angebrachten Nocken wird diese Drehbewegung wiederholt (…).
Die Nockenwelle wird in Nockenschaltern und Steuerungen, hauptsächlich
jedoch In Hubkolbenmotoren (Verbrennungsmotor) verwendet; hier ist sie Teil des
Ventiltriebes. Sie wird verwendet, um die Ein- und Auslassventile nach konstruk-
tionsmäßigen Steuerzeiten zu öffnen.“
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14. Knowledge Cycle - der „Nockenwelleneffekt“
Im Rahmen eines wirksamen WCM muss über die gesamte Wertschöpfungskette
sichergestellt werden, dass:
1. die Aktionen und/oder Reaktionen zum richtigen Zeitpunkt erfolgen
2. die richtigen Aktionen und/oder Reaktionen durchgeführt werden
3. Wechselwirkungen (Dependenzen / Interdependenzen) berücksichtigt werden
Bsp.: a) Sales steuert „Snapshot“ ein b) Logistics stellt Materialengpass fest
c) Finance prüft liquide Mittel d) Purchase bestellt e) Produktion plant Herstellung
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15. Knowledge Cycle - der „Nockenwelleneffekt“
Multiplikatoren Inner Cycle:
= „Ventile“
• Management-Team („Welle“)
• Abteilungsleiter („Nocken“)
Logistics • Regelmäßiges Zusammentreffen
• Intensiver Wissenaustausch
• Entscheidungen („Steuerzeit“)
Sales Production
Outer Cycle:
Purchase • Mitarbeiter („Ventile“) werden
von Abteilungsleitern angestoßen
• Ausführen notwendiger Aktionen
(=„Zündung“)
Abteilungsleiter
MT = „Welle“
= „Nocken“
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16. Anreizsysteme und Messbarkeit von Erfolg
Incentives / Sales
FCST-Schärfe (vs. Actual in %)
Forderungsausfälle (Anzahl & €-Volumen)
Zahlungszielüberziehungen (absolut in €)
A/R – Aging Tree (max. 30-60 Tage)
Bewertung von Neuverträgen bzgl. der abgemachten Payment Terms
Incentives / Purchase & Procurement
Minimierung von Materialengpässen (Anzahl und Volumen)
Verkürzung von Lead-Times (Anzahl und Tage)
Anzahl und Volumen von Zu früh-/ und Zu spät-Lieferungen
Bewertung von Neuverträgen bzgl. der abgemachten Payment Terms
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17. Anreizsysteme und Messbarkeit von Erfolg
Incentives / Logistics
Kontinuierliche Berechnung der Delivery Performance zum Kunden = 100%
(Durchschnittliches Bestandsvolumen / lfd. Umsatz) * 100 < 5%
Umschlaghäufigkeit der Bestände p.a. >/= 24
Veränderung der E&O-Reserve (Anzahl und Volumen der Langsamdreher)
Anzahl der Produktionsstillstände durch Nicht-/ oder Falschversorgung
Optimierung der Bestandsstruktur am jwlg. Monatsende: Finished Goods ~ 0
Incentives / Production
SCRAP < 1% (auch: Wertmäßiger Schrott)
Labor Efficiency = (Arbeitszeit Soll / Arbeitszeit Ist) * 100 > 98%
Anzahl und Volumen fristgerecht fertig gestellter „Snapshots“
Anzahl und Umfang von Ausfallzeiten
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18. Anreizsysteme und Messbarkeit von Erfolg
Incentives / Finance
Cash Target = (Capex / Operating Cash Flow) * 100 = 200%
Past Due-Ratio = (Past Dues / Accounts Receiveables) < 1%
Anzahl und Volumen von Forderungsausfällen
Anzahl und Volumen von Sonderzahlungen außerhalb der zwei Zahltage
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19. Wertschöpfende Effekte eines WCM
EVA-Prinzip:
Der Economic Added Value (EVA) basiert auf dem Ansatz, dass ein Unternehmen nur dann
Wert für einen Investor generiert, wenn die Rendite auf das eingesetzte Kapital (ROIC) größer
ist als die zugrunde liegenden Kapitalkosten eines Unternehmens (WACC).
EVA = (ROIC % – WACC %) * investiertes Kapital => Max!
ROIC % = (NOPAT/investiertes Kapital) * 100
WACC % = [EK-Kosten * (EK/GK)] + [FK-Kosten * (FK/GK)]
EBIT
+ Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände
+ Veränderung der (langfristigen) Rückstellungen
- Operative Steuern
+ Zinsen für Leasingaufwendungen
+ Veränderung der kapitalisierten F&E-Aufwendungen
= NOPAT
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20. Wertschöpfende Effekte eines WCM
Minimierung der E&O-Reserve bei den Beständen (NOPAT/ROIC)
Geringer Wertberichtigungsbedarf bei Forderungen (NOPAT/ROIC)
Reduzierung der Ausfallrisiken (NOPAT/ROIC)
Verzicht auf Credit Insurance (NOPAT/ROIC)
Optimierung der Core Processes and Core Procedures (NOPAT/ROIC)
Verbesserung der HR-Skills (NOPAT/ROIC)
Optimierter Einsatz der IT-Systeme (NOPAT/ROIC)
Verbesserung des Wettbewerbsfähigkeit (NOPAT/ROIC)
Intensivierung der Stakeholder-Kontakte (NOPAT/ROIC)
Etablierung einer Kommunikationskultur (Knowledge-Management) (NOPAT/ROIC)
Verbesserung der Cash-Situation (WACC)
Minimierung der Kapitalbindungskosten (WACC)
Verbesserung des Ratings, bzw. der Kreditwürdigkeit (WACC)
Forcierte Innenfinanzierung (WACC)
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21. Wertschöpfende Effekte eines WCM:
Benchmarks eines erfolgreichen WCM
• A/R:
• Past Due-Ratio < 1%
• 95% der ZZÜ innerhalb 30 bis 60 Tage
• A/R-Losses: None
• Inventories:
• Inventory Turn > 24 p.a.
• A/P: • Inventory/Turnover < 4%
• DPO: ~ 60 days
• Two payment days a month
• Cash
• Capex/Operating Cash Flow < 25%
• Delivery Performance
• 100%
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22. Das grosse Ziel: „Steady State“ (Bionik)
Definition:
Als „Steady-State“ bezeichnet die Sportwissenschaft das Gleichgewicht
Von Laktatbildung und Laktatabbau bei körperlichen Belastungen. Die
Energiegewinnung läuft dabei an der Schwelle von aerob-alaktazid zu
anaerob-laktazid ab.
Entscheidend ist die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität in ml pro
Minute pro Kilogramm Körpergewicht. Je höher dieser Wert liegt, desto
besser funktioniert die Sauerstoffversorgung des Körpers bei Belastung und
desto besser ist das Ausdauerleistungsniveau. Laktat wird gebildet, wenn
der Sauerstoffbedarf bei Belastung über der maximalen Sauerstoffaufnahme-
nahmekapazität liegt. Die Laktattoleranz, also die Fähigkeit eine Leistung
trotz zunehmender Übersäuerung aufrecht zu erhalten, ist trainierbar. Das
bedeutet, die Ermüdung setzt später ein. Haile Gebrselassie
1,60m; 54kg
5.000m: 12:39,36 min
Laktat wird gebildet, wenn der Sauerstoffbedarf bei Belastung über der 10.000m: 26:22,75 min
maximalen Sauerstoffaufnahmekapazität liegt. Je höher die Intensität über Marathon: 2:03,59 h (WR)
dem "Steady-State" liegt, desto schneller steigt der "Laktatspiegel" an. Das
führt in der Folge zur schnelleren Erschöpfung und zum Übersäuern der
Muskeln bis hin zum Leistungabbruch.
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23. Das grosse Ziel: „Steady State“ (Bionik)
Ein verbesserter "Steady State" wird unter Anderem erreicht durch:
1. optimierten Gasaustausch in der Lunge
=> WCM: Eindeutige Weitergabe der Entscheidungen vom Mngmt. an operative Stufen
2. ausreichende Anzahl roter Blutkörperchen, die für den Sauerstofftransport zuständig sind
=> WCM: Qualifizierte Mitarbeiter in angemessenem Verhältnis zum Beschäftigungsgrad
3. Erhöhung der Anzahl der Mitochondrien
=> WCM: Effiziente Maschinenpark und Prozesse („Best Practices“)
4. verbesserte Kapallarisierung der Muskulatur
=> WCM: Regelmäßige „Nockenwellen“-Sitzungen mit offenem Informationsaustausch
5. eine verbesserte Fähigkeit von Leber und Niere während der Leistung entstehendes Laktat
abzubauen => WCM: Minimierung von SCRAP, A/R-Ausfällen sowie WB auf A/R und Inv.
6. einen gut entwickelten Fettstoffwechsel
=> WCM: Optimierte Lagerbestände (Delivery Performance > Min. Lagerbestand)
7. eine ökonomisierte Herztätigkeit, die sich schneller dem aktuellen Energiebedarf anpasst
=> WCM: Flexibilisierung der Produktion, die auch „Snapshots“ auffangen kann
8. einen optimierten Bewegungsablauf, der möglichst nur Muskeln aktiviert (neben denen mit
Stützfunktion) die dem Vortrieb in der Disziplin dienlich sind
=> WCM: Durchführung abgesprochener abteilungsübergreifender (konzertierter) Aktionen
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24. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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