Wissenschaftsjournalismus als Dienstleistung: Die Verstärkerplattform The Conversation
1. Wissenschaftsjournalismus als Dienstleistung:
Die Verstärkerplattform The Conversation
Prof. Axel Bruns
ARC Future Fellow
Digital Media Research Centre
Queensland University of Technology
a.bruns@qut.edu.au | @snurb_dot_info
2. Wissenschaftskommunikation Online
• Wissenschaftsjournalismus:
– Online-Äquivalente traditioneller Medien
– „Born Digital”-Publikationen nach traditionellen Mustern
Journalistisch initiierte Themenauswahl/aufbereitung, größere Reichweite/Textqualität
• Wissenschaftskommunikation im Eigenbetrieb:
– Institutionelle und Projekt-Seiten
– Gruppen- und Einzelblogs von Forschern
– Open Access Journals
Eigene Texte, selbstinitiierter Austausch Forscher zu Forscher, selten darüber hinaus
• Soziale Medien:
– Forscher, Journalisten, Industrie, interessierte Laien, ...
– Potential für internationale Netzwerke
Selbstinitiierte Themenauswahl, oft geringe Reichweite, „preaching to the converted“
3. Was wäre wünschenswert?
• Wissenschaftskommunikation im Idealfall:
– Berichterstattung auf Forscherinitiative, und
– Direkte Mitwirkung von Forschern bei der Textaufbereitung – aber auch
– Größtmögliche Reichweite in Massen- und Nischenmedien, und
– Eingänglicher, für Laien verständlicher Kommunikationsstil
• Geht das?
– In der Forschung:
• Wissenschaftskommunikation als Ablenkung vom Forschungsbetrieb
• Wenig Kommunikationstraining für Forscher, oder institutionelle Anerkennung
• Furcht vor populistischen Anfeindungen in kontroversen Feldern
– Im Journalismus:
• Internationale Journalismuskrise
• Stellenkürzungen besonders in Spezialfeldern wie Wissenschaftsjournalismus
• Massenmedienagenden stark von aktuellen Themen beeinflußt
4. Verstärkerplattformen für Forschung
• „Disruptive Innovation“-Trends in verschiedenen Industrien:
– Spotify, Netflix, Cloud Computing, Uber, … - „Everything-as-a-Service“
Journalism-as-a-Service – Journalismus als Dienstleistung (für Forscher)?
• Journalismuskrise bietet Platz für neue Modelle:
– Innovative Publikationsstrukturen, besonders online
– Experimente mit Textformaten und -stilen
– Aufbrechen traditioneller Barrieren zwischen Journalisten und Nichtjournalisten
– Partnerschaften mit traditionellen Massenmedien
– Gezielte Integration mit sozialen Medien
Verstärkerplattformen wie The Conversation
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7. The Conversation
• Wichtigste Elemente:
– Inhaltsauswahl durch Crowdsourcing:
• Forscher schlagen in Eigeninitiative neue Artikel vor, und schreiben Rohtexte
• Textbearbeitung durch Redaktion, abschließende Bewilligung vom Forscher
– Journalism-as-a-service:
• Wissenschaftliche Forschung, professionelle Journalisten als Redakteure
• Publikation durch zentrale, weithin bekannte Plattform
– Design zielt auf Weiterleitbarkeit:
• Konsistente Nutzung von Creative-Commons-Lizenzen
• Links auf Inhalte durch soziale Medien weiterverbreitet
– Abschätzung von Reichweite und Auswirkung:
• Aktuelle Dashboards für Forscher und Forschungsinstitute
• Erfassung von Weiterleitung/Republikation in sozialen und Massenmedien
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11. Ursprünge
• Wie entsteht eine solche Plattform?
– Journalismus + Forschung = Conversation:
• Gegründet von Andrew Jaspan, u.a. ehemaliger Chefredakteur The Age
• Finanziell unterstützt durch Konsortium australischer Universitäten
• Redaktionsteam teilweise in Universitäten untergebracht
• Erste URL war theconversation.edu.au, wegen Universitätsverbindungen
– Hilfreiches Umfeld:
• Politische Forderungen nach gesellschaftlicher Relevanz für Forschung
• Universitätsinterne Anreize für aktive Forscherbeteiligung
• Marktlücke durch sehr geringe Medienvielfalt in Australien
– Klar demonstrierbare Erfolge:
• Detaillierte Angaben zu Nutzerzahlen und Weiterverbreitung
• Ausweitung nach USA, Großbritannien, Frankreich, südliches Afrika
12. Tweets mit Links auf The Conversation, verglichen mit anderen australischen Nachrichtenseiten (Jan. 2016)
13. Warum nicht in Deutschland?
• Eine deutsche Conversation?
– Organisation:
• In Zusammenarbeit mit The Conversation, oder im Eigenbetrieb?
• Selbständige Seite, oder mit (z.B. öffentlich-rechtlichen) Medien?
– Inhalte:
• Sind deutsche Forscher weniger mitteilungswillig?
• Sind deutsche Journalisten zu Dienstleistungsrollen bereit?
– Akzeptanz:
• Existiert die anderswo genutzte Marktlücke in Deutschland?
• Fehlt das Publikumsinteresse an alternativen Qualitätsangeboten?
Ist es den Versuch wert?
14. Proaktive Wissenschaftskommunikation
• Warum überhaupt die Mühe?
– Die Forschung und ihr Wert für die Gesellschaft:
• Forscher haben die Pflicht, sich in öffentlichen Debatten einzubringen
• Forschungsinstitutionen sollten solche Beiträge ermutigen und belohnen
• Dabei sollten besonders effektive Teilnahmeoptionen bevorzugt werden
– Internationale Trends zur quantitativen Erfassung solcher Effekte:
• Z.B. RAE, REF (Großbritannien), RQF, ERA (Australien), …
• Umstrittene Metriken für „Impact“, „Excellence“, „Public Value“
• „Public Value Test“ für durch öffentliche Gelder geförderte Forschung?
Besser aktiv an der Entstehung und Erfassung solcher Metriken
mitwirken, als passiv von ihnen erfaßt zu werden…