Mylène Farmer und Laurent Boutonnat erste Analyse:
L’intégrale des clips volume I.
Unter der Leitung von Dipl. Kulturpäd. Hedwig Wagner
im Rahmen des Seminars: Gender und Identität in Film und Filmtheorie.
Vergöttert oder gehasst, Mylène Farmer gehört seit über zwei Jahrzehnten
zu den unumgänglichen Prominenten Frankreichs. In Zusammenarbeit mit dem
Komponist und Regisseur Laurent Boutonnat, schrieb sie 6 Alben, veröffentlichte 24
Singles und verkaufte Millionen von Platten. Ihre Texte über Melancholie, Tod,
Selbstmord und Sex faszinieren und stören. Erfolg erreichte sie nicht nur durch die
Musik, sondern auch durch ihre aufwendigen Musikvideos in denen sie in Kostüm mit
zahlreichen Schauspielern und Statisten in prächtigen Kulissen inszeniert wurde.
Skandale, Zensur sowie zahlreiche Auszeichnungen prägen die Karriere von Farmer.
In dieser Arbeit möchte ich die Auftritte von Mylène Farmer in ihren ersten
Musikvideos untersuchen. Wer ist Mylène Farmer? Wie wurde sie trotz ihrer
negativen Einstellungen erfolgreich und wie wurde das Mythos Mylène Farmer
aufgebaut? Welches Bild der Frau und der geschlechtlichen Identität vermittelt sie
durch die Musikfilme dem Publikum und wie wurde sie dabei inszeniert?
Durch Analyse einer Auswahl ihrer Musikvideos und anhand von Kritiktexten der
Gendertheorie werden wir versuchen, diese Frage zu beantworten.
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Mylène Farmer und Laurent Boutonnat erste Analyse: L’intégrale des clips volume I.
1. Léchevin Antoine
Matrikel Nummer 11304
Mediengestaltung, 7. Semester
W.S. 2004/05
Mylène Farmer und Laurent Boutonnat erste Analyse:
L’intégrale des clips volume I.
Unter der Leitung von Dipl. Kulturpäd. Hedwig Wagner
im Rahmen des Seminars: Gender und Identität in Film und Filmtheorie
2. « De ce paradoxe,
Je ne suis complice,
Souffrez qu’une autre,
En moi se glisse,
Car…
Sans logique,
Je me quitte
Aussi bien satanique,
Qu’angélique »
Sans Logique, Mylène Farmer.
2
3. Vergöttert oder gehasst, Mylène Farmer gehört seit über zwei Jahrzehnten
zu den unumgänglichen Prominenten Frankreichs. In Zusammenarbeit mit dem
Komponist und Regisseur Laurent Boutonnat, schrieb sie 6 Alben, veröffentlichte 24
Singles und verkaufte Millionen von Platten. Ihre Texte über Melancholie, Tod,
Selbstmord und Sex faszinieren und stören. Erfolg erreichte sie nicht nur durch die
Musik, sondern auch durch ihre aufwendigen Musikvideos in denen sie in Kostüm mit
zahlreichen Schauspielern und Statisten in prächtigen Kulissen inszeniert wurde.
Skandale, Zensur sowie zahlreiche Auszeichnungen prägen die Karriere von Farmer.
In dieser Arbeit möchte ich die Auftritte von Mylène Farmer in ihren ersten
Musikvideos untersuchen. Wer ist Mylène Farmer? Wie wurde sie trotz ihrer
negativen Einstellungen erfolgreich und wie wurde das Mythos Mylène Farmer
aufgebaut? Welches Bild der Frau und der geschlechtlichen Identität vermittelt sie
durch die Musikfilme dem Publikum und wie wurde sie dabei inszeniert?
Durch Analyse einer Auswahl ihrer Musikvideos und anhand von Kritiktexten der
Gendertheorie werden wir versuchen, diese Frage zu beantworten.
3
4. I. Farmer und Boutonnat
A: Mylène Gauthier und Laurent Boutonnat
Die Geschichte von Mylène Farmer fängt im 1983 an, als zwei junge Männer,
Laurent Boutonnat, Komponist und Jerôme Dahan, ein Casting organisiert haben,
um eine Sängerin für ihren neuen Song zu finden: Maman A Tort. Die „psychotische
Art“1 der jungen Mylène Gauthier gefiel den beiden, die sich sofort für diese
22jährige Schauspielschülerin entschieden, ohne sie singen gehört zu haben.
Laurent Boutonnat hatte bereits in seiner Kindheit Filme gedreht bei dem er alles
allein geschafft hatte, vom Drehbuch bis zum Schnitt, Make-up, Bühnenbild und
Musik inklusiv. Er lernte Klavier, hatte drei Jahre Theaterunterricht, interessierte
sich aber hauptsächlich für das Kino. Mit 17 produzierte er seinen ersten Film: La
Ballade de la Féconductrice (1979)2 in dem er Kindesmord, Pädophilie, Inzest in
einer Welt voller religiöser Referenzen inszenierte. Eine weißgeschminkte junge
Frau vernichtet blutig alle aus der Norm geratenen Menschen: Behinderte,
Obdachlose, Alte, tötet durch elektrischen Schlag ein Baby in einer Badewanne. Ein
junger Pfarrer entmannt einen Ministrant, im Hintergrund barocke und gotische
Bilder der Kreuzigung. Der Film lief zwei Wochen in einem Pariser Kino und wurde
nicht unter 18 Jahre freigegeben. In harter Weise setzt Laurent Boutonnat die
Bilder und Referenzen die er in seinen späteren Arbeiten immer wieder benutzen
wird: christliche Religion, Tod und Sexualität, Inszenierung eines
menschenfeindlichen Totalitarismus.
Als er an einem neuen Film arbeitete, schrieb er mit einem Freund Maman A
Tort3 - einen Song über eine verletzte Kindheit: ein Mädchen lehnt ihre Mutter ab
und verliebt sich in ihre Krankenschwester. Aus gesetzlichem Grunde scheiterte der
erste Versuch mit einem 15jährigen Mädchen zu arbeiten. Daraus folgte die
Begegnung mit Mylène Gauthier, die sofort bei dem Projekt einstieg. Wegen
Geldmangel wurde ein aufwendiges Video nie gedreht, jedoch stehen uns Teile des
1
« son côté psychotique » Fernsehinterview von Laurent Boutonnat mit Noël Mamère, 1986
2
Das Wort « Féconductrice » ist eine Zusammenstellung aus verschiedenen Wörter: Fée (die Fee), féconde (fruchtbar),
conductrice (Die Führerin/Fahrerin).
3
Siehe Text und Übersetzung, Seite
4
5. Drehbuchs zur Verfügung: ein junges Mädchen wird zur Psychiatrie/
Krankenhaus/Schloss von ihrer Mutter begleitet. Sie begegnet einer
Krankenschwester und wird auf einem Rollstuhl gesetzt. Anderes Personal des
Krankenhauses sperrt das Mädchen ein, sie wird aber von ihrer Krankenschwester
befreit und gewaschen4. Die Mutter beobachtet die Szene und schlägt ihre Tochter.
Diese schafft zu entfliehen, rennt zu einem Turm und springt ins Leere, während
die Krankenschwester sie zu retten versucht. Das Video inspiriert sich von dem
dramatischen Leben der Schauspielerin Frances Farmer, deren Name Mylène
Gauthier übernehmen wird. Nach einem erfolgreichen Lebenslauf und zahlreichen
Auftritten in Hollywoodfilmen und auf der Bühne begann Frances Farmer in den
40er Jahren zu trinken und Amphetamine zu schlucken. Darauf schickte ihre Mutter
sie in diverse Anstalten für Psychischkranken, wo sie, wie sie später selber
berichtete, misshandelt und vergewaltigt wurde. Nachdem sie aus der Psychiatrie
fliehen konnte, verfiel sie wieder der Alkoholsucht. Sie wurde dann mit Insulin und
Elektroschocktherapie behandelt. Ihr Aufenthalt in Krankenhaus nahm mit einer
Gehirnoperation ein Ende. Nie wurde es richtig nachgewiesen, es hat sich aber
wahrscheinlich um eine Lobotomie gehandelt.
Obwohl der Song 1984 in Frankreich ein Sommerhit wurde, steigt Jerôme Dahan aus
dem Arbeitsteam aus. Mylène Farmer fängt an ihre eigene Texte und die
Drehbücher für die Videos zu schreiben, während Laurent Boutonnat die Musik
komponiert und zum Regisseur wird.
B. Mylène Farmer, vom Anfang an ein Mythos.
Der Verfasser einer Webseite über Laurent Boutonnat, Jodel Saint-Marc5, stellt
eine interessante Theorie vor in der er Mylène Farmer zum puren Instrument der
Arbeit von Boutonnat reduziert. Er erkennt die künstlerischen Fähigkeiten Farmers
und ihre Teilnahme an der Arbeit nicht an und integriert sie lieber als Objekt in
einem großen Kunstwerk dessen Schöpfer Boutonnat ist. Es ist tatsächlich schwierig
herauszufinden inwiefern Mylène Farmer an der künstlerischen Arbeit teilnimmt, da
das Duo wenig Interviews gibt und ihre Biographien bestritten wurden. Es stimmt,
dass die Texte und Videos Boutonnats mit oder ohne Farmer dieselben
Eigenschaften haben, jedoch kann man allein durch ihre Texte die Präsenz der
Sängerin nicht ablehnen. Der Vorschlag von Jodel Saint-Marc ist für uns in einem
4
Siehe Abbildung 1.
5
http://jodel.saint-marc.club.fr
5
6. anderem Sinn relevant. Er versteht Mylène Farmer als Schöpfung Laurent
Boutonnats, selbst erklärter Mythos, Göttin und so wurde sie auch der
Öffentlichkeit präsentiert, dem Publikum geliefert.
C. Farmer, Musik, Texten und Clips : Das farmersche Universum.
Ob es richtig als eine kommerzielle Strategie gedacht wurde oder ob es nur
ein künstlerischer Wunsch war, ist uns aus direkter Quelle nicht bekannt. Eins
können wir dennoch feststellen: Jenseits ihrer Songs und Musikvideos ist Mylène
Farmer mehr als eine Popsängerin, sie ist im Interview und auf der Bühne auch
Interpret eines an die Öffentlichkeit freigegebenen Stars, eine multimediale Figur.
Alle ihre Charaktere schreiben sich in einem einzigen von Laurent Boutonnat und
Mylène Farmer geschaffenen Universum ein: einer märchenhaften Welt der Magie,
des Todes und der Sexualität mit Mylène Farmer als Hauptdarstellerin.
Die Idee eine Rolle für Mylène Gauthier in dem gesamten Werk zu schreiben
musste in den Köpfen von Farmer und Boutonnat erstmal ausreifen. Bis zur zweiten
Single On Est Tous Des Imbéciles und dessen Promotionzeit 1984, redete Mylène
Farmer gern im Interview über ihre Kindheit im Kanada, ihre Projekte für die
Zukunft und Erwartungen im Leben. Erst mit der dritten Veröffentlichung des Duos
Plus Grandir (1985) änderte sie ihren Stil. Zurückhaltend, schüchtern trat sie nun
seltener in Radio und Fernsehen auf und wenn sie Interviews gab, redete sie nur
andeutungsweise über eine schwierige einsame Kindheit, ihre Angst vor dem Tod
oder über Sexualität, Themen der Arbeit mit Laurent Boutonnat.
In der Boutonnat-Farmer Zusammenarbeit in der Karriere von Mylène Farmer
unterscheidet man zwei Zeitabschnitte. Vom Plus Grandir (1985) und das erste
Album Cendres De Lune bis zu ihrem ersten Liveauftritt En Concert (1989)
arbeiteten die beiden eng zusammen an Musik, Texten und Musikvideos. Ab 1990
konzentrierte sich Laurent Boutonnat auf die Vorbereitung eines Langspielfilms und
vernachlässigte die Produktion von Musikvideos. Weil Boutonnats Film Giorgino
(1994) ein extremer Misserfolg war, entschied er sich, die Musikvideoproduktion
aufzugeben und arbeitete von nun an nur an der Musik. Schwerpunkt unserer
Analyse wird auf den ersten Teil gesetzt: Mylène Farmer in Boutonnats Musikvideo
1985-1990.6
6
Siehe DVD « Mylène Farmer, l’intégrale des clips, volume I »
6
7. II. Die Clips.
A. Das Medium Musikvideo.
In den 80ern war es üblich, um einen Song zu vermarkten, Musikvideos als
Unterstützung des Audioprodukts zu produzieren. Durch einfache Abbildung des
Textes, Choreographien, moderne Videoeffekte oder visuelle Vorstellung der
Musiker wurden Musikvideos für das Fernsehen angefertigt, den Erwartungen von
Musikproduzenten, Musikern und des Publikums entsprechend.
Nach dem Scheitern des zweiten Songs des Duos und seines Videos (Mylène
Farmer in rosa Jacke tanzt vor einem weißen oder schwarzen Hintergrund)
entschied sich Boutonnat für den neuen Song Plus Grandir (1985) eine neue Art von
Musikvideo zu drehen. Er stellt seiner neuen Plattenfirma Bedingungen: Es wird auf
einem Cinemascope-Verfahren 35mm-Film im Studio und draußen gedreht. Von nun
an kann man bei der Arbeit von Boutonnat nicht mehr von Musikvideo reden: der
französische Ausdruck Clip oder musikalischer Kurzfilm wird bevorzugt. Die
Produktionen verlangen denselben Aufwand wie Kurzfilme: Finanzielle
Unterstützung werden beim externen Produzent gefordert (das Plus Grandir
Projekt kostet 330.000 FF d.h. über 50.000€), seine Clips benötigen mehrere Tage
Dreharbeit, zahlreiche Techniker und Statisten. Vorspann, Abspann, additionale
Musik, Dialog und Untertitel lassen die Clips eher dem Kurzfilm ähneln als einem
Musikvideo.
Als der Clip fertig wurde, lud Boutonnat Filmkritiker und Kinopromis zur Première
in Pariser Kinos ein. Bevor der Song veröffentlicht wurde, bevor Mylène Farmer auf
die Bühne stieg und vor einem Publikum ihr Song aufführte, wird der Clip selber im
Kino inszeniert. Plus Grandir ist der erste Clip der auf cinemascope Filmmaterial
gedreht wurde und konnte damals nur mit dem Video „Thriller“ von Michael
Jackson verglichen werden. Der folgende Clip Libertine (1986) wurde auch zuerst
im Kino projiziert und später im Fernsehen ausgestrahlt. Jeder weitere Clip von
Mylène Farmer wurde als Event angekündigt und wurde im Gegensatz zu anderen
7
8. Musikvideos immer in Sondersendungen in Première gezeigt7. Dabei wird für den
Song geworben, aber nicht zuletzt auch für den Clip und seine Hauptdarstellerin.
Jenseits der Musik und deren Promotionobjekt Musikvideo, schaffte Boutonnat
einen neuen medialen Gegenstand, in dem weder der Clip die Musik unterstützt,
noch die Musik den Clip. Beide dienen der Figur Mylène Farmer und erfüllen auf
auditiver und visueller Ebene die Erwartung des Publikums.
B. Die Musik und die Clips von Boutonnat.
Die Zusammenarbeit erfolgt meistens nach dem folgenden Verfahren:
Boutonnat komponiert die Musik, Farmer schreibt darauf die Texte und später
entwerfen sie den Clip, der den Songs nicht abbildet, sondern mit dem Song zu
einem eigenständigen Werk wird. Die Filme erzählen Geschichten, die zwar in
Zusammenhang mit den Texten gebracht werden können, aber trotzdem ihr
eigenes Universum enthalten.
Das Universum der Clips werden wir in diesem Teil der Arbeit analysieren.
Im Vordergrund Mylène Farmer, Hauptdarstellerin und Erzählerin des Songs, wird in
künstlichen Welten inszeniert, die einem anderen Zeitalter (18.Jahrhundert wie in
Libertine (1986) und Pourvu Qu’Elles Soient Douces (1988), russische Revolution in
Tristana (1987)) oder märchenhafte Umgebungen (Sans Contrefaçon (1987), Ainsi
Soit Je (1988), Sans Logique (1989), A Quoi Je Sers? (1990)) angehören.
Externe Aggressionen, Ausschließung, Liebe, Kuss oder Geschlechtsverkehr lösen
stabile Situationen auf, die Farmer zum Flucht, Kampf, Mord oder in den Tod
zwingen.
Diese Motive findet man in jedem Clip der Sängerin (Ainsi Soit Je ausgenommen).
Bevor wir zur Farmers Rolle und Charakter in den Clips kommen, möchte ich das
Universum, die geschlossenen, märchenhaften Welten der Clips und ihre Akteure
vorstellen.
7
Zu Silvester 1988 auf dem französischem Musikkanal M6 für „Sans Contrefaçon“ z.B.
In der Tagesschau um 20.00 auf dem ersten französischen Kanal TF1 für „Désenchantée“.
8
9. C: der Inhalt.
Ob er eindeutig Schneewittchens (tristana, 1987)8 oder Pinocchios (Sans
Contrefaçon, 1987)9 Erzählungen übernimmt oder ob er sich einfach die
Erzählweise des Märchens borgt: Boutonnat baut seine Kurzfilme immer nach
klassischen Märchenkonstruktionsverfahren.
1. Das Märchen.
Märchen sind auf wiederkehrende Schemen gebaute volkstümliche mündliche
Erzählungen. Ein friedlicher glücklicher Startzustand wird durch ein gewaltiges
Ereignis gestört. Darauf wird der Held oder die Heldin gefordert durch verschiedene
Erprobungen ihre Welt wieder in einen stabilen Zustand zu bringen. Neben Magie,
feenhaften Charakteren (wie Hexe oder Zwerge), imaginären Tieren, erkennt man
soziale und gesellschaftliche Darstellung und Kritik in den künstlichen Welten der
Märchen. Die Heldin im Märchen spielt meistens eine passive Rolle: Jungfrau, zum
Heirat gegeben, sie wird von der bösen Stiefmutter gehasst (Schneewittchen) oder
von einer Hexe verflucht. Sie wird verwünscht und fällt in tiefen Schlaf. Nur der
Kuss eines Prinzen kann sie wieder zum Leben bringen.
2. Die Welt.
In Boutonnats Clips erkennt man viele von diesen Märchenkomponenten. Die
Filme fangen alle mit einer Kamerafahrt über eine Landschaft an (außer bei Sans
Contrefaçon). Draußen gedreht, öffnen sich die Musikfilme auf ruhige, fast tote
Landschaften: ein Friedhof in Plus Grandir, ein Wald, ein See oder Sumpf in
Libertine, Pourvu Qu’Elles soient Douces und A Quoi je sers? Schnee im Tristana
und Ainsi soit je, unfruchtbare Erde bei Sans Logique, was dem stillen
Anfangszustand der Märchen entspricht. Bevor wir einen Mensch sehen können
betreten Schlangen, Wölfe oder Raben diese Natur als Übergang zur Menschheit
und warnen uns vor einer Gefahr.
Diese Orte für die Geschichte sind gleichzeitig geschlossen und unbegrenzt wie
auch der Strand in Sans Contrefaçon oder die Berge in Tristana. Diese Welten sind
nicht nur in ihrer Räumlichkeit definiert sondern auch zeitlich. Die Wahl, die
8
Siehe Abbildung 6 und 7.
9
Siehe Abbildung 8.
9
10. Erzählungen in einem historischen Rahmen einzusetzen, verleiht den Clips einen
zusätzlichen fremden Charakter. Wir befinden uns von nun an in der
festgeschriebenen Welt der Vergangenheit, in der nichts mehr zu verändern ist.
Kaum wird uns die Welt in ihrer unveränderlichen Ewigkeit vorgestellt, treten
Menschen im Bild auf und ein Störfaktor kippt die Situation: Mylène Farmer findet
ihre eigenes Grab in Plus Grandir. Im Duell tötet Libertine einen Mann und zieht
sich dabei den Hass ihrer Rivalin (Sophie Tellier) zu. Die eifersüchtige Stiefmutter
(noch mal Sophie Tellier)10 will die schöne Tristana umbringen lassen. In Sans
Contrefaçon wird der Marionnettenspieler aus seinem Theater rausgeworfen und in
Sans Logique wird Farmer (als Stier)11 gefordert, mit ihrem Geliebten in einem
Stierkampf/Duell zu kämpfen.
3. Die Gesellschaft.
Die Nebenrollen und die Statisten bilden eine einheitliche Menschengruppe
in die Mylène Farmer nicht gehört. Alle sind gebunden und gehören einem
bestimmten Gesellschaftskreis an. Die Kirche und ihre Religion wird durch die
Nonnen-Zwerge in Plus Grandir und das Publikum des Stierkampfes in Sans Logique
repräsentiert, die Prostituierten im Bordell von Libertine symbolisieren die
Spaßgesellschaft, die englischen Soldaten die Armee in Pourvu Qu’Elles Soient
Douces, die Theaterschauspieler in Sans Contrefaçon die Aristokratie und Arbeiter
in Tristana.
Mylène Farmer wird dieser instabilen Lage nur durch die Liebe eines Mannes oder
durch Geschlechtsverkehr entfliehen können. Nur, im Gegensatz zu den Märchen,
erreicht sie dadurch nicht die reale Welt, wird nicht zum Leben wiedergebracht,
sondern stirbt oder verkörpert sogar den Tod selbst.
4. Die Heldin: Mylène Farmer.
Die Welt in der Mylène Farmer inszeniert wird, ist eine Welt der
Ausschließung, aus der Mylène Farmer immer vertrieben wird. Der Körper, die
Körperveränderungen oder Aktionen auf den Körper wie Mörder oder
Geschlechtsverkehr sind Schlüssel zu anderen Situationen.
10
Siehe Abbildung 6.
11
Siehe Abbildung 13.
10
11. Die Annahme einer Rolle erfolgt durch die Verfremdung des Körpers. Mylène
Farmer tritt nicht nur verkleidet auf, ihr Körper selbst wird verfremdet. In Plus
Grandir singt sie über ihre Angst vom Altwerden12. Der Film öffnet sich auf einem
Friedhof, wo Farmer einen alten Babywagen schiebt und ihrem eigenen Grab
begegnet. Darauf sehen wir jene Stufe ihres Lebens im Flashback in einem alten
dunklen staubigen Haus. Am Mund verletzt, schaut sie in die Kamera, auf das
Publikum. Sie scheint wie vor einem Spiegel ihr eigenes Bild wahrzunehmen.
Tollwütig, ergreift sie eine Puppe, Symbol ihrer Kindheit, und ertränkt sie im
Wasser, bevor sie sich an die heilige Jungfrau Maria wendet, zu Ihr betet, weinend.
Im Kampf mit ihrer Kindheit ist Farmer aber selber noch eine Jungfrau und sucht
Hilfe in der Religion. Die Statue von Maria gibt ihr keine Antwort und keine Hilfe,
während ihre Puppe, noch am Leben, zu ihr grinst und sie verspottet.
Als in der Nacht, beim Gewitter, Farmer im roten Schlafrock schläft, dringt ein
mächtiger Mann ins Haus ein und vergewaltigt sie. Die verführerische Farbe ihres
Kleides deutet schon auf den Geschlechtsverkehr hin. Erst lehnt sie den fremden
Mann ab und kämpf gegen ihn, dann schenkt sie ihm einwilligend ihre Lippen. Die
Mariastatue schaut weg und Zwergnonnen beobachten angeekelt wie der Mann
Farmer zärtlich küsst. Die Musik an dieser Stelle unterscheidet sich von der
Audiofassung, die Wichtigkeit der Szene betonend.13
Darauf wird sie von den Nonnen, die Religion und christliche Moral repräsentieren,
körperlich bestraft. Dann liegt sie zusammengekrümmt am Boden, die Hände den
Bauch haltend.14 Nach der Entdeckung der Lust, erlebt sie den psychischen und
physischen Schmerz. Sie erfährt durch körperlichen Schmerz und Extase ihren
eigenen Körper, den Körper einer Frau.15 Die Puppe dreht verhöhnend den Kopf zu
Mylène Farmer, die wütend nach einem Messer greift und einen Arm der Puppe
abschneidet. Dies wird Farmer in einen Todestanz treiben, in dem sie immer älter
wird. Das Gesicht voller Falten einer Achtzigjährigen schaut sie traurig und müde
aus dem Fenster raus, wo sich ein Friedenstaube, Symbol der Freiheit, niederlässt.
12
Plus Grandir Abbildung 2 und 3.
13
Wie auch in anderen Clips von Boutonnat, unterscheiden die Songs von ihrer Audiofassung. Er fügt lange Vor- und
Abspannmelodien am Anfang und Ende des Songs zu. In der Mitte bleibt der Audiotitel gleich bis auf die Intimszene (siehe
Plus Grandir, Libertine, Pourvu Qu’elles Soient Douces, Sans Logique)
14
Abbildung 2.
15
« Zahlreich und « eigensinnig » sind hingegen die Zeugnisse in Literatur und Kunst, wie Frauen ihren Körper als
verstörend, die körperlichen Funktionen, die vom weiblichen Körper erwartet werden, bedrückend empfinden. Der Körper
erscheint als Belastung, als ein Stück Außenwelt, ja sogar als Krankheit. »Valie Export, 1992, Seite 10.
11
12. Die junge Farmer wirft Blumen auf das Grab auf dem die Kindheitspuppe sitzt. Sie
läuft vom Grab weg und schiebt einen Kinderwagen. Das letzte Bild zeigt uns wie
diese den Kopf zu Kamera dreht und grinst, als ob sie die Zuschauer erinnern
möchte, dass sie auch älter werden.
Da auf dem Grab „Mylène Farmer – Plus Grandir“ steht, könnte man denken, dass
Farmer um ihre Angst vom Älterwerden und eine mögliche Zukunftsvision trauert.
Der Kinderwagen deutet auf eine Mutterschaft, die in der Rückblende seinen Platz
nicht findet. Was Valie Export über Unica Zürn schrieb, trifft auch auf diesen Clip
zu: „Es ist nicht der Körper selbst, sondern dessen Weiblichkeit, die soziale Doktrin
des Körpers als Definition der Frau, die Identifizierung des Wesens der Frau mit
ihren körperlichen Geschlechtsmerkmalen und -funktionen, die den Körper zum
Haus der Krankheit macht, zum Ort des Todes.“16
In der Hinsicht von Körper, fremdem Körper, Verwandlung, Leben und Tod
ist der Kurzfilm Sans Contrefaçon hoch interessant. In diesem Lied singt Farmer,
dass sie ein Junge ist:
« Puisqu'il faut choisir/ A mots doux je peux le dire/ Sans contrefaçon/ Je suis un garçon/ Et pour un empire/
17
Je ne veux me dévêtir/ Puisque sans contrefaçon/ Je suis un garçon »
Der Clip zum Lied inspiriert sich von dem Roman von Carlo Lorenzini Pinocchio, in
dem eine Marionnette ein echter Junge zu werden versucht. Boutonnat inszeniert
in seinem Kurzfilm einen Marionnettenspieler mit seiner Puppe und ihre kurze
Begegnung mit Zirkusleuten18. Er übernimmt die Thematik des Romans und fügt die
Frage der Geschlechtidentität zu. In diesem Clip sind die Blicke der
Schauspielgesellschaft auf die Puppe Punkte der Destabilisierung, sie stellen die
Beziehungen zwischen Menschen um und ermöglichen die Verwandlung der Puppe.
Der Clip öffnet sich mit Applaus für eine kurzhaarige knabenhafte Puppe mit dem
Gesicht von Mylène Farmer: „ Dis, Maman… pourquoi je suis pas un garçon?“19 sagt
sie in Kindersprache. Kurz darauf schmeißen zwei Transvestiten den
Marionnettenspieler und seine Puppe aus dem Theater raus, spucken sie an,
lachend, und lassen sie im Schlamm liegen. Der Marionnettist schaut mit
16
Ibid, Seite 12 und 13.
17
Da es gilt, zu wählen, kann ich’s sanft und süß erzählen: Zweifellos bin dann ich ein junger Mann. Selbst fürs Königshaus
zöge ich mich niemals aus. Denn ganz zweifellos bin dann ich ein junger Mann.
18
Siehe Abbildung 8.
19
« Sag mal, Mama… wieso bin ich kein Junge? »
12
13. kurzsichtigem Blick die Puppe an und wischt ihr das Gesicht. Er hat die Puppe
geschaffen, jedoch ist er unfähig zu erkennen, wer sie richtig ist. Auf dem Weg
erinnert uns eine Vogelscheuche mit ausgestreckten Armen an ein Bild der
Kreuzigung Christus, Symbol unserer körperbezogenen Kultur20 und ist für den
Marionnettenspieler und seine Puppe die Tür zur Gesellschaft und zum Leben. Die
Zirkusleute, die sie dort treffen, werfen alle misstrauische Blicke, bis auf eine
ältere Frau, von der Puppe fasziniert, die dem Mann Essen schenkt. Mit der Puppe
spielend treibt die Truppe mit der Frau Schabernack. Sie will sie schützen, entführt
sie und flieht zum Strand außer Sehweite. Die mütterliche Liebe dieser Frau bringt
die Puppe zum Leben. Als der Marionnettenspieler die beiden Frauen wieder sieht,
versteht er, dass seine Schöpfung lebt. Wie ein Echo der ersten Szene, hebt der
Marionnettenspieler Mylène Farmer, auf den Boden gefallen, auf, wischt ihr das
Gesicht und küsst sie. Die Frau beobachtet die Szene und verlässt die beiden mit
dem Zirkus. Mylène Farmer, allein am Strand mit ihrem Schöpfer, ohne ihre Mutter,
ist wieder zur Puppe geworden. Das Paradox zwischen dem Text und den Bildern
lässt viele Wege für verschiedene Interpretation offen: „sans contrefaçon, je suis
un garçon“, aber der Junge ist nur eine lebenslose Puppe, der durch die
anerkennenden Blicke zum Leben gerufen werden kann und wird eine lebendige
Frau.
Eine andere Art der Verwandlung ist in dem Kurzfilm Sans logique (1989) zu
finden, wo Mylène Farmer vor einer Versammlung schwarz gekleideter Leute als
Stier zur Kampf gegen ihren Liebhaber, den Torero gefordert wird.
Ihre Hände sind im Rücken gebunden, ihr wird ein Haarreif mit Hörnern aus Metall
auf den Kopf gesetzt, die Waffe, mit der sie ihren Liebhaber in den Tod
durchstechen wird.21 Durch dieses Werkzeug, diese technische Extension, welche
ihr zugefügt wird, wird Mylène Farmer zum Tier mit männlichem Charakter. Freud
schrieb über die Technologie als Ausdehnung des Körpers, als Kultur22, vom Mensch
als Prothesengott, der zu Gottähnlichkeit strebt. In diesem musikalischen Kurzfilm
sind viele Symbole der christlichen Religion zu erkennen: Das Publikum läuft wie
20
„Der Körper ist das Medium des Realen und sozialen, der Kontrolle. Der Körper ist das „Kairos“ des Subjekts.
Eben weil der Körper die reale Insertion in die Welt darstellt, die Insertion des Subjekts in Reale, kann der
Körper an der Kreuz genagelt werden, sich dem Gesetzt des Vaters, dem Realitätsprinzip unterwerfen.“ In Valie
Export, 1992, Seite 7.
21
Siehe Abbildung 12 und 13.
22
„ die Kultur […] als die ganze Summe der Leistungen und Einrichtungen,…die zwei Zwecken dienen: Dem
Schutz des Menschen gegen die Natur und die Regelung der Beziehungen der Menschen untereinander“ Zitiert
von Valie Export, 1992, Seite 6.
13
14. eine Prozession zur Schauplatz des Kampfes, eine Schlange kriecht, ein Kind findet
eine Christstatuette. Farmer ist an der Grenze zwischen Kultur und Natur, Tier und
Mensch. Ihr Körper wirkt wie aufgelöst wenn sie vor dem Todesschlag mit weißen
Augen in Wahn gerät.
Die Inszenierung des Todes ist auch ein Leitmotiv in den Clips von Boutonnat.
Ob sie stirbt, selber tötet oder er selber wird, begegnet die Heldin immer am Ende
dem Tod. Dieses dient der Mystifizierung der Sängerin. Sie ist in ihrem Körper, in
ihrer Rolle sterblich, kehrt aber immer zurück. Der letzte Film den wir hier
untersuchen A Quoi Je Sers? schließt die erste Clipreihe. In den Song, nach der
Veröffentlichung des zweiten Album geschrieben, singt Farmer einen depressiven
Text über den Selbstmord. Der entsprechende Schwarzweiß-Clip inszeniert Farmer
mit einem Reisegepäck im Sumpf, geführt durch den Nebel zwischen Leben und Tod
von einem Gondoliere23. Die früheren Darsteller aller Clips treffen sie, begleiten sie
im Moor und senken sich mit ihr ins Wasser, in den Tod. Nicht nur Farmer, sondern
auch ihre Welt, ihre Feinde, Freunde und Liebhaber verschwinden mit ihr. Es heißt
nicht unbedingt, dass die Sängerin damit auch richtig vergeht, im Gegenteil: Es
gehört zu der allgemeinen Inszenierung, wie man bei Valie Export lesen kann, das “
„Geschlecht das nicht eins ist“ (Luce Irigaray) entzieht sich jeder Definition,
Klassifikation, Identifikation.[…] Die weiblichen Inszenierungen der eigenen
Körperlichkeit sind Inszenierungen der Auflösung, der Opaktheit, der
Unbestimmtheit, der Ambivalenz, der bloßen Virtualität“24. Mit A Quoi Je Sers?
endet ein Zeitalter Farmers und Boutonnats Arbeit.
D. Die Wahrnehmung
Mylène Farmer wird aber nicht nur der Gesellschaft ihrer Filme
gegenübergestellt. Über Leinwand oder Fernsehen wird sie einem Publikum
vorgestellt. Die Faszination der Zuhörer/Zuschauer für die Sängerin wird durch die
visuellen Erzählungen der Clips unterstützt. Laura Mulvey untersuchte die
Strukturen der Wahrnehmung und der Lust am Schauen im Kino25. Dabei berichtet
sie über die Beobachtung, die voyeuristische Fantasien des Zuschauers und ihre
23
Siehe Abbildung 14.
24
Valie Export, Seite 34.
25
Laura Mulvey, 1989.
14
15. Projektion auf die Darsteller26. Die Zuschauer blicken in Farmers private Welt
hinein und nehmen sie durch das Schauen als Objekt wahr. Anderseits betont sie
den Identifikationsprozess mit dem Bild, durch die Spiegelung der dargestellten
Schauspielerin als ideales Ich auf das Publikum27. Diese zwei Komponenten,
Sexualtriebe und Ich-Libido, artikulieren das Begehren, das das Instinktive und das
Imaginäre transzendiert. Nach Mulvey kristallisiert die Frau als Bild das Paradox der
Bedrohung und des Angenehmes.
Schlusswort:
Die Arbeiten von Mylène Farmer und Laurent Boutonnat bieten viel Material
für eine Genderanalyse. Fünf Jahren lang lieferten die zwei Künstler Musikfilme,
bei den Mylène Farmer ins Zentrum des Werkes gestellt wurde, als Heldin einer
Märchenwelt voller Symbole, die unsere eigene Welt spiegelt. Die Clips stellen eine
Frau dar, die sich durch ihre Erfahrungen mit den Anderen und die Blicke der
Gesellschaft verwandelt. Ob es durch die Zeit oder durch Verfremdung des eigenen
Körpers kommt, stellt das Bild Farmers seinen Zuschauern eine Identitätsfrage. So
wie die Welt in der sie sich entwickelt undefiniert, unbegrenzt und irreal ist, bleibt
sie immer zwischen zwei Ebenen wie Leben und Tod, männlich/weiblich,
Täter/Opfer. Sogar die Mediumträger, die uns ihr Bild vermitteln, sind zweiseitig:
Popsongs mit tief greifenden Texten und Clips, die eher Filme größere
Produktionen ähneln.
Nach ihrem dritten Album, entschied sich Boutonnat keine Clips mehr für
Farmer zu drehen. Regisseure wie Luc Besson oder Abel Ferrara drehten für sie
Musikvideos und übernahmen manche Eigenschaften der Welt von Farmer, ohne
jedoch die Magie des Duos zu gleichen.
26
„Ganz eindeutig ist die Position der Zuschauer im Kino die, daß sie ihren eigenen Exhibitionismus
unterdrücken und die unterdrückten Wünsche auf den Schauspieler projizieren“ Laura Mulvey, 1989.
27
« das Kino verfügt über Faszinationsmuster, die stark genug sind, einen vorübergehenden Verlust des Ego mit
dessen gleichzeitiger Verstärkung zu koppeln.“ Laura Mulvey, 1989, Seite 35.
15
16. Anhang:
Bibliographie:
Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter, in Philosophische Geschlechtertheorien, hrsg. V.
Sabine Doyé, Marion Heinz, Friederike Kuster, Stuttgart, Reclam, 2002.
Valie Export, Der Körper, das Reale und das Double, Vortrag im Kunstmuseum Bern, 13. Dezember
1987, Bern, Benteli Verlag, 1992.
Laura Mulvey, Visuelle Lust und narratives Kino, in Laura Mulvey: Visual and Other Pleasure,
Bloomington, Indiana University Press, 1989.
Caroline Bee, Mylène Farmer: l’ange blessé, Paris, Librio musique, 2003.
Interview von Sophie Tellier: in Platine N.39, März 1997, Seite 19-20.
Interview von Jérôme Dahan: in Platine, N.11 - 4 Februar 1994.
http://jodel.saint-marc.club.fr
http://www.mylene-farmer.de
Lewis C. Seifert, Fairy Tales, sexuality and gender in France, 1690-1715 : Nostalgique utopiase,
Cambridge, Cambridge University press, 1996 (« Cambridge studies in French », 55), 276 p. par
Jean-François Perrin
Musikographie:
Mylène Farmer, Cendres De Lune, (Mylène Farmer/ Laurent Boutonnat/ Jérôme Dahan/ J.C.
Déqueant), Polydor, 1986.
Mylène Farmer, Ainsi Soit Je…, (Mylène Farmer/Laurent Boutonnat), Polydor, 1988.
16
17. Filmographie:
Plus Grandir; Fr. 1985, R: Laurent Boutonnat, B: Laurent Boutonnat und Mylène Farmer, S: Christine
Simonot, T: Laurent Boutonnat, D: Mylène Farmer, Véronique Khodja, Rambo Kowalski, Tynou, P:
Stephan Sperry, Polygram, Polydor, Tact Production.
Libertine; Fr. 1986, R: Laurent Boutonnat, B: Laurent Boutonnat und Mylène Farmer, S: Agnès
Mouchel, T: Laurent Boutonnat, J.C. Déqueant, D: Mylène Farmer (Libertine), Sophie Tellier, Gérard
Nublat, Rambo Kowalski, Tynou, P: Movie Box, Polygram, Polydor.
Tristana; Fr. 1987, R: Laurent Boutonnat, B: Laurent Boutonnat, S: Agnès Mouchel, T: Laurent
Boutonnat, D: Mylène Farmer (Tristana), Sophie Tellier (La Tsarine), Vladimir Ivtchenko (Rasoukine),
Sacha Prijovic (Le Moine) P: Movie Box, Polygram, Polydor.
Pourvu Qu’Elles Soient Douces (Libertine II); Fr. 1988, R: Laurent Boutonnat, B: Laurent Boutonnat
und Gilles Laurent, S: Agnès Mouchel, T: Laurent Boutonnat, D: Mylène Farmer (Libertine), Ian
Babilee (Le Capitaine), Sophie Tellier (La Rivale), Sandy Whitelaw (Swift), David Sadler Hall (Le
Petit Tambour), Chris Ellis (William), P: Toutankhamon, Casa Film.
Sans Contrefaçon; Fr. 1987, R: Laurent Boutonnat, B: Laurent Boutonnat und Mylène Farmer,
S:Agnès Mouchel, T: Laurent Boutonnat, D: Frédéric Lagache (Le Marionnettiste), Mylène Farmer,
Zouc P: Toutankhamon, Major, Polygram, Polydor.
Ainsi Soit Je; Fr. 1988, R: Laurent Boutonnat, D: Mylène Farmer.
Sans Logique; Fr. 1989, R: Laurent Boutonnat, B: Laurent Boutonnat und Gilles Laurent, D: Mylène
Farmer P: Toutankhamon, Polygram, Polydor.
A Quoi Je Sers?; Fr. 1990, R: Laurent Boutonnat, D: Mylène Farmer P: Toutankhamon, Polygram,
Polydor.
17
18. Texte:
Maman a tort Drei – Die Krankenschwester weint
Vier – Ich liebe sie (ihn?)
Fünf – Es ist mein Recht
Un Maman a tort Sechs – Alles zu berühren
Deux C’est beau l’amour Sieben – Dort halte ich nicht inne
Trois L’infirmière pleure Acht – Ich amüsiere mich/mache mich lustig
Quatre Je l’aime
Cinq Il est d’mon droit
Eins – Obwohl Mama (vielleicht) sagen würde
Six De tout toucher
Zwei – Sie wird mich verlieren/vergessen
Sept J’m’arrête pas là
Drei – Die/mit feuchten Augen
Huit J’m’amuse
Vier – Mir ist schlecht/tut es weh
Fünf – Ich sage was ich will
Un Quoiqu’ maman dise
Sechs – Ich bin unglücklich
Deux Elle m’oubliera
Sieben – Ich denke (,) nicht (allzu) oft
Trois Les yeux mouillés
Acht – Und Sie/Ihr?
Quatre J’ai mal
Cinq Je dis c’ que j’ veux
Six J’ suis malheureuse Ich mag/liebe das, was man mir verbietet
Sept J’ pense pas souvent Die unhöflichen Vergnügen/Freuden/Späße
Huit Et vous? Ich liebe es, wenn sie mich anlächelt
Ich liebe die Krankenschwester, Mama
J’aime ce qu’on m’interdit
Les plaisirs impolis
Eins – Ich bin sehr heiter/glücklich/fröhlich
J’aime quand elle me sourit
Zwei – Und ich tat gut daran
J’aime l’infirmière maman
Drei – Mit Ihnen/Euch darüber zu sprechen
Vier – Ich amüsiere mich/mache mich lustig
Un J’suis très sereine
Fünf – Obwohl Mama (vielleicht) sagen würde
Deux Et j’ai bien fait
Sechs – Sie war schön
Trois D’vous en parler
Sieben – Diese Krankenschwester
Quatre J’m’amuse
Acht – Ich liebe sie (ihn?)
Cinq Quoiqu’ maman dise
Six Elle était belle
Sept Cette infirmière Eins – Die Krankenschwester singt
Huit Je l’aime Zwei – Das löst etwas in mir aus/macht mich an
Drei – Wie die Lerche
Un L’infirmière chante Vier – Ich habe Angst/fürchte mich
Deux Ça m’fait des choses Fünf – Das Leben ist hart
Trois Comme l’alouette Sechs – Für ein Lächeln
Quatre J’ai peur Sieben – (Dafür/darüber) Weine ich die Nacht
Cinq C’est dur la vie Acht – Und Sie/Ihr?
Six Pour un sourire
Sept J’en pleure la nuit
Ich mag/liebe das, was man mir verbietet
Huit Et vous?
Die unhöflichen Vergnügen/Freuden/Späße
Ich liebe es, wenn sie mich anlächelt
J’aime ce qu’on m’interdit
Ich liebe die Krankenschwester, Mama
Les plaisir impolis
J’aime quand elle me sourit
J’aime infirmière maman Eins – Mama hat Unrecht/liegt falsch
Zwei – Die Liebe ist schön
Un Maman a tort Drei – Die Krankenschwester weint
Deux C’est beau l’amour Vier – Ich liebe sie
Trois L’infirmière pleure Fünf – Mama hat Unrecht/liegt falsch
Quatre Je l’aime Sechs – Die Liebe ist schön
Cinq Maman a tort Sieben – Im Hospital/Krankenhaus
Six C’est beau l’amour Acht – Mir ist schlecht/tut es weh.
Sept À l’hôpital Übersetzung: Peter Marwitz & Michael Kuyumcu, Februar
Huit J’ai mal. 1993
Lyrische Übersetzung:
Mama hat Unrecht
Maman a tort
Eins – Mama liegt falsch/hat Unrecht
Zwei – Die Liebe ist schön
18
19. Eins – Mama liegt falsch
Zwei – Liebe ist schön Jeux de mains, jeux de fous
Drei – die Schwester weint C’est pas pour nous
Vier – lieb sie Suspendue au lit comme une poupée
Fünf – es ist mein Recht: Qu’on a désarticulée
Sechs – alles berührn
Siebn – da stopp ich nicht Petit rien, petit bout
Acht – macht Spaß De rien du tout
Reviens dans mes images j’ me suis perdue
Après... je n’sais plus!
Eins – Wenn Ma auch meint
Zwei – mich zu verliern
Plus grandir, j’ veux plus grandir
Drei – die Augen feucht
Plus grandir pour pas mourir, pas souffrir
Vier – tut’s weh
Plus grandir, j’ veux plus grandir
Fünf – ich sag ich will
Pour les pleurs d’une petite fille...
Sechs – bin unglücklich
Siebn – Ich denk nicht oft
Acht – und Sie? Plus grandir
(Nicht) älter/erwachsen werden
Ich lieb, was man nicht macht
Den unartigen Spaß Kleine Nichtigkeit/Bagatelle, kleines Ende/
Ich lieb es, wenn sie lacht Knirps/ kleine Zwinge/ kleine Spitze
Ich lieb die Schwester, Ma Von gar nichts/ Macht gar nichts
Hat mich ganz drunter und drüber/durcheinander
gebracht/
Eins – ich bin sehr froh
das Unterste zuoberst gekehrt/ meine Kleidung ganz
Zwei – das tat mir gut
sinnlich/Sinn/Gefühl Über- Unterwäsche/Oberteil
Drei – es auszusprechen
Unterteil (Kehrseite)
Vier – macht Spaß
Nahm seine Beine unter den Arm/Ist Hals über Kopf
Fünf – wenn Ma auch meint
geflohen (überfallen)
Sechs – sie war so schön
Siebn – die Kranknschwester
Acht – lieb ich Kleine Nichtigkeit/Bagatelle, kleines Ende/ Knirps/ kleine
Zwinge/
kleine Spitze
Eins – die Schwester singt
Das Leben macht sich darüber lustig/ dem Leben ist es
Zwei – das macht mich an
egal
Drei – so lerchengleich
In meine(n) ganz aufgeweichten Papier-Tüchern
Vier – hab Angst
Meine Küsse sind besudelt/beschmutzt
Fünf – hart ist’s, das Leben
Sechs – für’n Lächeln nur
Siebn – wein ich die Nacht
Acht – und Sie?
(Nicht) älter werden, ich will (nicht) erwachsen werden /
Ich lieb, was man nicht macht (Ich will darüber hinwegkommen)
Den unartigen Spaß (Nicht) älter werden, um nicht zu sterben, nicht zu
Ich lieb es, wenn sie lacht leiden
Ich lieb die Schwester, Ma (Nicht) größer werden, ich will (nicht) erwachsen werden
Für die Tränen eines kleinen Mädchens/ Um der Tränen
eines kleinen
Eins – Mama liegt falsch
Mädchens willen
Zwei – Liebe ist schön
Drei – die Schwester weint
Vier – lieb sie (Kinder-) Spiele der Hände, Launen der
Fünf – Mama liegt falsch Unvernünftigen/Narren/
Sechs – Liebe ist schön Spiele der Läufer (Schachfigur)
Siebn – im Hospital Es ist nicht für uns
Acht – tut’s weh Außer Kraft gesetzt/aufgehängt im Bett wie eine Puppe
Die man zergliedert/verrenkt/im Gelenk amputiert hat
Übersetzung (lyrische Version): Michael Kuyumcu, Kleine Nichtigkeit/Bagatelle, kleines Ende/ Knirps/ kleine
November 1994 Zwinge/
kleine Spitze
Plus grandir Von gar nichts/ Macht gar nichts
Kommt/Kehrt/Erhole mich wieder in meinen
Vorstellungen,
Petit rien, petit bout
ich bin mir verloren gegangen
De rien du tout
Danach... ich weiß nicht mehr!/ Bereit·/ abgesehen von·
M’a mise tout sens dessus dessous
ich weiß nicht mehr!/ Ich bin nicht mehr daheim·/nicht
A pris ses jambes à son cou
mehr heimisch
Petit rien, petit bout
La vie s’en fout (Nicht) älter werden, ich will (nicht) erwachsen werden /
Dans mes draps de papier tout délavés (Ich will darüber hinwegkommen)
Mes baisers sont souillés (Nicht) älter werden, um nicht zu sterben, nicht zu
leiden
Plus grandir, j’ veux plus grandir
Plus grandir pour pas mourir, pas souffrir
(Nicht) älter werden, ich will (nicht) erwachsen werden /
Plus grandir, j’ veux plus grandir
(Ich will darüber hinwegkommen)
Pour les pleurs d’une petite fille
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20. Für die Tränen eines kleinen Mädchens/
Um der Tränen eines kleinen Mädchens willen... Libertine
Cendre de lune, petite bulle d’écume
Übersetzung: Peter Marwitz & Michael Kuyumcu, März Poussée par le vent je brûle et je m’enrhume
1993 Entre mes dunes reposent mes infortunes
C’est nue que j’apprends la vertu
Textorientierte Übersetzung:
Je, je suis libertine*
Plus grandir
Je suis une catin
(Nicht) älter/erwachsen werden
Je, je suis si fragile
Qu’on me tienne la main
Kleine Nichtigkeit/Bagatelle, kleines Ende/
Knirps/ kleine Zwinge/ kleine Spitze Fendre la lune, baisers d’épine et de plume
Von gar nichts/ Macht gar nichts Bercée par un petit vent je déambule
Hat mich ganz drunter und drüber/durcheinander La vie est triste comme un verre de grenadine
gebracht/ Aimer c’est pleurer quand on s’incline
das Unterste zuoberst gekehrt/ meine Kleidung ganz
sinnlich/Sinn/Gefühl Über- Unterwäsche/Oberteil Je, je suis libertine
Unterteil (Kehrseite) Je suis une catin
Nahm seine Beine unter den Arm/Ist Hals über Kopf Je, je suis si fragile
geflohen (überfallen) Qu’on me tienne la main
Quand sur ton corps je m’endors
Kleine Nichtigkeit/Bagatelle, kleines Ende/ Knirps/ kleine
Je m’évapore, bébé tu dors et moi j’attends l’aurore
Zwinge/
Quand sur mes lèvres tu t’enlèves, un goût amer
kleine Spitze
Me rappelle que je suis au ciel
Das Leben macht sich darüber lustig/ dem Leben ist es
egal
Cendre de lune, petite bulle d’écume
In meine(n) ganz aufgeweichten Papier-Tüchern
Perdue dans le vent je brûle et je m’enrhume
Meine Küsse sind besudelt/beschmutzt
Mon corps a peur, la peau mouillée, j’ai plus d’âme
Papa, ils ont violé mon cœur.
Je, je suis libertine
(Nicht) älter werden, ich will (nicht) erwachsen werden /
Je suis une catin
(Ich will darüber hinwegkommen)
Je, je suis si fragile
(Nicht) älter werden, um nicht zu sterben, nicht zu
Qu’on me tienne la main
leiden
(Nicht) größer werden, ich will (nicht) erwachsen werden
Für die Tränen eines kleinen Mädchens/ Um der Tränen
eines kleinen Textorientierte Übersetzung:
Mädchens willen
Libertine
(Kinder-) Spiele der Hände, Launen der
Unvernünftigen/Narren/ Asche des Mondes, kleine Blase der Gischt/des
Spiele der Läufer (Schachfigur) Geifers/Abschaumes
Es ist nicht für uns Getrieben vom Wind glühe/brenne ich, und ich erkälte
Außer Kraft gesetzt/aufgehängt im Bett wie eine Puppe mich
Die man zergliedert/verrenkt/im Gelenk amputiert hat Zwischen meinen Dünen ruhen (liegen begraben)
meine Schicksalsschläge/Leiden/Mißgeschicke
Es ist nackt, wie/daß ich die Tugend/Stärke/
Kleine Nichtigkeit/Bagatelle, kleines Ende/ Knirps/ kleine
Sittsamkeit/Keuschheit lerne/lehre
Zwinge/
kleine Spitze
Von gar nichts/ Macht gar nichts Ich, ich bin Libertine*
Kommt/Kehrt/Erhole mich wieder in meinen Ich bin eine Hure/Nutte
Vorstellungen, Ich, ich bin so zerbrechlich/zart/vergänglich
ich bin mir verloren gegangen Daß man mir die Hand reicht/hält
Danach... ich weiß nicht mehr!/ Bereit·/ abgesehen von·
ich weiß nicht mehr!/ Ich bin nicht mehr daheim·/nicht
Den Mond aufschlitzen/-spalten, Küsse von Stacheln und
mehr heimisch
von Federn
Gewiegt/getröstet durch einen kleinen Wind ziehe ich
(Nicht) älter werden, ich will (nicht) erwachsen werden / umher
(Ich will darüber hinwegkommen) Das Leben ist trüb wie ein Glas
(Nicht) älter werden, um nicht zu sterben, nicht zu Granatapfelsaft/Grenadine
leiden Lieben, das ist weinen wenn man sich
beugt/verneigt/fügt
(Nicht) älter werden, ich will (nicht) erwachsen werden /
(Ich will darüber hinwegkommen) Ich, ich bin Libertine
Für die Tränen eines kleinen Mädchens/ Ich bin eine Hure/Nutte
Um der Tränen eines kleinen Mädchens willen... Ich, ich bin so zerbrechlich/zart/vergänglich
Daß man mir die Hand reicht/hält
Wenn auf Deinem Körper, ich schlafe ein
Übersetzung: Peter Marwitz & Michael Kuyumcu, März
Ich dampfe ab/verdunste, Baby, Du schläfst,
1993
und ich erwarte die Dämmerung
20
21. Wenn Du Dich von meinen Lippen wegreißt/ Contre ta bouche elle veut qu’on la couche
meinen Lippen entziehst, ein bitterer Geschmack
Erinnert mich daran, daß ich im Himmel bin Triste elle fait la grimace,
Devant sa glace
D’un coup du cœur enlace l’ombre qui passe
Asche des Mondes (bzw.: Aschermittwoch des Mondes),
Et rien jamais n’effacera les traces, lâches
kleine Blase der Gischt/des Geifers/Abschaumes
Du sang qui coule des corps qui se cassent
Verloren im Wind glühe ich, und ich erkälte mich
Mein Körper hat Angst, die Haut benetzt/
Adieu Tristana
aufgeweicht, ich habe keine Seele mehr / mehr Seele
Ton cœur a pris froid
Papa, sie haben mein Herz entweiht/
Adieu Tristana
geschändet/verletzt/vergewaltigt.
Dieu baisse les bras
Laissez-la partir
Ich, ich bin Libertine Laissez-la mourir
Ich bin eine Hure/Nutte Ne le dites pas
Ich, ich bin so zerbrechlich/zart/vergänglich Tristana, c’est moi!
Daß man mir die Hand reicht/hält
Triste sort Tristana
Tu sais, crois-moi
Trois petits tours, elle s’en va
Übersetzung: Peter Marwitz & Michael Kuyumcu, März
La vie comme ça
1993
Les plus beaux jours s’achèvent dans la peine,
Haine
Lyrische Übersetzung:
Pourquoi faut-il payer de ses veines
Libertine
Textorientierte Übersetzung:
Asche des Mondes, kleine Blase von Schwären
Getrieben vom Wind brenn ich, mich erkältend
Tristana
Zwischen meinen Dünen ruhn meine Schicksalsschläge
Nackt, wie ich die Tugend lerne
Traurig/betrübt ist sie bereit zu allem
Für nichts, für alles
Ich, ich bin Libertine*
In der Runde der Verrückten weint sie ganz
Ich geh auf den Strich
sanft/süß/leise
Zerbrechliche Vitrine
Die Liebe tötete die Worte, die sie berühren,
Fremde Hand, halt mich
Berühren
Sie will, daß man sie gegen/an Deinen Mund
Spalte den Mond, Küsse von Stacheln und Federn bettet/schlafen legt
Gewiegt von einem kleinen Wind zieh ich umher
Das Leben: trüb wie Grenadine-Gläser
Traurig/betrübt schneidet sie die Grimasse/zieht sie ein
Lieben ist Sich-Beugen tränenschwer
Gesicht
Vor ihrem Spiegel/ihrer inneren Kälte
Ich, ich bin Libertine Fesselt/umschlingt ein Herzschlag den Schatten, der
Ich geh auf den Strich vorüberzieht
Zerbrechliche Vitrine Und nichts wird jemals die Spuren, die kraftlosen,
Fremde Hand, halt mich löschen
Des Bluts, das aus den Körpern rinnt/strömt,
die gebrechlich/schwach/alt werden
Schlaf auf Deinem Körper ein
Verdampfe ich, Baby, Du schläfst fein
Ich wart auf Sonnenschein Adieu Tristana
Entziehst Du Dich meinen Lippen, Dein Herz hat sich erkältet
Schmeckt es bitter, Adieu Tristana
Erinnert mich: ich bin im Himmel Gott senkt die Arme
Laßt/Lassen Sie sie abreisen/gehen
Laßt/Lassen Sie sie sterben
Asche des Mondes, kleine Blase von Schwären
Sagt/Sagen Sie es nicht
Verloren im Wind brenn ich, mich erkältend
Tristana, das bin ich!
Mein Körper hat Angst, die Haut gequolln, ohne Seele
Papa, sie entweihten mir mein Herz
Traurig/betrübt verläßt/geht Tristana
Du weißt, glaub mir
Ich, ich bin Libertine
Drei kleine Runden, (schon) geht es
Ich geh auf den Strich
Das Leben einfach so
Zerbrechliche Vitrine
Die schönsten Tage enden im Schmerz
Fremde Hand, halt mich
Haß
Warum ist es nötig, für sein Wesen/Glück zu büßen/zu
bezahlen
Übersetzung (lyrische Version): Michael Kuyumcu,
Dezember 1994
Übersetzung: Peter Marwitz & Michael Kuyumcu, März
Tristana
1993
Triste elle est prête à tout Lyrische Übersetzung:
Pour rien, pour tout
Dans la ronde des fous elle pleure tout doux Tristana
L’amour a tué les mots qui la touchent,
Touchent
21
22. Nichts – sie ist betrübt. Da man (ja) wählen/entscheiden muß
In der Irren Runde weint sie süß· In leisen/sanften Worten kann ich es sagen
Liebe tötete die Worte, die berühren, "Ohne Fälschung"/unverfälscht/eindeutig
Rühren, Ich bin ein Junge
An Deinem Mund sollst Du sie nachts spüren. Und für ein Königreich
Ich will mich nicht entkleiden
Denn "ohne Fälschung"/eindeutig
Trist zieht sie die Grimasse
Ich bin ein Junge
Vor dem Glase
Aus Eis im Innern hält einen Schatten
Ihr Herz. Und nichts löscht je die Spuren, fahlen Lachen Ganz allein in meinem (Wand-)Schrank
Des Bluts, das strömt aus Körpern der Schwachen Die Augen von Schwärze umschlossen/-geben
Sicher/geschützt vor fremden Blicken
Ich biete dem Zufall/Glück die Stirn (fordere... heraus)
Tristana, Adieu,
In dieser Welt die weder Hand noch Fuß hat
Dein Herz tut Dir weh.
("weder Schwanz noch Kopf")
Tristana, Adieu,
Handele ich nur nach meinem Kopf/Willen
Gotts Arm senkt sich jäh.
Ein Taschen-/Kopftuch in der "Tiefe der Hose"
Laßt sie endlich gehn,
Ich bin Ritter von Eon
Endlich von Euch gehn.
Da man (ja) wählen/entscheiden muß
Aber sagt es nicht:
In leisen/sanften Worten kann ich es sagen
Tristana – bin ich!
"Ohne Fälschung"/unverfälscht/eindeutig
Ich bin ein Junge
Trist geht Tristana,
Du weißt: ’s ist wahr.
Und für ein Königreich
Drei Runden – sie ist nicht mehr da.
Ich will mich nicht entkleiden
Leben wie das –
Denn "ohne Fälschung"/eindeutig
Wenn schönste Tage bloß im Schmerz verblassen,
Ich bin ein Junge
Hassen.
Warum muß man sich zur Ader lassen?
Abwechselnd/der Reihe nach jagt/treibt man mich
Mit Eurer Benutzung/Umgang/Besuch
Ich dulde es nicht/lasse es nicht zu, daß man
Übersetzung (lyrische Version): Michael Kuyumcu, Mai
Meine Beschlüsse/Entscheidungen bedroht
1993
Ich schere mich nicht um das Gerede der Leute
Ich bin "Chamäleon"/schillernd
Sans contrefaçon
Nehmt Euch in acht vor meinen Zinnsoldaten
Sie sind es, die Euch töten.
Puisqu'il faut choisir
A mots doux je peux le dire
Da man (ja) wählen/entscheiden muß
Sans contrefaçon
In leisen/sanften Worten kann ich es sagen...
Je suis un garçon
Et pour un empire
J e ne veux me dévêtir Übersetzung: Peter Marwitz, September 1992
Puisque sans contrefaçon
Je suis un garçon
Lyrische Übersetzung:
Tout seul dans mon placard
Sans contrefaçon
Les yeux cernés de noir
A l'abri des regards
Je défie le hasard Da es gilt, zu wähln,
Dans ce monde qui n'a ni queue ni tète Kann ich’s sanft und süß erzähln:
Je n'en fais qu'à sa tète Zweifellos bin dann
Un mouchoir au creux du pantalon Ich ein junger Mann.
Je suis chevalier D'Eon Selbst fürs Königshaus
Zöge ich mich niemals aus.
Puisqu'il faut choisir Denn ganz zweifellos bin dann
A mots doux je peux le dire Ich ein junger Mann
Sans contrefaçon
Je suis un garçon
Allein in meinem Schrank,
Et pour un empire
Wo Nacht aufs Auge sank,
Je ne veux me dévêtir
Geschützt vor fremdem Blick,
Puisque sans contrefaçon
Biet ich die Stirn dem Glück.
Je suis un garçon
Sie hat weder Hand noch Fuß, die Welt –Ich tu, was mir
gefällt.
Tour à tour on me chasse
Ein Taschentuch folgt mir auf Schritt und Tritt
De vos fréquentations
Her von Eon führt mein Ritt.
Je n'admets pas qu'on menace
Mes résolutions
Je me fous bien des qu'en-dira-t'on Da es gilt, zu wähln,
Je suis caméléon Kann ich’s sanft und süß erzähln:
Prenez garde à mes soldats de plomb Zweifellos bin dann
C'est eux qui vous tueront Ich ein junger Mann.
Puisqu'il faut choisir
Selbst fürs Königshaus
A mots doux le peux le dire...
Zöge ich mich niemals aus.
Denn ganz zweifellos bin dann
Sans contrefaçon Ich ein junger Mann
Ohne Fälschung/unverfälscht
22
23. Euch alle muß ich fliehn, Mais pourvu qu'elles soient douces
Wenn Ihr Besuche macht; D'un esthète tu n'as garde qu'un "air bête"
Niemand darf in Zweifel ziehn, Tout est beau si c'est "Vue de dos" ! ...
Was ich mir gedacht.
Und was schert mich Euer Tratsch denn schon;
Pourvu qu'elles soient douces
Ich bin Chamäleon.
Vorausgesetzt/wünschte, daß sie weich wären
Nehmt Euch in acht vor meinem Zinnsoldat,
Denn er plant ein Attentat.
Nun/he Kerl/Typ!
Dein versteckter/hinterhältiger/schräger Blick
Da es gilt, zu wähln,
Ist keineswegs nicht lüstern/geil
Kann ich’s sanft und süß erzähln...
Deine Mutter hat Dir zu sehr den Hintern versohlt
Dein Geschmack/Vorliebe für die Kehr-/Rückseite
Hat rein gar nichts Perverses
Übersetzung (lyrische Version): Michael Kuyumcu, Mai Und Dein Baby/kleines Kind ist nicht böse/verstimmt
1993
Dein Kamasutra
Textorientierte Übersetzung:
Ist gut/mindestens hundert Jahre alt
Pourvu qu'elles soient douces
Mein Gott, wie ist es altmodisch
Das Nonplusultra
Pourvu Qu’elles soient douces In dieser Landschaft/Gegend
Eh Mec ! Ist es, beide Seiten zu lieben
Ton regard oblique
En rien n'est lubrique
Deine Majestät/Dein König/Deine Würde
Ta maman t'a trop fessé
Verschiebt/versetzt Dich nie(mals)!
Ton goût du revers
Ohne Dein kleines Kopfkissen (?)
N'a rien de pervers
Auf ewig/für immer bin ich
Et ton bébé n'est pas fâché
Deine einzige/alleinige Klasse/Schicht/Kategorie
Alles ist nur ein zu zahlender Preis
Ton Kamasutra
A bien cent ans d’âge
Mon Dieu que c'est démodé Du "machst"/sagst Ahs und Ohs
Le nec plus ultra Hinter Deinen Befestigungs-/Verteidigungsanlagen
En ce paysage Wenn/sobald meine kleine Hose
C'est d'aimer les deux côtés Aufrecht/stehend und auf dem Rücken
Ohne den Mut zu verlieren
Ta majesté Entblöße/äußere Deine Besessenheit quälenden
Jamais ne te déplaces ! Gedanken/Vorstellungen
Sans ton petit oreiller
A jamais je suis
Du versteifst Dich darauf/hast die Stirn, Dich
Ton unique classe
über alles lustig zu machen
Tout n'est que prix à payer
Aber vorausgesetzt, daß sie sanft/weich sind
Von einem Poeten/Dichter "hast Du nichts als den
Tu fais des Ah! des Oh!
Mond im Sinn" ("Du bist ein wenig verrückt")
Derrière ton ouvrage
Gegenüber meiner Offenheit/meinen Rundungen bist Du
Quand mon petit pantalon
K.O./hilflos
Debout et de dos
Du versteifst Dich darauf/hast die Stirn, Dich
Sans perdre courage
über alles lustig zu machen
Dénude tes obsessions
Aber vorausgesetzt, daß sie sanft/weich sind
Von einem Ästheten hast Du nur ein "tierisches/
Tu t'entêtes à te foutre de tout
dümmliches Aussehen/Art/Erscheinung" bewahrt
Mais pourvu qu'elles soient douces
Alles ist schön, wenn es "von hinten gesehen" wird
D'un poète tu n'as que la lune en tête
De mes rondeurs tu es K.O. !
Tu t'entêtes à te foutre de tout O.K.!
Mais pourvu qu'elles soient douces Prosa oder Poesie
D'un esthète tu n'as gardé qu'un "air bête"... Alles ist nur ein Vorwand
Tout est beau si c'est "Vue de dos" ! Nicht nötig, sich zu entschuldigen
Muse/Kunst/Genie oder Anstifterin/Nymphe
0K ! Meine kleinen Hinterbacken
Prose ou poésie Hören nicht auf, Dich zu inspirieren/erregen
Tout n'est que prétexte
Pas la peine de t'excuser
Ich "mache"/sage Ahs und Ohs
Muse ou égerie
Erschöpfe/ermüde mich nie (Ich ermüde/langweile nie)
Mes petites fesses
Durch Liebe, für die (ich) Feuer und Flamme bin
Ne cessent de t'inspirer
Ist es nicht (sowieso) unumgänglich, daß
Die Jugend vorbei-/vorübergeht/sich abschwächt
Je fais des Ah! des Oh!
Wozu also sich drängen/überhastet sein?
Jamais ne me lasse
Par amour pour un toqué
Ne faut-il pas que Du versteifst Dich darauf/hast die Stirn, Dich
Jeunesse se passe über alles lustig zu machen
A quoi bon se bousculer ? Aber vorausgesetzt, daß sie sanft/weich sind
(wünschte, sie wären sanft/weich)
Tu t'entêtes à te foutre de tout
Mais pourvu qu'elles soient douces
D'un poète tu n'as que la lune en tête Übersetzung: Peter Marwitz, September 1992
De mes rondeurs tu es K.O. !
Tu t'entêtes à te foutre de tout
23
24. Lyrische Übersetzung: Je sais bien que je mens
Je sais bien que 1'ai froid dedans
Pourvu qu'elles soient douces
Bulle de chagrin
Boule d'incertitude
Kerl! Dein
De nos destins
Blick, den Du verteilst,
Naît que solitude
Ist nicht wenig geil;
Tu dis qu'il faut du temps
Mutter hat Dir’n Po vertrimmt.
Qu'aimer n'est pas un 1eu d'enfant
Dein Spaß am Revers
Je sais bien que tu mens
Ist kein Stück pervers –
Mais je suis si seule à présent
Dein Baby ist auch nicht verstimmt
Ainsi soit Je
Dein Kamasutra Ainsi soit Tu
Hat gut hundert Jahr, Ainsi soit Il
Mein Gott, aus Omas Zeiten... Ainsi moi je
Das Nonplusultra Prie pour que Tu
Ist hier wie da: Fuis mon exil
Liebe einfach beide Seiten. Mais quel espoir
Pourrais-je avoir
Quand tout est noir ?
Die Würde läßt
Ainsi soit Je
Dich sicher nie im Stich!
Ainsi soit Tu
Ohne Kissen, das Du preßt,
Ainsi soit ma vie
Bleibe immer ich
Tant pis.
Deine einz’ge Schicht –
Und der Preis dafür steht fest
Bulle de chagrin
Boule d'incertitude
Du stammelst Ahs und Ohs – Deux orphelins
Nur aus "Arbeitswut" – Que le temps défigure
Wenn dann meine kleine Hos’ Je voudrais mon hiver
Rücklings liegt, von vorn· M'endormir loin de tes chimères
Fasse doch den Mut: Tu sais bien que je mens
Leg Deine Lüste bloß! Tu sais bien que j'ai froid dedans
Ainsi soit Je
Du machst alles lächerlich sogleich,
Ainsi soit Tu
Ach, wären sie doch weich...
Ainsi soit il
Vom Poeten blieb der Kopf Dir voll Planeten,
Ainsi moi je
Doch meine Rundung macht Dich stumm!
Prie pour que Tu
Du machst alles lächerlich sogleich
Fuis mon exil
Ach, wären sie doch weich...
Niais quel espoir
Vom Ästheten ging nur’s Tiergesicht nicht flöten
Pourrais-je avoir
Alles ist schön, dreht man es um!
Quand tout est noir ?
Ainsi soit Je
O.K.! Ainsi soit Tu
Prosa, Poesie· Ainsi soit ma vie
Alles Vorwand und Tant pis...
Für Entschuldigung kein Grund.
Muse, Nymphe – nie
Ainsi soit je...*
werden meine Hügel
So soll ich sein*
Aufhörn, Dich stets neu zu beflügeln
Blase des Kummers/Leids/Grams
Ich stammle Ahs und Ohs,
Kugel/Ball der
Niemals werd ich müde;
Ungewißheit/Unbeständigkeit/Unsicherheit
Liebend brenn ich lichterloh
So viele der Morgen (So sehr Morgen)
Die Jugend, Lieber –
Daß nichts verheimlicht/verborgen/verschleiert ist
Sie geht vorüber...
Ich will/möchte meinen Winter
Wozu also hetzt Du so?
Mich beruhigen/einschlafen fern von Deinen Träumen
/Grillen/Hirngespinsten/Trugbildern/Schimären
Du machst alles lächerlich sogleich, Ich weiß (sehr) wohl, daß ich lüge
Ach, wären sie doch weich... Ich weiß (sehr) wohl, daß ich innerlich/im Innern friere
Blase des Kummers/Leids/Grams
Übersetzung (lyrische Version): Michael Kuyumcu, Mai Kugel/Ball der
1993 Ungewißheit/Unbeständigkeit/Unsicherheit
(Von) unseren Schicksalen/Geschicken/Bestimmungen
Entspringt nur/nichts als Einsamkeit
Textorientierte Übersetzung:
Du sagst, daß es/er Zeit braucht,
Daß Lieben kein Kinderspiel ist
Ainsi soit je...*
Ich weiß (sehr) wohl, daß Du lügst
Doch ich bin allein/einsam zur Zeit/gegenwärtig
Bulle de chagrin
Boule d'incertitude
So soll Ich sein*
Tant de matins
So sollst Du sein
Que rien ne dissimule
So soll (möge) Er/Es sein / Amen
Je veux mon hiver
So ich – ich
M'endormir loin de tes chimères
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25. Bitte/bete darum, daß Du Der Deinen Schemen mich entreißt.
Fliehst/Dich abkehrst (aus) meiner Verbannung/Exil Du weiß wohl, daß ich lüg –
Aber/doch welche Hoffnung Du weißt, wie mich der Frost durchglüht.
Könnte ich noch haben / könnte mir bleiben
Da/wenn alles schwarz ist?
So seie Ich
So soll Ich sein
So seiest Du
So sollst (mögest) Du sein
So seie Es.
So soll (möge) mein Leben sein
So bitt ich Dich,
Desto schlimmer/macht nichts.
Verlasse Du
Verbannt mich jetzt.
Blase des Kummers/Leids/Grams Doch was bleibt mir,
Kugel/Ball der Wenn ich mich hier
Ungewißheit/Unbeständigkeit/Unsicherheit In Nacht verlier?
Zwei Waisen So seie Ich
Die die Zeit entstellt/verändert/verzerrt So seiest Du,
Ich würde meinen Winter wollen So sei gelebt –
Mich beruhigen/einschlafen fern von Deinen Träumen Wenn’s geht...
/Grillen/Hirngespinsten/Trugbildern/Schimären
Du weißt (sehr) wohl, daß ich lüge
Du weißt (sehr) wohl, daß ich innerlich friere
Übersetzung (lyrische Version): Michael Kuyumcu, März
1993
So soll (möge) Ich sein
So sollst (mögest) Du sein
Sans logique
So soll (möge) Er/Es sein / Amen
So ich – ich
Bitte/bete darum, daß Du Si Dieu nous fait à son image
Fliehst/abkehrst (aus) meiner Verbannung/Exil Si c’était sa volonté
Aber/doch welche Hoffnung Il aurait dû prendre ombrage
Könnte ich noch haben / könnte mir bleiben Du malin mal habité
Da/wenn alles schwarz ist? Qui s'immisce et se partage
So soll (möge) Ich sein L'innocence immaculée
So sollst (mögest) Du sein De mon âme d'enfant sage
So soll (möge) mein Leben sein Je voudrais comprendre
Desto schlimmer/macht nichts...
De ce paradoxe
Je ne suis complice
Lyrische Übersetzung:
Souffrez qu'une autre
En moi se glisse
Ainsi soit je...
Car sans logique
Je me quitte
Blase des Grams Aussi bien satanique
Der Unstetigkeit – Qu’angélique
Der Morgen kam,
Und nichts blieb mehr geheim. Si chaque fois qu'en bavardages
Ich will den Schlaf in Eis, Nous nous laissons dériver
Der Deinen Schemen mich entreißt. Je crois bien que d’héritage
Ich weiß wohl, daß ich lüg – Mon silence est meurtrier
Ich weiß, wie mich der Frost durchglüht. Vous me découvrez blafarde
Fixée à vos yeux si tendres
Je pourrais bien par mégarde
Blase des Grams
D'un ciseau les fendre
Der Unstetigkeit –
Die Zukunft kam
Und läßt nur Einsamkeit. Textorientierte Übersetzung:
Du sagst, es braucht noch viel
Geduld, und Lieben ist kein Spiel. Sans logique
Ich weiß wohl, daß Du lügst – Ohne Logik/Vernunft
Doch ich bin jetzt allein wie nie.
Falls Gott uns nach seinem Bild schuf
So seie Ich* Falls es sein Wille war
So seiest Du Müßte er Verdacht schöpfen/es übelnehmen
So seie Es. (Gegenüber) dem schlecht gekleideten Teufel/Schurken
So bitt ich Dich, Der sich einmischt und sich verteilt/geteilt
Verlasse Du Die unbefleckte/reine Unschuld
Verbannt mich jetzt. Meiner Seele eines artigen/folgsamen Kindes
Doch was bleibt mir, Möchte ich gerne verstehen
Wenn ich mich hier
In Nacht verlier?
An diesem Paradox(on)
So seie Ich
Bin ich nicht mitschuldig
So seiest Du,
Gestatten Sie/Gestattet, daß eine andere
So sei gelebt –
Sich in mich hineinschleicht/-gleitet
Wenn’s geht.
Denn ohne Logik/Vernunft
Ich trenne mich/Nehme Abschied
Blase des Grams, Genauso satanisch/teuflisch
Der Unstetigkeit – Wie engelsgleich/himmlisch
Verwaistes Paar,
Entstellt vom Lauf der Zeit.
Ich will den Schlaf in Eis,
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26. Falls jedes Mal wenn man plaudert Nicht mehr zu wissen, wozu ich diene/was meines Lebens
Wir uns (willenlos) treiben/mitreißen lassen Sinn ist
Ich glaube sehr wohl dem Zweifellos zu absolut nichts
Erbe/Vererbung/Hinterlassenschaft Gegenwärtig/jetzt kann ich verstummen/schweigen
Meine Stille/Schweigen ist tödlich/todbringend Wenn alles zu Abscheu/Abneigung/Überdruß/Ekel wird...
Ihr entdeckt/entblößt mich fahl/bleich
Fixiert auf Eure/Ihre so zärtlichen Augen
Glühendes Elend, das Fieber/Unruhe hat mich
Ich könnte sie gleichwohl – aus Versehen –
überwältigt
Mit einem Meißel/Dolch aushacken/-stechen
Ich lache ohne Lachen, ich lebe, ich tue egal
was/irgendetwas
Übersetzung: Peter Marwitz, September 1992 Und ich irre umher
Ich habe Angst vor der Leere
A quoi je sers Ich blättere (Buch-)Seiten um
Aber... leere/inhaltslose Seiten/Blätter.
Übersetzung: Peter Marwitz
Poussière vivante, je cherche en vain ma voie lactée
Dans ma tourmente, je n’ai trouvé qu’un mausolée
Et je divague
J’ai peur du vide Lyrische Übersetzung:
Je tourne des pages
Mais... des pages vides A quoi je sers...
Poussière errante, je n’ai pas su me diriger
Lebendes Elend, wo mag die Milchstraße sein?
Chaque heure demande pour qui, pour quoi, se redresser
In meinem Kummer fand ich nur nen Totenschrein.
Et je divague
Irrend durch Weiten,
J’ai peur du vide
Fürcht ich die Leere.
Pourquoi ces larmes
Ich wende die Seiten –
Dis... à quoi bon vivre...
Doch... Seiten der Leere.
Mais mon Dieu de quoi j’ai l’air
Je sers à rien de tout Irrendes Elend, ich wußt nicht: wie sollt ich gehn.
Et qui peut dire dans cet enfer Und jede Stunde fragt, wozu neu aufzustehen.
Ce qu’on attend de nous, j’avoue Irrend voll Sehnen
Ne plus savoir à quoi je sers Fürcht ich die Leere
Sans doute à rien de tout Wozu die Tränen –
A présent je peux me taire Sag... wozu gut leben...
Si tout devient dégoût...
Doch, mein Gott, warum scheint mir
Poussière brûlante, la fièvre a eu raison de moi
Ich nütze rein zu nichts?
Je ris sans rire, je vis, je fais n’importe quoi
Wer sagt in dieser Hölle hier,
Et je divague
Was man von uns verlangt – ich nicht!
J’ai peur du vide
Ich weiß nicht mehr, wozu ich nütz –
Je tourne des pages
Ganz zweifellos zu nichts.
Mais... des pages vides.
Schweigen kann ich jetzt, wenn hier
Aus allem Ekel spricht...
Textorientierte Übersetzung:
Glühendes Elend, Fieber ergriff Besitz von mir.
A quoi je sers
Ohne zu lachen lach ich, mach ich gleichwas hier.
Zu was bin ich nutze/diene ich
Irrend durch Weiten
Fürcht ich die Leere.
Lebendes Elend, ich suche vergeblich meine Milchstraße Ich wende die Seiten –
In meinem Kummer/Pein, ich habe nichts als ein Doch... Seiten der Leere.
Mausoleum gefunden
Und ich irre umher
Ich habe Angst vor der Leere
Übersetzung (lyrische Version): Michael Kuyumcu
Ich blättere (Buch-)Seiten um
Aber... leere/inhaltslose Seiten/Blätter
Alle Texte sind von Mylène Farmer, außer Maman a tort
Streunendes Elend/Staub, ich wußte mich nicht zu führen (Jérôme Dahan) und Libertine (Laurent Boutonnat).
Jede Stunde fragt, für wen, für was, sich wieder
aufrichten
Und ich irre umher Quelle: http://www.mylene-farmer.de
Ich habe Angst vor der Leere
Warum diese Tränen
Sag... wozu/woran gut leben...
Aber, mein Gott, warum sehe ich so aus/scheine ich
Zu absolut nichts nutze zu sein
Und wer kann – in dieser Hölle – sagen
Was man von uns erwartet, ich gebe zu
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27. Abbildung:
1.
Aus dem Story-Board Maman a Tort, 1984.
2.
3.
Plus Grandir, 1985.
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