Das Verhältnis zwischen Identität & digitaler Identität
1. Digitale Identität & Netzkompetenz
Klub Dialog | Bremen, 20.11.2010
Anja C. Wagner: http://edufuture.posterous.com
Teil 1 von 3
Das Verhältnis zwischen Identität & digitaler Identität
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Identität als biographisches Muster
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Pers. Bewusstsein des individ. Stils
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Angst vor falschem Abbild
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Flow als Sinn
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Sinnstiftung ist zweckfrei
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Abgrenzung des Selbst vom Netz
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Spirale der Komplexität
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Kompetenz & Wissen
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Kultur & Individuation
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Neue Kultur durch IKT
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Digitale Spuren spiegeln zurück
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Autorität des Digitalen
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Keine statische Identität
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Zuammenhalt durch pers. Narration
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Narration als Interpretation
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Einbindung der digitalen Spuren
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Bedeutung der Persönlichkeit
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Geheime Leidenschaften
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Authenzität ohne Tabus
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Niedergang konstruierter Identitäten
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Was ist Identität? Wenn wir Heinz Abels folgen, ist Identität ein Konstrukt, eine eigene Biographie, die wir uns selbst zuschreiben, unser Bild von uns in einer gegebenen Situation. Identität ist damit ein Zustand auf Zeit. Sie verbindet unsere Vergangenheit mit einer selbst gewählten möglichen Zukunft. Sie verknüpft unsere verschiedenen sozialen Rollen zu einem sinnvollen Muster.
Während mit Individualität ein einzigartiger Stil gemeint ist, der von anderen wahrgenommen wird und in der Rückspiegelung das Muster unseres persönlichen Handelns prägt, kennzeichnet Identität das individuelle Bewusstsein dieses Stils. Wir spielen also Theater, präsentieren uns gleichzeitig als Subjekt wie Objekt und versuchen unserem Bild über eine individuelle Narration einen Kern zu geben.
In der Identitätsfrage schwingt insofern die Angst vor dem vermittelten Bild mit, das nicht unserem gewünschten Abbild entspricht, das wir gerne vermitteln möchten. Und die Frage nach der persönlichen Sinnstiftung.
Was ist Sinn? Nach Csikszentmihalyi bedeutet Sinn, “(...) Ordnung in den Inhalt des Bewusstseins zu bringen, indem die Handlungen eines Menschen zu einer einheitlichen flow- Erfahrung gefügt werden“.
Der konkrete Inhalt ist dabei gleichgültig. Einen Lebenssinn vermag jedweder einheitliche Zweck vermitteln - im Rahmen des sozio-kulturellen Kontextes. Denn jede Kultur und jeder Mensch verfügt über verschiedene Kombinationen an sinnlichen und ideatischen Weltsichten.
Allerdings muss Sinn von der Person individuell hergestellt werden. In einer durch IKT vernetzten Gesellschaft ergibt sich Sinn nur durch Abgrenzung des Selbst vom Netz. Indem die von außen gesetzten Zwänge unterlaufen werden. Wie? Am besten über den Versuch einer narrativ kontrollierten, primären Identität.
Was ist Identitätsbildung? Psychologisch gesehen, durchlaufen Menschen während ihres Lebens verschiedene Stadien der Sinnstiftung entlang einer Spirale der Komplexität. Das individuelle Leben besteht in dieser Sichtweise aus einer Reihe verschiedener Schritte, die unterschiedlichen Zielen und Herausforderungen folgen, die sich mit der Zeit und der persönlichen Weiterentwicklung verändern.
Komplexität entsteht durch die schrittweise Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst und den Kräften ausserhalb der eigenen Individualität (Umwelt). Das erfordert auf der einen Seite, abstrakte Fähigkeiten und Fertigkeiten sinnvoll einordnen zu können und als Teil einer handelnden Subjektivität zu begreifen.
Auf der anderen Seite sind bestimmte kulturelle Charakteristika konstitutiv für eine Person. Erst im Laufe der Zeit kristallisiert sich durch die Auseinandersetzung mit der Umwelt ein stabiler persönlicher Kern heraus, der sich im Kontext des Wandels ständig (re-)konfiguriert und zur „Individuation“ (nach Giddens) führt.
Einen entscheidenden Anteil am kulturellen Wandel kommt den IKT zu, die zu einer Vernetzung auf globaler Ebene beitragen. Indem diese Netzwerke bis in die Institutionen hineinreichen, gewinnen sie zunehmend an Bedeutung, weil über deren Vermittlung neue Symbole der Sinnstiftung einfliessen können.
Die Arbeit mit dem Digitalen durchdringt unseren beruflichen und privaten Alltag. Bewusste und unbewusste Datenspuren lassen eine komplexe digitale Identität entstehen, die sich über verschiedene Rollen verteilt. Und auch dieses vernetzte Rollenkonglomerat reflektiert dann auf die (analoge) ID zurück.
Es existieren kaum noch Fluchtpotenziale. Teilweise sind wir gar gezwungen, unsere bereits existente digitale Identität weiter auszubauen. Andererseits nutzen wir die digitalen Potenziale auch zum eigenen Vergnügen und persönlichen Gewinn (siehe iPhone).
Wie kann man die eigene digitale Identität gestalten? Identitätsarbeit entspringt dem Bewusstsein des Individuums, sich von anderen Individuen zu unterscheiden. Es ist dabei wichtig zu verstehen, dass sich unsere ID-Erzählung aufgrund der digitalen Dynamik immer wieder verändern muss. Eine vorgelagerte, statische Identität steht der Idee des Internets entgegen. Es gibt insofern nichts zu verteidigen.
Wir meinen das nur, weil aus der persönlichen Binnenperspektive die ID kohärent erzählt wird. Dabei entsteht eine persönliche Geschichte, der nach außen die Bedeutung zukommt, das Selbst in seiner Entwicklung hin zu einer komplexeren Persönlichkeit zu dokumentieren.
Insofern kann eine analoge ID-Erzählung helfen, die digitalen ID-Spuren zu interpretieren. Dies setzt bestimmte Persönlichkeitsfaktoren voraus, die Czsiksentmihalyi als autotelische Persönlichkeit bezeichnet. Damit lässt sich vielleicht ein kongruentes Theaterspiel in verschiedenen Rollen über die stabile persönliche Identitätsbildung konsequent durchführen.
Sind wir unserer digitalen ID ausgeliefert? Nein, wenn sich die Narration unserer persönlichen Identität entsprechend der Rückspiegelung auch unseres digitalen persönlichen Stils weiterentwickelt. Eine quasi-natürliche Identität war - wie gesagt - noch nie gegeben. Auch kulturelle Aspekte wirken nur auf die persönliche Identität ein, definieren sie aber nicht.
Da das Netz als dominante Kultur unsere Zeit mitprägt, scheint die digitale Identität auf das Selbst zurück. Wie man persönlich damit umgeht, hängt von der eigenen Persönlichkeit ab. In der defensiven Variante verklärt man die Identität zum radikalen Datenschutzobjekt – in der offensiven Variante nutzt man diese zum Selbstmarketing.
Eine medienkompetente, digitale Erzählung wird versuchen, sich als flexible, dynamisch sich entfaltende Persönlichkeit mit vielfältigen Interessen darzustellen. Gerne geheim gehaltene Leidenschaften lassen sich dabei nur schwierig einbinden. Hier muss sozio-politisch zugunster einer Enttabuisierung gearbeitet werden.
Fassen wir zusammen: Man muss sich davon lösen, sich die eigene Identitätskonstruktion von den digitalen Spuren aufoktroyieren zu lassen. Die Erzählung muss seitens möglichst autotelischer Persönlichkeiten erfolgen, die den Sinn ihres Handelns definieren. Nicht als künstliche Erzählung der eigenen Unterscheidbarkeit. Sondern als dynamische, sich ständig entwickelnde Narration, die authentisch um den individuellen Kern kreist.
Entsprechend sollten Datenspuren nicht künstlich konstruiert werden, um eine digitale ID zu schaffen. Konstruierte Identitäten, die nicht dem eigentlichen Kern entsprechen, werden es in der Netzwerkgesellschaft schwer haben. Es gilt, das digitale Leben selbstbestimmt entsprechend des eigenen persönlichen Kerns zu gestalten. Nur dann wird das Netz einen qualitativen Mehrwert zurück geben können.