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AUSWIRKUNGEN UND
ERFOLGSFAKTOREN DER
GOOGLE IMPACT CHALLENGE
ERFOLGSBEISPIELE, HÜRDEN UND EMPFEHLUNGEN
Autoren:
Stephan Peters, Nicole Dufft, Katja Jäger, Moritz Eckert
NOVEMBER 2017
Disclaimer
Die vorliegende Studie wurde im Auftrag von Google.org erstellt. betterplace.org war bereits Partner in der Durchführung
der Google Impact Challenge 2016 und hat den dortigen Bewerbungsprozess unterstützt. Das betterplace lab zeichnet sich
nun verantwortlich für diese Studie und hat die Umfragen und Interviews mit den teilnehmenden Organisationen der Google
Impact Challenge geführt. Alle Antworten der Organisationen wurden vertraulich behandelt und nicht an Dritte – auch nicht
an Google.org – weitergegeben. Alle Daten wurden vor der Auswertung aggregiert und vollständig anonymisiert.
Ein Rückschluss von den Antworten auf die betreffenden Organisation oder ihre Projekte ist nicht möglich. Entsprechend
erscheinen ihre Antworten in dieser Studie ausschließlich anonymisiert.
Studie zur Google Impact Challenge3Zusammenfassung
ZUSAMMENFASSUNG
1. Agilität ist ein wesentliches Merkmal im Management einer Organisation und besteht in dem Ansatz, möglichst flexibel und antizipativ zu arbeiten, um notwen-
dige Veränderungen herbeizuführen. Viele agile Arbeitsmethoden stammen aus dem Bereich der IT, darunter Stand-ups (regelmäßige und kurze Meetings im
Stehen, um diese auch tatsächlich kurz zu halten), Scrum (Ansatz des agilen Projektmanagements, der sich auf wenige Regeln und Rollen konzentriert) und
Retrospektiven (regelmäßige Evaluation der Arbeitsweise in einem definierten Zeitraum, um sie künftig effizienter zu gestalten).
96 % der Organisationen sehen Potenziale für NGOs, durch Digitalisierung ihre soziale Wirksamkeit
zu erhöhen. Gleichzeitig konstatieren 90 % dem sozialen Sektor noch erheblichen Nachholbedarf in
Sachen Digitalisierung.
Die Google Impact Challenge ist eine Leuchtturminitiative von Google.org, dem philanthropischen Arm von Google.
Sie macht in verschiedenen Ländern Halt und fragt lokale gemeinnützige Organisationen, mit welcher Innovation
sie die Welt verbessern möchten und ruft die Bevölkerung dazu auf, für die Projekte mit dem größten Potential
abzustimmen. 2015 wurde die Impact Challenge zum ersten Mal in Deutschland durchgeführt. Über 2.000 Projekte
in den Bereichen Bildung, Umweltschutz, Gesundheit, soziale Dienste, Entwicklungshilfe und andere wurden ein-
gereicht. Mithilfe einer Expertenjury sowie den über 724.000 Stimmen im öffentlichen Voting konnten 110 Gewinner
ausgewählt werden, die Fördergelder in Höhe von insgesamt 3,85 Millionen Euro erhalten haben.
In einigen Bereichen spielen digitale Technologien bereits
heute für soziale Organisationen eine wesentliche Rolle,
zuallererst im Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit.
Für 93 % der Teilnehmer an der Google Impact Challenge
ist Social Media wichtig oder gar absolut zentral für ihre
Arbeit. Facebook, Twitter und YouTube sind 2017 für
soziale Organisationen, was vor zehn Jahren noch die
eigene Website war: ein absolutes Muss. Trotz dieser
Überbetonung der Öffentlichkeitsarbeit – begründet in
dem starken Wunsch nach höherer Bekanntheit – setzen
zumindest zwischen 59 % und 61 % der sozialen Organisa­
tionen darüber hinaus auf digitale Tools in den Bereichen
Projektsteuerung und Zusammenarbeit, Fundraising und
Finanzierung sowie zur Abwicklung interner Prozesse.
Allerdings darf die Digitalisierung nicht auf die Verwendung
von Anwendungssoftware reduziert werden. Die Arbeits­
weise transformiert sich in den Organisationen gleicher­
maßen und in Wechselbeziehung mit den neuen Tools.
Vernetzt und dezentral agieren die meisten, an Agilität1
fehlt es noch häufig. Viele der befragten Organisationen
sind interessiert, ihre Arbeitsweise weiterzuentwickeln
und ihre Reichweite zu erhöhen. Aus dem Wunsch heraus
möglichst viele Begünstigte mit ihrem Angebot zu
erreichen, setzen die Organisationen immer mehr auf
digitale Produkte und Dienstleistungen – die entsprechend
in der Google Impact Challenge gefördert wurden. Es lässt
sich dabei zwischen a) dem digitalen Angebot für Bedürf­
tige, b) der Verbesserung solcher digitaler Angebote, c)
dem Aufbau digitaler Fähigkeiten und der Infrastruktur
sowie d) dem Ehrenamt qua Digitalisierung unterscheiden.
Die sozialen Organisationen stehen also der Digitalisierung
offen gegenüber. Begrenzend wirken typischerweise ein
Mangel an Budget und Zeit, aber auch an Wissen und
Austausch. Neben der finanziellen Förderung, ohne die 66
% der Projekte in absehbarer Zeit nicht hätten umgesetzt
werden können, wurden dementsprechend auch der Aus­
tausch zwischen den geförderten Organisationen sowie mit
Ashoka und Google.org im Mentoring gelobt. Die Finan­
zierung erlaubt es den Organisationen über das Projekt
hinaus in ihre Weiterentwicklung, in Kompetenz- und
Teamaufbau, zu investieren und so langfristig den digitalen
Wandel für sich zu nutzen.
Die vorliegende Studie gibt gezielte Handlungsempfeh­
lungen an die sozialen Organisationen, Google.org sowie
die Politik, um diese positiven Effekte künftig weiter
zu stärken.
4Studie zur Google Impact Challenge Zusammenfassung
Empfehlungen an soziale Organisationen:
•	Digitale Technologien auch jenseits von Social Media
einsetzen.
•	Digitalisierung nicht nur auf Tools und Technologie
reduzieren.
•	Digitalisierung und struktureller Aufbau müssen Hand in
Hand gehen.
•	Kompetenzen im Bereich Wirkungsmessung aufbauen.
•	Offenheit, Austausch und Experimentierfreude fördern.
Empfehlungen an Google.org:
•	Google Impact Challenge auch künftig durchführen.
•	Neben finanzieller Förderung auch Awareness-Effekte
stärken.
•	Unterschiedlichen Bedürfnissen der Organisationen
begegnen.
•	Netzwerk-Effekte intensivieren.
•	Begleitung durch Know-How-Transfer fortführen.
•	Partnerschaftliche Unterstützung und agile Umsetzung.
•	Anschlussfinanzierung mitdenken.
•	Größeren Fokus auf die Wirkungsanalyse legen.
Empfehlungen an die Politik:
•	Bewusstsein für die Bedeutung der Digitalisierung im
sozialen Sektor stärken.
•	Digital-Kompetenz im sozialen Sektor fördern.
•	Sozialunternehmen stärker berücksichtigen.
•	Verständnis für agile Vorgehensweisen weiterentwickeln.
•	Wirkungsanalyse in Förderprogrammen verankern.
Studie zur Google Impact Challenge5
GLIEDERUNG
Zusammenfassung
1. Einleitung 	
	 1.1 Stand der Forschung
	 1.2 Google Impact Challenge 2016
	 1.3 Ziele, Methoden und Teilnehmer der Studie
2. Status Quo: Chancen und Hürden der Digitalisierung im sozialen Sektor
	 2.1 Neue Formen des Engagements
	 2.2 Erwartungen an die Digitalisierung
	 2.3 Stand der Digitalisierung
	 2.3.1 Tools
	 2.3.2 Arbeitsweise
	 2.3.3 Angebote
	 2.4 Chancen und Hürden in der Digitalisierung
	 2.5 Zwischenfazit
3. Auswirkungen und Erfolgsfaktoren der Google Impact Challenge
	 3.1 Auswirkungen auf Projekt und Organisation
	 3.2 Mittelverwendung und Ressourcenaufbau
	 3.3 Exkurs: Wirkungsanalyse
	 3.4 Zwischenfazit
4. Handlungsempfehlungen
5. Quellenverzeichnis
Gliederung
6Studie zur Google Impact Challenge 1. Einleitung
1. EINLEITUNG
Wie wir einkaufen, Musik hören und Informationen
suchen – im vergangenen Jahrzehnt blieb kaum ein
Lebensbereich von der Digitalisierung verschont. Das
Internet ist für uns selbstverständlich und das nicht erst
nach Feierabend. Welcher (Büro-)Arbeitsplatz kommt
schließlich heute noch ohne Computer aus? Aber reicht es,
Texte darauf anstatt auf einer Schreibmaschine zu verfas­
sen, um „digital“ zu arbeiten? Und warum sollten wir das
überhaupt – auch oder gerade im sozialen Sektor?
Ganz einfach: Digitale Technologien können uns helfen,
mehr Menschen für die Arbeit der eigenen Organisation zu
begeistern, lästige Papierarbeit zu vereinfachen, und die
verfügbaren Mittel deutlich effizienter einzusetzen. Wir
können leichter mit unseren Kollegen kommunizieren,
egal ob diese im Büro, zu Hause oder am anderen Ende
der Welt arbeiten. Mit Zugriff auf alle Informationen in
der Cloud entsteht ein ganz neues Wissensmanagement
und agil und vernetzt kommen wir schneller zu besseren
Ergebnissen. Wir vernetzen uns mit unseren Kollegen,
Ehrenamtlichen und Bedürftigen, wenn wir das Angebot
digital gestalten.
2. Ergebnis der Online-Befragung: „Durch Digitalisierung können NGOs und Sozialunternehmen ihre soziale Wirksamkeit erhöhen.“ a) Stimme voll und ganz zu (62
%), b) Stimme eher zu (34 %), c) Stimme eher nicht zu (2 %), d) Stimme nicht zu (2%). N = 66.
3. Ergebnis der Online-Befragung: „Im sozialen Sektor gibt es erheblichen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung.“ a) Stimme voll und ganz zu (48 %), b) Stimme
eher zu (42 %), c) Stimme eher nicht zu (8 %), d) Stimme nicht zu (2%). N = 66.
Aber wie viele soziale Organisationen wollen und können
das? Das sind gar nicht so wenige, wie man annehmen
könnte. Bei der Google Impact Challenge 2016 in Deutsch­
land gingen 2.203 Bewerbungen ein. Die Nichtregierungs­
organisationen (NGOs) haben sich mit Ideen beworben,
die mit Hilfe von Technik die Gemeinschaft voranbringen.
110 von ihnen haben eine Förderung erhalten, bei einem
Fördervolumen von insgesamt 3,85 Millionen Euro.
Hat sich das gelohnt? Konnten die Projekte erfolgreich
umgesetzt werden; werden die Zielgruppen von nun an
mit digitalen Angeboten abgeholt? Und hat ein digitales
Projekt tatsächlich einen digitalen Wandel in den Organi­
sationen zur Folge? Nutzen sie nun vermehrt digitale Tools
oder Arbeitsmethoden? Diesen Fragen gehen wir mit dieser
Studie nach – und das ist auch bitter nötig, wenn man sich
nur zwei Zahlen aus unserer Umfrage anschaut:
96 % der Organisationen sehen Potenziale für
NGOs, durch Digitalisierung ihre soziale Wirksam-
keit zu erhöhen.2
Gleichzeitig konstatieren 90 % dem sozialen Sek-
tor noch erheblichen Nachholbedarf in Sachen
Digitalisierung.3
Studie zur Google Impact Challenge71.1 Stand der Forschung
1.1 Stand der Forschung
Wie steht es also um die Digitalisierung im sozialen
Sektor? Dazu gibt es bisher kaum valide Daten, die
Studienlage in Deutschland ist dünn. Eine Studie der
Katholischen Universität Eichstätt-lngolstadt aus dem
Jahre 20154
, eine des betterplace lab5
aus 2013 sowie eine
dritte aus dem Jahre 2016 von Stifter-helfen6
, viel mehr
gibt es nicht.7
Ein paar Zahlen daraus: Während bei der Studie des
betterplace lab nur 79 % angaben, über eine eigene
Webseite zu verfügen, waren es bei der Studie von Stifter-­
Helfen drei Jahre später schon 96 %. Das ist ein beträcht­
licher Anstieg. Allerdings sind beide Studien schwer zu
vergleichen, da in ersterer vor allem spendensammelnde
NGOs befragt wurden, in letzterer auch zahlreiche Sport­
4. Katholischen Universität Eichstätt-lngolstadt, 2015. IT Report für die Sozialwirtschaft.
5. betterplace lab, 2013. NGOs im Netz. Wie soziale Organisationen online arbeiten. Online verfügbar unter: https://de.slideshare.net/betterplacelab/stud-
ie-ngos-im-netz-wie-soziale-organisationen-online-arbeiten, Stand: 27.6.17.
6. Haus des Stiftens gGmbH, 2016. IT-Report für Non-Profits 2015. Online verfügbar unter: https://www.stifter-helfen.de/downloads/itreport2015.pdf, Stand:
27.6.17.
7. Zumindest wenn es um den Zusammenhang zwischen Digitalisierung und sozialem Sektor im Ganzen geht. Ansonsten wären noch die Studie Digitales Bürg-
erschaftliches Engagement 2014 von Fraunhofer Fokus sowie diverse Veröffentlichungen zu den Teilbereichen Online Fundraising und Social Media von Altruja
sowie betterplace lab zu nennen.
8. Ähnlich verhält es sich auch in unserer Studie, in der wir die Gewinner der Google Impact Challenge befragen. Das sind ebenfalls (im Verhältnis zum gesamten
sozialen Sektor) sehr digitale Organisationen und daher keinesfalls repräsentativ für den gesamten (und sehr diversen) Sektor.
9. Die übrigen 4 % antworteten mit „Weiß nicht” auf die Frage, ob sie eine Software für Fundraising und Mitgliederverwaltung einsetzen.
vereine oder Freiwillige Feuerwehren. Eines haben beide
Studien allerdings gemein: In beiden Fällen wurden
ausschließlich Organisationen online angesprochen und
befragt. Das bedeutet, die Zahl derer, die auch im Jahre
2017 nach Christi Geburt – bzw. im Jahre 28 nach Erfin­
dung des WWW – noch über keine Online-Präsenz verfügen,
dürfte höher liegen.8
Auch in anderen Bereichen der Digitalisierung liegt noch
viel Potenzial: Die in der Stifter-helfen-Studie befragten
Organisationen nutzen nur zu 57 % Soziale Medien, 42 %
nutzen diese nicht. Ebenso sind die Zahlen zum internen
Gebrauch von IT teilweise ernüchternd: 61 % nutzen eine
Software für das Rechnungswesen, 39 % nicht. 47 % setzen
eine Software für Fundraising und Mitgliederverwaltung
ein, 49 % tun dies nicht.9
Nutzung sozialer
Medien in Deutschland
Nutzung von Software
für das Rechnungswesen
Software für Fundraising/
Mitgliederverwaltung
neinja weiß nicht
42 %
57 %
1 %
33 %
61 %
5 %
48 %
47 %
5 %
Abb. 1–3: Nutzung von unterschiedlicher Software (IT-Report für Non-Profits 2015)
8Studie zur Google Impact Challenge 1.1 Stand der Forschung
In der Studie des betterplace lab von 2013 wurden drei
unterschiedliche Arten von Technologie-Nutzern unter den
NGOs herausgearbeitet:
•	„Experimentierer“: kleine Organisationen mit wenig
Mitarbeitern. Sie gehen intuitiv und vorurteilsfrei mit der
Digitalisierung um. Allerdings fehlen ihnen häufig die
Mittel, erste Experimente in langfristige (Online-)Strate­
gien zu übersetzen.
•	 „Kommunizierer“: Organisationen mittlerer Größe.
Sie haben mehr Ressourcen als die Experimentierer, die
sie vor allem zur Online-Kommunikation nutzen. Ihr
Wunsch ist es, im Internet effizienter zu arbeiten.
•	„Zögerer“: Das sind die großen Organisationen. Sie
arbeiten am traditionellsten und haben relativ wenig
Online-Wissen.10
In der Studie von Stifter-helfen waren dagegen die großen
Organisationen die Vorreiter in Sachen Digitalisierung,
nicht die kleinen, zumindest was die klassische Nutzung
von Social Media, CRM etc. angeht. Außerdem verfügen
die großen Organisationen in der Regel über einen
hauptamtlichen „IT-Kümmerer“.
Wie ist dieses grobe Raster heute zu sehen? Die drei
Schubladen aus der betterplace-lab-Studie von 2013 sind
zu wenig. Und die Aufteilung große vs. kleine Organisa­
tionen aus der Stifter-helfen-Studie auch. Denn wenn
wir die Digitalisierung des sozialen Sektors betrachten,
dürfen wir nicht nur darauf schauen, wie die klassischen
Organisationen in die digitale Welt vordringen, sondern
müssen ebenso den entgegengesetzten Weg in den Fokus
rücken: Wie die digitale Welt – meist junge Programmierer
10. In dieser Studie und unter den Gewinnern der Google Impact Challenge 2016 finden sich Organisationen aller drei Größen und „Typen“.
oder andere „Digital Natives“ – in die Welt des sozialen
Sektors eintaucht. Diese Social Start-ups oder auch Social
Tech-Szene wird immer größer, nicht nur in Deutschland,
sondern in vielen anderen Ländern der Welt genauso. Mit
unserer jährlichen Feldforschungsreise, dem betterplace
lab around the world, haben wir unzählige davon getroffen
und analysiert. Social Start-ups zeichnen sich durch ihre
Innovationsfreude und Digitalaffinität aus, und erleben
momentan in Deutschland insbesondere durch die Flücht­
lingssituation einen Boom. In kurzer Zeit wurden Angebote
geschaffen, wie bspw. Workeer, einer Jobbörse für arbeit­
suchende Geflüchtete, oder Govolunteer, einer Plattform
für ehrenamtlich Engagierte in Flüchtlingsprojekten. In
beiden Fällen wollten junge Menschen ihre IT-Kompeten­
zen nutzen, um Leben zu verbessern, nicht um Geschäfte
zu machen. Die rechtliche Form von solchen Social Start-
ups ist dabei unterschiedlich: Manche sind gemeinnützig,
andere wiederum nicht, sehen aber trotzdem den sozialen
Mehrwert als Hauptziel ihrer Arbeit. Einige solcher Social
Tech-Start-ups finden wir auch unter den Gewinnern der
Google Impact Challenge 2016.
Ein weiterer blinder Fleck entstand in den genannten
Studien durch die Reduzierung der Digitalisierung auf
den Einsatz von Hardware, Anwendungssoftware und
IT-Personal (Stifter-Helfen 2016) bzw. auf das Kommu­
nikations- und Fundraising-Verhalten (betterplace lab
2013). Zwar finden sich in der betterplace-lab-Studie unter
den Punkten „Dezentral arbeiten“ und „Zentrale Strategien
etablieren“ erste Ansätze, die darüber hinausgehen, jedoch
werden auch hier die Fragen nach einer digitalen Gesamt­
strategie, digitaler Arbeitsweise oder einem digitalem
Angebot für die Zielgruppen der NGOs deutlich zu wenig
berücksichtigt. Das ist allerdings dringend notwendig,
wenn wir die Digitalisierung samt all ihrer Implikationen
für den sozialen Sektor betrachten möchten.
Studie zur Google Impact Challenge91.2 Google Impact Challenge 2016
1.2 Google Impact Challenge 2016
Google.org hat 2016 zum ersten Mal die Google Impact
Challenge in Deutschland veranstaltet. Zuvor lief der För­
derwettbewerb erfolgreich in den USA, Japan, Australien
und Frankreich. Unter der Schirmherrschaft von Bundes­
familienministerin Manuela Schwesig (SPD) wurden in­
novative digitale Ideen sozialer Organisationen gefördert.
Diese Ideen sollen „die Vereinsarbeit auf den neuesten
Stand bringen und sie revolutionieren“ (http://impact­
challenge.withgoogle.com/deutschland, Stand: 20.06.17).
Genauer werden folgende vier Kriterien für eine Förderung
im Rahmen der Google Impact Challenge aufgeführt:
1.	 „Bedeutung für die Gemeinschaft: Das Projekt wirkt
sich positiv auf die Lebenssituation einer lokalen oder
größeren Gemeinschaft aus oder unterstützt Organisa-
tionen in ihrer alltäglichen Arbeit.
2.	 Innovation: Das Projekt nutzt digitale Hilfsmittel oder
einen kreativen Ansatz, um ein bisher ungelöstes
Problem zu beheben
3.	 Realisierbarkeit: Das Projekt kann erfolgreich von der
sich bewerbenden Organisation durchgeführt werden.
4.	 Reichweite: Das Projekt hat das Potenzial, ein Vorbild
für andere Gemeinschaften oder Organisationen zu
sein oder einer großen Anzahl von Menschen zu helfen.“
Insgesamt wurden 100 lokale Projekte mit je 10.000 Euro
gefördert sowie zehn größere „Leuchtturm-Projekte“ mit
je 250.000 Euro bzw. gar 500.000 Euro als Hauptpreis.
Nach der Bewerbungsphase (22.09.-18.10.16) wurden die
besten Ideen von Google.org und einer Fachjury aus­
gewählt und anschließend (8.-24.02.16) zur öffentlichen
Abstimmung gestellt. Unter den geförderten Projekten der
Leuchtturmkategorie11
finden sich Bildungsprogramme,
Plattformen und Apps, genauer:
•	Ein smartphonebasiertes Ersthelfersystem, das bundes­
weit jährlich 10.000 Menschenleben oder mehr retten
könnte (Hauptgewinner Mobile Retter),
•	ein Bildungsprogramm zum Umgang mit Daten für
soziale Organisationen (datenschule.de der Open Know­
ledge Foundation Deutschland),
•	eine psychosoziale Online-Beratung für Geflüchtete (Ipso
e-care),
•	eine Online-Plattform, die junge Kreative mit sozialen
Organisationen zusammenbringt (youvo),
•	eine Website, die zeigt, wo man essbares Obst zur öffent­
lichen und freien Verfügung findet (Mundraub Plus von
mundraub),
11. Die folgenden Projekte wurden in dieser Studie zweimal interviewt, s. genauer unter Kapitel 1.3.
•	eine globale, skalierbare Lösung, um Geflüchteten
Zugang zur Hochschulbildung zu ermöglichen (Kiron),
•	eine App zur Orientierung von Straßen- und Flüchtling­
skindern in einem immer komplexer werdenden Hilfe­
system (DraußenkinderApp von Karuna),
•	ein Mentorenprogramm für digitale Kompetenz von
Schülern (Digitale Helden),
•	ein Online-Angebot für Jugendliche, um programmieren
zu lernen (App Camps),
•	eine App, die Betroffenen von Essstörungen bei der
Therapie hilft (Jourvie).
Außerdem wurden 100 lokale Projekte gefördert. Beispiel­
haft befinden sich darunter:
•	Eine Suchmaschine, die einen sicheren Surfraum für
Kinder bis zwölf Jahre bietet (fragFINN),
•	eine Organisation, die aussortierte Computer für sozial
Bedürftige aufbereitet (Digital Helpers),
•	ein Telefon-Coaching für Menschen, die sich sozial
­engagieren wollen (ProjectTogether),
•	Videos, die spielerisch die Wichtigkeit von Landwirtschaft
und Lebensmitteln vermitteln (AckerClips von Ackerdemia),
•	und eine Website, speziell für schwerhörige und taube Grund­
schulkinder (Gebärdengrips von Kopf, Hand + Fuss).
Eine Besonderheit der Google Impact Challenge ist,
dass die finanzielle Förderung (im Fall der Leuchtturm-
Projekte) durch ein intensives Trainingsprogramm
von Ashoka, der weltweit größten Organisation für
Sozialunternehmer, sowie ein Mentoring von Google.
org ergänzt wird. Insgesamt gab es drei Workshops zu
den Themenkomplexen Vision, Wirkung, Systemwandel,
Skalierung und Wissenstransfer. Darüber hinaus konnten
die Gewinner selbst Themen wählen, zu denen sie sich mit
Experten aus dem Ashoka-Kreis austauschen konnten.
Von Google.org hat jeder Gewinner zudem einen Mentor
als direkten Ansprechpartner erhalten, mit dem sie sich zu
Fragen rund um die Umsetzung austauschen konnten.
Zum Erhebungszeitpunkt dieser Studie sind bereits einige
Projekte realisiert (wie z. B. fragFINN oder die AckerClips),
während sich die Mehrzahl noch in der Umsetzung befindet.
Das gilt es in Folge zu beachten, insbesondere wenn wir auf
die Auswirkungen der Google Impact Challenge zu sprechen
kommen (in Kapitel 3).
10 1.3 Ziele, Methoden und Teilnehmer der StudieStudie zur Google Impact Challenge
1.3 Ziele, Methoden und Teilnehmer
der Studie
Diese Studie untersucht die Auswirkungen des Gewinns
der Google Impact Challenge auf die geförderten
Organisationen und die Wirksamkeit ihrer Arbeit. Es
interessiert sowohl die kurzfristige Perspektive (Macht
das geförderte Projekt die Arbeit der Organisation direkt
wirksamer?) als auch die langfristige (Trägt das geförderte
Projekt zu einer Entwicklung der Organisation bei?).
Anhand von 15 Gewinnerprojekten der Google Impact
Challenge versuchen wir, generelle Chancen und Hürden
für den sozialen Sektor darzustellen, die die Digitalisierung
mit sich bringt. Welche Hemmnisse stehen aktuell einer
Skalierung noch entgegen – und welchen Einfluss nimmt
die Förderung im Rahmen der Google Impact Challenge
darauf? Ziel der Studie ist es, die Ergebnisse anhand
von Erfolgsfaktoren und Empfehlungen für den sozialen
Sektor, Google.org als Förderer und die Politik abzuleiten.
Methodisch nutzen wir qualitative Interviews und eine
quantitative Umfrage.12
Mit insgesamt 14 Gewinnern der
Google Impact Challenge haben wir je zweimal während
der Umsetzung ihrer geförderten Projekte gesprochen, im
September 2016 sowie im Februar 2017, mit einem nur
einmal im September 2016. Im ersten Interview haben wir
den aktuellen Stand und die Einstellung der Organisation
zur Digitalisierung fokussiert, die erhofften Auswirkun­
gen aus dem Gewinn der Google Impact Challenge abge­
fragt sowie den Stand zur Wirkungsanalyse in Erfahrung
gebracht. Im zweiten haben wir uns hingegen auf ihre
Erfahrungen aus der Projektumsetzung konzentriert und
über die tatsächlichen Veränderungen in der Arbeit und
Wirksamkeit der Organisationen seit der Google Impact
Challenge gesprochen. Zusätzlich haben wir eine quanti­
tative Befragung anhand eines Online-Fragebogens unter
den 200 Nominierten, die öffentlich zur Abstimmung
standen, durchgeführt. Mit einer Teilnehmerzahl von 9813
lassen sich so die Einschätzungen der Organisationen aus
den qualitativen Interviews noch einmal abgleichen und
auf eine breitere Basis stellen.
Anhand der besagten Online-Befragung haben wir ein
besseres Bild über die teilnehmenden Organisationen
gewonnen:
•	Die Organisationen sind recht jung. im Durchschnitt 17
Jahre, wobei ein Drittel gar erst in den letzten drei Jahren
gegründet wurde.
12. Die Antworten aus den Interviews werden in dieser Studie anonymisiert wiedergegeben.
13. Von den 98 Teilnehmern an der Online-Befragung zählten 74 % zu den Gewinnern der Google Impact Challenge, 26 % nicht.
•	Die Organisationen sind mehrheitlich als Verein (66 %),
(g)GmbH (12 %), Stiftung (8 %) oder gUG (8 %) organi­
siert. Knapp über 80 % sind eigenständig und nicht Teil
eines größeren Trägers.
•	Knapp 40 % hatten jemanden mit IT-Background bereits
im Gründerteam.
•	Im Durchschnitt arbeiten die Organisationen mit 80
Angestellten (Varianz zwischen 0 und 2.630) und 625
Ehrenamtlichen (Varianz zwischen 0 und 30.000). Ein
Drittel der Organisation hat weniger als zehn Angestellte.
•	Mit ihrer Arbeit erreichten die Organisationen in 2015 zu
23 % über 1.000 Menschen, zu 21 % zwischen 200 und
500, zu 18 % zwischen 500 und 1.000, zu 16 % zwischen
50 und 200 sowie zu 4,5 % 1 bis 50 Menschen.
Das Teilnehmerfeld ist also in vielerlei Hinsicht divers: Es
gibt ältere, etablierte Organisationen genauso wie frische
Social Start-ups. Manche verfügen über viele Mitarbeiter
an mehreren Standorten, während andere rein ehren­
amtlich arbeiten. Mit ihren Angeboten erreichen bereits
knapp ein Viertel über 1.000 Menschen, die meisten
jedoch aktuell noch deutlich weniger. Diese Bestands­
aufnahme ist insofern spannend, als dass wir von unter­
schiedlichen Voraussetzungen unter den Organisationen
ausgehen können, wenn wir uns ihren Digitalisierungs­
grad anschauen. Auch wenn die Teilnehmer – und noch
weniger die Gewinner – repräsentativ sein können für den
gesamten sozialen Sektor, so bekommen wir doch einen
guten Einblick in den Stand von Organisationen, die sich
immerhin zu 69 % als deutlich oder eher im Vorsprung im
Vergleich zu anderen sozialen Organisationen sehen, wenn
es um die Digitalisierung geht.
Wenig verwunderlich, bedenkt man, dass es hierbei viele
junge Organisationen gibt, die zu 40 % jemanden mit
IT-Kenntnissen bereits im Gründerteam hatten, und dass
sich allesamt mit einem digitalen Projekt beworben haben.
Grundkenntnisse und eine Neugier auf das Wirkungspo­
tenzial der Digitalisierung kann man wohl allen Teilneh­
mern attestieren, ohne das auf den gesamten sozialen
Sektor übertragen zu wollen.
11 Studie zur Google Impact Challenge2. Status Quo: Chancen und Hürden der Digitalisierung im sozialen Sektor
Wie schätzen Sie den Stand der Digitalisierung in Ihrer Organisation
insgesamt im Vergleich zu anderen sozialen Organisationen ein?
deutlich im Vorspung eher im Vorspung deutlich im Rückstandeher im Rückstand
21 %
1 %
48 %
30 %
Abb. 4: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 71
2. Status Quo: Chancen und Hürden der
Digitalisierung im sozialen Sektor
Welcher Arbeitsplatz kommt heute noch ohne Computer
aus? Digitale Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder
E-Mail haben bereits mit Windows 95 Einzug in die Büros
gehalten. Das ist im sozialen Sektor nicht anders als in
Wirtschaftsunternehmen. Doch arbeiten soziale Organi­
sationen im Jahr 2017 in der Cloud? Nutzen sie Scrum für
ein agiles Projektmanagement? Und erreichen sie ihre Ziel­
gruppen über digitale Angebote? Welche Chancen stecken
in der Digitalisierung für den sozialen Sektor und was sind
die spezifischen Herausforderungen und Hürden, die aktu­
ell einer stärkeren Digitalisierung im Wege stehen?
2.1 Neue Formen des Engagements
Was wäre eine Bildungs-NGO ohne Bücher und Lehrer?
Bis vor Kurzem vermutlich kaum denkbar. Fast alle NGOs
mit besserer Bildung zum Ziel haben auf Lernmaterialien
und persönliche Betreuung in Einzel- oder Gruppenunter­
richt gesetzt. Das ist sowohl teuer als auch aufwändig.
Heute gibt es zunehmend neue digitale Lösungen, von
Selbstlern-Apps bis MOOCs (Massive Open Online Courses).
Teile der Leistungen durch die Lehrer und mithilfe von
Büchern können so digitalisiert und skaliert werden. Einen
Zugang über ein entsprechendes Endgerät vorausgesetzt,
können Lerner eigenständig das Angebot wahrnehmen.
Mit jedem neuen Lerner steigt der Aufwand auf NGO-Seite
nur marginal.
Soziale Angebote werden digital. Das bedeutet nicht,
dass der Mensch aus dem Angebot verschwinden muss
oder soll. Vielmehr können seine Stärken in der sozialen
Interaktion und im individuellen Kontakt viel gezielter
eingesetzt werden, wenn ihm dazu mehr Zeit bleibt. Auch
dafür können digitale Angebote in Ergänzung sorgen,
für Bildungsinitiativen genauso wie in fast allen anderen
Wirkungsbereichen.
Untersucht man die digitalen Angebote sozialer Organi­
sationen genauer, lassen sich unter den Gewinnern der
Google Impact Challenge vier wesentliche Typen aus­
machen: (1) Digitale Angebote für Bedürftige, (2) Aufbau
digitaler Fähigkeiten und Infrastruktur, (3) Verbesserung
digitaler Angebote und (4) Ehrenamt qua Digitalisierung.
12Studie zur Google Impact Challenge 2.1 Neue Formen des Engagements
(1) Digitale Angebote für Bedürftige:
Hier verbessert und ersetzt die Digitalisierung die
nicht-technologischen Angebote. In der App von Jourvie
beispielsweise können Menschen mit Essstörungen
Essprotokolle und Gefühlstagebücher deutlich einfacher
mit sich führen als in Papierform. Abgesehen von der
leichteren Handhabung erlaubt die App eine automatische
Übertragung der relevanten Daten an den Therapeuten
und schafft so einen wichtigen Zusatznutzen. Ipso e-care
verlegt die psychosozialen Beratungsgespräche für Ge­
flüchtete ins Internet. Mithilfe von Video-Chats bleibt
nicht nur der persönliche Kontakt bestehen, sondern wird
vielmehr über die weite Entfernung zwischen Kabul und
Konstanz erst ermöglicht. Und die AckerClips der Acker­
demia bringen (Stadt-)Kindern nahe, was sie sonst nur auf
dem (weit entfernten) Feld sehen könnten. Der Zugang zu
relevanten Informationen wird für Begünstigte leichter, sei
es via Video, Video-Chat oder Datentransfer.
(2) Aufbau digitaler Fähigkeiten und Infrastruktur:
Die digitalisierte Welt bringt neue Anforderungen mit sich,
auf die Individuen, Organisationen und die Gesellschaft
als Ganzes vorbereitet sein müssen. App Camps und die
Digitalen Helden wenden sich an Schüler: App Camps
vermittelt ihnen Programmierfähigkeiten, damit sie die
digitale Zukunft selbst gestalten können; die Digitalen
Helden verhelfen den Schülern zu dem nötigen Wissen und
Selbstbewusstsein, damit sie sich souverän in der vernetzten
Gesellschaft bewegen können. Die Datenschule wendet
sich hingegen an soziale Organisationen, um sie (gemäß
ihres Namens) im Umgang mit Daten zu schulen. Und die
Digital Helpers kümmern sich erst einmal um die not­
wendige Infrastruktur in Form von Hardware, die sie von
Unternehmen einsammeln und für soziale Organisationen
aufbereiten. Es geht also darum, die erforderliche Hard­
ware bereitzustellen und die notwendigen Kompetenzen zu
vermitteln, um die Digitalisierung nutzen zu können.
(3) Verbesserung digitaler Angebote: Wir sind
bereits ständig von digitalen Angeboten umgeben. Manch­
mal sind diese aber schlicht nicht ausreichend bzw. nicht
inklusiv und schließen somit bestimmte Gruppen aus.
Dann bedarf es eines zusätzlichen Angebots: fragFINN
schafft z. B. eine Suchmaschine speziell für Kinder, die nur
auf kindgerechte Inhalte im Internet verweist; Gebärden­
grips ist eine Website speziell für schwerhörige und taube
Grundschulkinder mit umfassenden Informationen, Un­
terrichtsmaterialien und Spielen in deutscher Gebärden­
sprache. Solche Erweiterungen oder genau zugeschnittene
Angebote erlauben es mehr Menschen, von der Digitali­
sierung zu profitieren.
(4) Ehrenamt qua Digitalisierung:
Auch das Ehrenamt verändert sich durch die Digitali­sie­
rung, neue Formen der Zusammenarbeit und neue digitale
Möglichkeiten, um gesellschaftlichen Nutzen zu schaffen, ent­
stehen. So wie durch Mobile Retter, die ihre Ehrenamtlichen
zu Ersthelfern ausbilden. Per Smartphone werden diese über
einen Notfall in ihrer Umgebung informiert und können so
schneller am Unfallort eintreffen und Ersthilfe leisten als die
gleichzeitig informierte Ambulanz. Ebenso bildet Kiron seine
Ehrenamtlichen aus, allerdings zu Buddys. Buddys kümmern
sich dezentral – auch das ist neu – um die Geflüchteten, die
über Kiron einen Hochschulabschluss erwerben wollen. Sie
können ihre Zeit selbst einteilen, verpflichten sich lediglich
dazu, sich jede Woche mind. 20 Minuten mit ihm auszutau­
schen und ihn so zu begleiten. Das Ehrenamt ist flexibler
geworden. Es verlangt von den Ehrenamtlichen spezifische
Fähigkeiten, erlaubt ihnen gleichzeitig aber größere Selbst­
bestimmung und verspricht bei punktuellem Aufwand große
Wirksamkeit.
Voraussetzung für solche digitalen Engagementformen ist
der Zugang zu den notwendigen Technologien auf beiden
Seiten: Zugang zum Internet sowie Zugriff auf einen Com­
puter oder ein Smartphone müssen für die Hilfsempfänger
genauso gewährleistet sein wie für die sozialen Organisa­­
tionen und ihre ehrenamtlichen Helfer. Dann kann die
persönliche Interaktion ergänzt und die Reichweite
erhöht werden: Mehr Menschen können von dem Angebot
profitieren, die sozialen Organisationen werden potenziell
wirksamer.
Studie zur Google Impact Challenge132.2 Erwartungen an die Digitalisierung im sozialen Sektor
2.2 Erwartungen an die Digitalisierung
im sozialen Sektor
„Die Zukunft ist digital.“
Ist eine Digitalisierung im sozialen Sektor überhaupt
erstrebenswert? Was versprechen sich soziale Organisa­
tionen davon? 93 % der Organisationen erwarten nicht
weniger als eine erhöhte soziale Wirksamkeit und damit
eine bessere Erfüllung ihres Zwecks.14
Digitaler wäre sogleich
wirksamer. Die Organisationen begründen ihre hohen
Erwartungen im Interview mit drei wesentlichen Punkten:
•	Die Digitalisierung führt zu flexiblerem,
schnellerem und effizienterem Arbeiten. Das
gilt sowohl für die globale Projektsteuerung als auch in
der Abwicklung einzelner bürokratischer Prozesse, die
infolgedessen weniger Zeit in Anspruch nehmen. Die
Zusammenarbeit wird vereinfacht. Und mittels Proto­
typen können schneller Ergebnisse umgesetzt, überprüft
und angepasst werden.
•	Die Digitalisierung macht Angebote skalier- und
internationalisierbar. Digitale Angebote können
leicht vielen Bedürftigen zur Verfügung gestellt werden.
Der Aufwand pro Person steigt nicht proportional. Bei
ähnlichen Problemstellungen weltweit werden existierende
Lösungen einfach übertragen.15
14. Ergebnis der Online-Befragung: „Durch Digitalisierung können NGOs und Sozialunternehmen ihre soziale Wirksamkeit erhöhen.“ a) Stimme voll und ganz zu
(62 %), b) Stimme eher zu (34 %), c) Stimme eher nicht zu (2 %), d) Stimme nicht zu (2%). N = 66.
15. Die Ansätze der Google Impact Challenge-Teilnehmer wurden in Kapitel 1.2 benannt und in 2.1 kategorisiert.
•	Die Digitalisierung einer Organisation führt zu
ihrer Professionalisierung. Prozesse und Strukturen
werden festgelegt und damit personenunabhängiger.
Angebote werden standardisiert und erfahren eine höhere
Qualitätssicherung.
In der anschließenden Online-Umfrage wurden diese Er­
wartungen nochmals bestätigt. Der Digitalisierung werden
hier ebenfalls (sehr) positive Auswirkungen auf die Profes­
sionalisierung (82 %) sowie auf die Projektsteuerung und
Zusammenarbeit (81 %) von der Mehrheit der Befragten
zugeschrieben.
„Wir müssen weg von der
‘Jeder macht alles’-Mentalität.“
Ein weiterer Aspekt sind die Auswirkungen auf den
Bekanntheitsgrad (93 %) sowie das Fundraising und die
Finanzierung (75 %). In Punkto Bekanntheitsgrad sind die
Erwartungen am überschwänglichsten, nur 3 % gehen hier
von geringen Auswirkungen aus, alle anderen sehen ein
großes Potenzial für ihre Organisation.
Welche Auswirkungen auf die Arbeit Ihrer Organisation
erwarten Sie durch eine stärkere Digitalisierung?
sehr positive Auswirkungen positive Auswirkungen geringe Auswirkungen keine Auswirkungen
Fundraising und Finanzierung
Professionalisierung der Organisation und Prozesse
Projektsteuerung und Zusammenarbeit
Bekanntheitsgrad
Interaktion mit Ehrenamtlichen
Interaktion mit Begünstigten
Soziale Wirkung insgesamt
0 20 40 60 80 100
24 % 1 %24 %
36 % 46 % 18 %
19 %
3 %
4 %
5 %22 %
7 %42 % 51 %
28 % 43 %
25 %22 % 49 %
55 % 42 %
27 % 54 %
51 %
Abb. 5: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 69
14 2.2 Erwartungen an die Digitalisierung im sozialen SektorStudie zur Google Impact Challenge
„Digitalisierung führt zu einem Umbruch, wie
wir Menschen erreichen. Das ist die Zukunft.
Deshalb stellen wir uns entsprechend auf.”
Auf der anderen Seite werden die Auswirkungen auf die In­
teraktion mit Ehrenamtlichen (71 %) sowie die Interaktion
mit Begünstigten (ebenfalls 71 %) zwar immer noch deut­
lich positiv eingeschätzt, doch äußert sich hier im Vergleich
(!) eine gewisse Skepsis: Es rechnen 22 % bzw. 25 % nur mit
geringen Auswirkungen, 4 % bzw. 5 % mit keinen. Damit
liegen sie unter dem Durchschnitt von 82,2 %, die der
Digitalisierung (sehr) positive Auswirkungen in allen abge­
fragten Bereichen zuschreiben. Darüber liegt sogar noch die
Erwartung bezüglich der sozialen Wirkung gesamt: 93 %
der Befragten gehen davon aus, dass die Digitalisierung die
Wirkung erhöhen wird, was nochmals die hohen Erwartun­
gen von Seiten der Organisationen unterstreicht.
Die Ergebnisse lassen sich dahingehend interpretieren,
dass möglicherweise die hohen Erwartungen auch von
den Bedarfen der Organisationen herrühren. Da es sich
um viele junge und stark wachsende Organisationen
handelt (vgl. Kapitel 1.3), ist der Wunsch nach Profes­
sionalisierung, Prozessoptimierung und verbesserter
Projektsteuerung nachvollziehbar. Auch das Streben
nach höherer Bekanntheit und – in den Vorstellungen
oft damit einhergehend – die Aussicht auf sichere Finan­
zierung und erfolgreiches Fundraising gehören wohl
auf die Wunschliste jeder NGO. Als die Organisationen
gebeten wurden, die genannten sechs Anwendungsfelder
(Finanzierung, Projektsteuerung, Professionalisierung,
Bekanntheitsgrad, Interaktion mit Begünstigten und
Interaktion mit Ehrenamtlichen) in eine Reihenfolge zu
bringen, je nachdem wo sie den größten Handlungsbedarf
bei sich sehen, um höhere soziale Wirkung zu erzielen,
bestätigt sich dieser Verdacht. Ganz vorne landet der
Bekanntheitsgrad als größtes Verbesserungspotenzial, vor
Fundraising und Finanzierung sowie Professionalisierung.
Die Projektsteuerung gehört hingegen bei 65 % nicht zu
den drängendsten Handlungsfeldern. Die Interaktion mit
Ehrenamtlichen und Begünstigten wird zwar immer noch
zaghaft, aber schon deutlicher von 40-50 % als Hand­
lungsbedarf identifiziert.
Worin besteht bei Ihrer Organisation der größte Handlungsbedarf,
um eine höhere soziale Wirkung zu erzielen?
Fundraising und Finanzierung
Professionalisierung der Organisation und Prozesse
Projektsteuerung und Zusammenarbeit
Bekanntheitsgrad
Interaktion mit Ehrenamtlichen
Interaktion mit Begünstigten
0 10 20 30 40 50 60 70 80
wichtigster Bereich zweitwichtigster Bereich drittwichtigster Bereich
22 %
22 % 15 %16 %
16 % 13 % 19 %
10 % 7 % 22 %
29 % 25 % 18 %
1 % 16 % 18 %
24 % 10 %
Abb. 6: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 69
Diese verhältnismäßige Zurückhaltung mit Blick auf die
Interaktion mit Begünstigten und Ehrenamtlichen ist
interessant. Rund ein Viertel der Befragten erwartet z. B.
keine oder geringe Auswirkungen der Digitalisierung auf
die Interaktion mit Begünstigten, und (fast) die Hälfte
sieht hier auch keinen akuten Handlungsbedarf. Eine
Erklärung könnte darin liegen, dass gerade die Interaktion
noch als etwas sehr persönliches und individuelles ver­
standen wird, das man als Organisation nicht digitalisieren
möchte. Ob es aber tatsächlich eine gefühlte Dichotomie
zwischen Mensch und digital gibt, sollte genau wie die
übrigen Thesen in dem folgenden Kapitel zum Stand der
Digitalisierung überprüft werden.
Studie zur Google Impact Challenge152.3 Stand der Digitalisierung im sozialen Sektor
2.3 Stand der Digitalisierung
im sozialen Sektor
Die Erwartungen sind hoch, doch wie weit sind soziale
Organisationen aktuell davon entfernt? Der IT-Report von
Stifter-helfen hat gezeigt, dass beispielsweise die Hälfte
der Organisationen noch keine Software zur Mitgliederver­
waltung nutzen (s. Kapitel 1.1). Aber Technologie allein
ist ohnehin nicht die Wunderwaffe in der Digitalisierung.
Sie bildet zwar die Grundlage, ist aber allein nicht hin­
reichend. Am effektivsten sind Organisationen mit einer
klaren digitalen Strategie oder Vision: Wie möchten sie in
fünf bis zehn Jahren arbeiten und wie können sie dahin
kommen? Entlang dieser Leitplanken lässt sich besser
definieren, welche digitalen Technologien momentan
überhaupt sinnvoll sind. Wird das Pferd allerdings von
hinten aufgezäumt, also mit der Einführung neuer Hard-
oder Software begonnen, kann das kompliziert, zeitinten­
siv, teuer und frustrierend werden, da das Ziel dahinter
nicht für alle erkennbar wird. Eine übergreifende digitale
Strategie für die gesamte Organisation ist ein wesentlicher
16. Es ist nicht entscheidend, ob sich die Organisation explizit eine digitale Strategie gegeben und aufgeschrieben hat (obwohl das natürlich hilfreich sein kann),
sondern vielmehr ob die digitalen Chancen dauerhaft im Bewusstsein verankert sind und entsprechend in der Organisations- und Projektentwicklung mitge-
dacht werden. Bei einigen Organisationen geschieht das ganz organisch seit ihrer (jungen) Gründung, ohne dass sie von einer dezidierten Strategie sprechen.
Faktor für eine erfolgreiche Digitalisierung und meint, dass
der Einsatz von digitalen Tools und Angeboten nicht auf
einzelne Projekte beschränkt bleibt, sondern übergreifend
entlang einer strategischen Ausrichtung mitgedacht wird.16
„Digitalisierung ist bei uns ein großes Thema,
allerdings vermeiden wir das Wort ‚Strategie‘
dabei, das passt einfach nicht zu uns.“
Unter den befragten Google Impact Challenge-Teilneh­
mern gelingt das 20 %, während die Mehrheit (62 %) sich
noch auf vereinzelte digitale Projekte in ausgewählten
Bereichen beschränkt. Nur 2 % haben sich bisher nicht
eingehend damit auseinandergesetzt. Das heißt, dass das
Bewusstsein prinzipiell vorhanden ist, momentan aber in
den meisten Fällen nur punktuell zur Anwendung gebracht
wird. Die geförderten Projekte im Rahmen der Google
Impact Challenge können dabei entsprechende „Test­
ballons“ sein, von denen dann weitergehend eine digitale
Strategie für die gesamte Organisation entwickelt wird.
Übergreifende digitale Strategie für die gesamte Organisation
Einzelne digitale Projekte in ausgewählten Bereichen, aber keine übergreifende Strategie Wir haben uns mit dem Thema noch nicht eingehend beschäftigt
Noch ganz am Anfang – in der Planungsphase
25 %
61 % 60 %
20 %
17 %
1 %2 %
14 %
Welche der folgenden Aussagen beschreibt am besten die Vorgehensweisen
Ihrer Organsisation beim Thema Digitalisierung?
UnternehmenNGO
Abb. 7: Ergebnis aus der Online-Befragung (links) in Gegenüberstellung mit einer Umfrage unter Wirtschaftsunternehmen
(Adobe  Pac, 2015), n = 70
16Studie zur Google Impact Challenge 2.3 Stand der Digitalisierung im sozialen Sektor
Interessanterweise entspricht diese Selbsteinschätzung
ziemlich genau der in Wirtschaftsunternehmen (vgl. Adobe
 PAC, 2015). Lediglich 5 % mehr können hier auf eine
übergreifende Strategie verweisen (also 25 %) und genau
die Hälfte beschränkt sich aktuell auf vereinzelte digitale
Projekte. Das ist insofern spannend, als dass der Innova­
tionsdruck auf Wirtschaftsunternehmen im Allgemeinen
als größer angenommen wird und man sie daher im
Vorsprung gegenüber dem sozialen Sektor wähnt. An der
Stelle scheint es – zumindest im Vergleich zu den Google
Impact Challenge-Teilnehmern – nicht wesentlich der Fall
zu sein. Eine digitale Vision ist noch nicht der Standard.
Stattdessen legen die Organisationen ihren Fokus auf das
Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit. Wie schon in den
Erwartungen zu den Auswirkungen der Digitalisierung und
in Bezug auf den Handlungsbedarf zu sehen war, ist das
der Bereich, in denen die Organisationen am stärksten auf
digitale Technologien setzen. Für fast 60 % der Organi­
sationen sind digitale Technologien absolut zentral für
Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, weitere 34 % halten
sie zumindest für wichtig. Lediglich zu je 3–4 % wird
die Digi­talisierung in diesem Bereich als entweder nicht
wichtig oder nur untergeordnet eingeschätzt. Zum Vergleich:
In allen anderen abgefragten Bereichen geben jeweils min­
destens 40 % der Organisationen an, dass Technologien
dort nicht wichtig oder nur untergeordnet seien. Das heißt,
abgesehen vom Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit,
sind digitale Technologien für knapp die Hälfte bisher kein
wesentlicher Faktor.
Wie wichtig sind digitale Technologien für die Arbeit
Ihrer Organisation in den folgenden Bereichen?
absolut zentral wichtig untergeordnet nicht wichtig/nutzen wir nicht
Fundraising und Finanzierung
Abwicklung interner Prozesse
Marketing und Öffentlichkeitsarbeit
Projektsteuerung und Zusammenarbeit
Rekrutierung und Einbindung Ehrenamtlicher
Interaktion mit Begünstigten
0 20 40 60 80 100
34 % 20 %23 %
23 % 36 % 34 % 7 %
37 % 20 %
3 % 4 %
13 %36 %
27 % 14 %37 % 22 %
10 % 41 %
59 % 34 %
16 % 27 %
23 %
Abb. 8: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 71
Neben Marketing und Öffentlichkeitsarbeit spielen digitale
Technologien für rund 59 % der Organisationen eine
wichtige oder zentrale Rolle für die Projektsteuerung und
Zusammenarbeit sowie für Fundraising und Finanzierung.
In der Projektsteuerung und Zusammenarbeit sind digitale
Technologien für 37 % absolut zentral (für 22 % wichtig),
während im Fundraising und der Finanzierung 23 % es als
absolut zentral bewerten (36 % als wichtig). Ein weiterer
Bereich, in dem digitale Technologien zumindest für rund
die Hälfte der Organisationen wichtig sind, ist die Ab­
wicklung interner Prozesse: 41 % erachten digitale Tech­
nologien hier als wichtig, jedoch „nur“ 10 % als absolut
zentral. Das heißt, dass digitale Technologien insbesondere
im Marketing und der Projektsteuerung schon heute für
einen großen Teil sozialer Organisationen essentiell sind.
Im Bereich Fundraising und Finanzierung sind digitale
Technologien dagegen eher unterstützend im Einsatz als
zentral und in der Abwicklung interner Prozesse fast aus­
schließlich unterstützend.
Bei der Interaktion mit Begünstigten sowie der
Rekrutierung und Einbindung von Ehrenamtlichen setzen
etwas weniger als die Hälfte der Befragten auf digitale
Technologien, während etwas mehr als die Hälfte die Digi­
talisierung hier für untergeordnet oder gänzlich unwichtig
halten. Dies steht im Einklang mit den Ergebnissen aus
Studie zur Google Impact Challenge172.3.1 Tools
Abb. 5, nach der fast 30 % der Organisationen keine oder
nur geringe Auswirkungen der Digitalisierung auf die
Interaktion mit Ehrenamtlichen bzw. ihren Zielgruppen er­
warten. Es bleibt also dabei, dass insbesondere im Bereich
der Interaktion digitale Technologien aktuell wenig von
sozialen Organisationen genutzt werden.
Wer ist in den Organisationen dafür verantwortlich, in
welchen Bereichen digitale Tools eingesetzt werden? Das
ist in den interviewten Organisationen unterschiedlich
geregelt. Die Antworten reichen von keinem bis alle. Viele
haben einzelne Teammitglieder, die das Thema inter­
essengeleitet mit einbringen und sind prinzipiell offen für
Input von jedem aus dem Team; einzelne sehen das Thema
auf Ebene des Vorstands und der Geschäftsführung, die
Impulse in Richtung einer stärkeren Digitalisierung setzen.
Eine einzelne Person, in deren dezidierten Zuständigkeits­
bereich die Digitalisierung fällt, ist jedoch die Ausnahme.
Digitalisierung ist ein Querschnittsthema, das in den
meisten Organisationen entsprechend auf viele Schultern
verteilt wird; das sind auch die Organisationen, die in Folge
mehr experimentieren und häufiger neue Methoden in der
Zusammenarbeit ausprobieren im Vergleich zu denen, die
entweder niemanden haben, der das Thema auf die Agenda
setzt, oder es ausschließlich im Vorstand verorten.
„Man sollte Digitalisierung nicht um der
Digitalisierungswillen betreiben und diese
nicht zweckentfremden. Digitalisierung sollte
da stattfinden, wo sie auch angebracht ist,
z. B. bei Prozessen, die sich dazu eignen.“
2.3.1 Tools
Welche Tools (hier primär als Software-Anwendungen
verstanden) kommen zur Projektsteuerung, Rekrutierung
oder im Fundraising zum Einsatz? In den Interviews nan­
nten die Organisationen zu großen Teilen das Angebot der
bekannten Branchengrößen, wie Google und Microsoft,
in einigen Fällen haben sie sich aber ganz bewusst für
Individuallösungen entschieden.
„Es gibt bereits viele kostenlose Tools, man
muss aber auch wissen, wie man sie nutzt.”
17. Einige Organisationen haben Google AdWords erst in Folge der Google Impact Challenge eingeführt, da sie im Mentoring durch Google.org davon erfahren
haben.
Wie zuvor gesehen, sind für viele Organisationen in der
Projektsteuerung digitale Tools sehr wichtig. In den In-
terviews konnten auch entsprechend alle Organisationen
bis auf eine (also 14 von 15) jeweils zwei bis acht Tools
benennen, die sie regelmäßig nutzen. Besonders häufig
wurden Google Apps und Microsoft Office als Allrounder
aufgezählt, mehrmals Trello, Wunderlist, Podio und
Basecamp im Projektmanagement sowie einmalig Bitrix,
Inloox, Libre Office und OpenRefine (zur Datenaufberei­
tung). Als CRM-Tools wurden Highrise, HubSpot und
Daylight genannt. Eine Organisation hat ein eigenes Tool
für die Projektsteuerung programmiert, um ihren An­
sprüchen in Bezug auf Usability und Datenschutz optimal
zu entsprechen.
„Uns ist Datenschutz extrem wichtig, daher
kommen für uns keine Tools infrage, die in
den USA gehostet werden.”
Für die internen Prozesse zeigt sich ein ähnliches Bild:
Einige Organisationen sind recht zaghaft und konzentrie­
ren sich auf eine oder zwei Anwendungen, während andere
Organisationen bereits eine ganze Reihe an Software für
die unterschiedlichen Aufgaben, von der Gehaltsabrech­
nung bis zum Gruppenchat, nutzen. Als Cloud-Lösung
tauchen dabei – wenig überraschend – vor allem Google
Drive und Dropbox auf; eine Organisation setzt auch hier
auf einen eigenen unabhängigen Server. In der Kommu­
nikation finden sich bei vielen Organisationen E-Mail via
Provider, Slack, Skype oder Google Hangout, bei einigen
noch ergänzt durch WhatsApp. Für die Finanzverwaltung
wurden Agenda, Fast Bill, Billomat und Datev genannt;
eine elektronische Buchführung hat sich durchgesetzt und
gilt als so selbstverständlich, dass sie ohne Nachfragen
selten genannt wird.
Im Marketing kommt keine soziale Organisation ohne
Social Media aus bis auf eine, die Ausnahme von der Regel.
Facebook, Twitter und YouTube werden von fast allen
genutzt. Hinzu kommen zahlreiche Aktivitäten im Bereich
Search Engine Optimization und Marketing, als allererstes
via Google AdWords17
, kombiniert mit einer Analyse der
Marketing-Aktivitäten, bspw. mittels Mention, Hootsuite,
Piwik, Hashtracking oder Google Analytics. Für ihren
Newsletter haben einige Mailchimp als Software angegeben.
Selten genannt, obwohl jede Organisation über mind. eine
verfügt, ist die Website. Auch diese ist im Jahr 2017 selbst­
verständlich – ähnlich wie die elektronische Buchführung.
18Studie zur Google Impact Challenge 2.3.2 Arbeitsweise
Fundraising ist für eine Reihe der interviewten Organisa­
tion nicht relevant. Die übrigen nutzen entweder better­
place.org (am häufigsten)18
, in einem Fall Spendino, oder
ansonsten Crowdfunding: Startnext und Indiegogo wurden
wiederholt aufgezählt.
In der Interaktion mit Ehrenamtlichen finden sich die we­
sentlichen Kommunikationskanäle für die interne Kommu­
nikation und das Marketing wieder: Zum einen kommen
bei einigen Organisationen Slack oder Podio zum Einsatz,
zum anderen Social-Media-Kanäle wie Facebook oder
WhatsApp, dann aber häufig in Funktion der Einzelchats.
An der Wahl der Tools lässt sich möglicherweise ablesen,
wie eng Ehrenamtliche in die Organisationsarbeit einge­
bunden sind; je nachdem werden zusätzliche, unabhängige
Kanäle etabliert, wie eine eigene Plattform oder persönli­
che Gespräche via E-Mail und Telefon geführt; oder aber
sie werden eng in die Projektplanung mit der entsprechen­
den Software eingebunden und auch in Echtzeit via Social
Media kontaktiert.
Einige Organisationen setzen bisher nicht auf digitale
Tools in der Interaktion mit ihren Begünstigten; mehrere
davon geben an, dass sie das durch das geförderte Pro­
jekt jetzt ändern möchten. Die übrigen nutzen teilweise
auch dafür Social Media, insbesondere Facebook, für den
direkten Kontakt oder führen regelmäßig Umfragen durch
via Google Forms oder LamaPoll. Drei Organisationen
gaben darüber hinaus an, sich regelmäßig das Nutzerver­
halten der Begünstigten in ihrem digitalen Angebot (einer
Website oder App) anzuschauen. Dafür nutzen sie Google
Analytics, iTunes Analytics oder Auskünfte über den
IT-Dienstleister.
Insgesamt bestätigen die Interviews die Ergebnisse der
quantitativen Umfrage, was die Bedeutung von Tools in
den unterschiedlichen Anwendungsbereichen innerhalb
der Organisation anbelangt. Besonders im Marketing und
Projektmanagement sind sie zentraler Bestandteil, mit
leichten Abstrichen auch in der internen Kommunikation.
Da viele der befragten Organisationen eng mit Ehrenamtli­
chen in den Projekten zusammenarbeiten, sind sie häufig
entsprechend an die Kommunikation und das Projektma­
nagement angeschlossen.
18. Es ist nicht ausgeschlossen, dass betterplace.org häufig genannt wurde, da das betterplace lab die Umfrage durchgeführt hat und somit soziale Erwünschtheit
eine Rolle gespielt haben könnte. Das ist aber für die qualitative Auswertung nicht weiter von Bedeutung.
19. Der Ansatz der Holakratie geht auf Brian Robertson und seine Firma Ternary Software Corporation zurück und stellt eine Art Regelwerk dar, anhand dessen
Organisationen Entscheidungen mit größtmöglicher Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten aller treffen können.
2.3.2 Arbeitsweise
„Die Affinität zur Nutzung digitaler Tools
ist in der Organisation unterschiedlich und
hängt von Personen ab.”
Tools alleine reichen nicht aus. Es braucht Mitarbeiter, die
sie nutzen. Die Frage ist nur, wie werden sie genutzt bzw.
genauer: wie in der Zusammenarbeit mit den Kollegen. Die
Digitalisierung hat Prinzipien wie Transparenz und Agilität
in den Fokus gerückt, ein höheres Maß an (örtlicher wie
zeitlicher) Flexibilität und Projektorientierung gebracht.
Denn was bringen einer Organisation die Daten in der
Cloud anstatt lokal gespeichert, wenn sie nicht dezentral
und kooperativ daran arbeiten will? Dann vermutlich nur
ein höheres Sicherheitsrisiko.
Von den 15 interviewten Organisationen arbeiten die meisten
größtenteils vernetzt, dezentral und kollaborativ; Home Office
ist in fast jeder Organisation möglich (wenn auch nicht immer
üblich). Viele von ihnen arbeiten zudem projektorientiert,
d. h. in flexibler Teamzusammensetzung und in (leicht) unter­
schiedlichen Rollen und mit angepasster Aufgabenverteilung,
abhängig von den einzelnen Projekten. Das sei auch der Tat­
sache geschuldet, dass mitt­lerweile ein wesentlicher Anteil der
Finanzierung Projektgelder seien, gibt eine Organisation an.
Nur wenige Organisationen beschreiben ihre Arbeitsweise
als agil. Sie greifen auf Methoden aus der Software-Ent­
wicklung für ihr Projektmanagement zurück, nutzen
Scrum, Kanban, Retrospektiven oder Reviews. Entweder
arbeiten diese Organisationen eng mit Entwicklern
zusammen oder hatten bereits einen Entwickler in ihrem
Gründer-Team. Ist das nicht gegeben, fällt es den Organi­
sationen offenbar deutlich schwerer, agil zu arbeiten.
Und dennoch versuchen es einige; insbesondere indem
sie Produktmanager und Programmierer ins Team holen
wollen oder im geförderten Projekt erstmals mit externen
Programmierern zusammenarbeiten. Dadurch lernte eine
Organisation bspw. User Storys kennen und schätzen.
Insgesamt wirkten viele der befragten Organisationen im
Aufbruch und daran interessiert, ihre Arbeitsweise weiterzu­
entwickeln. Zwei Organisationen gaben an, sich in nächster
Zeit intensiver mit Holakratie19
als Organisationsstruktur zu
beschäftigen und somit ganzheitlich die Möglichkeiten der
Zusammenarbeit in ihrem Team neuzudenken.
Studie zur Google Impact Challenge192.3.3 Angebote
2.3.3 Angebote
Digitale Technologien verändern, wie und womit soziale
Organisationen arbeiten. Aber sie haben überdies Ein­
fluss darauf, wie NGOs die Angebote für ihre Zielgruppen
gestalten. Die Durchdringung mit digitalen Endgeräten
wächst stetig (in fast allen Bevölkerungsteilen), sodass sie
einen probaten Zugang darstellen, um die Bedürftigen mit
den eigenen Leistungen zu versorgen. Ein Großteil der be­
fragten Organisationen hat im Kern bereits ein oder meh­
rere digitale Produkte. Bei keiner dieser Organisation hat
jedoch eine Transformation vom analogen Angebot zum
digitalen Produkt stattgefunden. Stattdessen haben sie sich
allesamt mit dem entsprechenden (digitalen) Wirkungs­
konzept gegründet. Zum Teil, weil das Produkt ohnehin
und ausschließlich digital ist – wie die Suchmaschine
fragFINN – oder zum Teil, weil eine analoge Entsprechung
niemals so viele Menschen erreichen könnte, wie bspw. die
Online-Videos von Ackerdemia.
Ein paar Organisationen geht es hingegen um die Vermitt-­
lung von „digitalem Wissen“, d. h. wie ihre Zielgruppe die
Digitalisierung nutzen kann. Im Kern setzen die Digitalen
Helden oder die Open Knowledge Foundation mit der
Datenschule dafür Workshops ein, die sie durch ein
Informationsangebot über ihrer Website und zusätzlichen
Lernmaterialien darauf ergänzen. Dahingegen führen
App Camps ihre Lernkurse bereits hauptsächlich online
durch, in denen Schulkinder das Programmieren lernen
können. Die unterschiedlichen Lernangebote befinden sich
auf einem Kontinuum zwischen online und offline, wobei
es weder das eine noch das andere in Reinform (aus­
schließlich online/offline) gibt.
Für Karuna ist der Straßenkinder Hilfefinder das erste digi­
tale Produkt, das ihre übrigen Aktivitäten ergänzen soll.
2.4 Chancen und Hürden der
Digitalisierung im sozialen Sektor
Soziale Organisationen nutzen zunehmend digitale Tools,
verändern (damit) ihre Arbeitsweise und schaffen neue,
digitale Angebote für ihre Zielgruppe. Davon erhoffen sie
sich eine höhere Effizienz und eine größere Wirksamkeit.
In den Gesprächen fällt des Öfteren das Zauberwort Ska­
lierung: Bei nahezu gleichbleibendem Ressourceneinsatz
können mehr Begünstigte von dem Angebot der Organi­
sationen profitieren. Und nicht nur das. Anstatt passiv
die Hilfsleistungen in Empfang zu nehmen, können die
Begünstigten stärker mit einbezogen werden. Sie können
im direkten Feedback Kritik und Wünsche äußern, selbst­
bestimmt aus Angeboten wählen oder werden zu einer
Community zusammengefasst, die sich untereinander
austauscht und gemeinsam das Angebot erst gestaltet.
Ohne eine aktive Community würden bspw. bei Mundraub
Plus keine neuen Obstbäume auf der interaktiven Karte
erscheinen; das Mapping geschieht fast ausschließlich über
digital Engagierte. Und diese haben durch das Internet von
überall Zugriff auf das Angebot. Auch deshalb kann die
Skalierung glücken, ebenso wie durch die Möglichkeiten
der Anonymität. Psychologische Beratung in Anspruch
zu nehmen, kostet beispielsweise Überwindung. Ist das
Angebot jedoch über das Internet verfügbar – wie im Fall
von Ipso – senkt das die Zugangsschwelle. Es kann mehr
Menschen geholfen werden.
In den Interviews gaben die Organisationen zu verstehen,
dass sie genau daran weiter arbeiten wollen: Zugangs­
hürden verringern, ein flächendeckendes Angebot schaffen
und so mit höherer Reichweite die Lebenswelt möglichst
vieler Begünstigter nachhaltig verbessern. Sei es dadurch,
dass kein Jugendlicher mehr auf der Straße schlafen muss,
weil er über die Website von Karuna jederzeit weiß, wo
Notschlafstellen für ihn verfügbar sind, oder dass Ge­
flüchtete mit einem Hochschulabschluss über Kiron neue
Perspektiven gewinnen.
Natürlich sind diese Visionen nicht leicht zu erreichen,
nicht von heute auf morgen. Die Digitalisierung ist ein
steter Prozess, der Zeit in Anspruch nimmt.
„Die Entwicklung vom reinen Ehrenamt zur
Professionalisierung ist ein sehr spannen-
der Prozess, braucht aber Zeit. Er erfordert
eine offene Fehlerkultur, bei der eigene An-
nahmen auch mal hinterfragt werden und
experimentiert wird.”
Das berichten Organisationen schon, wenn es um die
Einführung eines neuen Tools geht. Das ist nicht verwun­
derlich; Veränderungen in den Arbeitsabläufen sorgen für
Unsicherheit und Mehraufwand – zumindest in der Über­
gangsphase. Außerdem kann die Umstellung bei Mitarbeit­
ern als Kritik in Form von „Die Art wie Du das bisher, und
das möglicherweise seit vielen Jahren, erledigt hast, ist
jetzt nicht mehr gut genug.“ aufgefasst werden, wenn sie in
den Entscheidungsprozess nicht einbezogen wurden. Eine
Organisation berichtete von einer solchen Situation, als die
Buchhaltung digitalisiert wurde, von den Schwierigkeiten,
das Gewohnte loszulassen und damit die Angst der Mitar­
20Studie zur Google Impact Challenge 2.4 Chancen und Hürden der Digitalisierung im sozialen Sektor
beiter, das zu verlieren, was sie selbst über Jahre aufgebaut
hatten. Hier war die Lösung, offen darüber zu sprechen,
klarzumachen, dass die bisherige Arbeit nicht verloren
geht, die Mitarbeiter im neuen digitalen Arbeitsumfeld zu
unterstützen und so Schritt für Schritt das Misstrauen ge­
genüber der neuen Technologie abzubauen. Natürlich sind
traditionelle Organisationen stärker mit diesem Change
Management beschäftigt als junge NGOs, die sich bereits
im Kern digital gegründet haben und keine (zumeist äl­
teren) Mitarbeiter haben, die vorher wenig Berührung mit
digitalen Technologien hatten.
Doch stehen auch junge Organisationen vor Herausforde­
rungen. Ein neues Tool ist bei ihnen schnell eingeführt,
doch deutlich schwerer durchgehalten. Und Anwendungen
für die Kooperation funktionieren nur dann, wenn alle
beteiligten Mitarbeiter es auch konsequent nutzen. Andere
Software, bspw. für das Kontaktmanagement, amortisiert
sich erst im Laufe der Zeit, da der Umstieg und Aufbau
einer Datenbank anfangs sehr zeitaufwändig sein können.
Verliert das Team auf halbem Weg das Interesse an der
Software, hat es sich nicht gerechnet. Es bleibt Frust. Hilf­
reich könnte hier eine digitale Strategie sein (vgl. Kapitel
2.1), die vom gesamten Team geteilt wird. Dann lässt sich
vermutlich die Einzelentscheidung in Abhängigkeit zur
Strategie besser begründen und gemeinsam umsetzen.
tZur gleichen Zeit empfehlen einige Organisationen in den
Interviews, offen zu sein und die Bereitschaft mitzubrin­
gen, Tools auszuprobieren und wieder zu verwerfen, wenn
sie sich nicht bewähren. Außerdem sollten, wenn immer
möglich, individuellen Nutzungspräferenzen Rechnung
getragen werden, anstatt alles haarklein vorzugeben: Bspw.
werden in einer Organisation unterschiedliche Messenger
zur Kommunikation parallel genutzt und die Mitarbeiter
können ad hoc entscheiden, auf welchen sie in der jeweili­
gen Situation zurückgreifen wollen.
Diese Entscheidungsfreiheit kann für einige Mitarbeiter
gut funktionieren, bei anderen könnte es zu Überforderung
führen, da sie sich mit einer Flut von Kommunikations­
kanälen konfrontiert sehen, die schwerer zu beherrschen
sind als ein einzelner. Das sollte jede Organisation genau
mit ihren Mitarbeitern klären und im Auge behalten:
Welche Tools und auch Arbeitsweisen haben sich bewährt,
werden von den Mitarbeitern geschätzt oder können durch
ein Anreizsystem gefördert werden?
Und dann bleibt noch die Herausforderung, ein neues
digitales Projekt auf die Beine zu stellen. Ohne die not­
wendige Erfahrung wird der Aufwand, der dahinter steht,
leicht unterschätzt. Die Organisationen beschreiben, dass
es in der Projektplanung nicht leicht ist, alle Fallstricke
zu erkennen, wie z. B. die notwendige Browserkompati­
bilität der Website oder eine hohe Usability im Backend.
Die Migration der Daten führte bspw. bei ein paar Or­
ganisationen zu Komplikationen. Außerdem sollte die
Planung nicht mit dem Live-Gang enden und Folgekosten
für neuen Content oder auch technische Aktualisierungen
umfassen. Zwei Organisationen weisen darauf hin, dass
es sinnvoll ist, möglichst frühzeitig externe Beratung für
die technische Umsetzung hinzuziehen. Jedoch gestaltet
sich die Übersetzung zwischen sozialem Wirkungskonzept
und technischer Umsetzung nicht immer einfach. Und
außerdem müssen „bezahlbare“ Dienstleister erst einmal
gefunden werden oder gar geeignetes Personal in der
Softwareprogrammierung, falls die Organisation selbst
einstellen möchte. Der überhitzte Arbeitsmarkt, auf dem
Programmierer genauso gefragt wie rar sind, stellt im
relativ finanzschwachen sozialen Sektor eine große Her­
ausforderung dar.
Die Digitalisierung ist nicht leicht zu meistern. Sowohl
bei der Einführung von neuen Tools als auch bei der
Umstellung der Arbeitsweise oder der Erstellung neuer
Angebote gilt es einiges zu beachten. Dabei steht den
Organisationen nach eigener Einschätzung zu wenig Zeit
und Personal zur Verfügung (66 %). Das ist ebenso wenig
überraschend wie der Verweis auf fehlendes Budget (63 %),
da ein Großteil der Organisationen im sozialen Sektor mit
knappen Ressourcen zu kämpfen hat und entscheiden
muss, wie sie diese am effektivsten einsetzt. Digital-spezi­
fischer erscheint, dass 47 % ihren ehrenamtlichen wie
angestellten Mitarbeitern fehlendes Know-how attestieren,
den Entscheidungsträgern 20 %. Es braucht also auch den
Wissenstransfer in die Organisation, um die Mitarbeiter
für die Digitalisierung zu qualifizieren.
Studie zur Google Impact Challenge212.4 Chancen und Hürden der Digitalisierung im sozialen Sektor
Was hält Ihre Organisation davon ab, digitale Technologien noch stärker zu nutzen?
Wir sind uns unsicher hinsichtlich
der Rechtslage, z. B. Datenschutz.
Bei uns ist niemand zentral
für das Thema verantwortlich.
Den Entscheidungstragern in unserer
Organisation fehlt das Verständnis für
den Nutzen digitaler Technologien.
Der Nutzen fur unsere Arbeit ist begrenzt.
Es gibt keine geeigneten Tools
für unsere Anforderungen.
Wir haben zu wenig Zeit und Personal.
Uns fehlt das notwendige Budget.
Unseren (ehrenamtlichen) Mitarbeiitern
fehlt das entsprechende Know-how.
0 20 40 60 80 100
trifft voll und ganz zu trifft zu trifft eher nicht zu trifft überhaupt nicht zu
23 %10 % 30 % 37 %
28 %30 %19 % 23 %
43 %37 %7 % 13 %
20 %59 %1 % 20 %
33 %50 %1 % 16 %
4 %30 %35 % 31 %
17 %36 %14 % 33 %
15 %22 %29 % 34 %
Abb. 9: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 69
20. Stifter-helfen gehen mit dem IT-Portal für Non-Profits (https://stifter-helfen.de/) in diese Richtung.
„Problematisch ist, dass Informationen
derzeit nur verschachtelt auf verschiedenen
Websites zugänglich sind. Wünschenswert
ist daher eine integrierte Website.“
Ob es tatsächlich nicht die passenden Tools gibt, wie 21 %
reklamieren, oder ob sie diese aktuell nicht kennen, lässt
sich schwer überprüfen. Hier kann eine Übersicht der
aktuellen Tools, insbesondere der Freeware – um das
knappe Budget zu schonen – eine Erleichterung schaf­
fen.20
Ähnliches gilt für die unsichere Rechtslage in Punkto
Datenschutz, die 40 % anführen. Auf jeden Fall lässt sich
festhalten, dass es eine Überforderung gibt und Klärung
bedarf. Daten sind ein sensibles Thema, speziell im
sozialen Sektor. In den qualitativen Gesprächen wurden
häufig Bedenken geäußert, was die Verwendung von be­
stimmten Tools, wie z. B. den Cloud-Lösungen von Google
und Microsoft, anbelangt. Die Organisationen wollen unter
allen Umständen die sensiblen Daten – sei es der Nutzer
oder der Spender – schützen und fühlen sich bei den
Anbietern aus den USA nicht gut aufgehoben. Das zieht
möglicherweise die Konsequenzen nach sich, dass zum
einen neue Tools skeptischer gesehen und vor der Nutzung
gründlicher geprüft werden, und zum anderen das Thema
Daten und ihre Nutzbarmachung von den meisten Organi­
sationen noch ausgeklammert wird. Es ist auffällig, dass
Datenerhebung, -sicherung und -auswertung bspw. unter
den Handlungsbedarfen nur selten Erwähnung fanden.
„Wir befinden uns beim Thema Daten-
schutz in einer Grauzone und wissen nicht
vor oder zurück.“
Stattdessen machen 42 % der Organisationen das Fehlen
von klarer Verantwortung für das Thema Digitalisierung
bei ihnen (vgl. Kapitel 2.1) als ein wesentliches Hindernis für
eine stärkere Digitalisierung aus. Außerdem weisen sie darauf
hin, dass es zudem eine Offenheit für digitale Angebote bei
den Nutzern geben müsse. Es brauche Vertrauen, um sich
mit seinen Nöten in einen Videochat (Ipso) oder an eine App
(Jourvie) zu begeben. Deshalb legen viele Organisationen
großen Wert auf die notwendige Verknüpfung zwischen
digitalem Angebot und analoger Erfahrung, insbesondere
durch menschliche (und zumeist) analoge Beratung. Neben
der Qualität des Produktes, einem organischen Wachsen
der Organisation mit qualifiziertem IT-Personal und in
einer digitalen Organisationskultur stelle dieser Aspekt ein
entscheidendes Erfolgskriterium für ihr Projekt dar.
22Studie zur Google Impact Challenge 2.5 Zwischenfazit
2.5 Zwischenfazit
Eine stärkere Digitalisierung ist für die Organisationen in
der Google Impact Challenge erstrebenswert. Die geförder­
ten Projekte sind dabei ein wesentlicher Schritt in einem
umfassenden Veränderungsprozess, zu dem Struktur- und
Kompetenzaufbau, Fokussierung und Professionalisierung
gehören. Durch eine erfolgreiche Digitalisierung erwarten
93 % der Organisationen (sehr) positive Auswirkung auf
ihre soziale Wirksamkeit.
Im Fokus steht dabei unmissverständlich die Nutzung von
Social Media. Für 93 % ist Social Media wichtig oder
gar absolut zentral für ihre Arbeit. Facebook, Twitter und
YouTube sind 2017 für soziale Organisationen, was vor
zehn Jahren noch die eigene Website war: ein absolutes
Muss. Dabei verspricht Social Media neben einer höheren
Reichweite und damit größere Bekanntheit als wichtigste
Ziele der meisten Organisationen, auch neue Möglichkeiten
zur Interaktion mit Begünstigten wie auch Ehrenamtlichen.
Aber auch in der Projektsteuerung, der Abwicklung interner
Prozesse und im Fundraising sind digitale Tools schon
heute nicht mehr wegzudenken.
DIGITALSTRATEGIE
AGIL VERNETZT TRANSPARENT
SOFTWARE CLOUD SOCIAL MEDIA
PLATTFORM APP BILDUNGSPROGRAMM
STRATEGIE
ARBEITSWEISE
UND KULTUR
TOOLS
ANGEBOTE UND
LÖSUNGEN
Abb. 10: Ebenen der Digitalisierung (als Teilergebnis dieser Studie)
Die Digitalisierung sollte allerdings nicht auf die Verwendung
von Tools reduziert werden. Vielmehr lohnt ein Blick auf
die unterschiedlichen Ebenen, welche die Arbeitsweise und
-kultur genauso umspannen wie die Angebote und Lösungen.
Die Arbeitsweise transformiert sich in den Organisationen
gleichermaßen und in Wechselbeziehung mit den neuen
Tools. Vernetzt und dezentral agieren die meisten, an Agilität
fehlt es noch häufig. Die Zusammenarbeit mit Programmierern
in den geförderten Projekten kann diesen Prozess beschleunigen,
sofern die Organisationen Offenheit und Neugier für neue
Methoden wie Scrum oder Retrospektive mitbringen. Dann
steht am Ende der Projektumsetzung nicht nur ein neues Pro­
dukt, sondern auch ein fortschreitender Kulturwandel.
„Die Offenheit für Digitales ist ein wichtiger
Erfolgsfaktor für die Digitalisierung der
Organisation.”
Begrenzend wirken auf der anderen Seite typischerweise
ein Mangel an Budget und Zeit, aber auch an Wissen und
Austausch. Nicht nur die Zusammenarbeit mit Program­
mierern hat positiven Einfluss, auch der Austausch zwischen
den geförderten Organisationen sowie mit Ashoka und
Google.org im Mentoring werden als Treiber beschrieben.
Der Erfahrungsaustausch kann Input auf die drängenden
Fragen zum Thema Datenschutz, den besten Tools und neue
Arbeitsmethoden liefern und so Orientierung verschaffen.
Studie zur Google Impact Challenge233. Auswirkungen und Erfolgsfaktoren der Google Impact Challenge
3. AUSWIRKUNGEN UND ERFOLGSFAKTOREN
DER GOOGLE IMPACT CHALLENGE
“Unser Wirken ist in Teilen nur
möglich geworden durch die Google
Impact Challenge.”
Durch die Google Impact Challenge wurden insgesamt 110
soziale Projekte gefördert. Zwei Drittel hätten ohne diese
Förderung in absehbarer Zeit nicht umgesetzt werden können.
Hätten Sie das Projekt auch ohne die Förderung durch die Google
Impact Challenge in den nächsten Monaten umgesetzt?
Ja Nein
34 %
66 %
Abb. 11: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 50
„Dank der Ashoka-Workshops arbeiten
wir viel fokussierter als zuvor. Wir haben
unsere Mission überdacht und arbeiten
nun in vielen Bereichen wirkungsorientiert.”
Über die Finanzierung hinaus wurden die Leuchtturm­
projekte durch Google.org und Ashoka während der Um­
setzungsphase begleitet (s. genauer Kapitel 1.2). In
drei Workshops hat Ashoka mit den Organisationen an
ihrer Vision, ihrem Wirkungskonzept und ihrem G­eschäfts­
modell gearbeitet. Während einige Organisationen die
Workshops als zu abstrakt wahrgenommen haben, lobten
andere die gewonnene Klarheit in Bezug auf ihr Finan­
zierungsmodell wie auf ihre Arbeitsabläufe. Ineffizienzen
im Projekt konnten aufgedeckt und eine stärkere
Fokussierung im Produkt gewonnen werden. Die inten­
sive Auseinandersetzung mit der Wirkungsanalyse wurde
in den Gesprächen (vgl. Kapitel 3.3) an mehreren Stellen
deutlich – und hat zuweilen sogar zu einem besseren
Verständnis für die eigene Wirkung auf gesellschaftlicher
Ebene und den damit verbundenen Systemwandel geführt.
Das sind natürlich relativ abstrakte Themen.
Darüber hinaus wurde das Mentoring von Google.org als
sehr anwendungsorientiert beschrieben. Im regelmäßigen
Austausch haben die Mentoren die Organisationen konkret
unterstützt, indem sie bspw. Kontakte vermittelt oder auf
Software hingewiesen haben (vgl. Kapitel 3.1). Mehrere
Organisationen haben durch die Vermittlung (und die Teil­
24Studie zur Google Impact Challenge 3. Auswirkungen und Erfolgsfaktoren der Google Impact Challenge
nahme an Google Ad Grants) mit Google AdWords begonnen,
um so ihre Bekanntheit und Reichweite zu erhöhen.
„Wir fühlten uns nicht als Bittsteller, Google
ist weniger Kontrolleur als Unterstützer.”
„Das partnerschaftliches Mitdenken von
Google ist extrem positiv aufgefallen.“
Das positive Erlebnis begann bereits im Bewerbungspro­
zess, der aus Sicht der Teilnehmer angenehm schlank
gehalten wurde. Im Vergleich zu anderen Wettbewerben
war insbesondere die erste Bewerbungsrunde sehr un­
bürokratisch und für die Organisationen gut zu bewältigen.
Es war weder eine Registrierung notwendig, noch mussten
die Organisationen auf Social Media etwas liken oder
auf sonstige (versteckte) Werbung eingehen. Der nächste
Be­werbungsschritt inkl. der Meilensteinplanung wurde
von den Organisationen als hilfreich und zielführend
wahrgenommen. Für die meisten stellte die Planung keine
Hürde dar; andere nahmen sie als Gelegenheit, um die
Wirkungsziele im Projekt einmal aufzuschreiben oder sich
ernsthafter mit ihrer Wirkungskette auseinanderzusetzen.
Wenn es während der Umsetzung schließlich zu Abweichun­
gen von der Planung kam, zeigte sich Google.org als sehr
unkompliziert und partnerschaftlich. Im Dialog wurden
dann Anpassungen vorgenommen, anstatt auf komplizierte
Mittelzweckverwendungen zu bestehen. Diese Agilität
zusammen mit der engen Mentorenschaft bewerteten die
Organisationen als „herausragend“ und „außergewöhnlich
gut“. Einziger Kritikpunkt von zwei Organisationen waren
Verzögerungen in der Auszahlung, auf die sie angewiesen
waren. Diese Abläufe seien optimierungsbedürftig.
„Die Meilensteinplanung war ein reinigender
Prozess, bei dem sich die Spreu vom Weizen
trennte.”
Insgesamt würden alle Teilnehmer erneut an der Google
Impact Challenge teilnehmen, da sie (bis zu dem Zeitpunkt
der Befragung) sowohl mit dem Ablauf als auch mit der
Umsetzung ihres Projektes zufrieden sind.
21. Abgesehen davon fällt es den Organisationen nicht leicht, ihre Wirkung zu messen, s. ausführlich in Kapitel 3.3. Das folgende Kapitel umfasst also die Erwar-
tungen zu Beginn der Umsetzung sowie die ersten Erfahrungen im Laufe dessen.
3.1 Auswirkungen auf Projekt
und Organisation
Allen geförderten Projekten ist gemein, dass sie die
Lebenssituation ihrer Zielgruppe verbessern möchten.
Inwieweit ihnen das gelingt und welche gesellschaftliche
Wirkung darüber hinaus erzielt werden konnte, lässt sich
nur über eine längere Zeitspanne nachweisen. Da die Um­
fragen und Interviews mit den Organisationen größtenteils
noch in der Umsetzungsphase stattgefunden haben, ist hier
auf ihre Wirkungserwartungen und Selbsteinschätzungen
zurückzugreifen.21
In Bezug auf die Meilensteinplanung,
die die Organisationen zur Bewerbung eingereicht haben,
sind fast alle Organisationen weiter als geplant; (frisch)
abgeschlossen waren jedoch einzig zwei lokale Projekte.
Alle Organisationen versuchen mit den geförderten
Projekten die Zahl der Begünstigten zu erhöhen und das
signifikant: um 30 %, 50 %, bis zu 500 %. Viele Organi­
sationen nutzen die Förderung in der Google Impact
Challenge, um ihr bestehendes Projekt zu verbessern
und vor allem zu skalieren: Ackerdemia möchte bspw.
mehr Schüler mit ihren Videos erreichen (höhere Zu­
griffszahlen), die Open Knowledge Foundation möchte
mehr Teilnehmer in ihren Daten-Workshops fortbilden
und Jourvie möchte mehr Menschen mit Essstörungen
ihre App an die Hand geben (höhere Downloadzahlen).
Letztere Organisation übersetzt ihre App daher nun in
sieben Sprachen. Die Mobilen Retter und Ipso E-Care
versuchen auf dem Weg zunächst die Anzahl der Engagier­
ten in Form von Ersthelfern bzw. Ausbildern zu erhöhen.
Nicht nur die Reichweite durch das neue Projekt soll
verbessert werden, sondern auch das Produkt selbst. Eine
höhere Usability, mehr Möglichkeiten zur Interaktion mit
den Begünstigten, eine engere Verzahnung zwischen offline
und online durch ergänzende Angebote und neue Zielgrup­
pen durch inklusivere Funktionalität wurden genannt.
Dazu kommen weitere Auswirkungen der Google Impact
Challenge, die nicht nur auf das Produkt beschränkt
bleiben. In den Interviews kam die Sprache vermehrt auf
folgende sechs Aspekte:
„Man wird anders wahrgenommen mit
Google im Rücken.”
Studie zur Google Impact Challenge253.1 Auswirkungen auf Projekt und Organisation
•	Größere Aufmerksamkeit, Bekanntheit und
Image-Gewinn: Mit der Google Impact Challenge
gewinnen die Organisationen auch an Renommee und
Selbstbewusstsein. Sie binden das Siegerlogo in ihrer
Kommunikation ein und nutzen das Presseecho. Der
Verweis auf den Gewinn verändert die Wahrnehmung bei
Stiftungen und anderen potenziellen Geldgebern.22
•	Ausbau des Netzwerks und neue Kontakte:
Google.org hat im Mentoring den Kontakt zu anderen
Stiftungen in dem jeweiligen Bereich, Pro-Bono-Partnern,
(technischen) Dienstleistern, politischen Entscheidern
und prominenten YouTubern hergestellt. Auch die
Vernetzung mit den anderen Organisationen der Google
Impact Challenge unterstützt den Wissensaustausch und
sie sollen genauso langfristig ins Netzwerk aufgenommen
werden wie Google.org und Ashoka.
•	Effizientere Projektsteuerung und Zusammen­
arbeit: Neue Tools werden eingeführt, insbesondere aus
der Reihe Google für Nonprofits (u. a. G Suite, AdWords
und Analytics). Die Arbeitsweise wird ebenfalls zu­
nehmend agiler. Einen wesentlichen Beitrag leistet die
Zusammenarbeit mit Programmierern in der Projektum­
setzung, die neue Methoden wie Stand-up oder Retro­
spektiven vorführen.
•	Einstieg in Wirkungsmessung und Meilenstein-
planung: Viele Organisationen nutzten schon vorher eine
Meilensteinplanung in ihren Projekten; für die übrigen war
es eine wertvolle Erfahrung und eine Grundlage für die
kommende Projektsteuerung. Zunehmend wird in diesem
Zuge auch über Wirkungsindikatoren und Messmethoden
nachgedacht, die in dem Workshop mit Ashoka eingeführt
wurden. Der Bedarfsanalyse wird mehr Zeit eingeräumt.
•	Professionalisierung, Strukturaufbau und orga­
nisches Wachstum: Die Förderung wird genutzt, um neue
(auch technische) Kompetenzen aufzubauen und das Team
punktuell zu vergrößern – oder bisher Ehrenamtliche für ihre
Arbeit zu bezahlen. Die Organisationsstruktur wird überprüft,
Aufgaben klarer zugeordnet und die Qualitätssicherung ver­
bessert. Die Organisationen werden professioneller.
•	Freiräume für neue Ideen: Die Planungssicherheit
durch die gesicherte Finanzierung ermöglicht Freiräume,
die Projektideen weiterzudenken und an künftige Her­
ausforderungen auszurichten.
22. Gleichzeitig geben einige Organisationen jedoch an, dass sie zuvor mit ihrer Community in den offenen Dialog über die Teilnahme an der Google Impact
Challenge gegangen sind, da die Unterstützung durch Google z. T. auch kritisch gesehen wird.
Bei den Auswirkungen ist zwischen Organisationen zu
unterscheiden, die erstmals ein digitales Projekt umsetzen
und besonders Unterstützung in der Strategie und Pla­
nung benötigen, und solchen, die sich digital gegründet
haben und jetzt vor den Herausforderungen der Skalierung
stehen. Entsprechend unterschiedlich wurden auch die
Auswirkungen bewertet.
3.2 Mittelverwendung und
Ressourcenaufbau
Ein Blick auf den Anteil der Fördersumme am Gesamt­
budget der einzelnen Projekte verrät, wie zentral die
Förderung ist und das möglicherweise nicht nur auf das
Projekt beschränkt, sondern in Bezug auf die gesamte
Organisationsentwicklung. Ein Drittel der Projekte werde
fast ausschließlich (zu 75–100 %) über die Google Impact
Challenge finanziert, ein knappes zweites Drittel zumindest
über die Hälfte (50–75 %). Im Falle des letzten Drittels gibt
es noch andere substanzielle Finanzierungsquellen, sodass
bei 20,4 % die Fördersumme der Google Impact Challenge
maximal 25 % ausmacht, für 16,3 % zwischen 25 und 50
%. Insbesondere bei den Leuchtturmprojekten mit einer
Fördersumme von 100.000 Euro bzw. gar 250.000 Euro
für den Gewinner sowie bei den kleineren (ehrenamtli­
chen) Organisationen mit nur wenigen Mitarbeitern lässt
sich davon ausgehen. Entsprechend wurden auch als Aus­
wirkungen genannt, dass bisher Ehrenamtliche eingestellt
werden konnten oder sich generell mehr finanzieller Spiel­
raum für die langfristigere Planung ergibt (s. Kapitel 3.1).
„Wir halten eine nachhaltige Organisations-
struktur für die wichtigste Investition.”
26Studie zur Google Impact Challenge 3.2 Mittelverwendung und Ressourcenaufbau
Wie hoch ist der Anteil der Fördersumme
am Gesamtbudget des Projektes?
0
5
10
15
20
25
30
35
0–25 % 25–50 % 50–75 % 75–100 %
20,4 %
16,3 %
28,6 %
34,7 %
Abb. 12: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 49
Die meisten Organisationen investieren einen Teil der
Fördersumme in Marketing, PR und Design. 63 % geben
den Anteil der Investitionen als hoch (46 %) oder sehr
hoch (17 %) an. Verständlich insofern, als dass, wie in
Kapitel 2 gezeigt, die Steigerung der Bekanntheit für
viele Organisationen das primäre Ziel ist. Über verstärkte
Marketingmaßnahmen soll sowohl die Reichweite inner­
halb der Zielgruppe erhöht als auch die Folgefinanzierung
sichergestellt werden.
Ein zweiter Kostenblock stellt der Bereich digitale Tools
und IT-Lösungen dar: 58 % investieren, um neue Tools
einzuführen, 59 % um bestehende zu erweitern. Dabei
werden die Kosten sogar zu 30 bzw. 22 % als sehr hoch
beurteilt. Die Organisationen sind also bereit, in die digitale
Infrastruktur zu investieren.
In Sachen Personal sind die Organisationen zweigeteilt:
Die eine Hälfte stellt kein neues Personal ein, weder im
Bereich IT (47 %) noch in sonstigen (54 %). Die andere
tätigt wesentliche Ausgaben in diesem Bereich: 34 % für
IT-Personal, 33 % für sonstiges Personal. Auch in den
Interviews mit 15 Organisationen gaben sieben Organisa­
tionen an, sich (möglichst dauerhaft) verstärken zu wollen;
vier im Bereich IT.
Der letzte abgefragte Posten mit Material-, Büro- und Rei­
sekosten fällt bei 7 % sehr hoch aus, bei 20 % hoch.
Studie zur Google Impact Challenge273.3 Exkurs: Wirkungsanalyse
Wie hoch ist der Anteil der Mittel aus der Google
Impact Challenge, der wie folgt eingesetzt wird?
Material-, Büro-, Reisekosten
Erweiterung bestehender
digitaler Tools und IT-Lösungen
IT-Personal
Einführung neuer digitaler
Tools und IT-Lösungen
Sonstiges Personal
Marketing / PR / Design
0 20 40 60 80 100
sehr hoch hoch gering gar nicht
17 %
20 %7 % 38 % 35 %
30 % 28 % 18 % 24 %
22 % 36 % 25 % 17 %
15 % 19 % 19 % 47 %
15 % 18 % 13 % 54 %
46 % 17 % 20 %
Abb. 13: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 50
Ein Großteil der Investitionen dient also nicht aus­
schließlich dazu, kurzfristig das Ziel mit der Projekt­
umsetzung zu erreichen, sondern die Organisation
weiterzuentwickeln. Insbesondere die Investitionen
in Tools und Personal sollen über den Förderzeitraum
hinaus wirken. Was danach folgt, ist vielen Organisa­
tionen noch nicht klar. Selten gibt es bereits eine gesich­
erte Folgefinanzierung. Daher wird auch verstärkt in
Bekanntheit und Netzwerk investiert, um darüber weitere
Förderungen von Stiftungen zu erhalten. Für viele Organi­
sationen beginnt spätestens im Anschluss die Zeit des
Fundraisings und der Antragstellungen.
3.3 Exkurs: Wirkungsanalyse
Gemeinnützige Organisationen sind bestrebt, mit ihrer
Arbeit größtmögliche positive Wirkung zu erzielen. Durch
Wirkungsanalyse kann diese nachgewiesen werden. Doch
was meint Wirkung überhaupt und wie kann sie gemessen
werden? Der Wirkungsbegriff umfasst verschiedene Ebenen
und birgt die Gefahr, zu früh von Wirkung zu sprechen,
obwohl es sich noch gar nicht um solche im definitorischen
Sinne handelt. Zunächst sind Wirkungen Veränderungen,
die aufgrund einer Intervention bei den betroffenen
Zielgruppen, deren Lebensumfeld oder der Gesellschaft
erreicht werden. Die PHINEO gAG unterscheidet mit ihrer
Wirkungstreppe verschiedene Stufen von Wirkung:
Die Wirkungstreppe
Ab dieser Stufe spricht
man von Wirkung 7 Gesellschaft verändert sich IMPACT
OUTCOME
OUTPUT
6 Lebenslage der Zielgruppe ändert sich
5 Zielgruppen ändern ihr Handeln
4 Zielgruppen verändern Bewusstsein bzw. Fähigkeiten
3 Zielgruppen akzeptieren Angebote
2 Zielgruppen werden erreicht
1 Aktivitäten finden wie geplant statt
Abb. 14: PHINEO gAG (2015), Kursbuch Wirkung, S. 5.
28Studie zur Google Impact Challenge 3.3 Exkurs: Wirkungsanalyse
Hier werden grundsätzlich Output, Outcome und Impact
voneinander abgegrenzt, wobei erst ab der Stufe des Out­
come von Wirkung gesprochen wird. Denn die Leistungs­
ebene (Output) bezieht sich auf die konkreten Maßnahmen
und Angebote, die eine Organisation durchführt. Diese ist
Wirkung zwar vorgelagert, aber nicht als solche zu bezeich­
nen. Erst bei eintretenden Veränderungen auf der Ebene
der Zielgruppe spricht man von Wirkung: Outcome meint
Veränderungen des Bewusstseins oder der Fähigkeiten
der Zielgruppe. Auch wenn die Zielgruppe ihr Handeln
verändert, oder sich gar die Lebenslage der Zielgruppe
verbessert, wird dies als Outcome bezeichnet. Von Impact
spricht man, wenn Wirkungen auf gesellschaftlicher Ebene
eintreten. Impact, oder auch Social Impact, bezieht sich
dabei auf Wirkungen in einer ökonomischen, ökologischen
oder sozialen Dimension. Diese zu untersuchen erfordert
allerdings umfassende Langzeitstudien. Auch die Zuschrei­
bung von Monokausalität, also die Behauptung, dass eine
bestimmte Intervention für Wirkung verantwortlich ist,
wird in dieser Dimension nahezu unmöglich. Bei Aussagen
über (Social) Impact ist also Vorsicht geboten.
Bei den Befragungen der Google Impact Challenge-Teil­
nehmer zeigen sich die hier beschriebenen Unklarheiten
zum Wirkungsbegriff. Oftmals wird die erfolgreiche
Wirkung eines Programms nämlich einzig und allein an
der Reichweite bemessen: Über 70 % der Organisationen
sehen den größten Handlungsbedarf in der Bekanntheit,
um eine höhere soziale Wirkung zu erzielen (vgl. Kapitel
2.2). Viele Organisationen setzen eine erhöhte Wirkung
also mit der Skalierung ihres Angebots gleich. Damit
verkennen die Organisationen die eigentliche Bedeutung
von Wirkung, nämlich, tatsächliche Veränderungen bei
der Zielgruppe, hervorgerufen durch die Angebote und
Lösungen einer Organisation und verkürzen die Wirkungs­
mechanik auf das Erreichen der Zielgruppe (Stufe 2).
Obwohl 84 % der Organisationen Wirkungsanalyse für
wichtig halten, geben 37 % an, davon „keine Ahnung” zu
haben. Hier gibt es eine große Kluft zwischen Anspruch
und Wirklichkeit. Die Hälfte der 99 befragten Organisa­
tionen misst die soziale Wirkung ihrer Arbeit bisher nicht,
denn: Ein Drittel der befragten Organisationen schätzt
die soziale Wirkung ihrer Arbeit lediglich qualitativ ein,
19 % messen die Wirkung überhaupt nicht. Ein knappes
Drittel (29 %) versucht zumindest, die soziale Wirkung
ungefähr zu messen. Weniger als ein Fünftel nutzt fest
definierte Indikatoren, um Wirkung nachzuweisen. Schaut
man hier allerdings genau hin, so ergibt sich auch hier
ein anderes Bild: Viele Organisationen beziehen sich mit
ihrer Wirkungsanalyse lediglich auf die Output-Ebene.
Die Outcome- oder gar die Impact-Ebene, also die tatsäch­
lichen Wirkungsebenen, werden nicht betrachtet. Dies
ergibt die Beantwortung der Frage nach Indikatoren, die
laut den Organisationen für die Wirkungsanalyse verwen­
det werden. Anzumerken ist hier, dass diese von 60 % der
Befragten übersprungen wurde, Wissen über Indikatoren
scheint bei vielen nicht vorhanden. Unter den übrigen
Beantwortungen benennen mehr als die Hälfte der Organi­
sationen Output-Kennzahlen wie Teilnehmerzahlen von
Events, Webseiten-Besucher über Google- Analytics, oder
die zahlenmäßige Entwicklung ihrer Social-Media-Kanäle
als Indikatoren. Auch Feedbacks, die die reine Zufrieden­
heit der Zielgruppe mit dem Angebot beschreibt, werden
genannt. Nur eine Organisation darunter kommentiert,
dass es bei hierbei lediglich um eine Outputmessung han­
delt. Bei den anderen Organisationen kann man folglich
von keinem tiefergehenden Wirkungsverständnis ausgehen.
Studie zur Google Impact Challenge293.3 Exkurs: Wirkungsanalyse
Wird in Ihrer Organisation soziale Wirkung gemessen?
Welche der folgenden Aussagen trifft am ehesten zu?
Bisher messen wir die
soziale Wirkung unserer
Arbeit nicht.
Wir versuchen die soziale
Wirkung ungefähr zu
messen.
Wir messen die soziale
Wirkung sehr genau anhand
fest definierter Indilatoren.
Wie schätzen die soziale
Wirkung unserer Arbeit
eher qualitativ ein.
18 %
29 %
34 %
19 %
Abb. 15: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 99
Ein schwindend geringer Anteil jedoch führt aussagekräf­
tige Umfragen, Tests oder Evaluationsgespräche mit ihren
Begünstigten durch. Zur Häufigkeit der Wirkungsmessung
äußert sich weniger als die Hälfte der Befragten. Darunter
aber ergibt sich ein ausgewogenes Bild: Die Hälfte der
Befragten misst monatlich, die andere Hälfte ein bis zwei
Mal im Jahr.
Auf die Frage „Warum messen Sie die soziale Wirkung
nicht quantitativ?” begründen die Organisationen differen­
ziert: 44 % der Organisationen gestehen ein, sich noch
nicht mit dem Thema beschäftigt zu haben. Nahezu drei
Viertel (71 %) nennen fehlende Ressourcen, wie Zeit und
Geld, als Grund für eine ausbleibende Wirkungsanalyse. 37
% stimmen zu, „keine Ahnung” von dem Thema zu haben.
Jedoch bedeutet dies im Umkehrschluss, dass bei 63 %
nicht fehlendes Know-how Grund für die ausbleibende
Wirkungsanalyse ist. Aufschlussreich ist da zum Teil die
Aussage von 16 % der Befragten, die Wirkungsanalyse
nicht für wichtig halten. Allerdings gibt auch über die
Hälfte an, keine passenden Indikatoren für die Wirkungs­
analyse zu haben. Es scheint der Grundsatz zu gelten,
dass soziale Wirkung schwer zu quantifizieren und damit
schwer zu messen ist.
30Studie zur Google Impact Challenge 3.3 Exkurs: Wirkungsanalyse
Warum messen Sie die soziale Wirkung nicht quantitativ?
Inwieweit treffen die folgenden Aussagen zu?
Es gibt für uns keine passenden Indilatoren.
Damit habe wir uns noch nicht beschäftigt.
Dazu fehlt uns Zeit und Geld.
Davon haben wir keine Ahnung.
Das halten wir nicht für wichtig.
trifft voll und ganz zu trifft zu trifft eher nicht zu trifft überhaupt nicht zu
4 %
12 %
32 %
52 %
14 %
23 %
43 %
20 %
29 %
42 %
21 %
8 %
18 %
26 %
28 %
28 %
20 %
36 %
26 %
18 %
Abb. 16: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 99
Mehr Detailtiefe, wie es um die Wirkungsanalyse in ein­
igen sozialen Organisationen steht, ergibt sich durch die
Interviews. Auch hier zeichnet sich zunächst das Bild ab,
dass nur wenige Organisationen tatsächlich die Wirkung
ihrer Arbeit messen. Der Großteil der Organisationen
betrachtet zwar Nutzerzahlen der Angebote und holt
Feedbacks ein. Damit befinden sich die Organisationen
aber noch auf der Ebene der Output-Messung. Dies ist den
meisten Organisationen jedoch nicht immer bewusst: In
einer Selbsteinschätzung sind einige der Meinung, durch
das Erheben solcher Zahlen Wirkungsanalyse zu betreiben.
Nur eine Organisation sagt hierzu: „Wir erheben Nutzer­
zahlen der Website, zählen die Registrierungen und be­
treiben Social Media-Tracking. Wirkung messen wir damit
aber nicht.” Solch eine reflektierte Aussage ist allerdings
die Ausnahme. Meistens fehlt es an einem differenzierten
Verständnis, wann man tatsächlich von Wirkung sprechen
kann, und wann eine Organisation lediglich Outputs misst,
indem sie Leistungen dokumentiert oder die Erreichung
und Akzeptanz bei der Zielgruppe erfasst.
Nur vier der im Rahmen der qualitativen Interviews
befragten Organisationen nutzen Methoden der Wirkungs­
analyse auf Outcome-Ebene. Durch Umfragen wird bspw.
der Wissenszuwachs bei Teilnehmern eines Bildungs­
programms abgefragt (Selbsteinschätzung der Begün­
stigten), Feldbeobachtungen stützen diese Aussagen.
Vorher-Nachher-Vergleiche oder Skill-Tests in Form
von Umfragen weisen die Veränderung von Fähigkeiten
ganz konkret nach. Eine andere Organisation führt gar
eine Doppelblindstudie durch, vergleicht die Ergebnisse
der Experimentalgruppe der Begünstigten also mit einer
Kontrollgruppe. Eine weitere Organisation verfasst einen
„Client-Report”, aus dem sie anschließend eine qualitative
Einschätzung zur Wirkung ableitet und ihre Maßnahmen
entsprechend anpasst.
Als Hindernisse der Wirkungsanalyse werden häufig
fehlende Ressourcen wie Zeit und Geld benannt. Glei­
chermaßen oft wurde fehlendes Know-How wie auch die
Schwierigkeit der Messbarkeit bzw. das Fehlen passender
Indikatoren genannt. Problematisch empfindet eine
Organisation die Unsicherheit um rechtliche Rahmenbe­
dingungen bei der Datenerhebung: „Wir befinden uns
beim Thema Datenschutz in einer Grauzone. Schließlich
dürfen wir nicht einfach in eine Klasse reinlaufen und eine
Befragung durchführen.” Auch eine weitere moniert die
Praktikabilität, an Daten heranzukommen; wie auch den
derzeitigen Forschungsstand, der für die Durchführung
einer umfassenden Wirkungsmessung nicht ausreichend
Studie zur Google Impact Challenge313.4 Zwischenfazit
sei. Eine andere benennt fehlende Tools als Hürde bei
der Wirkungsanalyse. Eine weitere Organisation hebt das
Thema auf die Metaebene, indem sie den Zusammenhang
zur Digitalität des Sektors herstellt: „Der medizinische
Sektor ist nicht digital, dies erschwert auch die Evaluation
medizinischer Interventionen”. Für wenige Organisationen
ist das Nicht-Messen von Wirkung allerdings eine be­
wusste Entscheidung: „Wir messen Wirkung nicht, wissen
aber theoretisch wie es geht. Wir haben Angst, Leute damit
zu verschrecken”, lässt eine Organisation verlauten. Eine
weitere empfindet Wirkungsanalyse als Bürokratisierung
und entscheidet sich deshalb ganz bewusst dagegen.
Wirkungsanalyse wird also in den meisten sozialen
Organisationen noch nicht ausreichend betrieben, wofür
fehlende Ressourcen oftmals als Grund genannt werden.
Offenbar haben Organisationen noch nicht verstanden,
dass Wirkungsanalyse ihnen im Hinblick auf ihre ei­
genen Ressourcen helfen kann, indem sie aufzeigt, welche
Maßnahmen wirkungsvoll sind und welche nicht. Denn
durch Wirkungsanalyse werden Ineffizienzen sichtbar,
durch entsprechende Anpassungen können die Ressourcen
der Organisation besser und vor allem wirkungsvoller
eingesetzt werden. Zudem bietet der Nachweis von
wirkungsvoller Arbeit eine wichtige Argumentationsgrund­
lage für Förderanträge. Wirkungsanalyse ist ein wichtiges
Instrument, das mit den richtigen Methoden für soziale
Organisationen – unabhängig ihrer Wirkungsbereiche –
durchführbar ist. Dieses Verständnis muss im sozialen
Sektor noch etabliert werden.
3.4 Zwischenfazit
Was die geförderten Projekte bewirken, lässt sich aktuell
nicht sagen. Zum einen weil die Befragung noch zu früh
im Umsetzungsstadium erfolgte, zum anderen weil die
wenigsten Organisationen tatsächlich ihre Wirkung (über
den Output hinaus) messen. Auffällig ist jedoch, dass ein
Großteil der Investitionen auf einen Kompetenz- und Team­
aufbau über das Projekt hinaus abzielen. Es wird zu einem
signifikanten Teil in Tools und (IT-)Personal investiert.
„Die Google Impact Challenge hat uns die
Freiheit gegeben, unsere Organisation weiter­
zuentwickeln und Ideen zu realisieren, die seit
Jahren nicht umgesetzt werden konnten.”
Das spricht dafür, dass die Organisationen die Digitali­
sierung als einen langfristigen Change-Prozess begreifen
und die Google Impact Challenge ihnen den finanziellen
Raum zur Weiterentwicklung gibt. Wie sich das genau ge­
staltet bzw. welche Auswirkungen der Gewinn der Google
Impact Challenge auf die Organisationen hat, ist primär
davon abhängig, in welchem Stadium die Organisation die
Förderung erhält:23
23. Unter den Leuchtturmprojekten finden sich vor allem Organisationen, die ihr Projekt mit der Förderung skalieren möchten. Für die lokalen Projekte geht es
meistens um die Erweiterung durch ein neues Feature. Projekte in der Startphase kommen in beiden Kategorien selten vor, eine reine Anschlussfinanzierung
(zum Erhalt) ist im Rahmen der Google Impact Challenge nicht vorgesehen.
„Zunächst haben wir uns gar nicht getraut,
uns zu bewerben, weil wir uns nicht mit Tech-
nik auskennen. Das war falsch; die Idee ist
das, was zählt. Es gibt extrem viel Support!“
•	Startphase/Umsetzung eines ersten digitalen
Projektes: Anleitung, Austausch, Strategie, Kontakte zu
digitalen Dienstleistern, Einführung in digitale Tools und
Arbeitsweisen, ggf. Einstieg in Wirkungsmessung und
Meilensteinplanung.
•	Erweiterung eines bestehenden digitalen Projektes:
Vision, effektivere Projektsteuerung und Zusammenarbeit,
Bekanntheit und Image-Gewinn.
•	Skalierung eines digitalen Projektes: Austausch,
Vision, Fokussierung, Business Modell, Ausbau des
Netzwerks, Professionalisierung, Strukturaufbau und or­
ganisches Wachstum, Einstieg in Wirkungsmessung und
Meilensteinplanung, Bekanntheit und Image-Gewinn,
Freiräume für neue Ideen.
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Auswirkungen und Erfolgsfaktoren der Google Impact Challenge

  • 1. AUSWIRKUNGEN UND ERFOLGSFAKTOREN DER GOOGLE IMPACT CHALLENGE ERFOLGSBEISPIELE, HÜRDEN UND EMPFEHLUNGEN
  • 2. Autoren: Stephan Peters, Nicole Dufft, Katja Jäger, Moritz Eckert NOVEMBER 2017 Disclaimer Die vorliegende Studie wurde im Auftrag von Google.org erstellt. betterplace.org war bereits Partner in der Durchführung der Google Impact Challenge 2016 und hat den dortigen Bewerbungsprozess unterstützt. Das betterplace lab zeichnet sich nun verantwortlich für diese Studie und hat die Umfragen und Interviews mit den teilnehmenden Organisationen der Google Impact Challenge geführt. Alle Antworten der Organisationen wurden vertraulich behandelt und nicht an Dritte – auch nicht an Google.org – weitergegeben. Alle Daten wurden vor der Auswertung aggregiert und vollständig anonymisiert. Ein Rückschluss von den Antworten auf die betreffenden Organisation oder ihre Projekte ist nicht möglich. Entsprechend erscheinen ihre Antworten in dieser Studie ausschließlich anonymisiert.
  • 3. Studie zur Google Impact Challenge3Zusammenfassung ZUSAMMENFASSUNG 1. Agilität ist ein wesentliches Merkmal im Management einer Organisation und besteht in dem Ansatz, möglichst flexibel und antizipativ zu arbeiten, um notwen- dige Veränderungen herbeizuführen. Viele agile Arbeitsmethoden stammen aus dem Bereich der IT, darunter Stand-ups (regelmäßige und kurze Meetings im Stehen, um diese auch tatsächlich kurz zu halten), Scrum (Ansatz des agilen Projektmanagements, der sich auf wenige Regeln und Rollen konzentriert) und Retrospektiven (regelmäßige Evaluation der Arbeitsweise in einem definierten Zeitraum, um sie künftig effizienter zu gestalten). 96 % der Organisationen sehen Potenziale für NGOs, durch Digitalisierung ihre soziale Wirksamkeit zu erhöhen. Gleichzeitig konstatieren 90 % dem sozialen Sektor noch erheblichen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung. Die Google Impact Challenge ist eine Leuchtturminitiative von Google.org, dem philanthropischen Arm von Google. Sie macht in verschiedenen Ländern Halt und fragt lokale gemeinnützige Organisationen, mit welcher Innovation sie die Welt verbessern möchten und ruft die Bevölkerung dazu auf, für die Projekte mit dem größten Potential abzustimmen. 2015 wurde die Impact Challenge zum ersten Mal in Deutschland durchgeführt. Über 2.000 Projekte in den Bereichen Bildung, Umweltschutz, Gesundheit, soziale Dienste, Entwicklungshilfe und andere wurden ein- gereicht. Mithilfe einer Expertenjury sowie den über 724.000 Stimmen im öffentlichen Voting konnten 110 Gewinner ausgewählt werden, die Fördergelder in Höhe von insgesamt 3,85 Millionen Euro erhalten haben. In einigen Bereichen spielen digitale Technologien bereits heute für soziale Organisationen eine wesentliche Rolle, zuallererst im Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit. Für 93 % der Teilnehmer an der Google Impact Challenge ist Social Media wichtig oder gar absolut zentral für ihre Arbeit. Facebook, Twitter und YouTube sind 2017 für soziale Organisationen, was vor zehn Jahren noch die eigene Website war: ein absolutes Muss. Trotz dieser Überbetonung der Öffentlichkeitsarbeit – begründet in dem starken Wunsch nach höherer Bekanntheit – setzen zumindest zwischen 59 % und 61 % der sozialen Organisa­ tionen darüber hinaus auf digitale Tools in den Bereichen Projektsteuerung und Zusammenarbeit, Fundraising und Finanzierung sowie zur Abwicklung interner Prozesse. Allerdings darf die Digitalisierung nicht auf die Verwendung von Anwendungssoftware reduziert werden. Die Arbeits­ weise transformiert sich in den Organisationen gleicher­ maßen und in Wechselbeziehung mit den neuen Tools. Vernetzt und dezentral agieren die meisten, an Agilität1 fehlt es noch häufig. Viele der befragten Organisationen sind interessiert, ihre Arbeitsweise weiterzuentwickeln und ihre Reichweite zu erhöhen. Aus dem Wunsch heraus möglichst viele Begünstigte mit ihrem Angebot zu erreichen, setzen die Organisationen immer mehr auf digitale Produkte und Dienstleistungen – die entsprechend in der Google Impact Challenge gefördert wurden. Es lässt sich dabei zwischen a) dem digitalen Angebot für Bedürf­ tige, b) der Verbesserung solcher digitaler Angebote, c) dem Aufbau digitaler Fähigkeiten und der Infrastruktur sowie d) dem Ehrenamt qua Digitalisierung unterscheiden. Die sozialen Organisationen stehen also der Digitalisierung offen gegenüber. Begrenzend wirken typischerweise ein Mangel an Budget und Zeit, aber auch an Wissen und Austausch. Neben der finanziellen Förderung, ohne die 66 % der Projekte in absehbarer Zeit nicht hätten umgesetzt werden können, wurden dementsprechend auch der Aus­ tausch zwischen den geförderten Organisationen sowie mit Ashoka und Google.org im Mentoring gelobt. Die Finan­ zierung erlaubt es den Organisationen über das Projekt hinaus in ihre Weiterentwicklung, in Kompetenz- und Teamaufbau, zu investieren und so langfristig den digitalen Wandel für sich zu nutzen. Die vorliegende Studie gibt gezielte Handlungsempfeh­ lungen an die sozialen Organisationen, Google.org sowie die Politik, um diese positiven Effekte künftig weiter zu stärken.
  • 4. 4Studie zur Google Impact Challenge Zusammenfassung Empfehlungen an soziale Organisationen: • Digitale Technologien auch jenseits von Social Media einsetzen. • Digitalisierung nicht nur auf Tools und Technologie reduzieren. • Digitalisierung und struktureller Aufbau müssen Hand in Hand gehen. • Kompetenzen im Bereich Wirkungsmessung aufbauen. • Offenheit, Austausch und Experimentierfreude fördern. Empfehlungen an Google.org: • Google Impact Challenge auch künftig durchführen. • Neben finanzieller Förderung auch Awareness-Effekte stärken. • Unterschiedlichen Bedürfnissen der Organisationen begegnen. • Netzwerk-Effekte intensivieren. • Begleitung durch Know-How-Transfer fortführen. • Partnerschaftliche Unterstützung und agile Umsetzung. • Anschlussfinanzierung mitdenken. • Größeren Fokus auf die Wirkungsanalyse legen. Empfehlungen an die Politik: • Bewusstsein für die Bedeutung der Digitalisierung im sozialen Sektor stärken. • Digital-Kompetenz im sozialen Sektor fördern. • Sozialunternehmen stärker berücksichtigen. • Verständnis für agile Vorgehensweisen weiterentwickeln. • Wirkungsanalyse in Förderprogrammen verankern.
  • 5. Studie zur Google Impact Challenge5 GLIEDERUNG Zusammenfassung 1. Einleitung 1.1 Stand der Forschung 1.2 Google Impact Challenge 2016 1.3 Ziele, Methoden und Teilnehmer der Studie 2. Status Quo: Chancen und Hürden der Digitalisierung im sozialen Sektor 2.1 Neue Formen des Engagements 2.2 Erwartungen an die Digitalisierung 2.3 Stand der Digitalisierung 2.3.1 Tools 2.3.2 Arbeitsweise 2.3.3 Angebote 2.4 Chancen und Hürden in der Digitalisierung 2.5 Zwischenfazit 3. Auswirkungen und Erfolgsfaktoren der Google Impact Challenge 3.1 Auswirkungen auf Projekt und Organisation 3.2 Mittelverwendung und Ressourcenaufbau 3.3 Exkurs: Wirkungsanalyse 3.4 Zwischenfazit 4. Handlungsempfehlungen 5. Quellenverzeichnis Gliederung
  • 6. 6Studie zur Google Impact Challenge 1. Einleitung 1. EINLEITUNG Wie wir einkaufen, Musik hören und Informationen suchen – im vergangenen Jahrzehnt blieb kaum ein Lebensbereich von der Digitalisierung verschont. Das Internet ist für uns selbstverständlich und das nicht erst nach Feierabend. Welcher (Büro-)Arbeitsplatz kommt schließlich heute noch ohne Computer aus? Aber reicht es, Texte darauf anstatt auf einer Schreibmaschine zu verfas­ sen, um „digital“ zu arbeiten? Und warum sollten wir das überhaupt – auch oder gerade im sozialen Sektor? Ganz einfach: Digitale Technologien können uns helfen, mehr Menschen für die Arbeit der eigenen Organisation zu begeistern, lästige Papierarbeit zu vereinfachen, und die verfügbaren Mittel deutlich effizienter einzusetzen. Wir können leichter mit unseren Kollegen kommunizieren, egal ob diese im Büro, zu Hause oder am anderen Ende der Welt arbeiten. Mit Zugriff auf alle Informationen in der Cloud entsteht ein ganz neues Wissensmanagement und agil und vernetzt kommen wir schneller zu besseren Ergebnissen. Wir vernetzen uns mit unseren Kollegen, Ehrenamtlichen und Bedürftigen, wenn wir das Angebot digital gestalten. 2. Ergebnis der Online-Befragung: „Durch Digitalisierung können NGOs und Sozialunternehmen ihre soziale Wirksamkeit erhöhen.“ a) Stimme voll und ganz zu (62 %), b) Stimme eher zu (34 %), c) Stimme eher nicht zu (2 %), d) Stimme nicht zu (2%). N = 66. 3. Ergebnis der Online-Befragung: „Im sozialen Sektor gibt es erheblichen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung.“ a) Stimme voll und ganz zu (48 %), b) Stimme eher zu (42 %), c) Stimme eher nicht zu (8 %), d) Stimme nicht zu (2%). N = 66. Aber wie viele soziale Organisationen wollen und können das? Das sind gar nicht so wenige, wie man annehmen könnte. Bei der Google Impact Challenge 2016 in Deutsch­ land gingen 2.203 Bewerbungen ein. Die Nichtregierungs­ organisationen (NGOs) haben sich mit Ideen beworben, die mit Hilfe von Technik die Gemeinschaft voranbringen. 110 von ihnen haben eine Förderung erhalten, bei einem Fördervolumen von insgesamt 3,85 Millionen Euro. Hat sich das gelohnt? Konnten die Projekte erfolgreich umgesetzt werden; werden die Zielgruppen von nun an mit digitalen Angeboten abgeholt? Und hat ein digitales Projekt tatsächlich einen digitalen Wandel in den Organi­ sationen zur Folge? Nutzen sie nun vermehrt digitale Tools oder Arbeitsmethoden? Diesen Fragen gehen wir mit dieser Studie nach – und das ist auch bitter nötig, wenn man sich nur zwei Zahlen aus unserer Umfrage anschaut: 96 % der Organisationen sehen Potenziale für NGOs, durch Digitalisierung ihre soziale Wirksam- keit zu erhöhen.2 Gleichzeitig konstatieren 90 % dem sozialen Sek- tor noch erheblichen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung.3
  • 7. Studie zur Google Impact Challenge71.1 Stand der Forschung 1.1 Stand der Forschung Wie steht es also um die Digitalisierung im sozialen Sektor? Dazu gibt es bisher kaum valide Daten, die Studienlage in Deutschland ist dünn. Eine Studie der Katholischen Universität Eichstätt-lngolstadt aus dem Jahre 20154 , eine des betterplace lab5 aus 2013 sowie eine dritte aus dem Jahre 2016 von Stifter-helfen6 , viel mehr gibt es nicht.7 Ein paar Zahlen daraus: Während bei der Studie des betterplace lab nur 79 % angaben, über eine eigene Webseite zu verfügen, waren es bei der Studie von Stifter-­ Helfen drei Jahre später schon 96 %. Das ist ein beträcht­ licher Anstieg. Allerdings sind beide Studien schwer zu vergleichen, da in ersterer vor allem spendensammelnde NGOs befragt wurden, in letzterer auch zahlreiche Sport­ 4. Katholischen Universität Eichstätt-lngolstadt, 2015. IT Report für die Sozialwirtschaft. 5. betterplace lab, 2013. NGOs im Netz. Wie soziale Organisationen online arbeiten. Online verfügbar unter: https://de.slideshare.net/betterplacelab/stud- ie-ngos-im-netz-wie-soziale-organisationen-online-arbeiten, Stand: 27.6.17. 6. Haus des Stiftens gGmbH, 2016. IT-Report für Non-Profits 2015. Online verfügbar unter: https://www.stifter-helfen.de/downloads/itreport2015.pdf, Stand: 27.6.17. 7. Zumindest wenn es um den Zusammenhang zwischen Digitalisierung und sozialem Sektor im Ganzen geht. Ansonsten wären noch die Studie Digitales Bürg- erschaftliches Engagement 2014 von Fraunhofer Fokus sowie diverse Veröffentlichungen zu den Teilbereichen Online Fundraising und Social Media von Altruja sowie betterplace lab zu nennen. 8. Ähnlich verhält es sich auch in unserer Studie, in der wir die Gewinner der Google Impact Challenge befragen. Das sind ebenfalls (im Verhältnis zum gesamten sozialen Sektor) sehr digitale Organisationen und daher keinesfalls repräsentativ für den gesamten (und sehr diversen) Sektor. 9. Die übrigen 4 % antworteten mit „Weiß nicht” auf die Frage, ob sie eine Software für Fundraising und Mitgliederverwaltung einsetzen. vereine oder Freiwillige Feuerwehren. Eines haben beide Studien allerdings gemein: In beiden Fällen wurden ausschließlich Organisationen online angesprochen und befragt. Das bedeutet, die Zahl derer, die auch im Jahre 2017 nach Christi Geburt – bzw. im Jahre 28 nach Erfin­ dung des WWW – noch über keine Online-Präsenz verfügen, dürfte höher liegen.8 Auch in anderen Bereichen der Digitalisierung liegt noch viel Potenzial: Die in der Stifter-helfen-Studie befragten Organisationen nutzen nur zu 57 % Soziale Medien, 42 % nutzen diese nicht. Ebenso sind die Zahlen zum internen Gebrauch von IT teilweise ernüchternd: 61 % nutzen eine Software für das Rechnungswesen, 39 % nicht. 47 % setzen eine Software für Fundraising und Mitgliederverwaltung ein, 49 % tun dies nicht.9 Nutzung sozialer Medien in Deutschland Nutzung von Software für das Rechnungswesen Software für Fundraising/ Mitgliederverwaltung neinja weiß nicht 42 % 57 % 1 % 33 % 61 % 5 % 48 % 47 % 5 % Abb. 1–3: Nutzung von unterschiedlicher Software (IT-Report für Non-Profits 2015)
  • 8. 8Studie zur Google Impact Challenge 1.1 Stand der Forschung In der Studie des betterplace lab von 2013 wurden drei unterschiedliche Arten von Technologie-Nutzern unter den NGOs herausgearbeitet: • „Experimentierer“: kleine Organisationen mit wenig Mitarbeitern. Sie gehen intuitiv und vorurteilsfrei mit der Digitalisierung um. Allerdings fehlen ihnen häufig die Mittel, erste Experimente in langfristige (Online-)Strate­ gien zu übersetzen. • „Kommunizierer“: Organisationen mittlerer Größe. Sie haben mehr Ressourcen als die Experimentierer, die sie vor allem zur Online-Kommunikation nutzen. Ihr Wunsch ist es, im Internet effizienter zu arbeiten. • „Zögerer“: Das sind die großen Organisationen. Sie arbeiten am traditionellsten und haben relativ wenig Online-Wissen.10 In der Studie von Stifter-helfen waren dagegen die großen Organisationen die Vorreiter in Sachen Digitalisierung, nicht die kleinen, zumindest was die klassische Nutzung von Social Media, CRM etc. angeht. Außerdem verfügen die großen Organisationen in der Regel über einen hauptamtlichen „IT-Kümmerer“. Wie ist dieses grobe Raster heute zu sehen? Die drei Schubladen aus der betterplace-lab-Studie von 2013 sind zu wenig. Und die Aufteilung große vs. kleine Organisa­ tionen aus der Stifter-helfen-Studie auch. Denn wenn wir die Digitalisierung des sozialen Sektors betrachten, dürfen wir nicht nur darauf schauen, wie die klassischen Organisationen in die digitale Welt vordringen, sondern müssen ebenso den entgegengesetzten Weg in den Fokus rücken: Wie die digitale Welt – meist junge Programmierer 10. In dieser Studie und unter den Gewinnern der Google Impact Challenge 2016 finden sich Organisationen aller drei Größen und „Typen“. oder andere „Digital Natives“ – in die Welt des sozialen Sektors eintaucht. Diese Social Start-ups oder auch Social Tech-Szene wird immer größer, nicht nur in Deutschland, sondern in vielen anderen Ländern der Welt genauso. Mit unserer jährlichen Feldforschungsreise, dem betterplace lab around the world, haben wir unzählige davon getroffen und analysiert. Social Start-ups zeichnen sich durch ihre Innovationsfreude und Digitalaffinität aus, und erleben momentan in Deutschland insbesondere durch die Flücht­ lingssituation einen Boom. In kurzer Zeit wurden Angebote geschaffen, wie bspw. Workeer, einer Jobbörse für arbeit­ suchende Geflüchtete, oder Govolunteer, einer Plattform für ehrenamtlich Engagierte in Flüchtlingsprojekten. In beiden Fällen wollten junge Menschen ihre IT-Kompeten­ zen nutzen, um Leben zu verbessern, nicht um Geschäfte zu machen. Die rechtliche Form von solchen Social Start- ups ist dabei unterschiedlich: Manche sind gemeinnützig, andere wiederum nicht, sehen aber trotzdem den sozialen Mehrwert als Hauptziel ihrer Arbeit. Einige solcher Social Tech-Start-ups finden wir auch unter den Gewinnern der Google Impact Challenge 2016. Ein weiterer blinder Fleck entstand in den genannten Studien durch die Reduzierung der Digitalisierung auf den Einsatz von Hardware, Anwendungssoftware und IT-Personal (Stifter-Helfen 2016) bzw. auf das Kommu­ nikations- und Fundraising-Verhalten (betterplace lab 2013). Zwar finden sich in der betterplace-lab-Studie unter den Punkten „Dezentral arbeiten“ und „Zentrale Strategien etablieren“ erste Ansätze, die darüber hinausgehen, jedoch werden auch hier die Fragen nach einer digitalen Gesamt­ strategie, digitaler Arbeitsweise oder einem digitalem Angebot für die Zielgruppen der NGOs deutlich zu wenig berücksichtigt. Das ist allerdings dringend notwendig, wenn wir die Digitalisierung samt all ihrer Implikationen für den sozialen Sektor betrachten möchten.
  • 9. Studie zur Google Impact Challenge91.2 Google Impact Challenge 2016 1.2 Google Impact Challenge 2016 Google.org hat 2016 zum ersten Mal die Google Impact Challenge in Deutschland veranstaltet. Zuvor lief der För­ derwettbewerb erfolgreich in den USA, Japan, Australien und Frankreich. Unter der Schirmherrschaft von Bundes­ familienministerin Manuela Schwesig (SPD) wurden in­ novative digitale Ideen sozialer Organisationen gefördert. Diese Ideen sollen „die Vereinsarbeit auf den neuesten Stand bringen und sie revolutionieren“ (http://impact­ challenge.withgoogle.com/deutschland, Stand: 20.06.17). Genauer werden folgende vier Kriterien für eine Förderung im Rahmen der Google Impact Challenge aufgeführt: 1. „Bedeutung für die Gemeinschaft: Das Projekt wirkt sich positiv auf die Lebenssituation einer lokalen oder größeren Gemeinschaft aus oder unterstützt Organisa- tionen in ihrer alltäglichen Arbeit. 2. Innovation: Das Projekt nutzt digitale Hilfsmittel oder einen kreativen Ansatz, um ein bisher ungelöstes Problem zu beheben 3. Realisierbarkeit: Das Projekt kann erfolgreich von der sich bewerbenden Organisation durchgeführt werden. 4. Reichweite: Das Projekt hat das Potenzial, ein Vorbild für andere Gemeinschaften oder Organisationen zu sein oder einer großen Anzahl von Menschen zu helfen.“ Insgesamt wurden 100 lokale Projekte mit je 10.000 Euro gefördert sowie zehn größere „Leuchtturm-Projekte“ mit je 250.000 Euro bzw. gar 500.000 Euro als Hauptpreis. Nach der Bewerbungsphase (22.09.-18.10.16) wurden die besten Ideen von Google.org und einer Fachjury aus­ gewählt und anschließend (8.-24.02.16) zur öffentlichen Abstimmung gestellt. Unter den geförderten Projekten der Leuchtturmkategorie11 finden sich Bildungsprogramme, Plattformen und Apps, genauer: • Ein smartphonebasiertes Ersthelfersystem, das bundes­ weit jährlich 10.000 Menschenleben oder mehr retten könnte (Hauptgewinner Mobile Retter), • ein Bildungsprogramm zum Umgang mit Daten für soziale Organisationen (datenschule.de der Open Know­ ledge Foundation Deutschland), • eine psychosoziale Online-Beratung für Geflüchtete (Ipso e-care), • eine Online-Plattform, die junge Kreative mit sozialen Organisationen zusammenbringt (youvo), • eine Website, die zeigt, wo man essbares Obst zur öffent­ lichen und freien Verfügung findet (Mundraub Plus von mundraub), 11. Die folgenden Projekte wurden in dieser Studie zweimal interviewt, s. genauer unter Kapitel 1.3. • eine globale, skalierbare Lösung, um Geflüchteten Zugang zur Hochschulbildung zu ermöglichen (Kiron), • eine App zur Orientierung von Straßen- und Flüchtling­ skindern in einem immer komplexer werdenden Hilfe­ system (DraußenkinderApp von Karuna), • ein Mentorenprogramm für digitale Kompetenz von Schülern (Digitale Helden), • ein Online-Angebot für Jugendliche, um programmieren zu lernen (App Camps), • eine App, die Betroffenen von Essstörungen bei der Therapie hilft (Jourvie). Außerdem wurden 100 lokale Projekte gefördert. Beispiel­ haft befinden sich darunter: • Eine Suchmaschine, die einen sicheren Surfraum für Kinder bis zwölf Jahre bietet (fragFINN), • eine Organisation, die aussortierte Computer für sozial Bedürftige aufbereitet (Digital Helpers), • ein Telefon-Coaching für Menschen, die sich sozial ­engagieren wollen (ProjectTogether), • Videos, die spielerisch die Wichtigkeit von Landwirtschaft und Lebensmitteln vermitteln (AckerClips von Ackerdemia), • und eine Website, speziell für schwerhörige und taube Grund­ schulkinder (Gebärdengrips von Kopf, Hand + Fuss). Eine Besonderheit der Google Impact Challenge ist, dass die finanzielle Förderung (im Fall der Leuchtturm- Projekte) durch ein intensives Trainingsprogramm von Ashoka, der weltweit größten Organisation für Sozialunternehmer, sowie ein Mentoring von Google. org ergänzt wird. Insgesamt gab es drei Workshops zu den Themenkomplexen Vision, Wirkung, Systemwandel, Skalierung und Wissenstransfer. Darüber hinaus konnten die Gewinner selbst Themen wählen, zu denen sie sich mit Experten aus dem Ashoka-Kreis austauschen konnten. Von Google.org hat jeder Gewinner zudem einen Mentor als direkten Ansprechpartner erhalten, mit dem sie sich zu Fragen rund um die Umsetzung austauschen konnten. Zum Erhebungszeitpunkt dieser Studie sind bereits einige Projekte realisiert (wie z. B. fragFINN oder die AckerClips), während sich die Mehrzahl noch in der Umsetzung befindet. Das gilt es in Folge zu beachten, insbesondere wenn wir auf die Auswirkungen der Google Impact Challenge zu sprechen kommen (in Kapitel 3).
  • 10. 10 1.3 Ziele, Methoden und Teilnehmer der StudieStudie zur Google Impact Challenge 1.3 Ziele, Methoden und Teilnehmer der Studie Diese Studie untersucht die Auswirkungen des Gewinns der Google Impact Challenge auf die geförderten Organisationen und die Wirksamkeit ihrer Arbeit. Es interessiert sowohl die kurzfristige Perspektive (Macht das geförderte Projekt die Arbeit der Organisation direkt wirksamer?) als auch die langfristige (Trägt das geförderte Projekt zu einer Entwicklung der Organisation bei?). Anhand von 15 Gewinnerprojekten der Google Impact Challenge versuchen wir, generelle Chancen und Hürden für den sozialen Sektor darzustellen, die die Digitalisierung mit sich bringt. Welche Hemmnisse stehen aktuell einer Skalierung noch entgegen – und welchen Einfluss nimmt die Förderung im Rahmen der Google Impact Challenge darauf? Ziel der Studie ist es, die Ergebnisse anhand von Erfolgsfaktoren und Empfehlungen für den sozialen Sektor, Google.org als Förderer und die Politik abzuleiten. Methodisch nutzen wir qualitative Interviews und eine quantitative Umfrage.12 Mit insgesamt 14 Gewinnern der Google Impact Challenge haben wir je zweimal während der Umsetzung ihrer geförderten Projekte gesprochen, im September 2016 sowie im Februar 2017, mit einem nur einmal im September 2016. Im ersten Interview haben wir den aktuellen Stand und die Einstellung der Organisation zur Digitalisierung fokussiert, die erhofften Auswirkun­ gen aus dem Gewinn der Google Impact Challenge abge­ fragt sowie den Stand zur Wirkungsanalyse in Erfahrung gebracht. Im zweiten haben wir uns hingegen auf ihre Erfahrungen aus der Projektumsetzung konzentriert und über die tatsächlichen Veränderungen in der Arbeit und Wirksamkeit der Organisationen seit der Google Impact Challenge gesprochen. Zusätzlich haben wir eine quanti­ tative Befragung anhand eines Online-Fragebogens unter den 200 Nominierten, die öffentlich zur Abstimmung standen, durchgeführt. Mit einer Teilnehmerzahl von 9813 lassen sich so die Einschätzungen der Organisationen aus den qualitativen Interviews noch einmal abgleichen und auf eine breitere Basis stellen. Anhand der besagten Online-Befragung haben wir ein besseres Bild über die teilnehmenden Organisationen gewonnen: • Die Organisationen sind recht jung. im Durchschnitt 17 Jahre, wobei ein Drittel gar erst in den letzten drei Jahren gegründet wurde. 12. Die Antworten aus den Interviews werden in dieser Studie anonymisiert wiedergegeben. 13. Von den 98 Teilnehmern an der Online-Befragung zählten 74 % zu den Gewinnern der Google Impact Challenge, 26 % nicht. • Die Organisationen sind mehrheitlich als Verein (66 %), (g)GmbH (12 %), Stiftung (8 %) oder gUG (8 %) organi­ siert. Knapp über 80 % sind eigenständig und nicht Teil eines größeren Trägers. • Knapp 40 % hatten jemanden mit IT-Background bereits im Gründerteam. • Im Durchschnitt arbeiten die Organisationen mit 80 Angestellten (Varianz zwischen 0 und 2.630) und 625 Ehrenamtlichen (Varianz zwischen 0 und 30.000). Ein Drittel der Organisation hat weniger als zehn Angestellte. • Mit ihrer Arbeit erreichten die Organisationen in 2015 zu 23 % über 1.000 Menschen, zu 21 % zwischen 200 und 500, zu 18 % zwischen 500 und 1.000, zu 16 % zwischen 50 und 200 sowie zu 4,5 % 1 bis 50 Menschen. Das Teilnehmerfeld ist also in vielerlei Hinsicht divers: Es gibt ältere, etablierte Organisationen genauso wie frische Social Start-ups. Manche verfügen über viele Mitarbeiter an mehreren Standorten, während andere rein ehren­ amtlich arbeiten. Mit ihren Angeboten erreichen bereits knapp ein Viertel über 1.000 Menschen, die meisten jedoch aktuell noch deutlich weniger. Diese Bestands­ aufnahme ist insofern spannend, als dass wir von unter­ schiedlichen Voraussetzungen unter den Organisationen ausgehen können, wenn wir uns ihren Digitalisierungs­ grad anschauen. Auch wenn die Teilnehmer – und noch weniger die Gewinner – repräsentativ sein können für den gesamten sozialen Sektor, so bekommen wir doch einen guten Einblick in den Stand von Organisationen, die sich immerhin zu 69 % als deutlich oder eher im Vorsprung im Vergleich zu anderen sozialen Organisationen sehen, wenn es um die Digitalisierung geht. Wenig verwunderlich, bedenkt man, dass es hierbei viele junge Organisationen gibt, die zu 40 % jemanden mit IT-Kenntnissen bereits im Gründerteam hatten, und dass sich allesamt mit einem digitalen Projekt beworben haben. Grundkenntnisse und eine Neugier auf das Wirkungspo­ tenzial der Digitalisierung kann man wohl allen Teilneh­ mern attestieren, ohne das auf den gesamten sozialen Sektor übertragen zu wollen.
  • 11. 11 Studie zur Google Impact Challenge2. Status Quo: Chancen und Hürden der Digitalisierung im sozialen Sektor Wie schätzen Sie den Stand der Digitalisierung in Ihrer Organisation insgesamt im Vergleich zu anderen sozialen Organisationen ein? deutlich im Vorspung eher im Vorspung deutlich im Rückstandeher im Rückstand 21 % 1 % 48 % 30 % Abb. 4: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 71 2. Status Quo: Chancen und Hürden der Digitalisierung im sozialen Sektor Welcher Arbeitsplatz kommt heute noch ohne Computer aus? Digitale Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder E-Mail haben bereits mit Windows 95 Einzug in die Büros gehalten. Das ist im sozialen Sektor nicht anders als in Wirtschaftsunternehmen. Doch arbeiten soziale Organi­ sationen im Jahr 2017 in der Cloud? Nutzen sie Scrum für ein agiles Projektmanagement? Und erreichen sie ihre Ziel­ gruppen über digitale Angebote? Welche Chancen stecken in der Digitalisierung für den sozialen Sektor und was sind die spezifischen Herausforderungen und Hürden, die aktu­ ell einer stärkeren Digitalisierung im Wege stehen? 2.1 Neue Formen des Engagements Was wäre eine Bildungs-NGO ohne Bücher und Lehrer? Bis vor Kurzem vermutlich kaum denkbar. Fast alle NGOs mit besserer Bildung zum Ziel haben auf Lernmaterialien und persönliche Betreuung in Einzel- oder Gruppenunter­ richt gesetzt. Das ist sowohl teuer als auch aufwändig. Heute gibt es zunehmend neue digitale Lösungen, von Selbstlern-Apps bis MOOCs (Massive Open Online Courses). Teile der Leistungen durch die Lehrer und mithilfe von Büchern können so digitalisiert und skaliert werden. Einen Zugang über ein entsprechendes Endgerät vorausgesetzt, können Lerner eigenständig das Angebot wahrnehmen. Mit jedem neuen Lerner steigt der Aufwand auf NGO-Seite nur marginal. Soziale Angebote werden digital. Das bedeutet nicht, dass der Mensch aus dem Angebot verschwinden muss oder soll. Vielmehr können seine Stärken in der sozialen Interaktion und im individuellen Kontakt viel gezielter eingesetzt werden, wenn ihm dazu mehr Zeit bleibt. Auch dafür können digitale Angebote in Ergänzung sorgen, für Bildungsinitiativen genauso wie in fast allen anderen Wirkungsbereichen. Untersucht man die digitalen Angebote sozialer Organi­ sationen genauer, lassen sich unter den Gewinnern der Google Impact Challenge vier wesentliche Typen aus­ machen: (1) Digitale Angebote für Bedürftige, (2) Aufbau digitaler Fähigkeiten und Infrastruktur, (3) Verbesserung digitaler Angebote und (4) Ehrenamt qua Digitalisierung.
  • 12. 12Studie zur Google Impact Challenge 2.1 Neue Formen des Engagements (1) Digitale Angebote für Bedürftige: Hier verbessert und ersetzt die Digitalisierung die nicht-technologischen Angebote. In der App von Jourvie beispielsweise können Menschen mit Essstörungen Essprotokolle und Gefühlstagebücher deutlich einfacher mit sich führen als in Papierform. Abgesehen von der leichteren Handhabung erlaubt die App eine automatische Übertragung der relevanten Daten an den Therapeuten und schafft so einen wichtigen Zusatznutzen. Ipso e-care verlegt die psychosozialen Beratungsgespräche für Ge­ flüchtete ins Internet. Mithilfe von Video-Chats bleibt nicht nur der persönliche Kontakt bestehen, sondern wird vielmehr über die weite Entfernung zwischen Kabul und Konstanz erst ermöglicht. Und die AckerClips der Acker­ demia bringen (Stadt-)Kindern nahe, was sie sonst nur auf dem (weit entfernten) Feld sehen könnten. Der Zugang zu relevanten Informationen wird für Begünstigte leichter, sei es via Video, Video-Chat oder Datentransfer. (2) Aufbau digitaler Fähigkeiten und Infrastruktur: Die digitalisierte Welt bringt neue Anforderungen mit sich, auf die Individuen, Organisationen und die Gesellschaft als Ganzes vorbereitet sein müssen. App Camps und die Digitalen Helden wenden sich an Schüler: App Camps vermittelt ihnen Programmierfähigkeiten, damit sie die digitale Zukunft selbst gestalten können; die Digitalen Helden verhelfen den Schülern zu dem nötigen Wissen und Selbstbewusstsein, damit sie sich souverän in der vernetzten Gesellschaft bewegen können. Die Datenschule wendet sich hingegen an soziale Organisationen, um sie (gemäß ihres Namens) im Umgang mit Daten zu schulen. Und die Digital Helpers kümmern sich erst einmal um die not­ wendige Infrastruktur in Form von Hardware, die sie von Unternehmen einsammeln und für soziale Organisationen aufbereiten. Es geht also darum, die erforderliche Hard­ ware bereitzustellen und die notwendigen Kompetenzen zu vermitteln, um die Digitalisierung nutzen zu können. (3) Verbesserung digitaler Angebote: Wir sind bereits ständig von digitalen Angeboten umgeben. Manch­ mal sind diese aber schlicht nicht ausreichend bzw. nicht inklusiv und schließen somit bestimmte Gruppen aus. Dann bedarf es eines zusätzlichen Angebots: fragFINN schafft z. B. eine Suchmaschine speziell für Kinder, die nur auf kindgerechte Inhalte im Internet verweist; Gebärden­ grips ist eine Website speziell für schwerhörige und taube Grundschulkinder mit umfassenden Informationen, Un­ terrichtsmaterialien und Spielen in deutscher Gebärden­ sprache. Solche Erweiterungen oder genau zugeschnittene Angebote erlauben es mehr Menschen, von der Digitali­ sierung zu profitieren. (4) Ehrenamt qua Digitalisierung: Auch das Ehrenamt verändert sich durch die Digitali­sie­ rung, neue Formen der Zusammenarbeit und neue digitale Möglichkeiten, um gesellschaftlichen Nutzen zu schaffen, ent­ stehen. So wie durch Mobile Retter, die ihre Ehrenamtlichen zu Ersthelfern ausbilden. Per Smartphone werden diese über einen Notfall in ihrer Umgebung informiert und können so schneller am Unfallort eintreffen und Ersthilfe leisten als die gleichzeitig informierte Ambulanz. Ebenso bildet Kiron seine Ehrenamtlichen aus, allerdings zu Buddys. Buddys kümmern sich dezentral – auch das ist neu – um die Geflüchteten, die über Kiron einen Hochschulabschluss erwerben wollen. Sie können ihre Zeit selbst einteilen, verpflichten sich lediglich dazu, sich jede Woche mind. 20 Minuten mit ihm auszutau­ schen und ihn so zu begleiten. Das Ehrenamt ist flexibler geworden. Es verlangt von den Ehrenamtlichen spezifische Fähigkeiten, erlaubt ihnen gleichzeitig aber größere Selbst­ bestimmung und verspricht bei punktuellem Aufwand große Wirksamkeit. Voraussetzung für solche digitalen Engagementformen ist der Zugang zu den notwendigen Technologien auf beiden Seiten: Zugang zum Internet sowie Zugriff auf einen Com­ puter oder ein Smartphone müssen für die Hilfsempfänger genauso gewährleistet sein wie für die sozialen Organisa­­ tionen und ihre ehrenamtlichen Helfer. Dann kann die persönliche Interaktion ergänzt und die Reichweite erhöht werden: Mehr Menschen können von dem Angebot profitieren, die sozialen Organisationen werden potenziell wirksamer.
  • 13. Studie zur Google Impact Challenge132.2 Erwartungen an die Digitalisierung im sozialen Sektor 2.2 Erwartungen an die Digitalisierung im sozialen Sektor „Die Zukunft ist digital.“ Ist eine Digitalisierung im sozialen Sektor überhaupt erstrebenswert? Was versprechen sich soziale Organisa­ tionen davon? 93 % der Organisationen erwarten nicht weniger als eine erhöhte soziale Wirksamkeit und damit eine bessere Erfüllung ihres Zwecks.14 Digitaler wäre sogleich wirksamer. Die Organisationen begründen ihre hohen Erwartungen im Interview mit drei wesentlichen Punkten: • Die Digitalisierung führt zu flexiblerem, schnellerem und effizienterem Arbeiten. Das gilt sowohl für die globale Projektsteuerung als auch in der Abwicklung einzelner bürokratischer Prozesse, die infolgedessen weniger Zeit in Anspruch nehmen. Die Zusammenarbeit wird vereinfacht. Und mittels Proto­ typen können schneller Ergebnisse umgesetzt, überprüft und angepasst werden. • Die Digitalisierung macht Angebote skalier- und internationalisierbar. Digitale Angebote können leicht vielen Bedürftigen zur Verfügung gestellt werden. Der Aufwand pro Person steigt nicht proportional. Bei ähnlichen Problemstellungen weltweit werden existierende Lösungen einfach übertragen.15 14. Ergebnis der Online-Befragung: „Durch Digitalisierung können NGOs und Sozialunternehmen ihre soziale Wirksamkeit erhöhen.“ a) Stimme voll und ganz zu (62 %), b) Stimme eher zu (34 %), c) Stimme eher nicht zu (2 %), d) Stimme nicht zu (2%). N = 66. 15. Die Ansätze der Google Impact Challenge-Teilnehmer wurden in Kapitel 1.2 benannt und in 2.1 kategorisiert. • Die Digitalisierung einer Organisation führt zu ihrer Professionalisierung. Prozesse und Strukturen werden festgelegt und damit personenunabhängiger. Angebote werden standardisiert und erfahren eine höhere Qualitätssicherung. In der anschließenden Online-Umfrage wurden diese Er­ wartungen nochmals bestätigt. Der Digitalisierung werden hier ebenfalls (sehr) positive Auswirkungen auf die Profes­ sionalisierung (82 %) sowie auf die Projektsteuerung und Zusammenarbeit (81 %) von der Mehrheit der Befragten zugeschrieben. „Wir müssen weg von der ‘Jeder macht alles’-Mentalität.“ Ein weiterer Aspekt sind die Auswirkungen auf den Bekanntheitsgrad (93 %) sowie das Fundraising und die Finanzierung (75 %). In Punkto Bekanntheitsgrad sind die Erwartungen am überschwänglichsten, nur 3 % gehen hier von geringen Auswirkungen aus, alle anderen sehen ein großes Potenzial für ihre Organisation. Welche Auswirkungen auf die Arbeit Ihrer Organisation erwarten Sie durch eine stärkere Digitalisierung? sehr positive Auswirkungen positive Auswirkungen geringe Auswirkungen keine Auswirkungen Fundraising und Finanzierung Professionalisierung der Organisation und Prozesse Projektsteuerung und Zusammenarbeit Bekanntheitsgrad Interaktion mit Ehrenamtlichen Interaktion mit Begünstigten Soziale Wirkung insgesamt 0 20 40 60 80 100 24 % 1 %24 % 36 % 46 % 18 % 19 % 3 % 4 % 5 %22 % 7 %42 % 51 % 28 % 43 % 25 %22 % 49 % 55 % 42 % 27 % 54 % 51 % Abb. 5: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 69
  • 14. 14 2.2 Erwartungen an die Digitalisierung im sozialen SektorStudie zur Google Impact Challenge „Digitalisierung führt zu einem Umbruch, wie wir Menschen erreichen. Das ist die Zukunft. Deshalb stellen wir uns entsprechend auf.” Auf der anderen Seite werden die Auswirkungen auf die In­ teraktion mit Ehrenamtlichen (71 %) sowie die Interaktion mit Begünstigten (ebenfalls 71 %) zwar immer noch deut­ lich positiv eingeschätzt, doch äußert sich hier im Vergleich (!) eine gewisse Skepsis: Es rechnen 22 % bzw. 25 % nur mit geringen Auswirkungen, 4 % bzw. 5 % mit keinen. Damit liegen sie unter dem Durchschnitt von 82,2 %, die der Digitalisierung (sehr) positive Auswirkungen in allen abge­ fragten Bereichen zuschreiben. Darüber liegt sogar noch die Erwartung bezüglich der sozialen Wirkung gesamt: 93 % der Befragten gehen davon aus, dass die Digitalisierung die Wirkung erhöhen wird, was nochmals die hohen Erwartun­ gen von Seiten der Organisationen unterstreicht. Die Ergebnisse lassen sich dahingehend interpretieren, dass möglicherweise die hohen Erwartungen auch von den Bedarfen der Organisationen herrühren. Da es sich um viele junge und stark wachsende Organisationen handelt (vgl. Kapitel 1.3), ist der Wunsch nach Profes­ sionalisierung, Prozessoptimierung und verbesserter Projektsteuerung nachvollziehbar. Auch das Streben nach höherer Bekanntheit und – in den Vorstellungen oft damit einhergehend – die Aussicht auf sichere Finan­ zierung und erfolgreiches Fundraising gehören wohl auf die Wunschliste jeder NGO. Als die Organisationen gebeten wurden, die genannten sechs Anwendungsfelder (Finanzierung, Projektsteuerung, Professionalisierung, Bekanntheitsgrad, Interaktion mit Begünstigten und Interaktion mit Ehrenamtlichen) in eine Reihenfolge zu bringen, je nachdem wo sie den größten Handlungsbedarf bei sich sehen, um höhere soziale Wirkung zu erzielen, bestätigt sich dieser Verdacht. Ganz vorne landet der Bekanntheitsgrad als größtes Verbesserungspotenzial, vor Fundraising und Finanzierung sowie Professionalisierung. Die Projektsteuerung gehört hingegen bei 65 % nicht zu den drängendsten Handlungsfeldern. Die Interaktion mit Ehrenamtlichen und Begünstigten wird zwar immer noch zaghaft, aber schon deutlicher von 40-50 % als Hand­ lungsbedarf identifiziert. Worin besteht bei Ihrer Organisation der größte Handlungsbedarf, um eine höhere soziale Wirkung zu erzielen? Fundraising und Finanzierung Professionalisierung der Organisation und Prozesse Projektsteuerung und Zusammenarbeit Bekanntheitsgrad Interaktion mit Ehrenamtlichen Interaktion mit Begünstigten 0 10 20 30 40 50 60 70 80 wichtigster Bereich zweitwichtigster Bereich drittwichtigster Bereich 22 % 22 % 15 %16 % 16 % 13 % 19 % 10 % 7 % 22 % 29 % 25 % 18 % 1 % 16 % 18 % 24 % 10 % Abb. 6: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 69 Diese verhältnismäßige Zurückhaltung mit Blick auf die Interaktion mit Begünstigten und Ehrenamtlichen ist interessant. Rund ein Viertel der Befragten erwartet z. B. keine oder geringe Auswirkungen der Digitalisierung auf die Interaktion mit Begünstigten, und (fast) die Hälfte sieht hier auch keinen akuten Handlungsbedarf. Eine Erklärung könnte darin liegen, dass gerade die Interaktion noch als etwas sehr persönliches und individuelles ver­ standen wird, das man als Organisation nicht digitalisieren möchte. Ob es aber tatsächlich eine gefühlte Dichotomie zwischen Mensch und digital gibt, sollte genau wie die übrigen Thesen in dem folgenden Kapitel zum Stand der Digitalisierung überprüft werden.
  • 15. Studie zur Google Impact Challenge152.3 Stand der Digitalisierung im sozialen Sektor 2.3 Stand der Digitalisierung im sozialen Sektor Die Erwartungen sind hoch, doch wie weit sind soziale Organisationen aktuell davon entfernt? Der IT-Report von Stifter-helfen hat gezeigt, dass beispielsweise die Hälfte der Organisationen noch keine Software zur Mitgliederver­ waltung nutzen (s. Kapitel 1.1). Aber Technologie allein ist ohnehin nicht die Wunderwaffe in der Digitalisierung. Sie bildet zwar die Grundlage, ist aber allein nicht hin­ reichend. Am effektivsten sind Organisationen mit einer klaren digitalen Strategie oder Vision: Wie möchten sie in fünf bis zehn Jahren arbeiten und wie können sie dahin kommen? Entlang dieser Leitplanken lässt sich besser definieren, welche digitalen Technologien momentan überhaupt sinnvoll sind. Wird das Pferd allerdings von hinten aufgezäumt, also mit der Einführung neuer Hard- oder Software begonnen, kann das kompliziert, zeitinten­ siv, teuer und frustrierend werden, da das Ziel dahinter nicht für alle erkennbar wird. Eine übergreifende digitale Strategie für die gesamte Organisation ist ein wesentlicher 16. Es ist nicht entscheidend, ob sich die Organisation explizit eine digitale Strategie gegeben und aufgeschrieben hat (obwohl das natürlich hilfreich sein kann), sondern vielmehr ob die digitalen Chancen dauerhaft im Bewusstsein verankert sind und entsprechend in der Organisations- und Projektentwicklung mitge- dacht werden. Bei einigen Organisationen geschieht das ganz organisch seit ihrer (jungen) Gründung, ohne dass sie von einer dezidierten Strategie sprechen. Faktor für eine erfolgreiche Digitalisierung und meint, dass der Einsatz von digitalen Tools und Angeboten nicht auf einzelne Projekte beschränkt bleibt, sondern übergreifend entlang einer strategischen Ausrichtung mitgedacht wird.16 „Digitalisierung ist bei uns ein großes Thema, allerdings vermeiden wir das Wort ‚Strategie‘ dabei, das passt einfach nicht zu uns.“ Unter den befragten Google Impact Challenge-Teilneh­ mern gelingt das 20 %, während die Mehrheit (62 %) sich noch auf vereinzelte digitale Projekte in ausgewählten Bereichen beschränkt. Nur 2 % haben sich bisher nicht eingehend damit auseinandergesetzt. Das heißt, dass das Bewusstsein prinzipiell vorhanden ist, momentan aber in den meisten Fällen nur punktuell zur Anwendung gebracht wird. Die geförderten Projekte im Rahmen der Google Impact Challenge können dabei entsprechende „Test­ ballons“ sein, von denen dann weitergehend eine digitale Strategie für die gesamte Organisation entwickelt wird. Übergreifende digitale Strategie für die gesamte Organisation Einzelne digitale Projekte in ausgewählten Bereichen, aber keine übergreifende Strategie Wir haben uns mit dem Thema noch nicht eingehend beschäftigt Noch ganz am Anfang – in der Planungsphase 25 % 61 % 60 % 20 % 17 % 1 %2 % 14 % Welche der folgenden Aussagen beschreibt am besten die Vorgehensweisen Ihrer Organsisation beim Thema Digitalisierung? UnternehmenNGO Abb. 7: Ergebnis aus der Online-Befragung (links) in Gegenüberstellung mit einer Umfrage unter Wirtschaftsunternehmen (Adobe Pac, 2015), n = 70
  • 16. 16Studie zur Google Impact Challenge 2.3 Stand der Digitalisierung im sozialen Sektor Interessanterweise entspricht diese Selbsteinschätzung ziemlich genau der in Wirtschaftsunternehmen (vgl. Adobe PAC, 2015). Lediglich 5 % mehr können hier auf eine übergreifende Strategie verweisen (also 25 %) und genau die Hälfte beschränkt sich aktuell auf vereinzelte digitale Projekte. Das ist insofern spannend, als dass der Innova­ tionsdruck auf Wirtschaftsunternehmen im Allgemeinen als größer angenommen wird und man sie daher im Vorsprung gegenüber dem sozialen Sektor wähnt. An der Stelle scheint es – zumindest im Vergleich zu den Google Impact Challenge-Teilnehmern – nicht wesentlich der Fall zu sein. Eine digitale Vision ist noch nicht der Standard. Stattdessen legen die Organisationen ihren Fokus auf das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit. Wie schon in den Erwartungen zu den Auswirkungen der Digitalisierung und in Bezug auf den Handlungsbedarf zu sehen war, ist das der Bereich, in denen die Organisationen am stärksten auf digitale Technologien setzen. Für fast 60 % der Organi­ sationen sind digitale Technologien absolut zentral für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, weitere 34 % halten sie zumindest für wichtig. Lediglich zu je 3–4 % wird die Digi­talisierung in diesem Bereich als entweder nicht wichtig oder nur untergeordnet eingeschätzt. Zum Vergleich: In allen anderen abgefragten Bereichen geben jeweils min­ destens 40 % der Organisationen an, dass Technologien dort nicht wichtig oder nur untergeordnet seien. Das heißt, abgesehen vom Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit, sind digitale Technologien für knapp die Hälfte bisher kein wesentlicher Faktor. Wie wichtig sind digitale Technologien für die Arbeit Ihrer Organisation in den folgenden Bereichen? absolut zentral wichtig untergeordnet nicht wichtig/nutzen wir nicht Fundraising und Finanzierung Abwicklung interner Prozesse Marketing und Öffentlichkeitsarbeit Projektsteuerung und Zusammenarbeit Rekrutierung und Einbindung Ehrenamtlicher Interaktion mit Begünstigten 0 20 40 60 80 100 34 % 20 %23 % 23 % 36 % 34 % 7 % 37 % 20 % 3 % 4 % 13 %36 % 27 % 14 %37 % 22 % 10 % 41 % 59 % 34 % 16 % 27 % 23 % Abb. 8: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 71 Neben Marketing und Öffentlichkeitsarbeit spielen digitale Technologien für rund 59 % der Organisationen eine wichtige oder zentrale Rolle für die Projektsteuerung und Zusammenarbeit sowie für Fundraising und Finanzierung. In der Projektsteuerung und Zusammenarbeit sind digitale Technologien für 37 % absolut zentral (für 22 % wichtig), während im Fundraising und der Finanzierung 23 % es als absolut zentral bewerten (36 % als wichtig). Ein weiterer Bereich, in dem digitale Technologien zumindest für rund die Hälfte der Organisationen wichtig sind, ist die Ab­ wicklung interner Prozesse: 41 % erachten digitale Tech­ nologien hier als wichtig, jedoch „nur“ 10 % als absolut zentral. Das heißt, dass digitale Technologien insbesondere im Marketing und der Projektsteuerung schon heute für einen großen Teil sozialer Organisationen essentiell sind. Im Bereich Fundraising und Finanzierung sind digitale Technologien dagegen eher unterstützend im Einsatz als zentral und in der Abwicklung interner Prozesse fast aus­ schließlich unterstützend. Bei der Interaktion mit Begünstigten sowie der Rekrutierung und Einbindung von Ehrenamtlichen setzen etwas weniger als die Hälfte der Befragten auf digitale Technologien, während etwas mehr als die Hälfte die Digi­ talisierung hier für untergeordnet oder gänzlich unwichtig halten. Dies steht im Einklang mit den Ergebnissen aus
  • 17. Studie zur Google Impact Challenge172.3.1 Tools Abb. 5, nach der fast 30 % der Organisationen keine oder nur geringe Auswirkungen der Digitalisierung auf die Interaktion mit Ehrenamtlichen bzw. ihren Zielgruppen er­ warten. Es bleibt also dabei, dass insbesondere im Bereich der Interaktion digitale Technologien aktuell wenig von sozialen Organisationen genutzt werden. Wer ist in den Organisationen dafür verantwortlich, in welchen Bereichen digitale Tools eingesetzt werden? Das ist in den interviewten Organisationen unterschiedlich geregelt. Die Antworten reichen von keinem bis alle. Viele haben einzelne Teammitglieder, die das Thema inter­ essengeleitet mit einbringen und sind prinzipiell offen für Input von jedem aus dem Team; einzelne sehen das Thema auf Ebene des Vorstands und der Geschäftsführung, die Impulse in Richtung einer stärkeren Digitalisierung setzen. Eine einzelne Person, in deren dezidierten Zuständigkeits­ bereich die Digitalisierung fällt, ist jedoch die Ausnahme. Digitalisierung ist ein Querschnittsthema, das in den meisten Organisationen entsprechend auf viele Schultern verteilt wird; das sind auch die Organisationen, die in Folge mehr experimentieren und häufiger neue Methoden in der Zusammenarbeit ausprobieren im Vergleich zu denen, die entweder niemanden haben, der das Thema auf die Agenda setzt, oder es ausschließlich im Vorstand verorten. „Man sollte Digitalisierung nicht um der Digitalisierungswillen betreiben und diese nicht zweckentfremden. Digitalisierung sollte da stattfinden, wo sie auch angebracht ist, z. B. bei Prozessen, die sich dazu eignen.“ 2.3.1 Tools Welche Tools (hier primär als Software-Anwendungen verstanden) kommen zur Projektsteuerung, Rekrutierung oder im Fundraising zum Einsatz? In den Interviews nan­ nten die Organisationen zu großen Teilen das Angebot der bekannten Branchengrößen, wie Google und Microsoft, in einigen Fällen haben sie sich aber ganz bewusst für Individuallösungen entschieden. „Es gibt bereits viele kostenlose Tools, man muss aber auch wissen, wie man sie nutzt.” 17. Einige Organisationen haben Google AdWords erst in Folge der Google Impact Challenge eingeführt, da sie im Mentoring durch Google.org davon erfahren haben. Wie zuvor gesehen, sind für viele Organisationen in der Projektsteuerung digitale Tools sehr wichtig. In den In- terviews konnten auch entsprechend alle Organisationen bis auf eine (also 14 von 15) jeweils zwei bis acht Tools benennen, die sie regelmäßig nutzen. Besonders häufig wurden Google Apps und Microsoft Office als Allrounder aufgezählt, mehrmals Trello, Wunderlist, Podio und Basecamp im Projektmanagement sowie einmalig Bitrix, Inloox, Libre Office und OpenRefine (zur Datenaufberei­ tung). Als CRM-Tools wurden Highrise, HubSpot und Daylight genannt. Eine Organisation hat ein eigenes Tool für die Projektsteuerung programmiert, um ihren An­ sprüchen in Bezug auf Usability und Datenschutz optimal zu entsprechen. „Uns ist Datenschutz extrem wichtig, daher kommen für uns keine Tools infrage, die in den USA gehostet werden.” Für die internen Prozesse zeigt sich ein ähnliches Bild: Einige Organisationen sind recht zaghaft und konzentrie­ ren sich auf eine oder zwei Anwendungen, während andere Organisationen bereits eine ganze Reihe an Software für die unterschiedlichen Aufgaben, von der Gehaltsabrech­ nung bis zum Gruppenchat, nutzen. Als Cloud-Lösung tauchen dabei – wenig überraschend – vor allem Google Drive und Dropbox auf; eine Organisation setzt auch hier auf einen eigenen unabhängigen Server. In der Kommu­ nikation finden sich bei vielen Organisationen E-Mail via Provider, Slack, Skype oder Google Hangout, bei einigen noch ergänzt durch WhatsApp. Für die Finanzverwaltung wurden Agenda, Fast Bill, Billomat und Datev genannt; eine elektronische Buchführung hat sich durchgesetzt und gilt als so selbstverständlich, dass sie ohne Nachfragen selten genannt wird. Im Marketing kommt keine soziale Organisation ohne Social Media aus bis auf eine, die Ausnahme von der Regel. Facebook, Twitter und YouTube werden von fast allen genutzt. Hinzu kommen zahlreiche Aktivitäten im Bereich Search Engine Optimization und Marketing, als allererstes via Google AdWords17 , kombiniert mit einer Analyse der Marketing-Aktivitäten, bspw. mittels Mention, Hootsuite, Piwik, Hashtracking oder Google Analytics. Für ihren Newsletter haben einige Mailchimp als Software angegeben. Selten genannt, obwohl jede Organisation über mind. eine verfügt, ist die Website. Auch diese ist im Jahr 2017 selbst­ verständlich – ähnlich wie die elektronische Buchführung.
  • 18. 18Studie zur Google Impact Challenge 2.3.2 Arbeitsweise Fundraising ist für eine Reihe der interviewten Organisa­ tion nicht relevant. Die übrigen nutzen entweder better­ place.org (am häufigsten)18 , in einem Fall Spendino, oder ansonsten Crowdfunding: Startnext und Indiegogo wurden wiederholt aufgezählt. In der Interaktion mit Ehrenamtlichen finden sich die we­ sentlichen Kommunikationskanäle für die interne Kommu­ nikation und das Marketing wieder: Zum einen kommen bei einigen Organisationen Slack oder Podio zum Einsatz, zum anderen Social-Media-Kanäle wie Facebook oder WhatsApp, dann aber häufig in Funktion der Einzelchats. An der Wahl der Tools lässt sich möglicherweise ablesen, wie eng Ehrenamtliche in die Organisationsarbeit einge­ bunden sind; je nachdem werden zusätzliche, unabhängige Kanäle etabliert, wie eine eigene Plattform oder persönli­ che Gespräche via E-Mail und Telefon geführt; oder aber sie werden eng in die Projektplanung mit der entsprechen­ den Software eingebunden und auch in Echtzeit via Social Media kontaktiert. Einige Organisationen setzen bisher nicht auf digitale Tools in der Interaktion mit ihren Begünstigten; mehrere davon geben an, dass sie das durch das geförderte Pro­ jekt jetzt ändern möchten. Die übrigen nutzen teilweise auch dafür Social Media, insbesondere Facebook, für den direkten Kontakt oder führen regelmäßig Umfragen durch via Google Forms oder LamaPoll. Drei Organisationen gaben darüber hinaus an, sich regelmäßig das Nutzerver­ halten der Begünstigten in ihrem digitalen Angebot (einer Website oder App) anzuschauen. Dafür nutzen sie Google Analytics, iTunes Analytics oder Auskünfte über den IT-Dienstleister. Insgesamt bestätigen die Interviews die Ergebnisse der quantitativen Umfrage, was die Bedeutung von Tools in den unterschiedlichen Anwendungsbereichen innerhalb der Organisation anbelangt. Besonders im Marketing und Projektmanagement sind sie zentraler Bestandteil, mit leichten Abstrichen auch in der internen Kommunikation. Da viele der befragten Organisationen eng mit Ehrenamtli­ chen in den Projekten zusammenarbeiten, sind sie häufig entsprechend an die Kommunikation und das Projektma­ nagement angeschlossen. 18. Es ist nicht ausgeschlossen, dass betterplace.org häufig genannt wurde, da das betterplace lab die Umfrage durchgeführt hat und somit soziale Erwünschtheit eine Rolle gespielt haben könnte. Das ist aber für die qualitative Auswertung nicht weiter von Bedeutung. 19. Der Ansatz der Holakratie geht auf Brian Robertson und seine Firma Ternary Software Corporation zurück und stellt eine Art Regelwerk dar, anhand dessen Organisationen Entscheidungen mit größtmöglicher Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten aller treffen können. 2.3.2 Arbeitsweise „Die Affinität zur Nutzung digitaler Tools ist in der Organisation unterschiedlich und hängt von Personen ab.” Tools alleine reichen nicht aus. Es braucht Mitarbeiter, die sie nutzen. Die Frage ist nur, wie werden sie genutzt bzw. genauer: wie in der Zusammenarbeit mit den Kollegen. Die Digitalisierung hat Prinzipien wie Transparenz und Agilität in den Fokus gerückt, ein höheres Maß an (örtlicher wie zeitlicher) Flexibilität und Projektorientierung gebracht. Denn was bringen einer Organisation die Daten in der Cloud anstatt lokal gespeichert, wenn sie nicht dezentral und kooperativ daran arbeiten will? Dann vermutlich nur ein höheres Sicherheitsrisiko. Von den 15 interviewten Organisationen arbeiten die meisten größtenteils vernetzt, dezentral und kollaborativ; Home Office ist in fast jeder Organisation möglich (wenn auch nicht immer üblich). Viele von ihnen arbeiten zudem projektorientiert, d. h. in flexibler Teamzusammensetzung und in (leicht) unter­ schiedlichen Rollen und mit angepasster Aufgabenverteilung, abhängig von den einzelnen Projekten. Das sei auch der Tat­ sache geschuldet, dass mitt­lerweile ein wesentlicher Anteil der Finanzierung Projektgelder seien, gibt eine Organisation an. Nur wenige Organisationen beschreiben ihre Arbeitsweise als agil. Sie greifen auf Methoden aus der Software-Ent­ wicklung für ihr Projektmanagement zurück, nutzen Scrum, Kanban, Retrospektiven oder Reviews. Entweder arbeiten diese Organisationen eng mit Entwicklern zusammen oder hatten bereits einen Entwickler in ihrem Gründer-Team. Ist das nicht gegeben, fällt es den Organi­ sationen offenbar deutlich schwerer, agil zu arbeiten. Und dennoch versuchen es einige; insbesondere indem sie Produktmanager und Programmierer ins Team holen wollen oder im geförderten Projekt erstmals mit externen Programmierern zusammenarbeiten. Dadurch lernte eine Organisation bspw. User Storys kennen und schätzen. Insgesamt wirkten viele der befragten Organisationen im Aufbruch und daran interessiert, ihre Arbeitsweise weiterzu­ entwickeln. Zwei Organisationen gaben an, sich in nächster Zeit intensiver mit Holakratie19 als Organisationsstruktur zu beschäftigen und somit ganzheitlich die Möglichkeiten der Zusammenarbeit in ihrem Team neuzudenken.
  • 19. Studie zur Google Impact Challenge192.3.3 Angebote 2.3.3 Angebote Digitale Technologien verändern, wie und womit soziale Organisationen arbeiten. Aber sie haben überdies Ein­ fluss darauf, wie NGOs die Angebote für ihre Zielgruppen gestalten. Die Durchdringung mit digitalen Endgeräten wächst stetig (in fast allen Bevölkerungsteilen), sodass sie einen probaten Zugang darstellen, um die Bedürftigen mit den eigenen Leistungen zu versorgen. Ein Großteil der be­ fragten Organisationen hat im Kern bereits ein oder meh­ rere digitale Produkte. Bei keiner dieser Organisation hat jedoch eine Transformation vom analogen Angebot zum digitalen Produkt stattgefunden. Stattdessen haben sie sich allesamt mit dem entsprechenden (digitalen) Wirkungs­ konzept gegründet. Zum Teil, weil das Produkt ohnehin und ausschließlich digital ist – wie die Suchmaschine fragFINN – oder zum Teil, weil eine analoge Entsprechung niemals so viele Menschen erreichen könnte, wie bspw. die Online-Videos von Ackerdemia. Ein paar Organisationen geht es hingegen um die Vermitt-­ lung von „digitalem Wissen“, d. h. wie ihre Zielgruppe die Digitalisierung nutzen kann. Im Kern setzen die Digitalen Helden oder die Open Knowledge Foundation mit der Datenschule dafür Workshops ein, die sie durch ein Informationsangebot über ihrer Website und zusätzlichen Lernmaterialien darauf ergänzen. Dahingegen führen App Camps ihre Lernkurse bereits hauptsächlich online durch, in denen Schulkinder das Programmieren lernen können. Die unterschiedlichen Lernangebote befinden sich auf einem Kontinuum zwischen online und offline, wobei es weder das eine noch das andere in Reinform (aus­ schließlich online/offline) gibt. Für Karuna ist der Straßenkinder Hilfefinder das erste digi­ tale Produkt, das ihre übrigen Aktivitäten ergänzen soll. 2.4 Chancen und Hürden der Digitalisierung im sozialen Sektor Soziale Organisationen nutzen zunehmend digitale Tools, verändern (damit) ihre Arbeitsweise und schaffen neue, digitale Angebote für ihre Zielgruppe. Davon erhoffen sie sich eine höhere Effizienz und eine größere Wirksamkeit. In den Gesprächen fällt des Öfteren das Zauberwort Ska­ lierung: Bei nahezu gleichbleibendem Ressourceneinsatz können mehr Begünstigte von dem Angebot der Organi­ sationen profitieren. Und nicht nur das. Anstatt passiv die Hilfsleistungen in Empfang zu nehmen, können die Begünstigten stärker mit einbezogen werden. Sie können im direkten Feedback Kritik und Wünsche äußern, selbst­ bestimmt aus Angeboten wählen oder werden zu einer Community zusammengefasst, die sich untereinander austauscht und gemeinsam das Angebot erst gestaltet. Ohne eine aktive Community würden bspw. bei Mundraub Plus keine neuen Obstbäume auf der interaktiven Karte erscheinen; das Mapping geschieht fast ausschließlich über digital Engagierte. Und diese haben durch das Internet von überall Zugriff auf das Angebot. Auch deshalb kann die Skalierung glücken, ebenso wie durch die Möglichkeiten der Anonymität. Psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen, kostet beispielsweise Überwindung. Ist das Angebot jedoch über das Internet verfügbar – wie im Fall von Ipso – senkt das die Zugangsschwelle. Es kann mehr Menschen geholfen werden. In den Interviews gaben die Organisationen zu verstehen, dass sie genau daran weiter arbeiten wollen: Zugangs­ hürden verringern, ein flächendeckendes Angebot schaffen und so mit höherer Reichweite die Lebenswelt möglichst vieler Begünstigter nachhaltig verbessern. Sei es dadurch, dass kein Jugendlicher mehr auf der Straße schlafen muss, weil er über die Website von Karuna jederzeit weiß, wo Notschlafstellen für ihn verfügbar sind, oder dass Ge­ flüchtete mit einem Hochschulabschluss über Kiron neue Perspektiven gewinnen. Natürlich sind diese Visionen nicht leicht zu erreichen, nicht von heute auf morgen. Die Digitalisierung ist ein steter Prozess, der Zeit in Anspruch nimmt. „Die Entwicklung vom reinen Ehrenamt zur Professionalisierung ist ein sehr spannen- der Prozess, braucht aber Zeit. Er erfordert eine offene Fehlerkultur, bei der eigene An- nahmen auch mal hinterfragt werden und experimentiert wird.” Das berichten Organisationen schon, wenn es um die Einführung eines neuen Tools geht. Das ist nicht verwun­ derlich; Veränderungen in den Arbeitsabläufen sorgen für Unsicherheit und Mehraufwand – zumindest in der Über­ gangsphase. Außerdem kann die Umstellung bei Mitarbeit­ ern als Kritik in Form von „Die Art wie Du das bisher, und das möglicherweise seit vielen Jahren, erledigt hast, ist jetzt nicht mehr gut genug.“ aufgefasst werden, wenn sie in den Entscheidungsprozess nicht einbezogen wurden. Eine Organisation berichtete von einer solchen Situation, als die Buchhaltung digitalisiert wurde, von den Schwierigkeiten, das Gewohnte loszulassen und damit die Angst der Mitar­
  • 20. 20Studie zur Google Impact Challenge 2.4 Chancen und Hürden der Digitalisierung im sozialen Sektor beiter, das zu verlieren, was sie selbst über Jahre aufgebaut hatten. Hier war die Lösung, offen darüber zu sprechen, klarzumachen, dass die bisherige Arbeit nicht verloren geht, die Mitarbeiter im neuen digitalen Arbeitsumfeld zu unterstützen und so Schritt für Schritt das Misstrauen ge­ genüber der neuen Technologie abzubauen. Natürlich sind traditionelle Organisationen stärker mit diesem Change Management beschäftigt als junge NGOs, die sich bereits im Kern digital gegründet haben und keine (zumeist äl­ teren) Mitarbeiter haben, die vorher wenig Berührung mit digitalen Technologien hatten. Doch stehen auch junge Organisationen vor Herausforde­ rungen. Ein neues Tool ist bei ihnen schnell eingeführt, doch deutlich schwerer durchgehalten. Und Anwendungen für die Kooperation funktionieren nur dann, wenn alle beteiligten Mitarbeiter es auch konsequent nutzen. Andere Software, bspw. für das Kontaktmanagement, amortisiert sich erst im Laufe der Zeit, da der Umstieg und Aufbau einer Datenbank anfangs sehr zeitaufwändig sein können. Verliert das Team auf halbem Weg das Interesse an der Software, hat es sich nicht gerechnet. Es bleibt Frust. Hilf­ reich könnte hier eine digitale Strategie sein (vgl. Kapitel 2.1), die vom gesamten Team geteilt wird. Dann lässt sich vermutlich die Einzelentscheidung in Abhängigkeit zur Strategie besser begründen und gemeinsam umsetzen. tZur gleichen Zeit empfehlen einige Organisationen in den Interviews, offen zu sein und die Bereitschaft mitzubrin­ gen, Tools auszuprobieren und wieder zu verwerfen, wenn sie sich nicht bewähren. Außerdem sollten, wenn immer möglich, individuellen Nutzungspräferenzen Rechnung getragen werden, anstatt alles haarklein vorzugeben: Bspw. werden in einer Organisation unterschiedliche Messenger zur Kommunikation parallel genutzt und die Mitarbeiter können ad hoc entscheiden, auf welchen sie in der jeweili­ gen Situation zurückgreifen wollen. Diese Entscheidungsfreiheit kann für einige Mitarbeiter gut funktionieren, bei anderen könnte es zu Überforderung führen, da sie sich mit einer Flut von Kommunikations­ kanälen konfrontiert sehen, die schwerer zu beherrschen sind als ein einzelner. Das sollte jede Organisation genau mit ihren Mitarbeitern klären und im Auge behalten: Welche Tools und auch Arbeitsweisen haben sich bewährt, werden von den Mitarbeitern geschätzt oder können durch ein Anreizsystem gefördert werden? Und dann bleibt noch die Herausforderung, ein neues digitales Projekt auf die Beine zu stellen. Ohne die not­ wendige Erfahrung wird der Aufwand, der dahinter steht, leicht unterschätzt. Die Organisationen beschreiben, dass es in der Projektplanung nicht leicht ist, alle Fallstricke zu erkennen, wie z. B. die notwendige Browserkompati­ bilität der Website oder eine hohe Usability im Backend. Die Migration der Daten führte bspw. bei ein paar Or­ ganisationen zu Komplikationen. Außerdem sollte die Planung nicht mit dem Live-Gang enden und Folgekosten für neuen Content oder auch technische Aktualisierungen umfassen. Zwei Organisationen weisen darauf hin, dass es sinnvoll ist, möglichst frühzeitig externe Beratung für die technische Umsetzung hinzuziehen. Jedoch gestaltet sich die Übersetzung zwischen sozialem Wirkungskonzept und technischer Umsetzung nicht immer einfach. Und außerdem müssen „bezahlbare“ Dienstleister erst einmal gefunden werden oder gar geeignetes Personal in der Softwareprogrammierung, falls die Organisation selbst einstellen möchte. Der überhitzte Arbeitsmarkt, auf dem Programmierer genauso gefragt wie rar sind, stellt im relativ finanzschwachen sozialen Sektor eine große Her­ ausforderung dar. Die Digitalisierung ist nicht leicht zu meistern. Sowohl bei der Einführung von neuen Tools als auch bei der Umstellung der Arbeitsweise oder der Erstellung neuer Angebote gilt es einiges zu beachten. Dabei steht den Organisationen nach eigener Einschätzung zu wenig Zeit und Personal zur Verfügung (66 %). Das ist ebenso wenig überraschend wie der Verweis auf fehlendes Budget (63 %), da ein Großteil der Organisationen im sozialen Sektor mit knappen Ressourcen zu kämpfen hat und entscheiden muss, wie sie diese am effektivsten einsetzt. Digital-spezi­ fischer erscheint, dass 47 % ihren ehrenamtlichen wie angestellten Mitarbeitern fehlendes Know-how attestieren, den Entscheidungsträgern 20 %. Es braucht also auch den Wissenstransfer in die Organisation, um die Mitarbeiter für die Digitalisierung zu qualifizieren.
  • 21. Studie zur Google Impact Challenge212.4 Chancen und Hürden der Digitalisierung im sozialen Sektor Was hält Ihre Organisation davon ab, digitale Technologien noch stärker zu nutzen? Wir sind uns unsicher hinsichtlich der Rechtslage, z. B. Datenschutz. Bei uns ist niemand zentral für das Thema verantwortlich. Den Entscheidungstragern in unserer Organisation fehlt das Verständnis für den Nutzen digitaler Technologien. Der Nutzen fur unsere Arbeit ist begrenzt. Es gibt keine geeigneten Tools für unsere Anforderungen. Wir haben zu wenig Zeit und Personal. Uns fehlt das notwendige Budget. Unseren (ehrenamtlichen) Mitarbeiitern fehlt das entsprechende Know-how. 0 20 40 60 80 100 trifft voll und ganz zu trifft zu trifft eher nicht zu trifft überhaupt nicht zu 23 %10 % 30 % 37 % 28 %30 %19 % 23 % 43 %37 %7 % 13 % 20 %59 %1 % 20 % 33 %50 %1 % 16 % 4 %30 %35 % 31 % 17 %36 %14 % 33 % 15 %22 %29 % 34 % Abb. 9: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 69 20. Stifter-helfen gehen mit dem IT-Portal für Non-Profits (https://stifter-helfen.de/) in diese Richtung. „Problematisch ist, dass Informationen derzeit nur verschachtelt auf verschiedenen Websites zugänglich sind. Wünschenswert ist daher eine integrierte Website.“ Ob es tatsächlich nicht die passenden Tools gibt, wie 21 % reklamieren, oder ob sie diese aktuell nicht kennen, lässt sich schwer überprüfen. Hier kann eine Übersicht der aktuellen Tools, insbesondere der Freeware – um das knappe Budget zu schonen – eine Erleichterung schaf­ fen.20 Ähnliches gilt für die unsichere Rechtslage in Punkto Datenschutz, die 40 % anführen. Auf jeden Fall lässt sich festhalten, dass es eine Überforderung gibt und Klärung bedarf. Daten sind ein sensibles Thema, speziell im sozialen Sektor. In den qualitativen Gesprächen wurden häufig Bedenken geäußert, was die Verwendung von be­ stimmten Tools, wie z. B. den Cloud-Lösungen von Google und Microsoft, anbelangt. Die Organisationen wollen unter allen Umständen die sensiblen Daten – sei es der Nutzer oder der Spender – schützen und fühlen sich bei den Anbietern aus den USA nicht gut aufgehoben. Das zieht möglicherweise die Konsequenzen nach sich, dass zum einen neue Tools skeptischer gesehen und vor der Nutzung gründlicher geprüft werden, und zum anderen das Thema Daten und ihre Nutzbarmachung von den meisten Organi­ sationen noch ausgeklammert wird. Es ist auffällig, dass Datenerhebung, -sicherung und -auswertung bspw. unter den Handlungsbedarfen nur selten Erwähnung fanden. „Wir befinden uns beim Thema Daten- schutz in einer Grauzone und wissen nicht vor oder zurück.“ Stattdessen machen 42 % der Organisationen das Fehlen von klarer Verantwortung für das Thema Digitalisierung bei ihnen (vgl. Kapitel 2.1) als ein wesentliches Hindernis für eine stärkere Digitalisierung aus. Außerdem weisen sie darauf hin, dass es zudem eine Offenheit für digitale Angebote bei den Nutzern geben müsse. Es brauche Vertrauen, um sich mit seinen Nöten in einen Videochat (Ipso) oder an eine App (Jourvie) zu begeben. Deshalb legen viele Organisationen großen Wert auf die notwendige Verknüpfung zwischen digitalem Angebot und analoger Erfahrung, insbesondere durch menschliche (und zumeist) analoge Beratung. Neben der Qualität des Produktes, einem organischen Wachsen der Organisation mit qualifiziertem IT-Personal und in einer digitalen Organisationskultur stelle dieser Aspekt ein entscheidendes Erfolgskriterium für ihr Projekt dar.
  • 22. 22Studie zur Google Impact Challenge 2.5 Zwischenfazit 2.5 Zwischenfazit Eine stärkere Digitalisierung ist für die Organisationen in der Google Impact Challenge erstrebenswert. Die geförder­ ten Projekte sind dabei ein wesentlicher Schritt in einem umfassenden Veränderungsprozess, zu dem Struktur- und Kompetenzaufbau, Fokussierung und Professionalisierung gehören. Durch eine erfolgreiche Digitalisierung erwarten 93 % der Organisationen (sehr) positive Auswirkung auf ihre soziale Wirksamkeit. Im Fokus steht dabei unmissverständlich die Nutzung von Social Media. Für 93 % ist Social Media wichtig oder gar absolut zentral für ihre Arbeit. Facebook, Twitter und YouTube sind 2017 für soziale Organisationen, was vor zehn Jahren noch die eigene Website war: ein absolutes Muss. Dabei verspricht Social Media neben einer höheren Reichweite und damit größere Bekanntheit als wichtigste Ziele der meisten Organisationen, auch neue Möglichkeiten zur Interaktion mit Begünstigten wie auch Ehrenamtlichen. Aber auch in der Projektsteuerung, der Abwicklung interner Prozesse und im Fundraising sind digitale Tools schon heute nicht mehr wegzudenken. DIGITALSTRATEGIE AGIL VERNETZT TRANSPARENT SOFTWARE CLOUD SOCIAL MEDIA PLATTFORM APP BILDUNGSPROGRAMM STRATEGIE ARBEITSWEISE UND KULTUR TOOLS ANGEBOTE UND LÖSUNGEN Abb. 10: Ebenen der Digitalisierung (als Teilergebnis dieser Studie) Die Digitalisierung sollte allerdings nicht auf die Verwendung von Tools reduziert werden. Vielmehr lohnt ein Blick auf die unterschiedlichen Ebenen, welche die Arbeitsweise und -kultur genauso umspannen wie die Angebote und Lösungen. Die Arbeitsweise transformiert sich in den Organisationen gleichermaßen und in Wechselbeziehung mit den neuen Tools. Vernetzt und dezentral agieren die meisten, an Agilität fehlt es noch häufig. Die Zusammenarbeit mit Programmierern in den geförderten Projekten kann diesen Prozess beschleunigen, sofern die Organisationen Offenheit und Neugier für neue Methoden wie Scrum oder Retrospektive mitbringen. Dann steht am Ende der Projektumsetzung nicht nur ein neues Pro­ dukt, sondern auch ein fortschreitender Kulturwandel. „Die Offenheit für Digitales ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Digitalisierung der Organisation.” Begrenzend wirken auf der anderen Seite typischerweise ein Mangel an Budget und Zeit, aber auch an Wissen und Austausch. Nicht nur die Zusammenarbeit mit Program­ mierern hat positiven Einfluss, auch der Austausch zwischen den geförderten Organisationen sowie mit Ashoka und Google.org im Mentoring werden als Treiber beschrieben. Der Erfahrungsaustausch kann Input auf die drängenden Fragen zum Thema Datenschutz, den besten Tools und neue Arbeitsmethoden liefern und so Orientierung verschaffen.
  • 23. Studie zur Google Impact Challenge233. Auswirkungen und Erfolgsfaktoren der Google Impact Challenge 3. AUSWIRKUNGEN UND ERFOLGSFAKTOREN DER GOOGLE IMPACT CHALLENGE “Unser Wirken ist in Teilen nur möglich geworden durch die Google Impact Challenge.” Durch die Google Impact Challenge wurden insgesamt 110 soziale Projekte gefördert. Zwei Drittel hätten ohne diese Förderung in absehbarer Zeit nicht umgesetzt werden können. Hätten Sie das Projekt auch ohne die Förderung durch die Google Impact Challenge in den nächsten Monaten umgesetzt? Ja Nein 34 % 66 % Abb. 11: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 50 „Dank der Ashoka-Workshops arbeiten wir viel fokussierter als zuvor. Wir haben unsere Mission überdacht und arbeiten nun in vielen Bereichen wirkungsorientiert.” Über die Finanzierung hinaus wurden die Leuchtturm­ projekte durch Google.org und Ashoka während der Um­ setzungsphase begleitet (s. genauer Kapitel 1.2). In drei Workshops hat Ashoka mit den Organisationen an ihrer Vision, ihrem Wirkungskonzept und ihrem G­eschäfts­ modell gearbeitet. Während einige Organisationen die Workshops als zu abstrakt wahrgenommen haben, lobten andere die gewonnene Klarheit in Bezug auf ihr Finan­ zierungsmodell wie auf ihre Arbeitsabläufe. Ineffizienzen im Projekt konnten aufgedeckt und eine stärkere Fokussierung im Produkt gewonnen werden. Die inten­ sive Auseinandersetzung mit der Wirkungsanalyse wurde in den Gesprächen (vgl. Kapitel 3.3) an mehreren Stellen deutlich – und hat zuweilen sogar zu einem besseren Verständnis für die eigene Wirkung auf gesellschaftlicher Ebene und den damit verbundenen Systemwandel geführt. Das sind natürlich relativ abstrakte Themen. Darüber hinaus wurde das Mentoring von Google.org als sehr anwendungsorientiert beschrieben. Im regelmäßigen Austausch haben die Mentoren die Organisationen konkret unterstützt, indem sie bspw. Kontakte vermittelt oder auf Software hingewiesen haben (vgl. Kapitel 3.1). Mehrere Organisationen haben durch die Vermittlung (und die Teil­
  • 24. 24Studie zur Google Impact Challenge 3. Auswirkungen und Erfolgsfaktoren der Google Impact Challenge nahme an Google Ad Grants) mit Google AdWords begonnen, um so ihre Bekanntheit und Reichweite zu erhöhen. „Wir fühlten uns nicht als Bittsteller, Google ist weniger Kontrolleur als Unterstützer.” „Das partnerschaftliches Mitdenken von Google ist extrem positiv aufgefallen.“ Das positive Erlebnis begann bereits im Bewerbungspro­ zess, der aus Sicht der Teilnehmer angenehm schlank gehalten wurde. Im Vergleich zu anderen Wettbewerben war insbesondere die erste Bewerbungsrunde sehr un­ bürokratisch und für die Organisationen gut zu bewältigen. Es war weder eine Registrierung notwendig, noch mussten die Organisationen auf Social Media etwas liken oder auf sonstige (versteckte) Werbung eingehen. Der nächste Be­werbungsschritt inkl. der Meilensteinplanung wurde von den Organisationen als hilfreich und zielführend wahrgenommen. Für die meisten stellte die Planung keine Hürde dar; andere nahmen sie als Gelegenheit, um die Wirkungsziele im Projekt einmal aufzuschreiben oder sich ernsthafter mit ihrer Wirkungskette auseinanderzusetzen. Wenn es während der Umsetzung schließlich zu Abweichun­ gen von der Planung kam, zeigte sich Google.org als sehr unkompliziert und partnerschaftlich. Im Dialog wurden dann Anpassungen vorgenommen, anstatt auf komplizierte Mittelzweckverwendungen zu bestehen. Diese Agilität zusammen mit der engen Mentorenschaft bewerteten die Organisationen als „herausragend“ und „außergewöhnlich gut“. Einziger Kritikpunkt von zwei Organisationen waren Verzögerungen in der Auszahlung, auf die sie angewiesen waren. Diese Abläufe seien optimierungsbedürftig. „Die Meilensteinplanung war ein reinigender Prozess, bei dem sich die Spreu vom Weizen trennte.” Insgesamt würden alle Teilnehmer erneut an der Google Impact Challenge teilnehmen, da sie (bis zu dem Zeitpunkt der Befragung) sowohl mit dem Ablauf als auch mit der Umsetzung ihres Projektes zufrieden sind. 21. Abgesehen davon fällt es den Organisationen nicht leicht, ihre Wirkung zu messen, s. ausführlich in Kapitel 3.3. Das folgende Kapitel umfasst also die Erwar- tungen zu Beginn der Umsetzung sowie die ersten Erfahrungen im Laufe dessen. 3.1 Auswirkungen auf Projekt und Organisation Allen geförderten Projekten ist gemein, dass sie die Lebenssituation ihrer Zielgruppe verbessern möchten. Inwieweit ihnen das gelingt und welche gesellschaftliche Wirkung darüber hinaus erzielt werden konnte, lässt sich nur über eine längere Zeitspanne nachweisen. Da die Um­ fragen und Interviews mit den Organisationen größtenteils noch in der Umsetzungsphase stattgefunden haben, ist hier auf ihre Wirkungserwartungen und Selbsteinschätzungen zurückzugreifen.21 In Bezug auf die Meilensteinplanung, die die Organisationen zur Bewerbung eingereicht haben, sind fast alle Organisationen weiter als geplant; (frisch) abgeschlossen waren jedoch einzig zwei lokale Projekte. Alle Organisationen versuchen mit den geförderten Projekten die Zahl der Begünstigten zu erhöhen und das signifikant: um 30 %, 50 %, bis zu 500 %. Viele Organi­ sationen nutzen die Förderung in der Google Impact Challenge, um ihr bestehendes Projekt zu verbessern und vor allem zu skalieren: Ackerdemia möchte bspw. mehr Schüler mit ihren Videos erreichen (höhere Zu­ griffszahlen), die Open Knowledge Foundation möchte mehr Teilnehmer in ihren Daten-Workshops fortbilden und Jourvie möchte mehr Menschen mit Essstörungen ihre App an die Hand geben (höhere Downloadzahlen). Letztere Organisation übersetzt ihre App daher nun in sieben Sprachen. Die Mobilen Retter und Ipso E-Care versuchen auf dem Weg zunächst die Anzahl der Engagier­ ten in Form von Ersthelfern bzw. Ausbildern zu erhöhen. Nicht nur die Reichweite durch das neue Projekt soll verbessert werden, sondern auch das Produkt selbst. Eine höhere Usability, mehr Möglichkeiten zur Interaktion mit den Begünstigten, eine engere Verzahnung zwischen offline und online durch ergänzende Angebote und neue Zielgrup­ pen durch inklusivere Funktionalität wurden genannt. Dazu kommen weitere Auswirkungen der Google Impact Challenge, die nicht nur auf das Produkt beschränkt bleiben. In den Interviews kam die Sprache vermehrt auf folgende sechs Aspekte: „Man wird anders wahrgenommen mit Google im Rücken.”
  • 25. Studie zur Google Impact Challenge253.1 Auswirkungen auf Projekt und Organisation • Größere Aufmerksamkeit, Bekanntheit und Image-Gewinn: Mit der Google Impact Challenge gewinnen die Organisationen auch an Renommee und Selbstbewusstsein. Sie binden das Siegerlogo in ihrer Kommunikation ein und nutzen das Presseecho. Der Verweis auf den Gewinn verändert die Wahrnehmung bei Stiftungen und anderen potenziellen Geldgebern.22 • Ausbau des Netzwerks und neue Kontakte: Google.org hat im Mentoring den Kontakt zu anderen Stiftungen in dem jeweiligen Bereich, Pro-Bono-Partnern, (technischen) Dienstleistern, politischen Entscheidern und prominenten YouTubern hergestellt. Auch die Vernetzung mit den anderen Organisationen der Google Impact Challenge unterstützt den Wissensaustausch und sie sollen genauso langfristig ins Netzwerk aufgenommen werden wie Google.org und Ashoka. • Effizientere Projektsteuerung und Zusammen­ arbeit: Neue Tools werden eingeführt, insbesondere aus der Reihe Google für Nonprofits (u. a. G Suite, AdWords und Analytics). Die Arbeitsweise wird ebenfalls zu­ nehmend agiler. Einen wesentlichen Beitrag leistet die Zusammenarbeit mit Programmierern in der Projektum­ setzung, die neue Methoden wie Stand-up oder Retro­ spektiven vorführen. • Einstieg in Wirkungsmessung und Meilenstein- planung: Viele Organisationen nutzten schon vorher eine Meilensteinplanung in ihren Projekten; für die übrigen war es eine wertvolle Erfahrung und eine Grundlage für die kommende Projektsteuerung. Zunehmend wird in diesem Zuge auch über Wirkungsindikatoren und Messmethoden nachgedacht, die in dem Workshop mit Ashoka eingeführt wurden. Der Bedarfsanalyse wird mehr Zeit eingeräumt. • Professionalisierung, Strukturaufbau und orga­ nisches Wachstum: Die Förderung wird genutzt, um neue (auch technische) Kompetenzen aufzubauen und das Team punktuell zu vergrößern – oder bisher Ehrenamtliche für ihre Arbeit zu bezahlen. Die Organisationsstruktur wird überprüft, Aufgaben klarer zugeordnet und die Qualitätssicherung ver­ bessert. Die Organisationen werden professioneller. • Freiräume für neue Ideen: Die Planungssicherheit durch die gesicherte Finanzierung ermöglicht Freiräume, die Projektideen weiterzudenken und an künftige Her­ ausforderungen auszurichten. 22. Gleichzeitig geben einige Organisationen jedoch an, dass sie zuvor mit ihrer Community in den offenen Dialog über die Teilnahme an der Google Impact Challenge gegangen sind, da die Unterstützung durch Google z. T. auch kritisch gesehen wird. Bei den Auswirkungen ist zwischen Organisationen zu unterscheiden, die erstmals ein digitales Projekt umsetzen und besonders Unterstützung in der Strategie und Pla­ nung benötigen, und solchen, die sich digital gegründet haben und jetzt vor den Herausforderungen der Skalierung stehen. Entsprechend unterschiedlich wurden auch die Auswirkungen bewertet. 3.2 Mittelverwendung und Ressourcenaufbau Ein Blick auf den Anteil der Fördersumme am Gesamt­ budget der einzelnen Projekte verrät, wie zentral die Förderung ist und das möglicherweise nicht nur auf das Projekt beschränkt, sondern in Bezug auf die gesamte Organisationsentwicklung. Ein Drittel der Projekte werde fast ausschließlich (zu 75–100 %) über die Google Impact Challenge finanziert, ein knappes zweites Drittel zumindest über die Hälfte (50–75 %). Im Falle des letzten Drittels gibt es noch andere substanzielle Finanzierungsquellen, sodass bei 20,4 % die Fördersumme der Google Impact Challenge maximal 25 % ausmacht, für 16,3 % zwischen 25 und 50 %. Insbesondere bei den Leuchtturmprojekten mit einer Fördersumme von 100.000 Euro bzw. gar 250.000 Euro für den Gewinner sowie bei den kleineren (ehrenamtli­ chen) Organisationen mit nur wenigen Mitarbeitern lässt sich davon ausgehen. Entsprechend wurden auch als Aus­ wirkungen genannt, dass bisher Ehrenamtliche eingestellt werden konnten oder sich generell mehr finanzieller Spiel­ raum für die langfristigere Planung ergibt (s. Kapitel 3.1). „Wir halten eine nachhaltige Organisations- struktur für die wichtigste Investition.”
  • 26. 26Studie zur Google Impact Challenge 3.2 Mittelverwendung und Ressourcenaufbau Wie hoch ist der Anteil der Fördersumme am Gesamtbudget des Projektes? 0 5 10 15 20 25 30 35 0–25 % 25–50 % 50–75 % 75–100 % 20,4 % 16,3 % 28,6 % 34,7 % Abb. 12: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 49 Die meisten Organisationen investieren einen Teil der Fördersumme in Marketing, PR und Design. 63 % geben den Anteil der Investitionen als hoch (46 %) oder sehr hoch (17 %) an. Verständlich insofern, als dass, wie in Kapitel 2 gezeigt, die Steigerung der Bekanntheit für viele Organisationen das primäre Ziel ist. Über verstärkte Marketingmaßnahmen soll sowohl die Reichweite inner­ halb der Zielgruppe erhöht als auch die Folgefinanzierung sichergestellt werden. Ein zweiter Kostenblock stellt der Bereich digitale Tools und IT-Lösungen dar: 58 % investieren, um neue Tools einzuführen, 59 % um bestehende zu erweitern. Dabei werden die Kosten sogar zu 30 bzw. 22 % als sehr hoch beurteilt. Die Organisationen sind also bereit, in die digitale Infrastruktur zu investieren. In Sachen Personal sind die Organisationen zweigeteilt: Die eine Hälfte stellt kein neues Personal ein, weder im Bereich IT (47 %) noch in sonstigen (54 %). Die andere tätigt wesentliche Ausgaben in diesem Bereich: 34 % für IT-Personal, 33 % für sonstiges Personal. Auch in den Interviews mit 15 Organisationen gaben sieben Organisa­ tionen an, sich (möglichst dauerhaft) verstärken zu wollen; vier im Bereich IT. Der letzte abgefragte Posten mit Material-, Büro- und Rei­ sekosten fällt bei 7 % sehr hoch aus, bei 20 % hoch.
  • 27. Studie zur Google Impact Challenge273.3 Exkurs: Wirkungsanalyse Wie hoch ist der Anteil der Mittel aus der Google Impact Challenge, der wie folgt eingesetzt wird? Material-, Büro-, Reisekosten Erweiterung bestehender digitaler Tools und IT-Lösungen IT-Personal Einführung neuer digitaler Tools und IT-Lösungen Sonstiges Personal Marketing / PR / Design 0 20 40 60 80 100 sehr hoch hoch gering gar nicht 17 % 20 %7 % 38 % 35 % 30 % 28 % 18 % 24 % 22 % 36 % 25 % 17 % 15 % 19 % 19 % 47 % 15 % 18 % 13 % 54 % 46 % 17 % 20 % Abb. 13: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 50 Ein Großteil der Investitionen dient also nicht aus­ schließlich dazu, kurzfristig das Ziel mit der Projekt­ umsetzung zu erreichen, sondern die Organisation weiterzuentwickeln. Insbesondere die Investitionen in Tools und Personal sollen über den Förderzeitraum hinaus wirken. Was danach folgt, ist vielen Organisa­ tionen noch nicht klar. Selten gibt es bereits eine gesich­ erte Folgefinanzierung. Daher wird auch verstärkt in Bekanntheit und Netzwerk investiert, um darüber weitere Förderungen von Stiftungen zu erhalten. Für viele Organi­ sationen beginnt spätestens im Anschluss die Zeit des Fundraisings und der Antragstellungen. 3.3 Exkurs: Wirkungsanalyse Gemeinnützige Organisationen sind bestrebt, mit ihrer Arbeit größtmögliche positive Wirkung zu erzielen. Durch Wirkungsanalyse kann diese nachgewiesen werden. Doch was meint Wirkung überhaupt und wie kann sie gemessen werden? Der Wirkungsbegriff umfasst verschiedene Ebenen und birgt die Gefahr, zu früh von Wirkung zu sprechen, obwohl es sich noch gar nicht um solche im definitorischen Sinne handelt. Zunächst sind Wirkungen Veränderungen, die aufgrund einer Intervention bei den betroffenen Zielgruppen, deren Lebensumfeld oder der Gesellschaft erreicht werden. Die PHINEO gAG unterscheidet mit ihrer Wirkungstreppe verschiedene Stufen von Wirkung: Die Wirkungstreppe Ab dieser Stufe spricht man von Wirkung 7 Gesellschaft verändert sich IMPACT OUTCOME OUTPUT 6 Lebenslage der Zielgruppe ändert sich 5 Zielgruppen ändern ihr Handeln 4 Zielgruppen verändern Bewusstsein bzw. Fähigkeiten 3 Zielgruppen akzeptieren Angebote 2 Zielgruppen werden erreicht 1 Aktivitäten finden wie geplant statt Abb. 14: PHINEO gAG (2015), Kursbuch Wirkung, S. 5.
  • 28. 28Studie zur Google Impact Challenge 3.3 Exkurs: Wirkungsanalyse Hier werden grundsätzlich Output, Outcome und Impact voneinander abgegrenzt, wobei erst ab der Stufe des Out­ come von Wirkung gesprochen wird. Denn die Leistungs­ ebene (Output) bezieht sich auf die konkreten Maßnahmen und Angebote, die eine Organisation durchführt. Diese ist Wirkung zwar vorgelagert, aber nicht als solche zu bezeich­ nen. Erst bei eintretenden Veränderungen auf der Ebene der Zielgruppe spricht man von Wirkung: Outcome meint Veränderungen des Bewusstseins oder der Fähigkeiten der Zielgruppe. Auch wenn die Zielgruppe ihr Handeln verändert, oder sich gar die Lebenslage der Zielgruppe verbessert, wird dies als Outcome bezeichnet. Von Impact spricht man, wenn Wirkungen auf gesellschaftlicher Ebene eintreten. Impact, oder auch Social Impact, bezieht sich dabei auf Wirkungen in einer ökonomischen, ökologischen oder sozialen Dimension. Diese zu untersuchen erfordert allerdings umfassende Langzeitstudien. Auch die Zuschrei­ bung von Monokausalität, also die Behauptung, dass eine bestimmte Intervention für Wirkung verantwortlich ist, wird in dieser Dimension nahezu unmöglich. Bei Aussagen über (Social) Impact ist also Vorsicht geboten. Bei den Befragungen der Google Impact Challenge-Teil­ nehmer zeigen sich die hier beschriebenen Unklarheiten zum Wirkungsbegriff. Oftmals wird die erfolgreiche Wirkung eines Programms nämlich einzig und allein an der Reichweite bemessen: Über 70 % der Organisationen sehen den größten Handlungsbedarf in der Bekanntheit, um eine höhere soziale Wirkung zu erzielen (vgl. Kapitel 2.2). Viele Organisationen setzen eine erhöhte Wirkung also mit der Skalierung ihres Angebots gleich. Damit verkennen die Organisationen die eigentliche Bedeutung von Wirkung, nämlich, tatsächliche Veränderungen bei der Zielgruppe, hervorgerufen durch die Angebote und Lösungen einer Organisation und verkürzen die Wirkungs­ mechanik auf das Erreichen der Zielgruppe (Stufe 2). Obwohl 84 % der Organisationen Wirkungsanalyse für wichtig halten, geben 37 % an, davon „keine Ahnung” zu haben. Hier gibt es eine große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die Hälfte der 99 befragten Organisa­ tionen misst die soziale Wirkung ihrer Arbeit bisher nicht, denn: Ein Drittel der befragten Organisationen schätzt die soziale Wirkung ihrer Arbeit lediglich qualitativ ein, 19 % messen die Wirkung überhaupt nicht. Ein knappes Drittel (29 %) versucht zumindest, die soziale Wirkung ungefähr zu messen. Weniger als ein Fünftel nutzt fest definierte Indikatoren, um Wirkung nachzuweisen. Schaut man hier allerdings genau hin, so ergibt sich auch hier ein anderes Bild: Viele Organisationen beziehen sich mit ihrer Wirkungsanalyse lediglich auf die Output-Ebene. Die Outcome- oder gar die Impact-Ebene, also die tatsäch­ lichen Wirkungsebenen, werden nicht betrachtet. Dies ergibt die Beantwortung der Frage nach Indikatoren, die laut den Organisationen für die Wirkungsanalyse verwen­ det werden. Anzumerken ist hier, dass diese von 60 % der Befragten übersprungen wurde, Wissen über Indikatoren scheint bei vielen nicht vorhanden. Unter den übrigen Beantwortungen benennen mehr als die Hälfte der Organi­ sationen Output-Kennzahlen wie Teilnehmerzahlen von Events, Webseiten-Besucher über Google- Analytics, oder die zahlenmäßige Entwicklung ihrer Social-Media-Kanäle als Indikatoren. Auch Feedbacks, die die reine Zufrieden­ heit der Zielgruppe mit dem Angebot beschreibt, werden genannt. Nur eine Organisation darunter kommentiert, dass es bei hierbei lediglich um eine Outputmessung han­ delt. Bei den anderen Organisationen kann man folglich von keinem tiefergehenden Wirkungsverständnis ausgehen.
  • 29. Studie zur Google Impact Challenge293.3 Exkurs: Wirkungsanalyse Wird in Ihrer Organisation soziale Wirkung gemessen? Welche der folgenden Aussagen trifft am ehesten zu? Bisher messen wir die soziale Wirkung unserer Arbeit nicht. Wir versuchen die soziale Wirkung ungefähr zu messen. Wir messen die soziale Wirkung sehr genau anhand fest definierter Indilatoren. Wie schätzen die soziale Wirkung unserer Arbeit eher qualitativ ein. 18 % 29 % 34 % 19 % Abb. 15: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 99 Ein schwindend geringer Anteil jedoch führt aussagekräf­ tige Umfragen, Tests oder Evaluationsgespräche mit ihren Begünstigten durch. Zur Häufigkeit der Wirkungsmessung äußert sich weniger als die Hälfte der Befragten. Darunter aber ergibt sich ein ausgewogenes Bild: Die Hälfte der Befragten misst monatlich, die andere Hälfte ein bis zwei Mal im Jahr. Auf die Frage „Warum messen Sie die soziale Wirkung nicht quantitativ?” begründen die Organisationen differen­ ziert: 44 % der Organisationen gestehen ein, sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt zu haben. Nahezu drei Viertel (71 %) nennen fehlende Ressourcen, wie Zeit und Geld, als Grund für eine ausbleibende Wirkungsanalyse. 37 % stimmen zu, „keine Ahnung” von dem Thema zu haben. Jedoch bedeutet dies im Umkehrschluss, dass bei 63 % nicht fehlendes Know-how Grund für die ausbleibende Wirkungsanalyse ist. Aufschlussreich ist da zum Teil die Aussage von 16 % der Befragten, die Wirkungsanalyse nicht für wichtig halten. Allerdings gibt auch über die Hälfte an, keine passenden Indikatoren für die Wirkungs­ analyse zu haben. Es scheint der Grundsatz zu gelten, dass soziale Wirkung schwer zu quantifizieren und damit schwer zu messen ist.
  • 30. 30Studie zur Google Impact Challenge 3.3 Exkurs: Wirkungsanalyse Warum messen Sie die soziale Wirkung nicht quantitativ? Inwieweit treffen die folgenden Aussagen zu? Es gibt für uns keine passenden Indilatoren. Damit habe wir uns noch nicht beschäftigt. Dazu fehlt uns Zeit und Geld. Davon haben wir keine Ahnung. Das halten wir nicht für wichtig. trifft voll und ganz zu trifft zu trifft eher nicht zu trifft überhaupt nicht zu 4 % 12 % 32 % 52 % 14 % 23 % 43 % 20 % 29 % 42 % 21 % 8 % 18 % 26 % 28 % 28 % 20 % 36 % 26 % 18 % Abb. 16: Ergebnis aus der Online-Befragung, n = 99 Mehr Detailtiefe, wie es um die Wirkungsanalyse in ein­ igen sozialen Organisationen steht, ergibt sich durch die Interviews. Auch hier zeichnet sich zunächst das Bild ab, dass nur wenige Organisationen tatsächlich die Wirkung ihrer Arbeit messen. Der Großteil der Organisationen betrachtet zwar Nutzerzahlen der Angebote und holt Feedbacks ein. Damit befinden sich die Organisationen aber noch auf der Ebene der Output-Messung. Dies ist den meisten Organisationen jedoch nicht immer bewusst: In einer Selbsteinschätzung sind einige der Meinung, durch das Erheben solcher Zahlen Wirkungsanalyse zu betreiben. Nur eine Organisation sagt hierzu: „Wir erheben Nutzer­ zahlen der Website, zählen die Registrierungen und be­ treiben Social Media-Tracking. Wirkung messen wir damit aber nicht.” Solch eine reflektierte Aussage ist allerdings die Ausnahme. Meistens fehlt es an einem differenzierten Verständnis, wann man tatsächlich von Wirkung sprechen kann, und wann eine Organisation lediglich Outputs misst, indem sie Leistungen dokumentiert oder die Erreichung und Akzeptanz bei der Zielgruppe erfasst. Nur vier der im Rahmen der qualitativen Interviews befragten Organisationen nutzen Methoden der Wirkungs­ analyse auf Outcome-Ebene. Durch Umfragen wird bspw. der Wissenszuwachs bei Teilnehmern eines Bildungs­ programms abgefragt (Selbsteinschätzung der Begün­ stigten), Feldbeobachtungen stützen diese Aussagen. Vorher-Nachher-Vergleiche oder Skill-Tests in Form von Umfragen weisen die Veränderung von Fähigkeiten ganz konkret nach. Eine andere Organisation führt gar eine Doppelblindstudie durch, vergleicht die Ergebnisse der Experimentalgruppe der Begünstigten also mit einer Kontrollgruppe. Eine weitere Organisation verfasst einen „Client-Report”, aus dem sie anschließend eine qualitative Einschätzung zur Wirkung ableitet und ihre Maßnahmen entsprechend anpasst. Als Hindernisse der Wirkungsanalyse werden häufig fehlende Ressourcen wie Zeit und Geld benannt. Glei­ chermaßen oft wurde fehlendes Know-How wie auch die Schwierigkeit der Messbarkeit bzw. das Fehlen passender Indikatoren genannt. Problematisch empfindet eine Organisation die Unsicherheit um rechtliche Rahmenbe­ dingungen bei der Datenerhebung: „Wir befinden uns beim Thema Datenschutz in einer Grauzone. Schließlich dürfen wir nicht einfach in eine Klasse reinlaufen und eine Befragung durchführen.” Auch eine weitere moniert die Praktikabilität, an Daten heranzukommen; wie auch den derzeitigen Forschungsstand, der für die Durchführung einer umfassenden Wirkungsmessung nicht ausreichend
  • 31. Studie zur Google Impact Challenge313.4 Zwischenfazit sei. Eine andere benennt fehlende Tools als Hürde bei der Wirkungsanalyse. Eine weitere Organisation hebt das Thema auf die Metaebene, indem sie den Zusammenhang zur Digitalität des Sektors herstellt: „Der medizinische Sektor ist nicht digital, dies erschwert auch die Evaluation medizinischer Interventionen”. Für wenige Organisationen ist das Nicht-Messen von Wirkung allerdings eine be­ wusste Entscheidung: „Wir messen Wirkung nicht, wissen aber theoretisch wie es geht. Wir haben Angst, Leute damit zu verschrecken”, lässt eine Organisation verlauten. Eine weitere empfindet Wirkungsanalyse als Bürokratisierung und entscheidet sich deshalb ganz bewusst dagegen. Wirkungsanalyse wird also in den meisten sozialen Organisationen noch nicht ausreichend betrieben, wofür fehlende Ressourcen oftmals als Grund genannt werden. Offenbar haben Organisationen noch nicht verstanden, dass Wirkungsanalyse ihnen im Hinblick auf ihre ei­ genen Ressourcen helfen kann, indem sie aufzeigt, welche Maßnahmen wirkungsvoll sind und welche nicht. Denn durch Wirkungsanalyse werden Ineffizienzen sichtbar, durch entsprechende Anpassungen können die Ressourcen der Organisation besser und vor allem wirkungsvoller eingesetzt werden. Zudem bietet der Nachweis von wirkungsvoller Arbeit eine wichtige Argumentationsgrund­ lage für Förderanträge. Wirkungsanalyse ist ein wichtiges Instrument, das mit den richtigen Methoden für soziale Organisationen – unabhängig ihrer Wirkungsbereiche – durchführbar ist. Dieses Verständnis muss im sozialen Sektor noch etabliert werden. 3.4 Zwischenfazit Was die geförderten Projekte bewirken, lässt sich aktuell nicht sagen. Zum einen weil die Befragung noch zu früh im Umsetzungsstadium erfolgte, zum anderen weil die wenigsten Organisationen tatsächlich ihre Wirkung (über den Output hinaus) messen. Auffällig ist jedoch, dass ein Großteil der Investitionen auf einen Kompetenz- und Team­ aufbau über das Projekt hinaus abzielen. Es wird zu einem signifikanten Teil in Tools und (IT-)Personal investiert. „Die Google Impact Challenge hat uns die Freiheit gegeben, unsere Organisation weiter­ zuentwickeln und Ideen zu realisieren, die seit Jahren nicht umgesetzt werden konnten.” Das spricht dafür, dass die Organisationen die Digitali­ sierung als einen langfristigen Change-Prozess begreifen und die Google Impact Challenge ihnen den finanziellen Raum zur Weiterentwicklung gibt. Wie sich das genau ge­ staltet bzw. welche Auswirkungen der Gewinn der Google Impact Challenge auf die Organisationen hat, ist primär davon abhängig, in welchem Stadium die Organisation die Förderung erhält:23 23. Unter den Leuchtturmprojekten finden sich vor allem Organisationen, die ihr Projekt mit der Förderung skalieren möchten. Für die lokalen Projekte geht es meistens um die Erweiterung durch ein neues Feature. Projekte in der Startphase kommen in beiden Kategorien selten vor, eine reine Anschlussfinanzierung (zum Erhalt) ist im Rahmen der Google Impact Challenge nicht vorgesehen. „Zunächst haben wir uns gar nicht getraut, uns zu bewerben, weil wir uns nicht mit Tech- nik auskennen. Das war falsch; die Idee ist das, was zählt. Es gibt extrem viel Support!“ • Startphase/Umsetzung eines ersten digitalen Projektes: Anleitung, Austausch, Strategie, Kontakte zu digitalen Dienstleistern, Einführung in digitale Tools und Arbeitsweisen, ggf. Einstieg in Wirkungsmessung und Meilensteinplanung. • Erweiterung eines bestehenden digitalen Projektes: Vision, effektivere Projektsteuerung und Zusammenarbeit, Bekanntheit und Image-Gewinn. • Skalierung eines digitalen Projektes: Austausch, Vision, Fokussierung, Business Modell, Ausbau des Netzwerks, Professionalisierung, Strukturaufbau und or­ ganisches Wachstum, Einstieg in Wirkungsmessung und Meilensteinplanung, Bekanntheit und Image-Gewinn, Freiräume für neue Ideen.