2. Radiologe 2002 · 42: 332–343
DOI 10.1007/s00117-002-0717-2
P. Gocke · J. F. Debatin · L. F. J. Dürselen Prozessmanagement Ein Prozess ist die Zusammenfas-
sung logisch zusammenhängender, auf-
Process management and controlling einanderfolgender Arbeitsschritte, bzw.
Die Anbieter im Gesundheitswesen ste-
in diagnostic radiology Tätigkeiten, die einen bestimmten Input
hen vor vollkommen neuen Herausfor-
in einen messbaren Output für den Kun-
derungen. Ein Überleben am Markt ist
Abstract den transferieren.
insbesondere in Anbetracht der bevor-
Bevor Prozesse optimiert werden
stehenden Einführung von DRG (Dia-
können, müssen in einem 1. Schritt die
gnostic related groups) als Basis der
Systematic process management and effi-
bestehenden Prozessabläufe übersicht-
Krankenhausfinanzierung nicht mehr
cient quality control is rapidly gaining im-
lich erfasst und skizziert werden. Dabei
selbstverständlich. Für die Anbieter me-
portance in our healthcare system.What
werden die „Inputs“ der Prozesse inner-
dizinischer Leistungen gilt es nunmehr
does this mean for diagnostic radiology de-
halb der diagnostischen Radiologie wie
alle Kräfte so zu entwickeln und einzu-
partments?
folgt definiert: Anmeldung durch den
setzen, dass ein möglichst profitables
To improve efficiency, quality and pro-
überweisenden Arzt mit Verfügbarma-
und langfristiges Überleben im Markt
ductivity the workflow within the depart-
chung des Patienten bei Inanspruchnah-
gesichert wird. Dies erfordert eine ad-
ment of diagnostic and interventional radi-
me der personellen und materiellen Res-
äquate Unternehmensstrategie.
ology at the University Hospital of Essen
sourcen der diagnostischen Radiologie.
Im Kontext der Unternehmensfüh-
were restructured over the last two years.
Die „Outputs“ bestehen in der Rückver-
rung ist Strategie ein vergleichsweise
Furthermore, a controlling system was es-
antwortung des untersuchten Patienten
junger Begriff – er taucht sporadisch seit
tablished.One of the pursued aims was to
sowie in der Übermittlung des schriftli-
den 60er Jahren in Fachzeitschriften auf,
create a quality management system as a
chen Befundes und, sofern gewünscht,
stieg aber nach 1980 zu einem zentralen
basis for the subsequent certification accord-
des erstellten Bildmaterials an den über-
Begriff im modernen Management auf.
ing to the ISO EN 9001:2000 norm.
weisenden Arzt sowie das Verschicken
Seither entstammt diesem Teilgebiet der
Central to the success of the workflow
der Rechnung bzw. die interne Verrech-
Betriebswirtschaftslehre eine Vielzahl
reorganisation was the training of selected
nung der Leistung, sofern ein solches
neuer Konzepte, deren Schlagwörter
members of the department's staff in pro-
Verrechnungssystem überhaupt vorhan-
auch Nichtfachleuten vertraut erschei-
cess and quality management theory.There-
den ist (Abb. 1).
nen – als Beispiel genannt seien nur
after, a dedicated working group was created
Die Tätigkeit der diagnostischen
Wettbewerbsstrategie, Unternehmens-
to prepare the reorganisation and the subse-
Radiologie wird in folgende Hauptpro-
kultur, Lean management, Qualitätsma-
quent ISO certification with the support of a
zesse unterteilt: Auftragserfassung/Ab-
nagement, Shareholder value, Change
consulting partner.To assure a smooth im-
rechnung, Untersuchung, Befundung
management, Business reengineering,
plementation of the restructured workflow
und Archivierung. Jeder dieser 4 Prozes-
Prozessmanagement, Wissensmanage-
and create acceptance for the required
se hat definierte Inputs und Outputs. So
ment, Kundenorientierung.
ISO-9001 documentation, the entire staff
stellt die Anmeldung des Überweisers
Wie in vielen anderen Unterneh-
was familiarized with the basic ideas of pro-
den Input für die Auftragserfassung/Ab-
men bleiben auch im Gesundheitswesen
cess- and quality-management in several
rechnung dar. Im Rahmen dieses Pro-
singuläre Maßnahmen oft ohne die er-
training sessions.
zesses werden ein interner Auftrag und
hoffte Leistungsverbesserung: Prozess-
This manuscript summarizes the basic
eine Rechnung erstellt. Der Auftrag stellt
probleme lassen sich nicht mit Lösun-
concepts of process and quality manage-
gemeinsam mit dem Patienten den In-
gen überwinden, die auf die Bewälti-
ment as they were taught to our staff.A di-
put für den Prozess „Untersuchung“ dar.
gung von Einzelproblemen zugeschnit-
rect relationship towards diagnostic radiolo-
Nach Abschluss der Untersuchung ver-
ten sind. Hier versprechen Methoden
gy is maintained throughout the text.
lässt der Patient die Radiologie und wird
des Prozessmanagements Erfolge.
Keywords
Abb.1 Prozessüber-
Workflow · Process management ·
sicht in der diagnosti-
Process optimization · Quality assurance · schen Radiologie.
Key performance indicators · Die 4 Haupt-Prozesse
Change management (rot) haben definierte In-
und Outputs. ❖ Abbil-
dung in Farbe siehe Seite
413
| 333
Der Radiologe 5•2002
3. Management in der Radiologie
wird ihr Kundenanspruch mit der Be-
zahlung bzw. der indirekten Finanzie-
rung der radiologischen Leistungen.An-
dere Kundenkriterien bleiben allerdings
unerfüllt: nur in den seltensten Fällen
initiiert die Krankenkasse eine radiolo-
gische Leistung (Gutachten) und nie hat
sie einen direkten Nutzen davon.
Somit verbleibt der überweisende
Arzt als eigentlicher Kunde der diagno-
stischen Radiologie. Bei der Behandlung
eines Patienten kommt dieser zum
Schluss, dass zur besseren Abklärung
des Krankheitsbildes eine radiologische
Untersuchung erforderlich ist. Er erteilt
den Auftrag zu deren Durchführung
und erwartet nach deren Abschluss eine
bessere Informationsbasis zur Planung
der weiteren Behandlung. Der Überwei-
ser ist es, der die Dienstleistung der dia-
gnostischen Radiologie veranlasst und
deren Art und Umfang mit bestimmt.
Indem weitere Therapieentscheidungen
von dieser Dienstleistung abhängig sind,
besteht auch ein direkter Nutzen. Es liegt
also eine klare Kunden-Lieferanten-Be-
ziehung vor, welche jedoch die Vergü-
tung der Tätigkeit nicht einschließt. Da
gerade der Überweiser auch an zufrie-
denen Patienten interessiert ist, lässt die-
Beispiel eines Fragebogens für Überweiser an die Radiologie
Abb.2
se Definition die Erfüllung von Patien-
tenbedürfnissen nicht außer acht.
der Verantwortung des Überweisers lich liegt nahe, den Patienten als Kunden
Produktdefinition
überstellt, während das Bildmaterial ge- zu betrachten.Er ist es schließlich,der mit
meinsam mit den als Output des Archiv- seinem Bedürfnis nach Genesung die ärzt-
Mit der Identifikation des Radiologie-
prozesses verfügbaren Vorbildern dem lichen Leistungen in Anspruch nimmt.
kunden stellt sich die Frage nach der
Befundungsprozess als Input dienen Diese Kundensicht ist auch sicherlich für
Definition der erbrachten Marktleistun-
(Abb. 5). Als Output der Befundung ent- einen großen Teil der klinisch tätigen Ärz-
gen, also der Produkte der diagnosti-
steht der Befund. te vollkommen richtig.Das gilt im übrigen
schen Radiologie. Bei vielen Überwei-
auch für die interventionell tätigen Radio-
Kundendefinition sern steht die Bilderstellung als Kern-
logen.Für die diagnostische Radiologie al-
produkt der diagnostischen Radiologie
lerdings liegen die Dinge anders. Nur we-
im Vordergrund. Diese Sichtweise ver-
Jede erfolgreiche Prozessoptimierung nige Patienten lassen aus eigenem Antrieb
kürzt allerdings das Leistungsprofil der
sollte auf den Kunden und seine Bedürf- eine Röntgenuntersuchung an sich vor-
diagnostischen Radiologie in gefährli-
nisse ausgerichtet sein. Aber wer ist der nehmen.Ein Bedürfnis des Patienten nach
cher Weise. Zudem deckt sich diese Be-
Kunde der Diagnostischen Radiologie? Computertomogrammen oder MRT-Un-
trachtung nicht mit den in verschiede-
Grundsätzlich lassen sich folgende tersuchungen besteht grundsätzlich nicht.
nen Krankenhäusern ermittelten Kun-
Merkmale eines Kunden identifizieren: Ausgenommen davon sind bildgebende
denbedürfnissen. So wünschen sich die
Präventionsuntersuchungen, die vom Pa-
Überweiser von der diagnostischen Ra-
1. Der Kunde initiiert aus freiem Willen tienten zunehmend direkt beim Radiolo-
diologie Beratung bei der Untersu-
die Erbringung der Marktleistung gen abgerufen werden. Der Umfang der
chungsauswahl wie auch eine kompe-
2. Der Kunde bestimmt maßgeblich Art Marktleistung des Radiologen wird im Re-
tente Beurteilung der Untersuchungen,
und Umfang der Marktleistung gelfall aber nicht durch den Patienten be-
gepaart mit deren schneller Übermitt-
3. Der Kunde hat durch die erbrachte stimmt. Die Marktleistungen der diagno-
lung. Bemühungen der Überweiser, vor-
Marktleistung einen unmittelbaren stischen Radiologie sind für den Patienten
zeitig ein unbefundetes Röntgenbild zu
Nutzen meistens nur ein „notwendiges Übel“, in
erhalten, beruhen meist auf unbefriedi-
denen er keinen direkten Nutzen erkennt.
gender Geschwindigkeit in der Befund-
Für die diagnostische Radiologie kommen Auch die Krankenkassen könnten
erstellung bzw. der Befundübermitt-
verschiedene Anspruchsgruppen als mög- zum Kundenkreis der diagnostischen
lung.
liche Kunden in Betracht. Selbstverständ- Radiologie gezählt werden. Begründet
334 | Der Radiologe 5•2002
4. Konzeption eines Fragebogens
Um die Umsetzung in Prozessverände-
rungen zu erleichtern, sollte die Gestal-
tung des Fragebogens die 4 Hauptpro-
zesse Auftragserfassung/Abrechnung,
Untersuchung, Befundung und Archi-
vierung widerspiegeln. Den einzelnen
Prozessen werden einfach verständliche
Merkmale oder Charakteristika zuge-
Abb.3 Exemplarische teilt. Ein Beispiel einer solchen Fragebo-
Ermittlung des Soll- und genkonzeption ist im Folgenden abge-
Ist-Zustandes des Befun- bildet (Abb. 2).
dungsprozesses anhand
Zunächst wird die Bedeutung der
der Merkmale: schnelle
einzelnen Prozessmerkmale aus Kun-
Befundverfügbarkeit,
densicht ermittelt. Dabei wird eine gro-
hohe Befundqualität,
be Einteilung in „sehr wichtig“,„wichtig“
klinische Beurteilung und
und „weniger wichtig“ vorgenommen).
Untersuchungsdemon-
stration. Die größte Diskre- In einem 2. Schritt wird die Erfül-
panz besteht hier bei dem lung dieser Merkmale durch die beste-
Merkmal „schnelle Befund-
henden Prozesse unter Verwendung der
verfügbarkeit“
Einteilung „sehr gut“, „gut“ und „weni-
ger gut“ vom Kunden, das heißt vom
Überweiser direkt charakterisiert. Die-
Das Hauptprodukt der diagnosti- lung bietet sich methodisch nebst dem
ser 2. Teil vermittelt ein Bild des derzei-
schen Radiologie ist der Befund. persönlichen Gespräch auch in kleine-
tigen Ist-Zustandes. Freifelder am Ende
Weitere Leistungen wie Bilder in ren Häusern die schriftliche Befragung
des Fragebogens ermöglichen dem Kun-
Film- oder digitaler Form, Durchleuch- an. Um eine möglichst hohe und damit
den, gänzlich unerkannte Bedürfnisse zu
tung zur Unterstützung verschiedenster repräsentative Rücklaufquote zu ermög-
artikulieren und einzufordern.
operativer Eingriffe, die Demonstration lichen, sollte die Befragung einfach ge-
Um die Auswertung der Befragung
von Untersuchungsergebnissen in Fall- staltet werden. Die Beantwortung der
zu vereinfachen, werden den 3 Katego-
vorstellungen oder klinischen Konferen- Fragen im Ankreuzverfahren sollte für
rien Zahlenwerte zugeteilt. Somit kön-
zen können als Zusatzleistungen ange- den durchschnittlichen Überweiser
nen für jedes Leistungskriterium Mit-
boten werden. nicht mehr als 5 min in Anspruch neh-
telwerte und Standardabweichungen
Aus dieser Produktdefinition ergibt men. Von den zahlreichen Gestaltungs-
errechnet werden. Anhand dieser Wer-
sich eine wichtige Konsequenz, die für möglichkeiten wird hier ein Fragebogen
te lassen sich die Bedürfnisse schnell in
das langfristige Überleben der diagno- exemplarisch vorgestellt.
Haupt- und Nebenbedürfnisse unter-
stischen Radiologie geradezu unerläss-
teilen.
lich erscheint. Damit die Kunden den
Befund als Hauptprodukt auch erken-
nen, sollte radiologisches Bildmaterial
nicht ohne Befund oder gar vor Befund-
erstellung verfügbar gemacht werden.
Kundenbedürfnisse
Nachdem der Kunde der diagnostischen
Radiologie identifiziert ist, sollten vor
einer Prozessoptimierung im nächsten
Schritt die Kundenbedürfnisse ermittelt
werden. Während der Patientenwunsch
nach Genesung in angenehmer Umge-
bung leicht zu erahnen ist, ist das Be-
Abb.4 Beispielhafte
dürfnisspektrum der überweisenden
graphische Darstellung
Ärzte schwerer greifbar. Auch über die
der Soll-Ist-Differenzen
Bedeutung und Gewichtung der einzel-
zwischen Kundenerwar-
nen Faktoren können nur bedingt allge- tung und Bedürfnis-
meingültige Angaben gemacht werden. erfüllung durch die
Lokale Verhältnisse haben einen erheb- diagnostische Radiologie,
lichen Einfluss auf die Bedürfnisse der exemplarisch für eine
Abteilung
überweisenden Ärzte. Zu deren Ermitt-
| 335
Der Radiologe 5•2002
5. Management in der Radiologie
Erfüllung der Kundenbedürfnisse
Nach Ermittlung der Kundenbedürfnis-
se muss festgestellt werden, in wie weit
diesen Bedürfnissen mit den bestehen-
den Prozessen auch Rechnung getragen
wird. Die Konzeption des 2-teiligen Fra-
gebogens erlaubt eine schnelle Analyse
der Diskrepanzen zwischen den Soll-
und Ist-Zuständen aus Sicht des Über-
weisers bzw. des Kunden. Dabei ent-
spricht die den einzelnen Merkmalen
beigemessene Bedeutung dem „Soll-Zu-
stand“, während die Bewertung des der-
zeit bestehenden Prozessmerkmale dem
Abb.5 Zeitaufwendige Prozessschlaufen werden durch die „Ist-Zustand“ entspricht (Abb. 3).
graphische Darstellung enttarnt. ❖ Abbildung in Farbe siehe Seite 413
Die Bewertungen der Prozessmerk-
male aus Kundensicht können graphisch
oder tabellarisch als Vergleich zwischen
der Bedeutung und der derzeitigen Er-
Analyse der Kundenbedürfnisse lungen desselben Krankenhauses) und
füllungsqualität einander gegenüberge-
externe Kunden (Überweiser aus ande-
stellt werden. Je größer die Diskrepanz,
Bedürfnisse, deren Bedeutung von den ren Krankenhäusern bzw. niedergelas-
desto ausgeprägter ist der Handlungsbe-
Kunden mit hohen Zahlenwerten (über sene Ärzte). So ist für interne Überwei-
darf seitens der diagnostischen Radio-
2.0) bedacht werden, sollten als „Must- ser die Verfügbarkeit von Voruntersu-
logie, die betroffenen Prozesse anzupas-
be-Bereich“ der Kundeninteressen ge- chungen sicherlich bedeutender als für
sen. Positive Werte zeigen an, dass Kun-
wertet werden. Diese Bedürfnisse sollten externe Überweiser, die häufig selbst für
denbedürfnisse nicht erfüllt werden. Ne-
bei der Produktgestaltung unbedingt in die Archivierung der Patientendaten
gative Werte deuten darauf hin, dass die
vollem Umfang erfüllt werden. Werden sorgen. Neben der kurzfristigen Ter-
entsprechenden Kundenerwartungen
diese Bedürfnisse nicht erfüllt, wird der minvereinbarung und der Erreichbar-
übererfüllt werden, also Leistungen er-
Kunde seine „Kaufentscheidung“ zuneh- keit für Rückfragen sollte in diesem
bracht werden, welche keinem Kunden-
mend in Frage stellen. Abgefragte Lei- Kundensegment auch die angenehme
bedürfnis entsprechen.
stungen, deren Werte im mittleren Be- Patientenumgebung ganz vorne auf der
In dem dargestellten Beispiel, wie
reich zu liegen kommen (zwischen 1.0 Wunschliste stehen, da niedergelassene
wahrscheinlich aber auch in den mei-
und 2.0), gehören zum „More-is-better- Ärzte erfahrungsgemäß wesentlich stär-
sten Kliniken, entspricht die schnelle
Feld“. Obgleich nicht unbedingt notwen- ker auf eine hohe Patientenzufrieden-
Verfügbarkeit der Befunde einem
dig, sollte der Dienstleister bemüht sein, heit achten.
„Must-be-Hauptbedürfnis“ der meisten
diese Kundenbedürfnisse möglichst In ähnlicher Weise kann eine Kun-
Kunden. Dies sollte zur Folge haben,
vollumfänglich zu berücksichtigen. Im densegmentierung nach der Fachrich-
dass große Anstrengungen unternom-
unteren Teil der Rangfolge (unter 1.0) tung der Überweiser durchgeführt wer-
men werden, den Befund möglichst in-
kommen die „delighters“ zu liegen. Ihre den. So mag der Chirurg an einer fach-
nerhalb weniger Minuten in eine über-
Berücksichtigung wird aus Kundensicht lichen Beratung für die Auswahl der op-
mittelbare Form zu bringen und dem
nicht unbedingt erwartet. Ihr Angebot timalen Untersuchungsstrategie mehr
Kunden zu übersenden. Bei der Bewäl-
wird als angenehme Zugabe verstanden, interessiert sein als der Internist. Ande-
tigung dieser Herausforderung hilft das
die aber die Kundenbindung an den rerseits mögen ausführliche klinische
Prozessmanagement.
Dienstleister gerade in einem schwieri- Fallbesprechungen von den Internisten
Eine derartige Auswertung stellt die
gen Wettbewerbsumfeld verstärken mehr geschätzt werden. Ergeben sich
Grundlage für eine Priorisierung der
kann. anhand einer solchen Differenzierung
Prozessoptimierungsschritte dar. In den
tatsächlich unterschiedliche Bedürfnis-
Vordergrund gerückt werden dabei
Kundensegmentierung profile, kann diesen mit dem Angebot
Maßnahmen zur Behebung der größten
nach Herkunft differenzierter Prozesse und Produkte
Diskrepanzen zwischen „Ist“ und „Soll“.
auch Rechnung getragen werden.
Um das Leistungsangebot für bestimm-
te Kundengruppen zu optimieren, kann
eine Segmentierung der Kunden an-
hand ihrer Bedürfnisse sinnvoll sein.
Augenfälligstes Unterscheidungsmerk-
mal innerhalb des Kundenkreises der Abb.6 Parallele Prozesse –
diagnostischen Radiologie ist die Un- bei gleichem Produkt kommen
terteilung in interne Kunden (d. h. über- verschiedene Prozessketten
weisenden Ärzten aus anderen Abtei- zum Einsatz
336 | Der Radiologe 5•2002
6. der Sicht der Patienten, überweisenden
Ärzte und Mitarbeiter zu erheblicher
Unzufriedenheit.Als Beispiel ist hier die
Befundungsprozesskette an einem
Krankenhaus mit Weiterbildungsauftrag
wiedergegeben (Abb. 7).
Ziel der Prozessoptimierung ist es,
die Attraktivität der auf den neuesten ra-
diologischen Geräten und gut ausgebil-
Abb.7 Komplexe Prozesse verzögern die Produktion (Befundentstehung) und erhöhen die
detem Personal beruhenden Marktlei-
Fehlerwahrscheinlichkeit. Der Assistenzarzt (AA) diktiert den Befund auf Kassette. Der Befund
stungen der diagnostischen Radiologie
wird im Sekretariat geschrieben. Bevor der Befund vom Oberarzt (OA) visiert werden kann, muss
er noch vom AA gegengelesen werden. Schließlich wird der Befund mit interner oder externer zu erhöhen, um damit die Kundenzu-
Post verschickt friedenheit zu steigern.
Die Optimierung der Prozessabläu-
Bei positiven Werten muss das Lei- Prozesskette als solche erkannt. Dies fe muss sich an den ermittelten Kunden-
stungsprofil verbessert werden, während führt zu zeitaufwendigen Prozessschlau- bedürfnissen orientieren. Nur durch ih-
negative Werte auf Einsparungspoten- fen, die die Produktkosten deutlich er- re umfassende Berücksichtigung kann
ziale hinweisen. Zur besseren Übersicht höhen können.Als Beispiel mag hier die der langfristige wirtschaftliche Erfolg ei-
kann eine solche „Soll-Ist-Analyse“ auch Indikationsstellung für diagnostische nes Unternehmens gewährleistet wer-
graphisch dargestellt werden (Abb. 4). Untersuchungen dienen. Der Überwei- den. Darüber hinaus gilt es weitere, nicht
ser meldet den Patienten zu einer Unter- direkt kundenrelevante Rahmenbedin-
Prozessoptimierung suchung an, mit der die Fragestellung gungen zu berücksichtigen. So müssen
nicht beantwortet werden kann. Wird die Prozessabläufe in Krankenhäusern
Um Prozesse zu beeinflussen, müssen dieser Fehler erst bei der Befundung der auch den Weiterbildungs- und in Uni-
Prozessabläufe kostenstellenübergrei- bereits durchgeführten Untersuchung versitätskliniken auch den Ausbildungs-
fend, sichtbar und somit planbar und erkannt, kommt es zu erheblichen Ver- anforderungen gerecht werden.
steuerbar gemacht werden. Dies sollte zögerungen. Darüber hinaus treten Technische Hilfsmittel sollten, so-
nicht nur unter dem Gesichtspunkt der durch die notwendige Durchführung ei- fern verfügbar, soweit wie möglich be-
Kosten und Erträge, sondern auch unter ner 2. Untersuchung unnötige Kosten rücksichtigt bzw. implementiert werden.
demjenigen von Qualität und Zeit ge- sowie eine Unzufriedenheit des Kunden Im Vordergrund steht dabei die Infor-
schehen. Prozessanalysen können pro- und des Patienten auf (Abb. 5). mationstechnologie. Gedacht ist hier an
duktbezogen oder kundenbezogen sein. die Nutzung von vorhandenen HIS-,
Parallele Prozesse
Diese befähigen das Unternehmen, va- RIS- und PACS-Systemen, aber auch von
riabel einzelne Produkte zu optimieren Inter- und Intranet. So kann der gesam-
oder einzelne Kunden zu bedienen. Für te Anmeldungsprozess elektronisch
Obgleich Input und Output nicht ver-
den hier diskutierten Fall der diagnosti- über ein Intranet abgewickelt werden.
schieden sind, liegen häufig historisch
schen Radiologie können wir uns auf Wichtiger IT-Bestandteil der Prozessop-
gewachsene unterschiedliche Prozesse
nur ein Produkt, nämlich den Befund ei- timierung kann aber auch die Einfüh-
dazwischen. Diese erhöhen die Komple-
ner diagnostischen Untersuchung, und rung von Spracherkennungssystemen
xität der gesamten Prozesskette. Ob-
auf nur einen Kundenkreis, nämlich die sein. Diese Hilfsmittel erlauben eine ef-
gleich alle Prozesse im gleichen Produkt,
überweisenden Ärzte, beschränken. fizientere und mit weniger Personalauf-
nämlich dem Befund münden, gibt es in
Um Prozessschwächen zu identifi- wand durchgeführte Betriebsabwick-
vielen Abteilungen verschiedene Be-
zieren, müssen die einzelnen Teilschrit- lung.
fundarten (Abb. 6).
te genau definiert werden. Daraus ergibt Jede Prozessoptimierung muss auf
Komplexe Prozesse
sich ein Gesamtbild, das einer eingehen- die individuellen Verhältnisse vor Ort
den Analyse zugrunde gelegt werden abgestimmt sein. Dennoch lassen sich
kann. einige Leitlinien ausmachen, die im Fol-
Die komplexe Prozessstruktur innerhalb
Komplexe Prozessstrukturen wer- genden kurz skizziert werden.
der diagnostischen Radiologie führt aus
den entschlüsselt und transparent ge-
macht. Prozessschlaufen, Parallelprozes-
se und redundante Tätigkeiten, die in ih-
rer Gesamtheit eine erhebliche Effizi-
enzverminderung bewirken, werden
enttarnt. Zur Verdeutlichung mögen die
folgenden Beispiele dienen.
Prozessschlaufen
Abb.8 Optimierter Befundungsprozess. Der Assistenzarzt (AA) diktiert den Befund mit
Fehlentscheidungen am Beginn des Pro- Spracherkennung direkt in das RIS. Der Befund wird „online“ gegengelesen und vom zuständigen
zesses werden häufig erst am Ende der Oberarzt (OA) visiert
| 337
Der Radiologe 5•2002
7. Management in der Radiologie
Abb.9 „Cockpit“: Verdichtete
Übersicht der wesentlichen Pro-
zessdaten. ❖ Abbildung in Farbe
siehe Seite 414
Abbau von Prozessschlaufen struktur. Dies fördert die Transparenz schiedene Stellen verteilten Personalres-
und dadurch Qualität und Effizienz für sourcen führt zu einer besseren Erreich-
Prozessschlaufen sollten auf ein Mini- Mitarbeiter, Patienten und Kunden. barkeit insbesondere in Randzeiten.
mum reduziert, oder sofern möglich, Die Hauptmarktleistung einer ra- Beginnend mit dem Patientenemp-
ganz eliminiert werden. Besonders diologischen Abteilung, die Befunder- fang sollten Untersuchung und Befun-
schädlich sind Prozessschlaufen, die ih- stellung, kann durch fakultative Neben- dung hingegen dezentral organisiert
ren Ursprung ganz am Anfang der Pro- produkte ergänzt werden. Diese Erwei- sein. In Abhängigkeit der entsprechen-
zesskette haben. So wirken sich frühe terungen sollten den Hauptprozess der den Untersuchung kann somit auf die
Fehler im Bereich Indikationsstellung „Normalbefundung“ allerdings nicht Patientenbedürfnisse individuell einge-
und Untersuchungsauswahl, die erst bei belasten bzw. verzögern. Der dedizierte gangen und damit die Patientenzufrie-
der Befundung als solche identifiziert Nachweis der Prozesserweiterungen denheit gesteigert werden. Diese Dezen-
werden, weit schwerwiegender aus, als und des damit verbundenen Mehrauf- tralisierung erlaubt durch den Einsatz
eine direkt erkannte Unterexposition ei- wands fördert die Kostentransparenz. von vermehrt subspezialisiertem techni-
ner Thoraxaufnahme. Um kostentrei- Sie sind die Grundlage für eine separate schem und ärztlichem Personal auch
bende Prozessschlaufen abzubauen, be- Abrechnung der durch die Zusatzlei- dem Kundenbedürfnis nach kompeten-
darf es einer Umstrukturierung insbe- stungen entstehenden Kosten. ter Befundung der Untersuchungen
sondere im Bereich Anmeldung und nachzukommen. Durch strukturelle An-
Schlankere Prozesse
Disposition. Fachkompetenz muss an passungen innerhalb der Radiologie ent-
den Anfang der Prozesskette gestellt stehen fachbezogene Leistungszentren.
werden. Für den überweisenden Kunden Der Schlüssel für schlankere Prozesse
Verbesserte Produktverfügbarkeit
sollte ein fachlich kompetenter Radiolo- liegt bei der diagnostischen Radiologie
ge stets verfügbar sein, der bei der Un- in einer zentral gesteuerten Dezentrali-
tersuchungsauswahl berät und Indikati- sierung. Das zunächst widersprüchlich Wie bereits mehrfach hervorgehoben,
onsstellungen anhand der verfügbaren anmutende Konzept kann schnell am besteht die Marktleistung der Radiolo-
Information zum frühest möglichen Beispiel eines Kurierdienstes verdeut- gie an den Kunden primär in der Erstel-
Zeitpunkt auf Fehler überprüft. licht werden: Auftragsannahme und lung eines Befundes. Die Leistung der
Disposition der Boten erfolgt zentral; Radiologie wird vom Kunden an der
Abschaffung von Parallelprozessen das Abholen, die Auslieferung, und häu- Qualität sowie dem Zeitpunkt der Ver-
fig auch die Abrechnung hingegen erfol- fügbarkeit des Befundes gemessen. Zur
Grundlage einer Prozessoptimierung gen dezentral beim Kunden. In ähnli- schnelleren Verfügbarkeit des Befundes
sollte die Vereinheitlichung von Parallel- cher Weise sollte jede Radiologieabtei- bedarf es in den meisten Radiologieab-
prozessen zu einem zentralen Prozess lung über eine zentrale Anmeldung mit teilungen grundlegender Strukturan-
sein, an dessen Ende das Produkt „Be- einer Telefonnummer, einem Faxan- passungen. Im Mittelpunkt dieser An-
fund“ steht. Die Reduktion auf einen schluss, einer E-Mail-Adresse sowie ei- passungen steht die flächendeckende
einzigen Hauptprozess führt zu einer nem EDV-Anmeldeempfang verfügen. Sofortbefundung mit Befunderstellung
Vereinfachung der gesamten Prozess- Die Konzentration von oftmals auf ver- innerhalb vorgegebener Zeitfenster. Die-
338 | Der Radiologe 5•2002
8. analyse mit denen der optimierten Pro-
stellung. Detaillierte Kenntnis der Pro-
zesse verglichen werden. Die Auslastung
duktkosten, aufgeschlüsselt bis in klein-
der verschiedenen Mitarbeitergruppen
ste Schritte der Leistungserstellung, bil-
kann somit genau berechnet, Einspa-
den somit eine Basis für eine Prozessbe-
rungspotenziale ermittelt, sowie perso-
urteilung oder Prozessverbesserung.
nelle Engpässe erkannt werden. Der Ver-
Eine Ermittlung der Produktkosten
gleich der zeitlichen Auslastungsgrößen
gestaltet sich aufgrund fehlender Ko-
ergibt den Produktivitätsgewinn. Wie
sten- bzw. Ertragstransparenz in den
kann nun konkret die Prozessleistung er-
meisten Radiologieabteilungen schwie-
mittelt und die Wertschöpfung einer Ab-
rig. Um einen Vergleich des bestehenden
teilung beurteilt werden?
Prozesses mit einem optimierten Pro-
zess zu ermöglichen, bedarf es aber un-
Beurteilung
bedingt der Identifikation von Messgrö-
der Wertschöpfung
ßen zur Bewertung einzelner Prozess-
schritte für einen bestimmte Abteilung.
Letztere werden als „Kostentreiber“ be- „What gets measured, gets done.“ (Ma-
zeichnet. son Haire, University of California, 1991)
Kostentreiber stellen die Mengen- Jede Prozessoptimierung kann
einheit für die prozessorientierte Er- langfristig nur dann erfolgreich sein,
mittlung der Produktkosten dar. Mit ih- wenn der Erreichungsgrad der gesetzten
rer Hilfe kann der quantitative (und in Ziele kontinuierlich überwacht, gemes-
einem späteren Schritt auch wertmäßi- sen und auch kommuniziert wird. Diese
se Zielgrößen sollten, sofern möglich,
ge) Verbrauch von Ressourcen in Form Leistungsbestimmung sollte sich nicht
gemeinsam mit den überweisenden
geleisteter Kostentreibereinheiten abge- nur auf die finanziellen Ziele beschrän-
Ärzten festgelegt werden.
bildet werden. Wie in jedem Dienstlei- ken, da deren Beeinflussbarkeit bzw. de-
Zur Einhaltung der zeitlichen Vor-
stungsbetrieb üblich, stellt innerhalb der ren Ursache von vielen am Prozess be-
gaben können Hilfsmittel jeder Art ein-
laufenden Kosten einer radiologischen teiligten Mitarbeitern nicht erkannt
gesetzt werden. In größeren Abteilungen
Abteilung der Personalkostenblock den oder verstanden wird. Auch ist die Ana-
sollte die Möglichkeit von finanziellen
größten Anteil dar. Somit kann zur Be- lyse der vorhandenen Controllerdaten
Anreizen für Mitarbeiter für die fristge-
urteilung der Dienstleistungen inner- aufgrund der Menge und Unübersicht-
rechte Befunderstellung geprüft werden.
halb der diagnostischen Radiologie der lichkeit unattraktiv und schwer ver-
Nicht nur die Erstellung, auch die
Kostentreiber „Zeit“ eingesetzt werden. ständlich.
Übermittlung muss beschleunigt wer-
Die für die einzelnen Tätigkeiten inner- Ziel einer Wertschöpfungsbeurtei-
den. Aus Kundensicht ist der Befun-
halb der Prozesskette aufgewendete Zeit lung sollte es sein, möglichst jedem Mit-
dungsprozess erst mit der Verfügbarkeit
wird in Minuten festgehalten. Dabei soll- arbeiter nachvollziehbare Messergebnis-
des Befundes beim überweisenden Arzt
ten die Tätigkeiten in die relevanten Per- se in übersichtlicher Form kontinuierlich
abgeschlossen. Der Einsatz von Haus-
sonalbereiche unterteilt werden: Die Be- zur Verfügung zu stellen, damit die er-
oder normaler Post führt zu unnötigen
rechnungen der prozentualen Arbeits- brachten Leistungen – im Positiven wie
Verzögerungen, die die Zufriedenheit
zeitauslastung sollten auf der vertraglich auch im Negativen – interpretiert wer-
der Kunden schmälern. Sofern möglich
festgelegten Jahres- bzw. Wochenstun- den können. Neben dem erwünschten
sollten auch hier vorhandene IT-Infra-
denzahl beruhen. Effekt als Motivationshilfe für zukünfti-
struktur wie Inter- oder Intranet, HIS-
Die Zuordnung von Zeitelementen ge Tätigkeiten könnte eine individuelle
und RIS-Systeme genutzt werden. Für
zu den einzelnen Prozessschritten er- Leistungserfassung auch als Basis für ein
Überweiser, die über keinen Netzan-
folgt durch direkte Befragung der ent- leistungsbezogenes Entlohnungssystem
schluss verfügen, sollte die Möglichkeit
sprechenden Mitarbeiter sowie durch dienen, sofern die gemessenen Daten zu-
einer Faxzustellung geprüft werden.
Berücksichtigung von Erfahrungswer- mindest überwiegend durch die beur-
Unter Verwendung von Spracher-
ten. Schätzungen sind durchaus ausrei- teilte Person oder das beurteilte Team
kennung könnte der in Abb. 6 skizzierte
chend, wobei natürlich gilt: je genauer beeinflusst werden können.
Befundungsprozess wie folgt ablaufen
die Angaben, desto genauer die Kosten- Eine stetige Leistungserfassung ver-
(Abb. 8).
rechnung. mittelt aber auch der Abteilungsleitung
Kostenermittlung in der Darüber hinaus bedarf es weiterer Rückschlüsse über die Akzeptanz von
diagnostischen Radiologie Angaben, welche von der Krankenhaus- Prozessänderungen.Auch für diese Ziel-
verwaltung angefordert oder selbst zu gruppe ist es wichtig, durch eine Daten-
erheben sind. Dazu gehört die Anzahl verdichtung eine attraktive Präsentati-
Neben der Produktqualität wird die Ef-
der Mitarbeiter, aufgeschlüsselt nach on der Kontrollgrößen zu gewährleisten.
fizienz eines Prozesses von den Produkt-
einzelnen Personalbereichen, Tätigkei- Die Daten sollten derart zusammenge-
kosten bestimmt. Die Entstehung von
ten und Arbeitsorten, sowie die Anzahl stellt sein, dass bei regelmäßiger Über-
Kosten wie auch von Erträgen steht in
der Untersuchungen/Jahr. prüfung eine Schwachstellenanalyse
direktem Zusammenhang mit der Ab-
Zeitkosten des bestehenden Prozes- bzgl. der Erreichung strategischer Ziele
wicklung betrieblicher Abläufe bzw. der
ses können anhand der Kostentreiber- möglich wird. Entsprechende Leistungs-
Qualität des Prozesses der Leistungser-
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Der Radiologe 5•2002
9. Management in der Radiologie
Wichtigste Grundvoraussetzung für tors“ (KPI) bezeichnet. Ergänzt werden
daten können somit eine Basis für wei-
jede Erhebung ist eine vernünftige Da- sollten die KPIs durch weitere Indikato-
tergehende Untersuchungen bei unzu-
tenbasis. Einige Daten, v. a. finanzielle, ren, mit denen potenzielle Abweichun-
reichenden Ergebnissen sein, die die Al-
werden bereits von den Krankenhaus- gen von Sollwerten erklärbar werden
lokation von Ressourcen und Manage-
verwaltungen regelmäßig erhoben und (Abb. 10).
mentleistungen einleiten.
sind somit verfügbar. Andere können Grundsätzlich sollten die KPIs Auf-
Zusammenfassend ergeben sich für
ohne großen Aufwand aus vorhandenen schluss über das Leistungsvolumen, die
eine moderne Leistungsmessung inner-
Jahresstatistiken bzw. – sofern vorhan- Geschwindigkeit der Leistungserbrin-
halb der diagnostischen Radiologie fol-
den – aus dem RIS entnommen werden. gung und den hierfür getriebenen Auf-
gende Anforderungen:
Die Datenerhebung sollte dem An- wand vermitteln. Umgesetzt auf die Ra-
◗ Beruht auf Daten, die bereits verfüg- spruch nach Kurzfristigkeit und engem diologie bedeutet dies
Betrachtungsintervall gerecht werden.
bar oder leicht zu erheben sind
◗ Entwicklung der Untersuchungszah-
◗ Kurze Betrachtungszeiträume Im Cockpit werden die 4 wichtig-
sten Perspektiven der Dienstleistungsun- len: Abweichung der im Berichtsmonat
(monatlich, ideal: wöchentlich), um
ternehmung integriert: die Mitarbeiter-, durchgeführten Untersuchungen, ge-
schnell Korrekturmaßnahmen ein-
die Prozess-, die Kunden- und die finan- messen am gewichteten Mittel der letz-
setzen zu können
◗ Umfassende Betrachtung aller für zielle Perspektive. Im Folgenden werden ten 24 Monate. Hier wird betrachtet,
einige Bewertungsgrößen vorgestellt. wie die Qualität der erbrachten Lei-
die Leistungsermittlung relevanten
stungen nach außen wirkt. Steigende
Perspektiven
◗ Anschauliche, attraktive und leicht Key performance indicators Untersuchungszahlen würden die Ak-
zeptanz der Leistungen der betrachte-
interpretierbare Präsentation der
Der Umfang von betrachteten Parame- ten Abteilung aus der Sicht der über-
Daten durch Datenverdichtung
◗ Publikation der Daten am Arbeits- tern ist von der Ebene der betrachten- weisenden Ärzte widerspiegeln. Dieser
den Personen abhängig. Auf der Ebene Indikator beurteilt also die Kundenper-
platz
„Team“ kann eine Vielzahl von Detailda- spektive. Nicht unberücksichtigt soll-
ten für die Teammitglieder eine wertvol- ten hierbei aber langfristige Trends aus
Zur konkreten Umsetzung dieser Lei-
le Arbeitshilfe sein, da diese die einzel- dem Umfeld des Krankenhauses (gene-
stungsmessung erscheint die Verwen-
nen Parameter genau kennen und kon- relle Entwicklung der Patientenzahlen)
dung eines sog. „Cockpits“ besonders
krete Handlungsmöglichkeiten sehen. oder saisonale Unterschiede bleiben.
geeignet. Cockpit bedeutet in diesem
◗ Durchschnittliche Befunddauer:
Um verwertbare Angaben für die Ebene
Zusammenhang die Verdichtung der er-
der Prozessleitung machen zu können, Zeitraum zwischen Anmeldung und
hobenen Daten zu wenigen, wichtigen
müssen die Messwerte allerdings ver- erstelltem Befund. Dieser Indikator
Parametern und deren übersichtliche
dichtet werden. Es bietet sich daher an, bildet nun die gesamte Wertschöp-
Präsentation in Form eines Armaturen-
einige wenige Parameter mit Schlüssel- fungskette innerhalb der diagnosti-
bretts. Mit einem Blick soll erkennbar
funktionen in die Mitte des Cockpits zu schen Radiologie ab und dient somit
sein, ob sich die Abteilung im „roten“
stellen, welche auf einen Blick den mo- in zuverlässigem Masse zur Beurtei-
oder „grünen“ Bereich befindet (Abb. 9).
mentanen Leistungsstand der Abteilung lung der Prozessbewältigung. Unre-
Ähnliche Ansätze sind in der Literatur
verdeutlichen. Derartige Schlüsselfakto- gelmäßigkeiten jeglicher Art werden
auch unter dem Begriff „Balanced score-
ren werden als „key performance indica- sich sofort in diesem Parameter wi-
card“ beschrieben.
340 | Der Radiologe 5•2002
10. Mitarbeiterpotenzial
die Situation in Europa diesbezüglich als
derspiegeln, ebenso wie sich ändern-
rückständig charakterisiert werden.
de Untersuchungsaufgaben.
◗ Anzahl Arbeitsminuten/Befund: Quo- Anzahl Stunden Aus,- Weiter,- und Fort-
Aber auch Leistungsvergleiche mit
bildung: Dieser Wert vermittelt Auf-
anderen Instituten reichen alleine nicht
tient zwischen geleisteten Arbeitsmi-
schluss über das Entwicklungspotenzial
aus: Erst die Interpretation der Ursachen
nuten und Befundzahl. Mit diesem In-
der Mitarbeiter und dient somit der
von Abweichungen und Entwicklungen
dikator wird die Auslastung der Ab-
langfristigen Sicherung eines qualifi-
vermittelt Richtung und Ansatz für Kor-
teilung, die Mitarbeiterzufriedenheit
zierten Personalbestandes.
rekturmaßnahmen.
sowie die Prozessgeschwindigkeit ab-
Zur Interpretation von Positiv- oder
gebildet. Es ergibt sich somit ein Para-
Mitarbeiterakzeptanz von
Negativabweichungen der KPIs bedarf
meter zur Beurteilung der Gesamtab-
Informationstechnologien (IT)
es weiterer Informationen aus dem ge-
teilungsleistung. Selbstverständlich
samten Umfeld der betrachteten Abtei-
gehen in diesen Parameter auch Ver-
Anzahl IT-Stunden im Berichtsmo-
lung. Hilfreich ist hier die Aufteilung in
änderungen der technischen Infra-
nat/gewichtetem Mittel der letzten
die oben beschriebenen 4 Quadranten.
struktur ein. So wird anhand dieses
24 Monate: In Anbetracht der zuneh-
Diese Werte umrahmen in Form von
Indikators die Leistungssteigerung
menden Bedeutung der Informations-
vorverdichteten Daten die KPIs.
durch die Einführung eines digitalen
technologien für die diagnostische Ra-
Archivsystems oder eines neuen CT-
Quadrant Mitarbeiterperspektive diologie entwickelt sich die Beherr-
Gerätes widergespiegelt.
schung der IT zunehmend zu einer
Kernkompetenz. Die Nutzung der IT-
Nachfolgend werden einige wenige mög- Dieser Indikator (Abb. 11) ist ein Maß für
Hilfsmittel gibt Aufschluss über Akzep-
liche Ursachen für positive oder negative Arbeitsbelastung und Zufriedenheit der
tanz und Beherrschen der Informations-
Trends bei den KPIs zusammengefasst. Mitarbeiter. Durch die Wahl der Ver-
technologien innerhalb der Abteilung.
Messungen machen nur Sinn, wenn dichtung kann zwischen Motivations-
sie mit einem Standard verglichen wer- problemen und zufälligen Krankheits-
Quadrant Prozessperspektive
den. Auch die Sollwerte für jeden Indi- häufungen (z. B. Erkältungswellen) un-
kator sowie tolerierbare und kritische terschieden werden.
Die Beurteilung des Prozesses sollte vor-
Abweichungen sollten numerisch rela-
Mitarbeiterfluktuation wiegend unter Berücksichtigung der
tiv zu einem Standard definiert werden.
Aspekte Geschwindigkeit und Qualität
Als Vergleichsgrößen kommen die Zah-
erfolgen (Abb. 12). Durch eine Aufschlüs-
len vergangener Perioden in Frage. Eine Anzahl Kündigungen/Gesamtmitarbei-
selung in folgende Werte gelingt bereits
solche Zeitanalyse erfasst allerdings nur terzahl: Auch dieser Wert spiegelt die Zu-
eine Eingrenzung des Problems.
Trends innerhalb der eigenen Abteilung. friedenheit der Mitarbeiter wieder.
Ein Leistungsvergleich mit ande- Selbstverständlich fließen hier auch die
Telefonische Erreichbarkeit der An-
ren radiologischen Abteilungen, auch allgemeine Arbeitsmarktsituation sowie
meldung
„Benchmarking“ genannt, wäre oftmals das Umfeld des Krankenhauses mit ein.
sehr hilfreich, scheitert aber z. Z. noch
Verzögerungen bei der Anmeldung wir-
an der fehlenden Datenbasis. Im Ver-
ken sich nachhaltig auf den Gesamtpro-
gleich zu den Vereinigten Staaten muss
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Der Radiologe 5•2002
11. Management in der Radiologie
Anzahl Untersuchungen mit Entwicklung der Wartungskosten
zess aus. Die Erreichbarkeit der Anmel-
wissenschaftlichem Charakter
dung ist somit eine kritische Größe.
Definiert als Abweichung der im Be-
Quantifiziert werden kann sie z. B. in-
Diese Zahl spiegelt direkt die Bedeutung richtsmonat angefallenen Wartungsko-
dem die Zeiten festgehalten werden, de-
der klinischen Wissenschaft innerhalb sten, gemessen am gewichteten Mittel der
nen das Telefon mit während anderen
einer Abteilung wieder. letzten 24 Monate, beleuchtet dieser Pa-
Gesprächen belegt oder der Telefonplatz
rameter oftmals nur peripher wahrge-
nicht besetzt ist.
Anzahl Neuüberweiser nommene Kosten. Durch den Abschluss
aufgeschlüsselt in interne und
Durchschnittliche notwendiger Wartungsverträge infolge
externe Überweiser
Wartezeit/Untersuchung einer Anschaffung neuer Geräte steigt
dieser Kostenfaktor oft erheblich an.
Diese Angaben ermöglichen Aussagen Durch Wartung verursachte Geräteaus-
Für Patienten ist besonders dieser Para-
über den Attraktivitätsgrad der Abtei- fallszeiten sollten in die Berechnung die-
meter von Bedeutung. Lange Wartezei-
lung für den Kunden und sind daher von ses Parameters unbedingt mit einbezo-
ten führen zu verärgerten Patienten, die
strategischer Bedeutung. gen werden.
ihre Unzufriedenheit den überweisen-
den Ärzten sofort mitteilen.
Quadrant Finanzperspektive Durchschnittliches Gerätealter
Bildfehlerrate
Dieser Bereich (Abb. 14) gibt die Auswir- Dieser strategische Parameter dient zur
kungen der Einzelparameter der 3 vor- langfristigen Qualitätssicherung. Er
Die Bildfehlerrate kann anhand einer
gelagerten Quadranten im Hinblick auf kann in ein Verhältnis mit technisch be-
Quantifizierung des Bildausstoßes ermit-
die finanziellen Auswirkungen des Be- dingten Geräteausfallszeiten gebracht
telt werden. In der Literatur wird von bis
triebes wieder. werden.
zu 8% verworfenem Bildmaterial berich-
Da es sich bei den meisten Kranken-
tet.Ein überhöhter Wert weist auf techni-
Umsetzung und
hausbetrieben um Non-Profit-Organisa-
sche oder Ausbildungsprobleme hin.
Mitarbeiterakzeptanz
tionen handelt, ist die Verwendung von
Anzahl nochmals einbestellter herkömmlichen Finanz-Performance-
Patienten Messgrößen nur bedingt sinnvoll. Hilf- Von grundlegender Bedeutung für den
reich für die Institutsleitung sind auch Erfolg jeder Prozessreorganisation ist
hier Parameter, die aussagekräftig, aber die Akzeptanz der Maßnahmen bei
Hier handelt es sich zweifelsfrei um den
auch direkt beeinflussbar sind. den betroffenen Mitarbeitern. Schließ-
sensibelsten Parameter für Prozessqua-
lich sind es die Mitarbeiter, die den
lität und Patientenzufriedenheit.
Entwicklung der verrechenbaren Prozess beherrschen müssen und sei-
Leistungen
Ressourcenauslastung ne Qualität beeinflussen. Mitarbeiter
stehen einer Prozessreorganisation
Definiert als Abweichung der im Be- häufig skeptisch gegenüber: Prozess-
In Anbetracht der hohen Anschaffungsko-
richtszeitraum kumulierten Abrech- kenntnis bedeutet Sicherheit, Prozess-
sten der High-tech-Geräte in der diagno-
nungspunkte, gemessen am gewichteten veränderungen bedeuten Verunsiche-
stischen Radiologie ist die Auslastung der
Mittel der letzten 24 Monate, fasst diese rung. Diese Verunsicherung gilt es
vorhandenen Geräte einer der wichtigsten
Größe die Leistungen der Abteilung konsequent und systematisch abzu-
Parameter. Er kann ergänzt werden durch
über einen definierten Zeitraum finan- bauen, um Vertrauen in die getroffenen
eine Berechnung der Raumauslastung
(Untersuchungen/ Raum oder pro m2 Ab- ziell zusammen. Maßnahmen zu schaffen. Für eine er-
folgreiche Umsetzung lassen sich eini-
teilungsfläche). Ähnliche Werte könnten
Materialkosten/Untersuchung ge Faktoren als entscheidend identifi-
für die Mitarbeiterauslastung (Untersu-
zieren.
chungen/Mitarbeiter) berechnet werden.
Die Materialkosten können darüber
Gute Planung ist die Basis
Quadrant Kundenperspektive hinaus für die unterschiedlichen Un-
tersuchungstypen aufgeschlüsselt wer-
den. Die Verlagerung von konventio- Jede erfolgreiche Reorganisation beruht
Dieser Quadrant (Abb. 13) vermittelt ei-
neller Diagnostik hin zu mehr Schnitt- auf einer ausgereiften Planung. Diese
ne Übersicht über die Nachfrage der er-
bildverfahren fließt in diesen Parame- wiederum muss auf einer umfassenden
brachten Marktleistungen und kunden-
ter ein. Analyse des bestehenden Umfeldes auf-
orientierten Parameter.
bauen. Die bestehenden Prozessstruktu-
Personalaufwand
Anzahl befundeter Untersuchungen ren sollten dokumentiert, überprüft und
auf Schwachstellen analysiert werden.
Die zunehmende Komplexität diagno- Die Prozessstrukturen sollten optimiert
Um die Aussagekraft zu erhöhen, sollte
stischer Untersuchungen findet in die- und die dafür erforderlichen Maßnah-
diese Zahl in „konventionelle“ und
sem Parameter ihren Niederschlag. men identifiziert werden. Daraus erge-
„komplexe“ Untersuchungen (CT, MR,
ben sich gewissermaßen die „Leitplan-
Mammographie und Angiographie) auf-
ken“ einer Prozessreorganisation. Nach-
geteilt werden.
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