1. Spruchverfahren aktuell
Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting,
Organverträgen und Fusionen
Nr. 6/2013 vom 10. März 2013 ISSN 2195-7274
Inhaltsübersicht
Entscheidungen zu Spruchverfahren:
Übernahmerechtlicher Squeeze-out: Die Cinemaxx-Entscheidung des LG Frankfurt
am Main, S. 110
Anstehende Spruchverfahren:
F. Reichelt Aktiengesellschaft: Eintragung des Squeeze-out im Handelsregister, S. 119
HYMER AG: Konkretisierung des Übertragungsverlangens und Festlegung der
Barabfindung, S. 119
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Spruchverfahren aktuell - Nr. 6/2013 SpruchZ 2013 Seite 109
2. Entscheidungen zu Spruchverfahren
Übernahmerechtlicher Squeeze-out: Die Cinemaxx-Entscheidung des LG
Frankfurt am Main
Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 19. Februar 2013 - Az. 3-05 O 116/12
Veröffentlichung im Bundesanzeiger vom 22. Februar 2013:
Mit Beschluss vom 19.2.2013 hat das Landgericht Frankfurt am Main zum
Aktenzeichen 3-5 O 116/12 folgende Entscheidung gem. §§ 39a, 39b WpÜG
getroffen, die gem. § 39b Abs. 4 WpÜG bekannt gemacht wird:
„Der Antrag der Antragstellerin ihr die übrigen, nicht von ihr gehaltenen
stimmberechtigten 1.010.548 Aktien der CinemaxX AG, Valentinskamp 18-20,
20345 Hamburg eingetragen in das Handelsregister des Amtsgerichts
Hamburg unter HRB 67787, mit der Wertpapierkennnummer 508570 gegen
Gewährung einer Abfindung in Höhe von EUR 6,45 pro Aktie zu übertragen,
wird zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens und ihre außergerichtlichen Kosten
hat die Antragstellerin zu tragen. Den Antragsgegnern zu hat den
Antragsgegnern zu 2) – 9), 11) - 19) deren notwendigen außergerichtlichen
Kosten des Verfahrens zu erstatten. Darüber hinaus findet eine
Kostenerstattung nicht statt.
Der Gegenstandswert wird auf EUR 7.500.000,-- festgesetzt."
Leitsätze der Redaktion:
1. Der einen übernahmerechtlichen Squeeze-out (§§ 39a, 39b WpÜG) bean-
tragende Hauptaktionär muss dem Gericht zunächst einen Sachvortrag zur An-
gemessenheit der Barabfindung liefern (insbesondere Jahresabschlüssen der
letzten Jahre für die Vergangenheitsanalyse, Darlegung der Planung und ggf.
Planungsrechnung der Zielgesellschaft). Der Antragsteller ist verpflichtet, durch
eine eingehende Tatsachendarstellung an der Aufklärung des Sachverhalts
mitzuwirken (Mitwirkungs- und Verfahrensförderungslast).
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3. 2. Steht dem Antragsteller schon vor der Mitteilung über die Entscheidung zur
Abgabe eines Angebots nach § 10 WpÜG ein unbedingtes (unabhängig von der
Angebotsabgabe und des Angebotserfolgs bestehendes) Erwerbsrecht an Aktien
zu, kann der Erwerb dieser Aktien nicht als Erwerb im Sinn eines Markttestes zum
Erreichen der 90 %-Schwelle des § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG angesehen werden,
selbst wenn diese Aktien formell während des Angebots eingereicht und auf den
Antragsteller dinglich übertragen werden.
3. Der Markttest nach § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG stellt auf unabhängige Markt-
teilnehmer ab, zu denen in der Angebotsunterlage als mit dem Antragsteller ge-
meinsam handelnde Aktionäre nach § 2 Abs. 5 WpÜG nicht gehören. Deren
Aktien sind bei der 90 %-Quote daher nicht einzubeziehen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Mit Antragsschrift vom 12.10.2012 – eingegangen bei Gericht am 15.10.2012 - hat
die Antragstellerin beantragt, die 1.308.718 stimmberechtigten Aktien der C AG,
(WKN XXX), die nicht bereits von der Antragstellerin gehalten werden, gegen
Gewährung einer Abfindung in Höhe von EUR 6,45 je Stückaktie auf die
Antragstellerin zu übertragen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung hielt die Antrag-
stellerin 25.653.573 Aktien der C AG.
Das Gericht hat den Antrag im elektronischen Bundesanzeiger vom 17.10.2012 –
dem satzungsmäßig einzigem Gesellschaftsblatt der C AG - gem. § 39b WpÜG
bekannt gemacht.
Während der Andienungsfrist nach § 39c WpÜG wurden weitere 298.170 Aktien
eingeliefert und von der Antragstellerin erworben
Die Antragstellerin beantragt nunmehr, ihr die übrigen, nicht von ihr gehaltenen
stimmberechtigten 1.010.548 Aktien der C AG, eingetragen in das Handelsregister
des Amtsgerichts Hamburg unter HRB XXX, mit der Wertpapierkennnummer 508570
gegen Gewährung einer Abfindung in Höhe von EUR 6,45 pro Aktie zu übertragen.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 39a Abs. 1,
Abs. 3 WpÜG vorlägen. Sie sei Inhaber von (über) 95 % des stimmberechtigten
Grundkapitals der C AG und sie habe aufgrund des Angebots über 90 % des von
Angebot betroffenen Grundkapitals erworben, wobei auch die Erwerbe der K-
Aktien in die 90 % einzubeziehen seien. Die Vermutung des § 39a Abs. 3 WpÜG sei
daher eingetreten, wonach der Angebotspreis von 6,45 EUR eine angemessene
Abfindung sei. Aus dem Angebotserfolg und dem Umstand, dass die Antragstellerin
während des Angebots und noch danach durch Andienung nach § 39c WpÜG
Aktien zu dem Angebotspreis habe erwerben können, ergebe sich auch, dass die
im Angebot angebotene Gegenleistung der volle Ausgleich für die Aktien darstelle.
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4. Die Antragstellerin sei auch zur Antragsstellung befugt, da sie die 95 % Schwelle des
Aktienbesitzes innerhalb der der 3 Monatsfrist des § 39a Abs. 4 WpÜG nach Ablauf
der Antragsfrist erreicht habe. Weiteres werde vom Gesetz nicht verlangt. Es sei
daher nicht erforderlich, die 95 % innerhalb der Angebotsfrist oder in engen
zeitlichen Zusammenhang damit zu erlagen. Zudem habe sie in der erweiterten
Antragsfrist im Zeitraum zwischen 7.9.2012 und 14.9.2012 weitere 39.223 Aktien über
das Angebot erhalten über die Börse weitere 170. 260 Aktien erworben, so dass sie
am Ende der erweiterten Antragsfrist jedenfalls 25.653.573 Aktien gehabt habe, was
ca. 95,15 % der Aktien entspreche. Auf den Preis der an der Börse erworbenen
Aktien komme es hier nicht an.
Für die von der V J erworbenen Aktien habe sie nicht mehr als EUR 6,45 je Aktie
gezahlt, EUR 29.350,75 seien als Bankgebühr nicht dem Kaufpreis hinzuzurechnen.
Die Antragsgegner haben sich nach Bekanntmachung der Anträge im Bundes-
anzeiger an Verfahren beteiligt und sind dem Antrag entgegen getreten.
Das Landgericht Frankfurt am Main sei nicht zur Entscheidung zuständig, da es an
einem entsprechenden Staatsvertrag fehle.
Dem Antrag stünden jedenfalls, was die Antragsgegnerin zu 10) betreffe, das
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Arabischen
Emiraten geschlossene Investionsschutzabkommen entgegen. Der Antrag sei
unstatthaft. Die Antragsteller und die Inhaber der K-Aktien hätten Ihre
Meldepflichten nach dem WpHG verletzt, was der Antragsbefugnis entgegen
stehe. Nach Ablauf des Angebots hätten die Antragstellerin nicht 95 % der
stimmberechtigten Anteile gehört. Nacherwerbe seien nicht hinzuzurechnen.
Zudem stehe dem Antrag entgegen, dass die Antragstellerin wegen Verletzung der
Meldepflichten nach §§ 21 ff WpHG nicht 95 % der stimmberechtigten Aktien habe.
Jedenfalls sei die 90 % Schwelle des § 39a Abs. 3 WpÜG nicht erreicht worden.
In die Berechnung seien die K-Aktien nicht mit einzubeziehen. Des Weiteren sei zu
berücksichtigen, dass die Antragsteller für den Erwerb über die Börse in der
verlängerten Angebotsfrist aufgrund der damaligen Börsenkurse mehr als EUR 6,45
gezahlt haben müsse. Zudem habe sie angesichts des mitgeteilten Gesamt-
kaufpreises mehr als EUR 6,46 für die von der Vue Jersey erworbenen Aktien
gezahlt. EUR 6,45 seien kein angemessener Wert für eine C AG Aktie. (…)
II.
Erfordernis einer mündlichen Verhandlung
Über den Antrag der Antragstellerin war wegen des Widerspruchs der
Antragsgegner gegen den begehrten Antrag gem. Art. 6 Abs. 1 EMRK i.V.m. § 170
GVG in öffentlicher Verhandlung mündlich zu verhandeln, da es sich bei dem
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5. Verfahren nach §§ 39a, 39b WpÜG um eine Streitigkeit in Bezug auf zivilrechtliche
Ansprüche handelt und Art. 6 Abs. 1 MRK auch für echte Streitverfahren der
freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt (vgl. BGHZ 124, 204; Lipp FPR 2011, 37 m.w.N.)
Zulässigkeit des Antrags
Der Antrag auf Übertragung der übrigen stimmberechtigten Aktien der C AG
gegen Gewährung einer Abfindung in Höhe von EUR 6,45 auf die Antragstellerin ist
zunächst zulässig.
Das Landgericht Frankfurt am Main ist gem. § 39a Abs. 5 WpÜG zur Entscheidung
über den Antrag berufen. Soweit sich ein Antragsgegner darauf bezieht, dass die
vom Bundesgesetzgeber hier gewählte bundesweite Zuständigkeitskonzentration
gegen die Länderautonomie verstoße und es nur den Ländern möglich sei, mittels
Staatsvertrag eine solche länderübergreifende Zuständigkeit zu schaffen, so wird
übersehen, dass gem. Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG dem Bund u . a. für den Bereich der
Gerichtsverfassung und gerichtliches Verfahren die konkurrierende Gesetzgebung
zukommt, d. h. er ggf. die Maßstäbe der sachlichen, funktionellen und örtlichen
Zuständigkeit definieren kann. Macht er wie vorliegend von diesem Recht durch
die Bestimmung eines bundeseinheitlichen Gerichtsstandes für Verfahren nach §§
39a, 39b WpÜG Gebrauch, so kommt es auf Ländervereinbarungen im Wege eines
Staatsvertrages nicht mehr an (so auch OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 9.12.2008
- WpÜG 2/08 – NJW 2009, 375 = NZG 2009, 74; Beschl. v. 21.05.2012 - WpÜG 10/11 –
BeckRS 2012, 12084).
Soweit die Antragsgegnerin zu 10) vorbringt, dem Antrag stehe das zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten abge-
schlossene Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von
Kapitalanlagen (BGBl II 1998, S. 1474) entgegen, greift dieser Einwand nicht durch.
Beim Ausschluss der Minderheitsaktionäre nach § 39a WpÜG handelt es sich nicht
um eine Enteignung oder einen enteignungsgleichen Eingriff, sondern nur um eine
Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums der Minderheitsaktionäre im
Verhältnis zur Hauptaktionärin (BVerfG BB 2007, 1515 ff; OLG Frankfurt am Main,
NJW 2009, 375). Im kapitalmarktrechtlichen Zwangsausschluss kommt die Wertung
des europäischen Gesetzgebers zum Ausdruck, dass das kapitalmarktrechtliche
Zwangsausschlussrecht gewissermaßen als Kompensation für die mit dem
Kontrollerwerb verbundenen Kosten und Mühen des Bieters anzusehen ist (Paefgen,
Der Zwangsausschluss im neuen Übernahmerecht, WM 2007, 765 m.w.N.). Ein
gerichtliches Verfahren ist vorgesehen, wie das hiesige Verfahren zeigt. Eine
Übertragung des Eigentums der Minderheitsaktionäre findet sogar nur durch
richterlichen Gestaltungsakt statt, also nachdem das Gericht geprüft hat, ob die
gesetzlichen Übertragungsvoraussetzungen vorliegen (§ 39b Abs. 5 WpÜG). Das
Verfahren der §§ 39 a, 39b WpÜG schaltet – in dem hier zur Beurteilung
anstehenden Umfang - lediglich den Bewertungsstreit für die (theoretisch) richtige
Unternehmensbewertung weitgehend aus und setzt auf die Richtigkeit/
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6. Vernünftigkeit des Werts, der sich am Markt bewährt hat. Dies ist zulässig und bietet
angesichts unterschiedlicher internationaler Bewertungsgewohnheiten und
Traditionen sogar mehr Bewertungssicherheit (OLG Frankfurt am Main a.a.O.).
Die Antragstellerin ist gem. § 39a Abs. 1 WpÜG auch antragsbefugt.
Der Antragstellerin gehören nach Durchführung eines Übernahmeangebots
mindestens 95 % des stimmberechtigten Grundkapitals der C AG AG.
Die Antragstellerin hat durch entsprechende Erklärung des Bankhauses Joh.
Berenberg Gossler & Co. KG glaubhaft gemacht, dass sie zum Zeitpunkt des Ablauf
der weiteren Annahmefrist am 20.9.2012 ca. 95,15 % der Aktien d.h. 25.653.573
Stück Aktien der C AG hielt. Auf diesen Zeitpunkt kommt es nach der höchst-
richterlichen Rechtsprechung (BGH Urteil vom 18.12.2012 – II ZR 198/11 – BeckRS
2013, 02427; aA noch OLG Frankfurt Beschluss v. 21.05.2012 - WpÜG 10/11 – BeckRS
2012, 12084; Kammerbeschlüsse vom 15.11.2011 - 3-05 O 53/11 - BeckRS 2011,
26940; v. 13.03.2009 - 3-05 O 328/08 -, AG 2009, 421) an.
Die Antragstellerin hat den Antrag am 15.10.2012 auch gem. § 39a Abs. 3 WpÜG
innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf des Annahmefrist am 3.9.2012 gestellt,
wobei hier dahingestellt bleiben kann, ob für den Fristbeginn der Antragsfrist nicht
auf das Ende der weiteren Annahmefrist am 20.9.2012 nach § 16 Abs. 2 WpÜG (so:
Geibel/Süßmann WpÜG, 2. Aufl. § 39a Rz. 20 m.w.Nachw.; kritisch: Stöwe, Der
übernahmerechtliche Squeeze-out, S. 106) abzustellen ist.
Für das Erreichen der 95 % Schwelle ist auch unbeachtlich, in welcher Weise die
Antragstellerin in der maßgeblichen Frist die Aktien erworben hat (vgl. BGH aaO Tz.
27) und ob die Erwerbe nach der Angebotsfrist zu dem Preis des Angebots
erfolgten, oder der Bieter hier eine höhere Gegenleistung gewährt hat. Die hätte
zwar Bedeutung für die Frage, ob hier ggf. nicht Ansprüche nach § 31 Abs. 4 WpÜG
entstanden sind, für die Frage des Erreichens der 95 % Schwelle ist dies jedoch
unbeachtlich.
Der Statthaftigkeit des Antrags steht auch eine von einigen Antragsgegnern
behauptete Verletzung der Meldepflichten nach §§ 21 ff WpHG durch die
Antragstellerin oder einen früheren Aktionär, von dem sie Aktien erworben hat und
der damit eintretende Rechtsverlust nach § 28WpHG nicht entgegen. (…)
Unbegründetheit des Antrags
- Darlegung zur Höhe der Angemessenheit erforderlich
Der Antrag ist jedoch unbegründet, da er sich ohne weitere Darlegung zur Höhe
der Angemessenheit (vgl. zum Erfordernis Grunewald in MünchKomm, AktG, 3. Aufl.
§ 39a Rn 36 m.w.N.) nur auf eine Übertragung der Aktien gem. § 39 Abs. 1 Abs. 3 S.
3 WpÜG in Höhe des Angebotspreises richtet. Selbst wenn man entgegen der
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7. bisherigen Ansicht der Kammer (Beschluss vom v. 5. 8. 2008, 3–5 O 15/08 – BeckRS
2008, 16120; offengelassen von BVerfG Beschl. v. 16. 5. 2012 − 1 BvR 96/09, 1 BvR
117/09, 1 BvR 118/09, 1 BvR 128/09 – NZG 2012, 907) mit der h. M. in der Literatur
(Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Auflage, §
39a WpÜG Rn 31; Hasselbach CF-law 2010, 24, 30; Austmann NZG 2011, 684 jew.
m.w.Nachw.) eine Beweisaufnahme im Verfahren zum Wert des Zielunternehmens
und damit zur Höhe der Abfindung für möglich hielte, bedeutet dies aber, dass die
Antragstellerin zunächst dem Gericht einen entsprechenden Sachvortrag (z. B ggf.
mit Jahresabschlüssen der letzten Jahre für die Vergangenheitsanalyse, Darlegung
der Planung und ggf. Planungsrechnung der Zielgesellschaft usw.) zu unterbreiten
hätte. Wenn auch im Verfahren nach §§ 39a, 39b WpÜG aufgrund der Verweisung
in § 39b Abs. 1 WpÜG grundsätzlich der Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 FamFG
gilt, enthebt dies die Beteiligten – insbesondere in echten Streitverfahren und
darüber hinaus in allen anderen Verfahren – nicht von der Verpflichtung, durch
eingehende Tatsachendarstellung an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken
(Mitwirkungs- und Verfahrensförderungslast). Die Beteiligten sind gehalten, durch
ihren Vortrag und die Bezeichnung geeigneter Beweismittel dem Gericht
Anhaltspunkte dafür zu geben, in welche Richtung es seine Ermittlungen durch-
führen soll (vgl. Keidel FamFG, 17. Auflage 2011, § 26 Rz. 20 m.w.N. ). An der
Darlegung entsprechender Anknüpfungstatsachen durch die Antragstellerin, für
eine Unternehmensbewertung der C AG nach fundamentalanalytischen Metho-
den fehlt es jedoch.
- keine Berufung auf den „Markttest“ nach § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG
Vorliegend kann die Antragstellerin für die begehrte Übertragung sich nämlich
entgegen ihrem Vorbringen nicht für die Angemessenheit der Abfindung auf die
gesetzliche Vermutung des § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG berufen, dass der Preis des
Angebots von EUR 6,45 je Stückaktie auch im Rahmen der Aktienübertragung nach
§ 39a Abs. 1 WpÜG durch Gerichtsbeschluss eine angemessene Abfindung ist.
Zwar ist nach § 39a Abs. 3 WpÜG die im Rahmen des Übernahme- oder Pflicht-
angebots gewährte Abfindung als angemessene Abfindung anzusehen, wenn der
Bieter auf Grund des Angebots Aktien in Höhe von mindestens 90 % des vom
Angebot betroffenen Grundkapitals erworben hat.
Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob es sich hier um eine unwiderlegliche
Vermutung (so: OLG Stuttgart AG 2009, 707; Hasselbach a.a.O § 39a Rz. Rz. 68;
Merkner/Sustmann in Baums-Thoma, WpÜG, Loseblattkommentar, Stand 10/10 §
39a Rz. 39, 46 ff; Grunewald a.a.O. § 39a Rz. 33, dieselbe NZG 2009, 332;
Santelmann in Steinmeyer/Häger, 2a.a.O., § 39a WpÜG Rz. 11; derselbe in
Steinmeyer/Santelmann, BB 2009, 674; Süßmann in Geibel/Süßmann, a.a.O. § 39a
WpÜG Rz. 16; Wilsing/Ogorek, a.a.O.; Schlitt/Ries/Becker, NZG 2008, 700; Falkner, ZIP
2008, 1775; Hörmann/Feldhaus, BB 2008, 2134; Merkt/Binder, BB 2006, 1285;
Diekmann, NJW 2007, 17; Seibt/Heiser, AG 2006, 301; a.A. so bislang Kammer-
beschluss vom 5.8.2008 – 3-05 O 15/08 – a.a.O., offen gelassen in der Beschwerde-
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8. entscheidung hierzu durch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschl. v.
9.12.2008 – WpÜG 2/08 – a.a.O. und auch durch das BVerfG Beschl. v. 16. 5. 2012 −
1 BvR 96/09, 1 BvR 117/09, 1 BvR 118/09, 1 BvR 128/09 – NZG 2012, 907; Heidel/
Lochner a.a.O., § 39a WpÜG Rz. 65; Schüppen/Tretter in Haarmann/Schüppen, 3.
Aufl. 2007, § 39a WpÜG Rz. 27; derselbe in Schüppen, BB 2006, 165; Paefgen, WM
2007, 765;; Rühland, NZG 2006, 401; Kießling, Der übernahmerechtlich Squeeze-out
gem. §§ 39a, 39b WpÜG, S. 226) handelt. Selbst wenn man es als eine
unwiderlegliche Vermutung ansehen wollte, steht der Annahme dieser Vermutung
vorliegend entgegen, dass die 90 % Annahmequote hier nicht erreicht wurde (vgl.
zu Zulässigkeit einer derartigen Einwendung im vorliegendem Verfahren BVerfG
Beschl. v. 16.5. 2012 − 1 BvR 96/09, 1 BvR 117/09, 1 BvR 118/09, 1 BvR 128/09 – NZG
2012, 907 – T. 28 aE).
Die Kammer teilt die Ansicht des OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 09.12.2008
WpÜG 2/08 a.a.O.) dass der Markttest beim übernahmerechtlichen Squeeze-out
alle betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethoden zur Ermittlung der vollen Ent-
schädigung ersetzt, zumal die Kammer auch im Spruchverfahren zur Ermittlung
einer angemessenen Abfindung nach einem Ausschluss der Minderheitsaktionäre
nach § 327a AktG, bzw. bei einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
nach § 305 AktG oder bei Ermittlung einer Verschmelzungsrelation die Ansicht
vertritt, dass unter bestimmten Umständen (aussagekräftige Kapitalmarktdaten) die
Höhe der Abfindung bzw. die Verschmelzungsrelation aus Kapitalmarktdaten ohne
Rückgriff auf betriebswirtschaftliche Bewertungsmethoden ermittelt werden kann
(seit Kammerbeschluss vom 13.3.2009 – 3-05 O 57/06 – NZG 2009, 553 –, bestätigt
von OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 3. 9. 2010 - 5 W 57/09 – NZG 2010, 1141,
verfassungsrechtlich nicht beanstandet von BVerfG Beschl. v. 26. 4. 2011 − 1 BvR
2658/10 – NZG 2011, 869).
Die durch das Übernahmerichtlinien-Umsetzungsgesetz geschaffene Vorschrift des
§ 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG unterstellt, dass der Preis des Angebots, das dem
Ausschlussverfahren vorausging, der angemessenen Abfindung entspricht, wenn es
für mindestens 90% der Aktien angenommen wurde, auf die es sich bezog.
Diese 90 % Annahmequote wurde hier nicht erreicht. Zwar befinden sich einige
Antragsgegner im Irrtum, die vertreten, dass sich das Angebot auf alle 26.962.291
Aktien der C AG bezogen habe und daher die Antragstellerin nur 87,61 % während
des Angebots (23.622.297 Aktien) erworben habe. Von diesen 26.962.291 Aktien
sind nämlich die 1.8191.793 Aktien in Abzug zu bringen, die die Antragstellerin
bereits am 1.8.2012 ausweislich der Bankbestätigung in (mittelbaren) Besitz hatte
und gem. § 1006 Abs. 3 BGB vermutet wird, das ihr diese jedenfalls zu Eigentum
gehörten. Der Erwerbsvorgang hinsichtlich dieser Aktien ist zwar unklar, ent-
scheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch allein, dass jedenfalls zum Zeitpunkt
des Angebots die Antragsteller Eigentümer dieser Aktien war.
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9. Das Angebot konnte sich daher grundsätzlich überhaupt nur auf 25.140.498 Aktien
beziehen, womit die Schwelle von 90 % an sich bei 22.626.448 Aktien gelegen
hätte.
Nicht erfasst von dem Erwerb aufgrund des Angebots und damit auch nicht in die
90 % Schwelle i.S.d. § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG einzurechnen sind allerdings entgegen
der Auffassung der Antragstellerin die aufgrund des Angebots von Herrn Prof. Dr. K
eingereichten 2.806.450 Aktien und die von der Dr. K Vermögensverwaltungs-
gesellschaft mbH & Co Beteiligungs KG eingereichten 20.000.000 Aktien (K-Aktien),
so dass vom Angebot i. S. d. § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG nur 2.334.048 Aktien betroffen
waren, wovon die Antragstellerin aufgrund des Angebots bis Ablauf der erweiterten
Angebotsfrist nur 855.070 Aktien erworben hat, d.h. bezogen auf die von Angebot
erfassten Aktien ca. 36,64 %, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die 39.223
Aktien, die die Antragstellerin während der weiteren Annahmefrist und die 298.170
Aktien die die Antragstellerin im Rahmen der Andienung nach § 39c WpÜG (vgl.
hierzu OLG Frankfurt Beschluss v. 21.05.2012, - WpÜG 10/11 – BeckRS 2012, 12084 Tz.
79) erworben hat, überhaupt dazu zu zählen sind, da auch mit einer Hinzurechnung
die 90 %-Quote nicht erreicht würde.
Voraussetzungen des Markttests nicht erfüllt: hier unbedingtes Erwerbsrecht
unabhängig vom Angebot …
Zwar wurden die K-Aktien formell aufgrund des Angebots in der Angebotsfrist
eingereicht, doch kann dies nicht als Erwerb i. S. e. Markttestes nach § 39a Abs. 3 S.
3 WpÜG angesehen werden. Der Antragstellerin stand nämlich schon vor (vgl. für
diesen maßgeblichen Zeitpunkt beim parallelen Paketerwerb, Merkner/Sustmann in
Baums /Thoma aaO, Rn 36 a. E. m.w.N.) der am 10.7.2012 erfolgten Mitteilung nach
§ 10 WpÜG (vgl. 1.1. Abs. 5 der Angebotsunterlage) aufgrund einer besonderen
Vereinbarung ein unbedingtes Erwerbsrecht hinsichtlich dieser Aktien zu, da die
Verkäufer sich unbedingt verpflichtet hatten, diese C-Aktien der Antragstellerin
außerhalb dieses Angebots zu übertragen, wenn eine Pflicht zur Einlieferung in
dieses Angebot nicht bestünde. Hier fehlt es schon letztlich für den Erwerb dieser
Aktien an der Kausalität des Angebots (vgl. Noack/Zetzsche in Schwarz/Zimmer,
Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl. § 39a Rn 24; Johannsen-Roth/Illert ZIP 2006,
2157, 2158). Es liegt hier daher eine andere Sachverhaltsgestaltung vor, als sie
bislang von der Kammer (seit Beschluss vom 5.8.2008 - 3-05 O 15/08 – NZG 2008, 665
und seitdem in ständiger Rechtsprechung) und dem Oberlandesgericht Frankfurt
am Main (seit Beschluss vom 9. 12. 2008 - WpÜG 2/08 – NZG 2009, 74) für die
Einbeziehung von Aktien in die 90 % Quote die aufgrund sog. irrevocabel
undertakings entschieden wurden, da in den bisherigen Sachverhaltsgestaltungen
die Verpflichtungserklärung völlig von der Angebotsabgabe und dem übrigen
Angebotserfolg abhing, mithin die für den Markttest gebotene Kausalität zwischen
Erwerb und Angebot gegeben war. Die Inhaber der K-Aktien haben sich letztlich
aber gerade nicht ihre Desinvestitionsentscheidung nur aufgrund des Angebots
getroffen (vgl. zu dieser Voraussetzung Hasselbach in KölnKomm, WpÜG, 2. Aufl. Rz.
67).
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10. … und Abgeber in dem Angebot ausdrücklich als gemeinsam handelnde Personen
bezeichnet
Gegen die Einbeziehung der K-Aktien spricht zudem, dass die Antragstellerin selbst
die beiden Inhaber dieser Aktien in ihrem Angebot vom 6.8.2012 ausdrücklich in 1.1
Abs. 5 als mit ihr gemeinsam handelnde Personen im Sinne von § 2 Abs. 5 WpÜG
bezeichnet, was eine Einbeziehung der von diesen auf das Angebot eingereichten
Aktien nicht zulässt. Der nach § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG allein maßgebliche Markttest
für die Angemessenheit (vgl. OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 9. 12. 2008 -
WpÜG 2/08 – NZG. NZG 2009, 74 und BVerfG Beschl. v. 16. 5. 2012 − 1 BvR 96/09, 1 BvR
117/09, 1 BvR 118/09, 1 BvR 128/09 – NZG 2012, 907) setzt voraus, dass im
Angebotsverfahren eine relevante Zahl unabhängiger Marktteilnehmer, welche ihre
Desinvestitionsentscheidung allen nach ökonomischen Maßstäben treffen, das
Angebot angenommen haben (Bork NZG 2011, 650 m.w.Nachw.). Liegt jedoch
aufgrund der gesetzlichen Definition des § 2 Abs. 5 WpÜG ein gemeinsames Handeln
des Bieters mit einer Person vor, die Aktien im Rahmen des Angebots einreicht, fehlt
es hieran. Wegen der hierzu erforderlichen Verhaltensabstimmung findet vielmehr
eine Zurechnung des Verhaltens und der Verhältnisse statt (Verstegen in KölnKomm,
WpÜG § 2 Rn 152), d. h Bieter und die mit ihm gemeinsam handelnde Person sind als
Einheit zu betrachten (Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-
Kommentar 4. Auflage 2010, § 2 WpÜG Rn 31; Wackebath in MünchKomm AktG, 3.
Aufl. § 2 WpÜG Rn 55, 60; Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl.,
§ 2 WpÜG Rn 20 m.w.N), womit die erforderliche Unabhängigkeit des Erwerbs von
Personen die als gemeinsam handelnd anzusehen sind für den Markttest schon
aufgrund der (gesetzlichen) Zurechnungsfiktion ausscheidet, ohne dass es auf
etwaige tatsächlichen Verhältnissen noch ankäme. Soweit der Bundesgerichtshof in
seinem Urteil vom 18.12.2012 (aaO Tz. 38) ausführt, dass für die Zurechnung nach §
39a WpÜG ein abgestimmtes Verhalten i.S.d. § 2 Abs. 5 WpÜG nicht ausreiche, so
bezieht sich dies aufgrund des Hinweises auf 39a Abs. 2 WpÜG erkennbar nur auf das
Erreichen der 95 % Schwelle des § 39a Abs. 1 WpÜG und nicht auf die Frage des
Erreichens der 90 % Schwelle des § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG im Sinne eines Markttests.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 6/2013 SpruchZ 2013 Seite 118
11. Anstehende Spruchverfahren
F. Reichelt Aktiengesellschaft: Eintragung des Squeeze-out im Handelsregister
Ad-hoc-Mitteilung vom 5. März 2013
ISIN: DE0007075038 und DE0007075004
Der von der außerordentlichen Hauptversammlung der F. Reichelt Aktiengesellschaft
am 28. Dezember 2012 gemäß §§ 327a ff. AktG gefasste Beschluss über die
Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der F. Reichelt Aktiengesellschaft
auf die Fedor Holding GmbH, Zossen (Hauptaktionär), gegen Gewährung einer von
der Fedor Holding GmbH zu zahlenden Barabfindung in Höhe von EUR 386,17 je
Stammaktie und EUR 428,52 je Vorzugsaktie der F. Reichelt Aktiengesellschaft wurde
am 5. März 2013 in das Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg eingetragen.
Damit sind alle Aktien der Minderheitsaktionäre der F. Reichelt Aktiengesellschaft auf
die Fedor Holding GmbH übergegangen.
Die Preisfeststellung der Aktien der F. Reichelt Aktiengesellschaft in der Mittel-
standsbörse Deutschland, dem qualifizierten Freiverkehrssegment der Hanseatischen
Wertpapierbörse Hamburg, und im Freiverkehrssegment der Börse Stuttgart wird
voraussichtlich in Kürze eingestellt werden. Ein bis dahin noch stattfindender
Börsenhandel ist nur ein Handel mit Barabfindungsansprüchen der Minder-
heitsaktionäre. Die Modalitäten der Auszahlung der Barabfindung wird die Fedor
Holding GmbH gesondert veröffentlichen.
Hamburg, den 5. März 2013
Der Vorstand
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HYMER AG: Konkretisierung des Übertragungsverlangens und Festlegung der
Barabfindung
Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG
Bad Waldsee, 06.03.2013 - Die Erwin Hymer Vermögensverwaltungs AG, Bad
Waldsee, hat dem Vorstand der HYMER AG heute mitgeteilt, dass sie die
Barabfindung für die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der HYMER
AG auf die Erwin Hymer Vermögensverwaltungs AG als Hauptaktionärin ent-
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