Diese Präsentation erläutert folgende Themen: Sanktionen, Vergaberecht, Importsubstitution, Lokalisierung.
Wirtschaftsbriefing für Tiroler Delegation in Moskau 28.10.2016
Nach einer Einführung durch den Wirtschaftsdelegierten der österreichischen Wirtschaftskammer Hr. Mag. Lukavsky und einem Vortrag durch seinen Stellvertreter Hr. Pfeifer, MA sprach Mag. Isabella Pipal über die rechtlichen Grundlagen zu folgenden Themen: Sanktionen, Vergaberecht, Importsubstitution, Lokalisierung
Autorin der Präsentation ist Mag. Isabella Pipal, Geschäftsführering von PIPAL ILG
www.pipal-ilg.com
3. Beispiel GmbH mit Sitz in Innsbruck
Hersteller für medizinische Erzeugnisse und Geräte
keine Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen
Wunsch der Teilnahme an einer öffentlichen
Ausschreibung in Russland
Ausschreibung: medizinische Erzeugnisse für diverse
staatliche Krankenhäuser in ganz Russland
Sachverhalt Fallbeispiel
4. Grundsätzlich gilt: inländische und ausländische Anbieter dürfen an
Ausschreibungen teilnehmen
Ausnahme: Offshore-Gesellschaften, z.B. England, Fürstentum Liechtenstein,
Malaysia, etc.
Übrigens: seit 01.01.2016 Verbot des Einkaufs von Waren, Leistungen,
Arbeiten von türkischen Unternehmen, von Unternehmen, die durch
türkische Unternehmen kontrolliert werden oder die sich in türkischer Hand
befinden
Vergaberecht >> Allgemeines
Rechtsgrundlagen: FZ-223 und FZ-44
Beispiel GmbH hat das Recht teilzunehmen
Wer darf an staatlichen Ausschreibungen teilnehmen?
5. EU-Sanktionen und russisches Gegensanktionen
EU-Sanktionen gelten im gesamten Gebiet der EU, an Bord eines Flugzeugs oder
Schiffes, welches der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates der EU untersteht
Daran zu halten haben sich:
◦ Staatsangehörige eines Mitgliedstaates (auch außerhalb der EU)
◦ Unternehmen, die nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaates gegründet wurden
◦ Unternehmen, die in einem EU-Mitgliedstaat eingetragen wurden
◦ juristische Personen oder Organisationen, die Geschäfte ganz oder teilweise in der EU tätigen
EU-Sanktionen >> Anwendung
Beispiel GmbH hat Sanktionen zu befolgen
• nach österreichischem Recht gegründet und dort eingetragen
• Tochtergesellschaft in Russland wäre nicht betroffen (GmbH, AG)
Inwiefern betreffen die Beispiel GmbH die Sanktionen?
6. Welche Sanktionsmaßnahmen wurden getroffen?
Personenbezogene Sanktionen
◦ VO 269/2014 vom 17.03.2014
Regionenbezogene Sanktionen
◦ VO 692/2014 vom 23.06.2014;
◦ VO 1351/2014 vom 18.12.2014
Wirtschaftssanktionen
◦ VO 833/2014 vom 31.07.2014;
◦ VO 960/2014 vom 08.09.2014
EU-Sanktionen >> konkrete Maßnahmen
Rechtsgrundlagen: EU-Verordnungen
7. natürliche und juristische Personen - Liste
Gelder gelisteter Personen werden eingefroren
Gelisteten Personen dürfen keine wirtschaftliche Ressourcen zugute kommen
Betrifft auch alle verbundenen Personen
>> EU-Sanktionen
Beispiel GmbH hat nun die Personen zu prüfen, die einen Nutzen von der
Ausschreibung haben könnten
Betroffen sind auch Personen, die mit den gelisteten Personen in Verbindung
stehen → Prüfung
Haftungsausschluss: Handlung im Einklang mit EU-VO, aber keine Haftung, sofern
wenn sie von einem Verstoß nicht wusste und auch keinen vernünftigen Grund zu
der Annahme hatte, dass sie mit ihren Handlungen gegen die VO verstößt
Personenbezogene Sanktionen
8. Krim und Sewastopol
>> EU-Sanktionen
Regionenbezogene Sanktionen
9. >> EU-Sanktionen
Verboten sind:
◦ Einfuhr von Waren mit Ursprung auf der Krim oder Sewastopol in die EU
◦ Direkte oder indirekte Finanzierung der Einfuhr solcher Waren
◦ Versicherung und Rückversicherung in Zusammenhang mit der Einfuhr solcher Waren
◦ Investitionen und Finanzierungen
◦ Ausfuhr von Gütern und Technologie für den Verkehr, die Kommunikation, die Energie, Öl- Gas-
und Mineralressourcen
◦ Leistung technischer Hilfe, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Infrastruktur auf der
Krim oder in Sewastopol in den genannten Sektoren stehen
◦ Erbringung von Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit tourismusbezogenen
Aktivitäten → Kreuzfahrtschiffe dürfen die Häfen auf der Krim nicht mehr anlaufen oder dort
Zwischenstopps einlegen
Beispiel GmbH stellt fest: Ausschreibung bezieht sich auch auf ein
Krankenhaus in Sewastopol → keine Teilnahme erlaubt?
Ausnahmeregelung für medizinische Geräte und zur Unterstützung von
Krankenhäusern (Genehmigung erforderlich) → Teilnahme möglich
Regionenbezogene Sanktionen
11. Verbot Lieferung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck
(„Dual-Use“) für militärische Zwecke oder militärische Endnutzer
Verbot Leistung technischer Hilfe, Vermittlungsdienste,
Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwendung dieser
Güter oder Technologien an bestimmte gelistete Personen
Verbot der Unterstützung gelisteter Personen durch Finanzhilfen
EU-Sanktionen >> Militär- und Dual-Use-Güter
Beispiel GmbH ist Hersteller von medizinischen Erzeugnissen, die nicht
als Dual-Use-Güter gelten und nicht für militärische Zwecke bzw.
Endnutzer bestimmt sind → kein Anwendungsbereich
Wirtschaftssanktionen
12. Genehmigung zur Lieferung von Gütern für Erdölexplorations- und
Erdölförderungsprojekte erforderlich
Genehmigung erteilt Bundeministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft
Verbot bestimmter Dienstleistungen für Erdölexplorations- und
Erdölförderungsprojekte (z.B. Erdölexploration und –förderung unter Wasser in Tiefen
von mehr als 150 Metern, Bohrungen, Bohrlochprüfungen etc.)
Ausnahmeregelung: Eindämmung von Ereignissen mit schwerwiegenden, wesentlichen
Auswirkungen auf Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder Umwelt
EU-Sanktionen >> Ölindustriebezogene Sanktionen
Kein Anwendungsbereich für unsere Beispiel GmbH
Wirtschaftssanktionen
13. russische Banken im Staatsbesitz (Sberbank, VTB,
Gazprombank, Vnesheconombank, Rosselkhozbank)
Verbot des Handels mit Wertpapieren und
Geldmarktinstrumenten
EU-Sanktionen >> Kapitalmarktbezogene Sanktionen
Kein Anwendungsbereich für unsere Beispiel GmbH
Wirtschaftssanktionen
14. Personenbezogene Sanktionen und Wirtschaftssanktionen
Wirtschaftssanktionen betreffen Importverbote von Lebensmitteln
mit Ursprung aus USA, EU, Kanada, Australien, Norwegen, der
Ukraine, Albanien, Montenegro, Island, Liechtenstein
Präsidentenerlass gilt derzeit bis zum 31.12.2017
Milch und Milcherzeugnisse, Früchte, Rinderfleisch,
Schweinefleisch, etc.
Ausnahmen: z.B. laktosefreie Milch
Neu ab 01.11.2016: Importverbot von Salz
>> russische Sanktionen
Kein Anwendungsbereich für unsere Beispiel GmbH
→ Sanktionen stehen der Teilnahme der Beispiel GmbH an der
Ausschreibung nicht entgegen
Russische Sanktionen
15. Ersetzen einer ausländischen Ware durch heimische Waren
Russland ist Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion „EAWU“ (Russland, Kasachstan,
Weißrussland, Armenien und Kirgisistan) → Schutz der Produkte mit Herkunft aus EAWU
Russische Industrie war abhängig von Importprodukten
Konzepte, Programme, Pläne, die den Import ausländischer Waren zurückdrängen sollen
Importsubstitution >> Allgemeines
Was bedeutet „Importsubstitution“ und welches Ziel wird damit verfolgt?
Anlagenbau
90%
Leichtindustrie
70-90%
Schwermaschinenbau
60-80%
Pharma- und
Medizinindustrie
70-80%
Maschinenbau für die
Lebensmittelindustrie
60-80%
Elektronikindustrie
80-90%
Prozent der Waren aus dem Ausland (Analyse Juni 2014):
16. April 2014 neue Fassung des staatlichen russischen Programmes zur Entwicklung der
Industrie und der Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit
◦ bis 2020 erhebliche Senkung der Nutzung von importierten Waren
◦ Steigerung der Nutzung von Waren von Herstellern aus EAWU
◦ 2015 weitere Pläne als Gegenmaßnahmen für die Krise betreffend Industriesektoren (Automobilbranche, Schwermaschinenbau,
Engineering und Industriedesign etc.)
Ziel des Programmes:
◦ Stärkung dieser Industriesektoren
◦ Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit
◦ Selbständige Weiterentwicklung
◦ Weltweite Positionierung
◦ Entwicklung innovativer Technologien
◦ Sicherung der wirtschaftliche Entwicklung und der Verteidigung
Importsubstitution >> Allgemeines
Beispiel GmbH ist grundsätzlich von den Bestimmungen über die Importsubstitution
betroffen, da sie ein ausländischer Hersteller ist
Programme enthalten keine konkreten Bestimmungen zur Erreichung der Ziele →
Reihe an Verordnungen in Zusammenhang mit dem Vergaberecht
Was bedeutet „Importsubstitution“ und welches Ziel wird damit verfolgt?
18. Vergaberecht >> Verbote
◦ Einkauf in Bezug auf die Sicherheit und Verteidigung des Landes
◦
◦ Maschinen- und Fahrzeugbau (ausnahmsloses Verbot)
◦ Güter der Leichtindustrie (Stoffe, Stricke, Spezialkleidung, Kleidung
aus Leder oder Fell, etc.)
medizinischen Erzeugnisse der Beispiel GmbH sind nicht von Verboten umfasst
Welche Verordnungen hat die Regierung im Rahmen des Vergaberechts erlassen?
Ausnahmeregelungen vorhanden
Vier Sektoren:
Software für Computer/EDV und Datenverarbeitung
19. Vergaberecht >> Beschränkungen
Vier Sektoren:
◦ Lebenswichtige medizinische Präparate (Kalzitonin, Amoxicillin, etc.)
◦ Medizinische Erzeugnisse (med. Kleidung, Geräte zur Analyse der Blutgerinnung, etc.)
◦ Lebensmittel (gefrorenes Schweinefleisch, Butter, etc.).
◦ Elektronische Produkte (Scanner, Projektoren, die an den Computer angeschlossen werden, etc.)
Beispiel GmbH wird von der Beschränkung in Bezug auf medizinische Erzeugnisse
erfasst → konkrete Prüfung
Verordnung medizinische Erzeugnisse:
◦ ausländische Produzenten oder Lieferanten werden nicht zugelassen, wenn mind. zwei
Produzenten bzw. Lieferanten der Eurasischen Wirtschaftsunion auch ein Angebot legen
◦ Eurasische Anbieter dürfen nicht ein und derselben Unternehmens- bzw. Personengruppe
angehören
Konsequenz für die Beispiel GmbH: wenn zwei oder mehrere Konkurrenten mit
medizinischen Erzeugnissen aus der Eurasischen Wirtschaftsunion an der Ausschreibung
teilnehmen → Angebot wird nicht berücksichtigt
Welche Verordnungen hat die Regierung im Rahmen des Vergaberechts erlassen?
20. Gilt für alle ausländischen Waren, Leistungen oder Arbeiten
Kein Verbot des Einkaufs ausländischer Waren, Leistungen, Arbeiten
Anbieter aus EAWU werden bevorzugt: Beurteilung der Preise um 15 %
niedriger
Fazit: ausländische Anbieter müssen um mehr als 15 % billiger
anbieten als die Konkurrenz aus der EAWU
Ausländische Hersteller müssen ihre bisherigen Strategien überdenken
Gefährdet sind Marktanteile ausländischer Produzenten, die Zulieferer bei
staatlich finanzierten Vorhaben sind
Vergaberecht >> Zulassungsbedingung
Beispiel GmbH möchte diesen Beschränkungen künftig nicht mehr unterliegen → Lösungen?
Welche Verordnungen hat die Regierung im Rahmen des Vergaberechts erlassen?
21. Maßnahmen zur Lokalisierung
Produkt wird für einen Markt tauglich gemacht
Produkte müssen „made in Russia“ bzw. „made in Eurasion
Economic Union“ werden
Maßnahmen:
◦ Gründung einer Produktion in der EAWU
◦ Produktionskooperation mit Partner in EAWU, der einen
Teil der Produktion übernimmt
Konsequenz: Know-How Transfer
Lokalisierung >> Strategien
Welche Lösungen gibt es für ausländische Hersteller und Zulieferer, um weiterhin
Chancen am russischen Markt zu nutzen?
22. Rechtsform (GmbH, AG, etc.)
GmbH
◦ Vergleichbar mit österreichischer GmbH
◦ Eigenständige juristische Person
◦ Handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung
◦ Gesellschafter haften nicht persönlich
◦ Stammkapital: 10.000 RUB
◦ Generaldirektor
Einholung von Lizenzen und Genehmigungen für Errichtung
und Betrieb der Produktion
Ergebnis: Produkte gelten als „made in Russia“
Lokalisierung >> Gründung einer Produktion
Welche Lösungen gibt es für ausländische Hersteller und Zulieferer, um weiterhin
Chancen am russischen Markt zu nutzen?
23. Ein Teil der Produktion im Ausland
Halbfertige Teile zur Bearbeitung bzw. Endfertigung in
EAWU
Auch nur Lieferung von Rohmaterialien → vollständige
Produktion durch Partner in EAWU
Lokalisierung >> Produktionskooperation
Vorteil der eigenen Produktion → Know-How bleibt im Unternehmen
Beispiel GmbH bevorzugt Kooperation → Suche nach verlässlichem, kompetentem
Produktionspartner in EAWU
Beispiel GmbH gründet zudem Tochter GmbH → Abwicklung des Imports, Kontrolle und
Transparenz auch nach der Grenze
Ziel der Produktionskooperation → Erhalt eines russischen bzw. eurasischen Produkts
Welche Lösungen gibt es für ausländische Hersteller und Zulieferer, um weiterhin
Chancen am russischen Markt zu nutzen?
24. Herkunftsland eines Produkts wird nach Kriterien der Bearbeitung bzw.
Umarbeitung bestimmt
Entscheidung trifft der Zoll
Nicht ausreichend: lagern, färben, zusammenbauen, in einzelne
Komponenten zerlegen ohne wesentliche Änderung
Im konkreten Fall individuelle Beurteilung
Weitere Anforderungen:
◦ Abhängig von Branche und Produkt
◦ Einzelne Produktionsschritte innerhalb der EAWU
◦ Verpflichtend ein Servicecenter für Reparaturen und Garantieleistungen innerhalb der EAWU
◦ für mind. 5 Jahre Übergabe der Rechte an technischen Unterlagen an ein Unternehmen
innerhalb der EAWU, die selbständige Produktion ermöglichen
◦ Senkung Anteile ausländischer Erzeugnisse in russischen Produkten – bis 2020 in den meisten
Bereichen unter 30 %
Lokalisierung >> made in EAWU
Gesetzesgrundlagen: Zollgesetzbuch der Zollunion,
Abkommen zwischen den GUS-Staaten, Verordnungen
Wann gilt ein Produkt als eurasisches Erzeugnis?
25. Protektionistische Politik soll ausländische Unternehmer und Investoren
anlocken
Ziel: Steigerung der russischen Wertschöpfung
Österreichische Unternehmen haben begonnen, Produktionen zu
errichten
Produktionskooperationen wurden geschlossen
Prüfung, ob protektionistischen Bestimmungen zutreffen – nicht alle sind
betroffen
Bestimmungen zur Importsubstitution und zum Vergaberecht sind derzeit
vornehmlich auf staatliche Einkäufe beschränkt
Diese Bestimmungen erfassen nur bestimmte Produkte und Leistungen
Nicht alle Produkte müssen „made in Russia“ werden
Schlusswort zur protektionistischen Politik
26. OOO „PIPAL ILG“
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