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Wirkungsbericht
#NichtEgal Schülerworkshops 2016-17
Beauftragt durch: Digitale Helden
Durchgeführt von: betterplace lab
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 2
Liebe Leser*innen,
liebe Entscheider*innen in Schulbehörden, Stiftungen und Landesmedienanstalten,
dieser Wirkungsbericht zeigt Ihnen was möglich ist, wenn Schüler*innen die Möglichkeit bekommen,
sich mit den Themen Toleranz und Respekt im Netz auf kreative und ernsthafte Weise auseinander
zu setzen.
Der Bericht verdeutlicht zugleich, welche Lücken und Herausforderungen es noch aus Sicht von
Schüler*innen, Medienpädagog*innen, Lehrer*innen und Vertreter*innen von Landesmedienanstalten
bei der Umsetzung von medienpädagogischen Projekten gibt.
Wir haben diesen Wirkungsbericht eigenständig in Auftrag gegeben, damit wir aus den Erfahrungen
der #NichtEgal Schülerworkshops lernen können und herausfinden, was gut funktioniert und was
nicht. Ziel ist es, dass der Bericht dazu beiträgt, dass sich methodisch und strukturell die Medienbil-
dung an Schulen verbessert und verändert.
Wir haben diese Evaluation aus unserem eigenen Budget finanziert in der Hoffnung, dass wir in Zu-
kunft mit Ihnen und unseren Partnern gemeinsam die Bildung an Schulen positiv gestalten.
Viel Spaß bei der Lektüre,
Ihr Florian Borns,
Geschäftsführer Digitale Helden.
Digitale Helden sind Herausgeber des #NichtEgal Wirkungsberichts.
Partner der Initiative #NichtEgal
YouTube, die Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb), die Digitalen Helden und die v(FSM)
haben #NichtEgal zusammen gestartet. #NichtEgal steht unter der Schirmherrschaft der
Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 3
ZUSAMMENFASSUNG
Im Rahmen der #NichtEgal-Initiative haben die
Digitalen Helden zwischen November 2016
und Mai 2017 an 40 Schulen bundes­weit Work-
shops koordiniert und mit acht weiteren me-
dienpädagogischen Teams umgesetzt – mit
dem Ziel, die Schüler*­innen der Klassen
7 bis 10 zum souveränen Umgang mit Hate
Speech im Internet zu befähigen. Das sind
die zentralen Ergebnisse des vorliegenden
Wirkungsberichts.
Insgesamt haben 5.535 Schüler*innen an der
Initiative #Nicht­Egal teilgenommen:
In anschließenden Umfragen gaben 92,5 %
von ihnen an, dass ihnen der Workshop Spaß
gemacht hat, und 80,6 % würden jederzeit
wieder teilnehmen. Der Lernerfolg im Umgang
mit Hate Speech fiel im Vergleich zu der Kon­
trollgruppe signifikant aus:
Überprüft wurde der Lernerfolg durch a) die
Selbsteinschätzung der teilnehmenden Schü-
ler*innen, b) die Fremdeinschätzung durch die
begleitenden Teamer*innen sowie Lehrer*in-
nen und c) in einem Verhaltensexperiment, in
dem die Schüler*innen einen beleidigenden
Kommentar einschätzen und angemessen
darauf reagieren sollten.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 4
Die Initiative #NichtEgal zeichnet sich durch
einige Besonderheiten aus:
• Die Schüler*innen werden im Peer-Ansatz
unterrichtet, das heißt zunächst werden
Schüler*innen der 9. und 10. Klassen zu
Mentor*innen ausgebildet, bevor diese ihr
Wissen in einem Workshop an die Klassen
7 und 8 weitergeben: 90,3 % der jüngeren
Schüler*innen finden es gut, dass sie von
älteren Mitschüler*innen angeleitet werden.
Und die älteren Schüler*­innen schätzen
gleichzeitig die Chance (89,1 %), Verantwor-
tung für die Mitschüler*innen übernehmen zu
können. Hinzu kommen positive Nebeneffekte,
wie, dass die älteren Schüler*innen jetzt bes-
ser Themen vor der Gruppe präsentieren
(73,3 %) und sich besser in andere hineinver-
setzen können (70,2 %).
• Im Rahmen des Workshops konnten die
Schüler*innen mit ihrem Smartphone ar-
beiten und eigene Video-Statements gegen
Hate Speech erstellen: 91,5 % der Schü-
ler*innen hat das besonders Spaß gemacht
– und insbesondere die Lehrer*innen haben
diesen Aspekt zur Förderung der Medien-
kompetenz gelobt.
• Eingebettet wurden die Workshops in die
#NichtEgal-Initiative von YouTube. Zum Teil
waren selbst YouTuber*innen mit an den
Schulen, um auf die Dringlichkeit des Themas
hinzuweisen. Sowohl die Teamer*innen als
auch Lehrer*innen haben berichtet, dass es
für die Schüler*innen wichtig war, sich als
Teil einer Bewegung zu begreifen und dass
dies für zusätzliche Identifikation und Moti-
vation gesorgt hat.
Insgesamt ist der Lernerfolg der Schüler*in-
nen in Bezug auf den Umgang mit Hate
Speech als sehr positiv zu bewerten. Im
Wirkungsbericht belegen das zudem die Ein-
schätzungen der Teamer*innen, Lehrer*innen
und Landesmedienanstalten.
Disclaimer: Der vorliegende Wirkungsbericht wurde von dem betterplace lab im Auftrag der
Digitalen Helden angefertigt und analysiert die Schüler-Workshops im Rahmen der Initiative
#NichtEgal 2016/17. Das betterplace lab war selbst Projektpartner und neben der Wirkungs-
analyse für das Projektmanagement zuständig.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 5
INHALTSVERZEICHNIS
Zusammenfassung
1. Einleitung
1.1 Gegenstand des Berichts und Methodik
2. Gesellschaftliche Herausforderung und
Lösungsansatz
2.1 Gesellschaftliche Herausforderung
2.2 Bisherige Lösungsansätze
2.3 Der Lösungsansatz
3. Ressourcen, Leistungen und Wirkungen in
der Initiative
3.1 Eingesetzte Ressourcen (Input)
3.2 Erbrachte Leistungen (Output)
3.3 Erreichte Wirkungen (Outcome/Impact)
3.4 Darstellung der Wirkungslogik
3.5 Vergleich mit der Kontrollgruppe
3.6 Zwischenfazit
4. Expertenmeinung: Lehrer*innen 
Landesmedienanstalten
4.1 Einschätzung der Lehrer*innen
4.2 Einschätzung der Landesmedienanstalten
4.3 Zwischenfazit
5. Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen
6. Informationen zu den ausführenden
Organisationen
6.1 Digitale Helden
6.2 Weitere Partner
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 6
1. Einleitung
“Wir sind die ‘Generation Internet’. Manchmal
kann ich gar nicht stolz darauf sein. Ich finde,
Beleidigungen sind sehr häufig geworden. Es
wird sehr viel gehatet im Netz. Gegen Homos,
gegen Ausländer, gegen Menschen, die ein
bisschen anders aussehen oder andere Videos
machen…” In dem Video zur Initiative #Nicht­
Egal beschreiben bekannte YouTuber*innen
die aktuelle Debattenkultur im Internet, wenn
man sie denn noch so nennen kann. Offene
Diskussionen werden zunehmend überschattet
von Hate Speech, also Äußerungen mit dem
Ziel der Herabsetzung und Verunglimpfung
bestimmter Personen oder Personengruppen.
Die “Generation Internet” (häufig auch als
1 Der Internetkonsum ist über die Jahre kontinuierlich gestiegen. Heute sind Jugendliche ab 12 Jahren im Durchschnitt bereits eine Stunde online
am Tag, s. ausführlicher in Kapitel 2.
“Digital Natives” bezeichnet) sind Kinder und
Jugendliche, die bereits mit dem Internet auf-
gewachsen sind. Für sie ist das Internet Teil
ihrer Lebenswelt, in der sie sich einen wesent-
lichen Teil ihrer Zeit verbringen.1
Sie können
zwar intuitiv die digitalen Geräte und Pro-
gramme bedienen, doch sind sie dabei meist
auf sich allein gestellt; weder Eltern noch Leh-
rer*innen geben ihnen Orientierung in der digi-
talen Welt. Das ist besonders problematisch,
da sie im Internet zunehmend mit sprachli-
cher Gewalt konfrontiert werden. Wie können
sie nicht nur sich selbst schützen, sondern
auch Zivilcourage zeigen, dagegen vorgehen
und so langfristig für eine friedlichere Diskus-
sionskultur im Internet sorgen?
Abb. 1: Video-Ausschnitt zur Initiative #NichtEgal (https://nichtegal.withyoutube.com/)
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 7
Digitale Helden und die Initiative #NichtEgal
Die Organisation Digitale Helden will mittels
Fortbildungs­programmen Schulen und Fa-
milien dabei helfen, digitale Kommunikation
bewusst und kompetent zu nutzen. Schüler*­
innen, Eltern und Pädagog*innen werden zu
mündigen Teilnehmer*innen in einer digital
vernetzten Gesellschaft. Dafür braucht es
sowohl Digital-Know-how als auch Empa-
thie (Einfühlungsvermögen, Verständnis für
das Gegenüber); beides wollen die Digitalen
Helden vermitteln. Ihr Ziel ist es, Internetauf-
klärung dauerhaft im Schulalltag zu verankern
und dadurch eine lebendige Wertediskussion
an den Schulen zu etablieren.
Der Fokus liegt auf Cybermobbing, seiner
Prävention, der Problemlösung im Konfliktfall
und der Sensibilisierung für die Folgen. Ein di-
gitaler Held ist jemand, der sich gegen Hass
im Netz und für Toleranz einsetzt.
2 „Peer-Ansatz“ oder „Peer Involvement” meint, dass Schüler*innen als „Multiplikator*innen geschult und eingesetzt werden, um Gleichaltrigen
relevante Inhalte näherzubringen” (Definition aus “Das pädagogische Konzept der Peer Education im Rahmen von Medienkompetenzförderung
und Jugendmedienschutz” von Neumann-Braun und Keinschnittger. Universität Basel: Institut für Medienwissenschaft, 2012).
3 Die Digitalen Helden arbeiten seit 2013 an der Konzeption ihres Ansatzes, an der Übertragung auf die #NichtEgal-Initiative seit August 2017. Die
Gesamtlaufzeit der Initiative unter Mitarbeit der Digitalen Helden erstreckt sich von August 2016 bis Mai 2017. Der Wirkungsbericht beschränkt
sich jedoch auf den Zeitraum November 2016 bis Mai 2017, in denen die zu untersuchenden Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt wurden.
Gemeinsam mit der Bundeszentrale für poli-
tische Bildung, dem Verein Freiwillige Selbst-
kontrolle Multimedia-Dienste­anbieter e. V.,
bekannten YouTuber*innen, acht weiteren
medienpädagogischen Teams und YouTube
haben die Digitalen Helden am 19.09.2016
die Initiative #NichtEgal gestartet. Schirmher-
rin war zum Durchführungszeitraum die dama-
lige Bundesministerin Manuela Schwesig und
ist jetzt die neue Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend Dr. Katarina Bar-
ley (Stand: Nov. 2017). YouTube finanziert die
Initiative, ist jedoch nicht in die pädagogische
Umsetzung und Durchführung der Workshops
an den Schulen involviert. YouTube hat die
Digitalen Helden beauftragt, die #NichtEgal
Schülerworkshops gemeinsam mit Partnern
zu konzipieren und zu koordinieren, weil es
mit dem Digitale Helden Mentorenprogramm
bereits über Vorerfahrungen im Bereich Peer
Education2
verfügt. Das Fortbildungspro-
gramm fand im Zeitraum von November 2016
bis Mai 2017 statt.3
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 8
#NichtEgal stärkt
Handlungskompetenzen
Die Initiative #NichtEgal stärkt bei über
5.000 jungen Schüler*innen die Handlungs-
kompetenz, auf negative Kommentare und
Hassreden im Internet selbstbewusst reagieren
zu können – und zwar in sechs Schritten:
1.	Die Digitalen Helden und die medienpäda-
gogischen Agentur
medienblau entwickeln gemeinsam das
pädagogische Konzept und führen einen
“Teach the teacher”-Workshop mit
deutschlandweit renommierten pädagogi-
schen Teams durch.
2.	Das betterplace lab erstellt mit den
Digitalen Helden den Umsetzungsplan und
die Wirkungsanalyse innerhalb der #Nich-
tEgal-Initiative. Die FSM begleitet die Work-
shopplanung sowie die Materialerstellung
im Sinne einer Qualitätskontrolle fachlich
und inhaltlich.
3.	Teamer*innen gehen an die Schulen,
um dort das Konzept in Workshops
umzusetzen.
4.	Schüler*innen der Klassen 9 und 10 wer-
den in diesen Workshops zu Mentor*innen
ausgebildet.
5.	Die Mentor*innen können in Folge selbst
Workshops (so genannte Aktionstage) vor
den jüngeren Klassen 7 und 8 durchführen
(Peer-Ansatz).
6.	Lehrer*innen unterstützen dabei die
Mentor*innen in den Workshops.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 9
Ablauf des #NichtEgal Aktionstages
Medienpädagog*innen starten Aktionstag in der Aula.
Schüler*innen bewerten Hate-Speech Situationen.
Fotocredit: H. Menzel; Das Foto zeigt Ingo Bever und Britta Senn von medienblau in Aktion.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 10
YouTuber*innen geben Tipps mit aufgezeichneten Videos.
Mentor*innen starten Workshop in den einzelnen Klassen.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 11
Mentor*innen stellen Brainstorming Methode mit Placemat vor.
Schüler*innen finden eigene Themen für Respekt und Toleranz und gegen Hass im Netz.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 12
Schüler*innen stellen Hauptproblem und Lösung ihres geplanten Videos vor.
Klassenlehrer (links) hilft die Themen im Feedback-Gespräch zu fokussieren.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 13
Schüler*innen gestalten kreative Handyvideos.
Schüler*innen filmen eigenen Handyscreen ab.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 14
Schüler*innen überprüfen selbst gedrehte Szenen.
Mit Unterstützung der Mentor*innen übertragen die Schüler*innen die Handyvideos
per Datenkabel auf Laptop, um sie vor der Klasse zu präsentieren.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 15
Schüler*innen geben sich gegenseitig Feedback.
YouTuberin KleinaberHannah in der Diskussion mit Schüler*innen.
Bei insgesamt 10 Aktionstagen waren YouTuber*innen vor Ort in der Schule.
(Fotocredit: Google Deutschland)
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 16
YouTuber Mr.Wissen2Go im Gespräch mit Schüler Mentor*innen
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 17
1.1. Gegenstand des Berichts  Methodik
Der vorliegende Bericht ist eine Wirkungsana-
lyse der Fortbildungsmaßnahmen (genauer:
der Workshops) innerhalb der #NichtEgal-Ini-
tiative, die von November 2016 bis Mai 2017
durch die Digitalen Helden und neun weiteren
pädagogischen Teams durchgeführt wurden.
Wie erfolgreich waren die #NichtEgal-Work-
shops, wie viel haben sie bewirkt? Das heißt,
konnten durch die Workshops Veränderungen
bei der Zielgruppe, die Schüler*innen der Klas-
sen 7-10, und der Gesellschaft erreicht wer-
den? Um das zu überprüfen, bedarf es einer
entsprechenden Wirkungsanalyse.4
Die Wirkungsanalyse berücksichtigt folgen-
de relevanten Personengruppen5
innerhalb
der Umsetzung der #NichtEgal-­Workshops in
Bezug auf die jeweils angegebenen Aspekte
(folgend kursiv gedruckt):
•	Die Digitalen Helden und Partner – durch-
führende und verantwortliche Organisation
der #NichtEgal Schülerworkshops, unter-
stützt durch das betterplace lab (Projekt-
management, Wirkungsanalyse), medien-
blau (Pädagogische Gesamtkonzeption,
“Teach-the-teacher”-Workshop, Erstellung der
Lernmaterialien und Lernvideos sowie bei der
4 Es ist zu beachten, dass Wirkungen keine monokausalen Zusammenhänge sind. Bspw. beeinflussen Vorwissen, vorhandene Einstellungen
oder auch die generelle Lernbereitschaft von Schüler*innen den Erfolg der Maßnahmen. Auch können externe Faktoren, wie die technische Aus-
stattung einer Schule, den Lerneffekt beeinflussen. Nicht alle Variablen können in diesem Wirkungsbericht extrahiert werden. Darauf wird an den
Stellen im Bericht bestmöglich hingewiesen.
5 Die umsetzenden Personengruppen werden im Anhang noch einmal im Detail vorgestellt.
Durchführung von Workshops), die Freiwillige
Selbstkontrolle Multimedia-Dienste­anbieter
(Konzeption der Workshops und Lernmateri-
alien) und YouTube (Kontakt zu YouTuber*in-
nen, Ausschreibung der Workshops und Hos-
ting der Projektwebseite): Input
•	Teamer*innen – (medien-)pädagogische
Teams, die vor Ort in den Schulen die Work-
shops mit den Schüler*innen durchführen:
Anzahl der Workshops und Teilnehmer*innen,
Einschätzung der Aufmerksamkeit der Schü-
ler*innen, ihres thematischen Vorwissens und
Lernerfolgs (inhaltlich, Sozialkompetenz,
Medienkompetenz), Beurteilung des Ablaufs
und Erfolgs des Peer-Konzepts.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 18
•	Mentor*innen (Klassen 9 und 10) – Schüler*in-
nen, die in einem ersten Workshop zu Men-
tor*innen ausgebildet werden, so dass sie in
einem späteren Workshop selbst als Lehren-
de vor die jüngeren Klassen 7 und 8 treten
können: Spaß am Workshop und Einsatz des
Smartphones, Vorwissen, Lernerfolg (inhaltlich,
Präsentation, Empathie), Fähigkeit im Umgang
mit Hate Speech, Bereitschaft zur Verantwor-
tungsübernahme, Bewältigung des Klassenbe-
suchs, Interesse an Fortsetzung.
•	Schüler*innen (Klassen 7 und 8) – Teilneh-
mer*innen der Workshops, die durch die
Mentor*innen durchgeführt werden: Spaß am
Workshop und Einsatz des Smartphones, Ak-
zeptanz des Peer-Ansatzes, Vorwissen, Lerner-
folg (inhaltlich, Präsentation, Empathie), Fähig-
keit im Umgang mit Hate Speech, Interesse an
Fortsetzung und Verantwortungsübernahme.
•	Kontrollgruppe (Klasse 8) – Schüler*innen,
die nicht an der #NichtEgal-Initiative teilge-
nommen haben: Wissen, Fähigkeit im Um-
gang mit Hate Speech, Interesse an
der Initiative.
•	Lehrer*innen – Lehrende an den teilnehmen-
den Schulen, die die Mentor*innen bei der
Durchführung des Workshops unterstützt
haben: Anbahnung und Umsetzung, Notwen-
digkeit der Initiative und Alternativen, Bewer-
tung der Workshops, Lernerfolg der Schüler*in-
nen, Möglichkeiten der Vertiefung, Bewertung
des Peer-Ansatzes und der Technik-Nutzung,
Bewertung der Einbettung in die Initiative
#NichtEgal, Bereitschaft zur erneuten Teilnah-
me, Chancen und Hürden der dauerhaften
Implementierung.
•	Landesmedienanstalten – Experteneinschät-
zung der Initiative #NichtEgal: Notwendigkeit
der Initiative und Alternativen, Abdeckung, Be-
wertung des Peer-Ansatzes und der Technik-­
Nutzung, Bewertung der Einbettung in die In-
itiative #NichtEgal, Chancen und Hürden der
dauerhaften Implementierung.
Die Schritte innerhalb der Analyse spiegeln die
Komplexität des Wirkungsgegenstandes, also
der Initiative #NichtEgal, wider. Zur Überprüfung
kommen unterschiedliche Methoden aus qualita-
tiver und quantitativer Forschung zum Einsatz:
Beobachtungen während des Pilot-Workshops,
mehrfache Umfragen mit den unterschied-
lichen Schülergruppen und pädagogischen
Teams, leitfadengestützte Interviews mit Leh-
rer*innen und Vertreter*innen der Landesme-
dienanstalten sowie die Überprüfung der Ergeb-
nisse durch eine Kontrollgruppe sind darunter
die Wesentlichen.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 19
							Standardisierte Befragungen der Schüler*innen
(Teilnehmer*innen und Kontrollgruppe)
						Leitfadengestützte Interviews mit Lehrer*innen
					Einschätzutng Teamer*innen
				Experteninterviews mit Landesmedienanstalten
			Monitoring Teilnehmerzahlen
		Foto- und Videodokumentation
	 Anekdoten der Teamer*innen/Lehrer*innen
Teilnehmende Beobachtung der Pilot-Workshops
Methode liefert eher „emotional überzeugende Daten“
Methode liefert eher „faktenbezogene Daten“
Belastbarkeit der Aussage
Aufwand,Kosten,Zeit,Expertise
Abb. 2: Schaubild der Maßnahmen zur Datenerhebung (Abbildung in Anlehnung
an „Kursbuch Wirkung“ S.74, www.kursbuch-wirkung.de, PHINEO gAG 2013)
Die Datenerhebung erfolgte durch das better-
place lab in Kooperation mit den Digitalen Hel-
den und den teilnehmenden Teamer*innen. Die
oben genannten Maßnahmen werden in Ka-
pitel 2.2 und Kapitel 3 ausführlich dargestellt.
Eine wesentliche Herausforderung bestand
darin, allen Schüler*innen die Teilnahme an
den verschiedenen Umfragen zu ermöglichen
und eine stabile Rücklaufquote zu gewährleis-
ten. Die Umfragen wurden online im Anschluss
an die Mentoren- sowie Schüler-­Workshops
durchgeführt. In den Pilot-Workshops wurden
für die Umfrage noch Tablets bereitgestellt.
Da allerdings die Mehrzahl der teilnehmen-
den Schulen nicht über freies WLAN verfüg-
te, musste in Folge auf die Smartphones der
Schüler*­innen und ihre mobile Verbindung
zurückgegriffen werden. Das heißt, die Schü-
ler*innen mussten überzeugt werden, dass sie
eigenständig von ihrem Mobiltelefon auf die
Umfrage zugreifen und sie ausfüllen. Schü-
ler*innen, die das ablehnten oder kein
internetfähiges Mobiltelefon zur Verfügung
hatten, konnten dazu die Smartphones der
Teamer*innen nutzen. Da den Umfragen je-
weils am Ende der Workshops Zeit eingeräumt
wurde und die Schüler*innen sich erfreulich
interessiert und kooperativ gezeigt haben, war
die Rücklaufquote der Umfragen trotz der tech-
nischen Schwierigkeiten überdurchschnittlich.
In den Zielgruppen der Schüler*innen konnten
24 % befragt werden, unter den Mentor*innen
gar 28 %. Damit ist die quantitative Datenlage
als repräsentativ für die analysierten Work-
shops zu werten.
Zielgruppe Teilnehmer*innen
an den Workshops
(absolut)
Teilnehmer*innen
an Umfrage
(absolut)
Teilnehmer*-
innen an
Umfrage
(relativ)
Teamer *innen (nach
Mentoren-Workshop)
78 58 74,36 %
Teamer*innen (nach
Schüler-Workshop)
74 74 100 %
Mentoren*innen (nach
Mentoren-Workshop)
937 404 43,12 %
Mentoren*innen (nach
Schüler-Workshop)
937 134 14,30 %
Schüler*innen (nach
Schüler-Workshop)
4418 1050 23,77 %
Tab. 1: Rücklaufquote zu den Umfragen im Wirkungsbericht
Die quantitativen Befragungen in Form der
Umfragen wurden durch Einschätzungen der
Teamer*innen, Lehrer*innen und der Landes-
medienanstalten als Experten ergänzt und flos-
sen in diesen Wirkungsbericht ein. In Form und
Struktur orientiert sich dieser Bericht an dem
Social Reporting Standard von 2014, musste
jedoch an einigen Stellen ergänzt und ausge-
weitet werden.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 20
2. GESELLSCHAFTLICHE
HERAUSFORDERUNG UND
LÖSUNGSANSATZ
2.1 Gesellschaftliche Herausforderung
Kinder sind heutzutage digitale Frühstarter:
Im Alter von 10 Jahren sind in Deutschland
fast alle online, ab 12 Jahren besitzen sie ein
Smartphone und sind in den sozialen Medi-
en aktiv. Das belegen sowohl die JIM-Studie
2016 des Medienpädagogischen Forschungs-
verbunds Südwest (mpfs) als auch eine Stu-
die des Branchenverbands Bitkom von 2014.
Hier zeigt sich, dass mit der Nutzung von Fa-
cebook, Instagram, Snapchat und Co auch die
Dauer, die Jugendliche im Netz verbringen,
ansteigt – von 22 Minuten pro Tag bei den
Zehn- bis Elfjährigen auf 59 Minuten am Tag
ab einem Alter von zwölf Jahren, also dem
Zeitpunkt, wenn soziale Netzwerke ins Spiel
kommen. Bereits von klein auf erleben Kin-
der den Umgang mit PCs, Tablets und Smart-
phones als Teil ihres Alltags und wesentliche
Kommunikationsmittel. Im Internet können Kin-
der ­nach Informationen zu ihren Hobbys oder
Hausaufgaben ­recherchieren, über große Dis-
tanzen hinweg Kontakt halten oder Unterhal-
tungsangebote wahrnehmen.
Gleichzeitig machen die Digitalen Helden und
viele weitere pädagogische Teams in ihrer
Praxisarbeit die Erfahrung, dass sich viele
Eltern und Lehrkräfte Orientierung und Beglei-
tung im Umgang mit digitalen Medien wün-
schen. Schließlich benötigen Kinder und Ju-
gendliche eine Internetkompetenz, bspw. im
Umgang mit persönlichen Daten. Schließlich
“vergisst das Internet nicht” und so bleiben
peinliche Fotos oder der öffentliche Streit mit
dem ersten Freund für sehr lange Zeit on-
line sichtbar. Eine weitere Gefahr besteht in
bedenklichen Inhalten (wie pornografisches
oder gewalthaltiges Material), die im Internet
genauso abrufbar sind wie harmlose Inhalte.
Außerdem sollten Kinder und Jugendliche vor
unangemessener Kontaktaufnahme durch
Fremde sowie ungewolltem Sexting gefeit sein.
Und nicht zuletzt ist der Ton in den sozialen
Netzwerken rauer geworden. In vielen Fällen
wird die offene, tolerante Debatten­kultur
zusehends aggressiver, verletzender und
hasserfüllter.
Die Sprache radikalisiert sich, offene An-
feindungen sind schneller geschrieben als
ausgesprochen. Mal richten sich die Anfein-
dungen und Verleumdungen gezielt gegen
Einzelne
(Cybermobbing), mal gegen altbekannte
Feindbilder wie Ausländer, Homosexuelle oder
Muslime. Rassismus, Antisemitismus,
Sexismus und andere Formen der Diskrimi-
nierung werden im Netz auf unterschiedli-
che Arten geäußert, sei es als offenkundig
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 21
menschenverachtende Parole oder als Sati-
re verpackt. Das macht Hate Speech häufig
schwer zu erkennen.6
Abb. 4: Nutzung der sozialen Netzwerke von 6-18-Jährigen (Bitkom, 2014:
Jung und vernetzt, https://www.bitkom.org/noindex/Publikationen/2014/
Studien/Jung-und-vernetzt-Kinder-und-Jugendliche-in-der-digitalen-Gesell-
schaft/BITKOM-Studie-Jung-und-vernetzt-2014.pdf)
Abb. 5: Gerätebesitz Jugendlicher 2016 (mpfs, 2016: JIM-Studie, https://
www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2016/JIM_16_Charts_Broschue-
re_Bilddateien.pdf)
6 Eine Definition von Hate Speech und eine nähere thematische Einführung in das umfangreiche Thema findet sich im #NichtEgal Reader: htt-
ps://events.withgoogle.com/nichtegal-workshops/materialien.
Abb. 3: Internetnutzung von 6-18-Jährigen (Bitkom, 2014: Jung und vernetzt,
https://www.bitkom.org/noindex/Publikationen/2014/Studien/Jung-und-ver-
netzt-Kinder-und-Jugendliche-in-der-digitalen-Gesellschaft/BITKOM-Studie-
Jung-und-vernetzt-2014.pdf)
Das verlangt aufgeklärte Diskussionsteilneh-
mer*innen sowie Zivilcourage, sich dieser
Situation zu stellen, insbesondere wenn das
Diskussionsklima insgesamt bereits geschä-
digt ist und gewalttätige Äußerungen auf der
Tagesordnung stehen –
und zudem gezielt von rechten Gruppen inst-
rumentalisiert werden. Die große stille Masse
resigniert angesichts von Hass­rede und Into-
leranz online und sieht keinen Weg, die
Situation zu verändern. Da erscheint es wenig
verwunderlich, wenn insbesondere Kinder und
Jugendliche in diesem Klima – geprägt von
einer lauten Minderheit – schnell überfordert
sind, entweder selbst Opfer werden oder sich
dem aggressiven Ton anpassen und zu Tä-
tern werden. Dabei sind es diejenigen, die das
Netz künftig gestalten werden.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 22
2.2 Bisherige Lösungsansätze
Hate Speech schallt dem Internetnutzer immer
häufiger in Form von Häme, Zorn und Hass
in den sozialen Netzwerken, Medien-Kom-
mentarspalten und Foren entgegen. Ein all­
umfassender Lösungsansatz hat sich noch
nicht gefunden, jedoch unterschiedliche
Ansatzpunkte.
Aufklärung
Ein wesentlicher ist die Aufbereitung aller not-
wendigen Informationen: Was hat Hate Speech
mit den Menschenrechten zu tun? Welche
Gesetze gibt es gegen Hate Speech?
Wer sind Hater*innen? Diese und andere Fragen
beantworten bspw. die Neuen Deutschen
Medienmacher sehr anschaulich auf
www.no-hate-speech.de.
Abb. 6: Startseite der Informationsseite no-hate-speech.de
7 Als Lehr- und Lernmaterialien für Lehrkräfte sind bereits erschienen: die Klicksafe Broschüre “Hass im Hetz” (http://www.klicksafe.de/service/
aktuelles/news/detail/hate-speech-aktuelle-erkenntnisse-und-neue-broschuere/) und die Unterrichtsmaterialien “Hass in der Demokratie begeg-
nen” der Initiative Medien in die Schule (http://www.medien-in-die-schule.de/unterrichtseinheiten/hass-in-der-demokratie-begegnen/).
8 Darunter finden sich: “Geh sterben!” - Hate Speech und Kommentarkultur im Internet: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/hatespeech/
geh-sterben-hate-speech-und-kommentarkultur-im-internet/, Hetze gegen Flüchtlinge in Sozialen Medien - Handlungsempfehlungen: http://www.
amadeu-antonio-stiftung.de/onlinehetze/, Viraler Hass - Rechtsextreme Kommunikationsstrategien im Web 2.0: https://www.amadeu-anto-
nio-stiftung.de/w/files/pdfs/viraler-hass.pdf.
9 Leider sind einige dieser Gruppen, wie die auf Facebook, am 14.07.17 nicht mehr zu erreichen.
Auch der kreative Umgang mit dem Thema
Hate Speech schafft zusätzliche Aufmerk-
samkeit, Sensibilisierung und einen weiteren
Anreiz für digitale Zivilcourage. Ein besonders
schönes Beispiel ist die Kampagne hasshilft.
de – “die erste unfreiwillige Online-Spen-
den-Aktion”. Für jeden menschenverachten-
den Kommentar auf Facebook, auf den mit ei-
nem Hasshilft-Post geantwortet wird, wird ein
Euro für ein Flücht­lings­projekt oder eine Initia-
tive gegen Rechts gespendet. Somit wird der
Hass-Kommentar zum Bumerang und das
Erkennen und Reagieren auf Hate Speech mit
einer Spende belohnt.
Aber welche Programme7
richten sich ge-
zielt an Kinder und Jugendliche, so wie es die
#NichtEgal-Initiative tut? Da wäre das Projekt
no-nazi.net – Für soziale Netzwerke ohne Na-
zis der Amadeu Antonio Stiftung zu nennen.
Neben einer Reihe Studien rund um das The-
ma Hate Speech8
haben sie in diesem Projekt
no-nazi.net-Gruppen bei Facebook, Google+,
YouTube, wer-kennt-wen.de, Twitter sowie
Jappy erstellt, in denen sie ein Diskussionsan-
gebot für interessierte Jugendliche schaffen.9
Durch den Austausch sollen “längerfristig
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 23
junge Menschen so befähigt werden, sich
selbstständig und medien­kompetent für eine
demokratische Kultur in den sozialen Netz-
werken einzusetzen”, ist auf der Website zu
lesen (http://www.amadeu-antonio-stiftung.
de/die-stiftung-aktiv/themen/im-internet/
no-nazi-net/).
Peer-to-Peer-Arbeit
Die Ansätze der aktiven Beteiligung von Ju-
gendlichen nach dem Peer Education-An-
satz sind in der Pädagogik nicht neu. „Not-
wendig erscheint allerdings, diese Konzepte
systematisch mit Konzepten und Methoden
der aktiven Medienarbeit zu verknüpfen…“
(#NichtEgal Reader, S. 19). Peer-Projekte
gibt es mittlerweile in fast allen Bundeslän-
dern. Sechs von neun pädagogischen Teams,
die die #NichtEgal Schülerworkshops durch-
geführt haben, sind bereits in Peer Educati-
on-Programmen in ihren Bundesländern aktiv.
Aus diesem Grund wurden sie auch für die
Durchführung vor Ort ausgewählt.
„Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen
haben sich in Deutschland bereits mit der
Peer-Arbeit beschäftigt. Genannt seien hier
zum einen die Forschungsergebnisse der Ini-
tiative „Peerhochdrei“, die in zwei Förderzeit-
räumen (2012/2013 und
2013/2014) eine Auswahl von insgesamt ca.
20 innovativen Kleinprojekten gefördert und
untersucht hat. Zum anderen hat das Men-
torenprogramm von Digitale Helden seine
wissenschaftliche Evaluation veröffentlicht.
Daraus geht hervor, dass die im Mentoren-
programm von Digitale Helden durchgeführ-
te Ausbildung, die eine Teilnahme an einer
Schul-AG und einem Online-Kurs über den
Verlauf eines ganzen Schuljahres beinhaltet,
als sehr günstig eingeschätzt wird” (Zitat aus
#NichtEgal Reader, S. 20).
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 24
2.3 Der Lösungsansatz
Im Rahmen der Initiative #NichtEgal schulen
die Pädago­gischen Teams Schüler*innen dar-
in, digitale Kommunikation bewusst und kom-
petent zu nutzen. Im Fokus steht der
souveräne Umgang mit Hate Speech: ihn in
den sozialen Netzwerken zu erkennen, zu be-
werten und adäquat darauf zu reagieren.
Methodisch wird dabei der Peer-Ansatz ver-
folgt, d. h. päda­gogische Teams bilden zu-
nächst ältere Schüler*innen der Klassen 9
und 10 zu Mentor*innen aus, die dann ihrer-
seits in Workshops ihr Wissen an jüngere
Schüler*innen der Klassen 7 und 8 weiter-
geben. Schließlich sind ältere Schüler*innen
glaubwürdiger und näher an den Themen der
jüngeren. Außerdem lernen sie damit in höhe-
rem Maße Verantwortung für das
Thema und ihre Mitschüler zu übernehmen.
Abb 7: Die Multiplikationsmechanik des Peer-to-Peer-Ansatzes der
Digitalen Helden10
.
10 In der Abbildung 7 sind die Zielzahlen der Initiative dargestellt	
11 Die Möglichkeit des Selbststudiums (C) wurde im Rahmen dieses Wirkungsbericht nicht analysiert und deshalb in Folge nicht mehr weiter
aufgeführt.
Durch den beschriebenen Peer-Ansatz können
außerdem die älteren Schüler*innen selbst zu
Multiplikatoren werden, sodass am Ende deut-
lich mehr Schüler*innen erreicht werden:
Die medienpädagogische Agentur medienblau
entwickelt im Auftrag der Digitalen Helden das
pädagogische Gesamtkonzept.
Teamer*innen werden zu Ausbildern geschult.
Diese Teamer*innen geben insgesamt 40 Men-
toren-Workshops
und erreichen so 1.000 ältere Schüler*innen, die
damit zu Mentor*­innen werden.
Als Mentor*innen gehen die älteren Schüler*innen
an Aktionstagen (so werden die Schüler-Work-
shops genannt) in die jüngeren Klassen und
erreichen damit 5.000 Schüler*innen.
Leistungen (Output) und direkte Zielgruppen
Im Mittelpunkt stehen die Schüler*innen der
Klassen 7 bis 10. Sie sollen anhand von Work-
shops zu souveränen Nutzer*innen digita-
ler Kommunikation ausgebildet werden. Sie
unterteilen sich in die Klassen 9 und 10 (A)
sowie die Klassen 7 und 8 (B) – außerdem
gibt es noch die Möglichkeit für Schulklassen,
sich das Thema mittels der Materialien im
Selbststudium (C)11
zu erarbeiten.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 25
A. Klasse 9-10
Pädagogische Teams (Teamer*innen) halten
an 40 Schulen Workshops zum Umgang mit
Hate Speech. Diese Workshops richten sich
an Schüler*innen der Klassen 9 und 10 und
umfassen folgende inhaltliche Blöcke:
•	Inhaltliche Auseinandersetzung mit dem The-
ma Hate Speech
•	Produktion eines Statement-Videos
•	Meine Arbeit als Mentor
•	Vorbereitung des Aktionstages mit den jün-
geren Schüler-Klassen
Die Schüler*innen werden also nicht nur inhalt-
lich auf das Thema vorbereitet, sondern erlan-
gen ebenfalls technische Kompetenzen in der
Videoproduktion sowie soziale in der Anleitung
eines Workshops mit jüngeren Klassen.
B. Klassen 7-8
Die Mentor*innen ihrerseits veranstalten
Schüler-Workshops in Form sogenannter
Aktionstage mit Schüler*innen aus den Klas-
sen 7 und 8. Inhaltlich beschränkt es sich
auf die Auseinandersetzung mit dem The-
ma Hate Speech sowie der Produktion eines
Statement-Videos.
In zehn Fällen begleiten bekannte YouTuber*­
innen die Aktionstage und motivieren die
Schüler*innen so zusätzlich, indem sie ihnen
aus ihrer Perspektive die Wichtigkeit des The-
mas näher bringen.
Intendierte Wirkung auf die Zielgruppen
Die Schüler*innen sollen die Fähigkeiten
erwerben, dort souverän mit Hate Speech
umzugehen, wo ihnen Hass im Internet be-
gegnet. Sie sollen zu mündigen Kommuni-
kationsteilnehmer*innen im Internet werden
und sich für (digitale) Zivilcourage einsetzen.
Infolgedessen fühlen sie sich nicht mehr von
Hate Speech im Internet überfordert und wer-
den in die Lage versetzt, bewusst ihren digi-
talen Alltag zu gestalten. Es geht also nicht
ausschließlich um die angemessene Reaktion
auf Fehlverhalten.
Durch den Peer-Ansatz erlernen die Men-
tor*innen darüber hinaus, Verantwortung für
andere zu übernehmen und ihr Wissen wei-
terzugeben. Sie verbessern also nicht nur ihre
Präsentationsfähigkeiten, sondern erleben
auch einen Perspektivwechsel von der Schü-
ler*in zur Lehrer*in und damit, wie herausfor-
dernd aber auch lohnend es sein kann, sein
Wissen weiterzugeben.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 26
Als indirekte Zielgruppen sind darüber hinaus
die Lehrer*innen und Landesmedienanstal-
ten zu nennen. Beide sind – auf unterschiedli-
chen Ebenen – wichtige Torwächter, wenn es
darum geht, Medienkompetenzen auch über
das Projekt hinaus an Schulen zu vermitteln.
Das Engagement und die notwendige Kom-
petenz der Lehrer*innen sind ein wesentlicher
Faktor, da sie (ggf. mit externer Unterstützung
wie hier innerhalb der Initiative) die Inhalte in
den Klassen vermitteln müssen. Die Landes-
medienanstalten können als Expert*innen da-
rüber hinaus Einfluss auf den Lehrplan neh-
men – und darüber den Lehrer*innen mehr
Freiraum für das Thema geben. Daher gilt
es, sowohl die Lehrer*innen als auch die Lan-
desmedienanstalten von der Wichtigkeit des
Themas Hate Speech sowie dem Ansatz der
Digitalen Helden zu überzeugen.
Erst dann kann die Initiative #NichtEgal auf
gesellschaftlicher Ebene langfristig zu einem
Rückgang von Hate Speech und einer toleran-
ten Debattenkultur im Internet beitragen.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 27
Darstellung der Wirkungslogik
Inputs Outputs Outcomes Impact
•	Projektleitung
(Konzeption,
Controlling, Evaluation)
•	Teamer*innen
(Durchführung)
•	YouTuber*innen
(Unterstützung)
1
Erbrachte Leistungen:
•	Teamer-Workshops
•	Pilot-Workshops
•	Mentoren-Workshops (Klasse
9-10)
•	Schüler-Workshops (Klasse 7-8)
•	Ermutigende Videos von bekann-
ten YouTuber*innen
•	Vor-Ort-Besuche von
YouTuber*innen
•	Website mit Lernmaterialien
4
Neues Wissen oder neue Fähig­
keiten der erreichten Personen
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen können Hate Speech erken-
nen, ihn bewerten und adäquat
darauf reagieren.
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen weisen medientechnischen
Lernerfolg im Umgang mit dem
Smartphone auf.
• Die Mentor*innen haben neue
Kompetenzen in der Wissensver-
mittlung erworben.
• Die Mentor*innen haben ein
verstärktes Verantwortungsbe-
wusstsein entwickelt.
7
Erwünschte Veränderungen
für ­die Gesamtgesellschaft
Die Initiative #NichtEgal trägt
zu einem Rückgang von Hate
Speech bei und unterstützt eine
offene, tolerante Diskussionskultur
im Internet.
2
Nutzung der Leistungen:
durch Schüler*innen an den teil­
nehmenden Schulen
5
Erwünschte Veränderungen im
Handeln der erreichten Personen
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen nutzen digitale Kommunikati-
on bewusst und kompetent.
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen
reagieren souverän auf Hate
Speech.
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen
tragen ihr Wissen weiter in ihre
Peer-Gruppen.
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen zeigen Zivilcourage
im Internet.
3
Zufriedenheit mit dem Angebot
der teilnehmenden Mentor*innen
und Schüler*innen
6
Erwünschte Veränderungen der
Lebenslage der erreichten Personen
• Die Mentor*innen und Schüler*­
innen fühlen sich nicht mehr
von Hate Speech im Internet
überfordert.
• Die Mentor*innen und Schüler*­
innen gestalten bewusst ihren
­digitalen Alltag.
• Die Mentor*innen und Schüler*­
innen übernehmen verstärkt
­Verantwortung für Andere.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 28
3. RESSOURCEN, LEISTUNGEN UND WIRKUNGEN
IN DER INITIATIVE
12 Umfassende Informationen zu Ressourcen umfassen finanzielle, zeitliche und sachliche Mittel. Über die finanziellen Mittel wie Sachmittel
liegen keine Informationen vor, weshalb die Input-Ebene lediglich über zeitliche Ressourcen abgebildet wird. Da in dieser Initiative die Personalin-
tensität ausgesprochen hoch ist, werden diese Angaben dennoch als aussagekräftig erachtet.
13 Personentage werden in FTE (Vollzeitäquivalenten) aufgeführt, sodass Engagements von einigen Stunden (statt kompletten Arbeitstagen)
zusammengerechnet eine ungerade PT-Zahl (Personentage) ergeben können.
3.1. Ressourcen
Die eingesetzten Ressourcen für das Projekt
werden mit einer Gesamtzahl von ca. 668,25
Personentagen12
für eine Projektlaufzeit von
August 2016 bis April 2017 angegeben:
•	Projekt-Konzeption (Digitale Helden und
betterplace lab): 112 + 14 PT13
•	Projektsteuerung (Digitale Helden und
betterplace lab): 96 + 48 PT
•	Weitere Projektbausteine
(Digitale Helden, medienblau): 60 PT
•	Einsatz Teamer*innen: 332,5 PT
•	Einsatz YouTuber*innen: 5,75 PT
•	Fachliche und inhaltliche Begleitung der Work­
shops und Lehrmaterialien (FSM): ca. 12 PT
Die initiale Konzeption der Schülerworkshops
wurde durch die Digitalen Helden in Zusam-
menarbeit mit medienblau und dem better-
place lab durchgeführt. Die Projektsteuerung
meint die kontinuierliche Organisation des
Projekts und Abstimmungen der Projektpart-
ner (Digitale Helden, medienblau und betterpla-
ce lab). Dies beinhaltet die Koordination von
Kooperationsverträgen der teilnehmenden
Schulen sowie die Aufbereitung von Lehr- und
Lernmaterialien. Die Teamer*innen sind zehn
pädagogische Teams, bestehend aus zwei bis
drei Teamer*innen, die über das Bundesge-
biet verteilt sind und die jeweiligen Mentoren-­
Workshops und Aktionstage geleitet haben.
Zehn Aktionstage wurden von YouTuber*in-
nen begleitet.
3.2. Leistungen
Beschreibung der bereitgestellten Leistungen
der #NichtEgal-Initiative
Teamer*innen-Workshop
Am 31.10.2016 fand der Teamer*innen-Work-
shop im Museum für Kommunikation in
Frankfurt am Main unter der Leitung der Tea-
mer*innen von medienblau statt. Alle zehn
medienpädagogischen Organisationen ent-
senden hier mindestens eine Person. Folgen-
des Rahmenprogramm wurde umgesetzt.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 29
a) Vorlaufphase
Alle Teilnehmer*Innen erhielten im Vorfeld
des Workshops mit Hilfe der “flipped class-
room”-Methode ein Arbeitspaket, bestehend aus
Musterabläufen der Mentoren- sowie Schüler-­
Workshops und einer editierbaren Präsentation
sowie Informationen zur Organisation der Initia-
tive (Zeitpläne, Ansprechpartner, Einbindung der
Evaluation, Dokumentation der Mentoren- und
Schülerworkshops, etc.).
b) Workshop-Tag
Der Tag war dafür da, neben den Inhalten auch
auf einer persönlichen Ebene das „Wir-Gefühl“
zu stärken und alle Projektverantwortlichen bei
#NichtEgal vorzustellen. Die kombinierten Me-
thoden Peer Education, Blended-Learning sowie
der OER Ansatz wurden erläutert und dem Team
wurde aufgezeigt, welche Haltung, Freiheiten und
Grenzen das Team bei der Umsetzung hat.
In der Arbeitsphase wurden die editierbaren
Arbeitsmaterialien mit den Teamer*innen aller
Agenturen diskutiert und Verbesserungsvor-
schläge aufgenommen. Die Expertise der pä-
dagogischen Teams der verschiedenen Agen-
turen war eine sehr wertvolle Bereicherung. So
ist die Placemat-Methode als Brainstorming für
die Gruppenarbeit, einige Smartphone Apps zur
Umsetzung und wertvolle Praxiserfahrungen in
die Konzeption und Umsetzung eingeflossen.
c) Kontinuierliche Begleitung
Die Projektleitung aus Digitale Helden und
dem betterplace lab waren mit den Teams von
Ende September 2016 bis Ende Januar 2017
im zweiwöchentlichen Austausch. Ein Google
Hangout im Dezember 2016 und ein Hangout
zum Abschluss des Projektes im Juni 2017
sorgten dafür, dass die Teams für die Ausbil-
dung der Mentor*innen inhaltlich professionell
vorbereitet waren.
Pilot-Workshops
Im Vorfeld des offiziellen Starts der #NichtEgal-
Schülerworkshops wurden zwei Pilot-Work-
shops, jeweils ein Mentoren-­Workshop und ein
Schüler-Workshop, durchgeführt. Beide fanden
in der Kopernikusschule in Freigericht, Hessen,
statt. Die Pilot-Workshops sollten die Durch-
führbarkeit des Projekts testen und etwaige
Verbesserungsmöglichkeiten ausloten. Um die
Durchführbarkeit der Untersuchungsmetho-
de für die Wirkungsanalyse zu überprüfen, hat
das betterplace lab beobachtend an den Work-
shops teilgenommen.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 30
Video-Links
#NichtEgal-Aufrufvideo:
https://youtu.be/k5F6z4MDews
Beispiel-Video von Schüler*innen:
„Hass im Netz ist uns #NichtEgal“:
https://www.youtube.com/watch?v=u_5lPsJOXRc
Beispiel-Video von Mentor*innen: „Was Mentor*innen
über Anonymität im Netz sagen“:
https://www.youtube.com/watch?v=8yu7pPjrQXI
Beobachtung der Pilot-Workshops
Graues Novemberwetter draußen, aufgeregtes
Treiben im Klassenraum der Kopernikusschu-
le in Freigericht, Hessen. 25 Schüler*innen der
Klassenstufe 10 kommen zusammen, am Ende
des Schultages sind sie fit im Umgang mit Hate
Speech.
Nach einem kurzen Kennenlernspiel ist die
aus unterschiedlichen Klassen zusammen-
gewürfelte Truppe für den Tag aufgewärmt.
Der #NichtEgal-Clip wird abgespielt, in dem
YouTuber*innen wie Dagi Bee, datteltäter und
Mr.Wissen2go auftauchen. Für die angehen-
den Mentor*innen bekannte Gesichter, die
mal mehr mal weniger mit zustimmenden
“wohooo”-Rufen kommentiert werden. Dann
geht’s auch schon an’s Eingemachte, denn
zunächst müssen die Schüler*innen einmal
selbst lernen, worum es beim Thema Hate
Speech geht. Die begleitenden Teamer*innen
zeigen Beispiele für Hass im Netz, die Schü-
ler*innen diskutieren: Was ist Hate Speech?
Wie kann man damit umgehen? Hier soll ein
zweites Video Handlungsoptionen aufzeigen.
Es ist kurzweilig, die Schüler*innen schwanken
zwischen aufgeregt und konzentriert. Für sie
geht es nun in Kleingruppen, ein erstes The-
men-Brainstorming wird anschließend mit
der Placemat-Methode vertieft, eine Form der
Gruppenarbeit, bei der mittels rotierendem
Flipchart kooperatives Lernen gestaltet wer-
den kann. Nach dem Denken und Diskutieren
kommt jetzt das Machen; es ist Zeit, kreativ
zu werden: mit ihrem eigenen Video. Gezeigt
werden soll eine Szene, die sich mit dem The-
ma Hassrede auseinandersetzt, und einen
möglichen Ausweg aus solch einer Situation
aufzeigt. Erlaubt ist alles, was im Rahmen ei-
nes Handyvideos und in der kurzen Arbeits-
zeit möglich ist. Die Schüler*innen sind aus
dem Häuschen, schließlich sind sie ausdrück-
lich dazu angehalten, nun ihr Smartphone zu
benutzen – im Schulalltag eigentlich verboten
– und gar zu schauspielern! Aber Moment,
zuerst braucht es ein Videoskript.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 31
Ist das geschrieben, machen sich die Schü-
ler*innen mit einem Plan im Gepäck auf; die
meisten verlassen dann den Raum und wer-
keln im Treppenhaus, der Aula und auf dem
Schulhof vor sich hin. Nach einer Stunde sind
alle wieder da und präsentieren ihre Werke.
Unterhaltsame, charmante Kurzvideos wer-
den vorgestellt. In dem einen treten die Schü-
ler*innen im Wechsel vor die Kamera und
sprechen sich gegen Rassismus, Vorurteile
und sonstigen Hass im Netz aus. In einem
anderen plädieren die Schüler*innen für einen
respektvollen und empathischen Umgang
miteinander – trotz Anonymität im Netz. Die-
ser Test vor der Teilöffentlichkeit der eigenen
Klasse konfrontiert die Schüler*innen erstmals
mit der Tatsache, dass Reaktionen auf eigens
produzierte Inhalte die eigene Wahrnehmung
beeinflussen können. Die Reaktionen können
zu ermutigen oder verletzen. Diese Erkenntnis
regt zur Diskussion über Konsequenzen von
Veröffentlichungen im Netz an.
Doch nun folgt der wohl wichtigste Schritt: Die
Schüler*innen sollen in ihre Rolle als Men-
tor*in schlüpfen. Nach kurzem Input wer-
den vor allem Herausforderungen, aber auch
Chancen für das Mentor*innen-Dasein be-
sprochen. Es gibt einiges zu klären: Von Zeit-
management über Ausdruck und Sprache bis
zum Rollenwechsel als “Lehrenden” ist alles
dabei. In einem Rollenspiel wird sich auspro-
biert. Abschließend gibt es für die Mentor*in-
nen noch wichtigen Input zum Recht: Wem
gehören denn die Rechte an solch einem Vi-
deo? Wer oder was darf gezeigt werden? Zum
Abschluss reflektieren die Schüler*innen den
Tag, danach werden die frisch gebackenen
Mentor*innen entlassen. Nachzulesen gibt’s
das Gelernte natürlich in der #NichtEgal-Bro-
schüre (der Reader ist abrufbar unter htt-
ps://events.withgoogle.­com/nichtegal-work-
shops/materialien/), was wäre ein Schultag
ohne Hausaufgaben?
Keine vier Wochen später können die Men-
tor*innen ihr Wissen gleich anwenden: Der
#NichtEgal-Aktionstag startet. Die Aula der
Kopernikusschule ist brechend voll, lautes
Stimmen­wirrwarr, alle sind sichtlich aufgeregt.
Der Tag startet mit einem Grußwort der Leh-
rer*innen. Eigentlich sollte zu diesem Zeit-
punkt bereits der begleitende YouTube-Star
eingetroffen sein, doch der steckt noch im
Stau. Kein Problem, zunächst tut es auch die
Videoaufzeichnung der YouTuber*innen im
#NichtEgal-Clip. Mal lautes Raunen, mal er-
tönen Fanrufe in der Aula. Die Schüler*innen
sind sichtlich gepackt und direkt im Thema
angekommen. Anschließend übernehmen
die Teamer*innen die Moderation, doch dann
betritt auch schon MrWissen2go die Bühne
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 32
– absolute Stille im Raum. Das gab es vorher
noch nicht, wie die Rektorin der Schule später
kommentiert. MrWissen2go ergreift das Mik-
rofon. Er möchte erfahren, was die Schüler*in-
nen über Hate Speech wissen. Doch auch
die Schüler*innen haben ein paar Fragen für
MrWissen2go vorbereitet, die er erst mal in ei-
nem Kurzinterview beantwortet. Dann geht es
zurück zum Thema Hate Speech – und direkt
in die Umsetzung. Die Schüler*­innen machen
sich auf in ihre Klassen, begleitet werden sie
jeweils von einigen Mentor*innen, die sie von
an Anfang an durch den Tag begleiten. Erste
Aufgabe: “Sage Deinem Mitschüler auf dem
Weg in den Klassenraum etwas Nettes”. Die
Schüler*innen befolgen, lautes Gemurmel er-
füllt den Raum, während sich die Masse auf
die Klassenzimmer der Kopernikusschule
verteilt. In den Klassenräumen folgt der Ab-
lauf nun dem der Mentoren-Workshops, nur
wird das Ganze eben nicht von Teamer*innen
oder Lehrer*innen angeleitet, sondern von
den Mentor*innen selbst. Erwachsene halten
sich heute im Hintergrund. Die Mentor*innen
moderieren zunächst durch die Grundlagen
von Hate Speech, gefolgt von einem Erfah-
rungsaustausch und dem Gruppen-Brainstor-
ming. Danach erklären die Mentor*innen den
Schüler*innen alles rund um den Videodreh
– und los geht’s! Auch hier werden später
spannende, kurze Clips präsentiert. Die größ-
te Herausforderung für die Mentor*innen dürf-
te wohl sein, mal in der Rolle des Lehrers zu
stecken. Doch die Schüler*innen machen es
den Mentor*innen nicht allzu schwer, schließ-
lich spricht man dieselbe Sprache, hat ähnli-
che Erfahrungen – der Peer-Ansatz geht auf.
Am Ende des Tages scheinen Schüler*innen
wie Mentor*innen zufrieden mit dem Tag,
wenn auch sichtlich erschöpft. Der Lehrer be-
endet den heutigen Tag mit den Worten “Für
mich war es auch ein toller Tag, ich musste ja
gar nichts tun und habe dennoch das Gefühl,
dass wir heute alle einen großen Schritt vor-
angekommen sind”. Zufriedener kann man ei-
nen Schultag wohl kaum beenden, dieses Mal
übrigens ohne Hausaufgaben!
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 33
Untersuchung und Bewertung der Leistungen
der #NichtEgal-Initiative
Im Folgenden werden die Leistungen der
#NichtEgal-Workshops aufgelistet und bewer-
tet. Hierbei sei zu erwähnen, dass die Leis-
tungsebene (Output) sich auf die konkreten
Maßnahmen und Angebote bezieht, die eine
Organisation durchführt. Sie lösen besten-
falls eine Wirkung auf die Zielgruppen aus,
sind jedoch selbst noch keine Wirkung. Fin-
det ein Schüler*innen-Workshop also statt,
ist dies zwar ein Output-Ergebnis, aber noch
kein Nachweis für Wirkung, wie etwa der Ler-
nerfolg der Schüler*innen. Auf die Wirkungen
wird in Kapitel 3.3 eingegangen.
Im Projektmanagement wurden durch regel-
mäßiges Monitoring die Mentoren-Workshops
wie auch die Aktionstage erfasst. Mittels die-
ser Daten lassen sich erste Aussagen über
den Projekterfolg auf Ebene des Outputs
(Aktivitäten finden wie geplant statt) treffen.
Um im nächsten Schritt beurteilen zu können,
ob die direkten Zielgruppen – Mentor*innen
und Schüler*innen – erreicht wurden, soll-
ten die Teamer*innen nach jedem durchge-
führten Workshop und Aktionstag über eine
Online-Umfrage angeben, wie viele Teilneh-
mer*innen am jeweiligen Workshop bzw. Ak-
tionstag anwesend waren. Diese zahlenmäßi-
ge Erfassung zur Analyse der Reichweite gibt
Aufschluss darüber, inwiefern die Zielgruppen
durch die stattfindenden Aktivitäten erreicht
wurden. Ferner bleibt zu überprüfen, ob sie
das Angebot auch angenommen haben. Dar-
aus ergeben sich im Folgenden drei Stufen:
Output: Aktivitäten finden wie geplant statt
Deutschlandweit sind 567 Bewerbungen
aus 14 Bundesländern für die Teilnahme an
#NichtEgal eingegangen. Die Mehrheit der
Bewerbungen ging auf Initiativen von Schü-
ler*innen zurück. Im Anschluss wurden die
Bewerber*innen per E-Mail angeschrieben
und mit Informationsschreiben für die Schu-
len versorgt. 72 Schulen haben daraufhin die
Teilnahme am Programm schriftlich bestätigt
und eine offizielle Bewerbung nachgereicht.
Im Anschluss erfolgte die Absprache mit Ko-
operationsverträgen mit den Schulleitungen
und verantwortlichen Lehrer*innen. Insge-
samt haben schließlich 40 Schulen aus allen
16 Bundesländern an der #NichtEgal-Initiati-
ve teilgenommen. Die Aktivitäten fanden zum
Großteil wie geplant statt bzw. konnten Aus-
fälle komplett ausgeglichen werden.
Output: Zielgruppen werden erreicht
Insgesamt wurden durch die 40 Mentoren-Work-
shops und 40 Schüler-Workshops 5.535 Schü-
ler*innen der Klassen 7 bis 10 erreicht. Folgende
Zahlen zeigen eine Verteilung über die erreich-
ten Mentor*innen und Schüler*innen (hier beide
Zielgruppen unter “Schüler*innen gesamt” auf-
geführt), die an den genannten Aktivitäten teilge-
nommen haben.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 34
Bundesland Erreichte Schüler*innen gesamt
Baden-Württemberg 89
Bayern 89
Berlin 432
Brandenburg 293
Bremen 421
Hamburg 255
Hessen 459
Mecklenburg-Vorpommern 310
Niedersachsen 1146
Nordrhein-Westfalen 188
Rheinland-Pfalz 1057
Saarland 50
Sachsen 116
Sachsen-Anhalt 11
Schleswig-Holstein 110
Thüringen 509
Tab. 2: Verteilung der erreichten Schüler*innen in den Workshops nach
Bundesländern
Wie die Tabelle darstellt, hat in jedem Bun-
desland mindestens ein Aktionstag stattge-
funden, jedoch ist die Verteilung über die
Bundesländer unterschiedlich. Dies liegt
einerseits an den Verbindungen, die seitens
der Digitalen Helden bereits zu einigen Schu-
len bestanden (v. a. in Niedersachsen, Rhein-
land-Pfalz und Hessen), andererseits haben
auch die Kontakte der medien­pädagogischen
Teamer*innen in den jeweiligen Bundeslän-
dern eine Rolle gespielt. Tatsächlich kamen
aus manchen Bundesländern sehr viel weni-
ger Bewerbungen (z. B. Brandenburg, Sach-
sen-Anhalt und Saarland) als aus anderen.
Geschlecht Erreichte Schüler*innen gesamt
weiblich 2781
männlich 2375
anderes 379
Tab. 3: Verteilung der erreichten Schüler*innen in den Workshops nach ihrem
Geschlecht
Die Geschlechterverteilung unter den Schü-
ler*innen ist einigermaßen gleichmäßig und
muss für die Interpretation der Ergebnisse
nicht berücksichtigt werden.
Schultyp Erreichte Schüler*innen gesamt
Gymnasium 3542
Gesamtschule 1030
Realschule 648
Mittelschule 94
Hauptschule 116
Obestufenzentrum 66
Förderschule 39
Tab. 4: Verteilung der erreichten Schüler*innen in den Workshops nach den
Schultypen
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 35
Auch die Schultypen sind unterschiedlich
stark vertreten. Am häufigsten wurde die
#NichtEgal-Initiative an Gymnasien durchge-
führt, gefolgt von der Gesamtschule. Folglich
sind auch die Umfragen häufiger von Gym-
nasiast*innen ausgefüllt worden als bspw.
von Hauptschüler*innen. Die Bewertung des
Programms mag also für Schüler*innen des
Gymnasiums durchaus positiv sein, könnte
für eine Hauptschule allerdings anders aus-
fallen. Um dies durch qualitative Ergebnisse
auszugleichen, ist in den Interviews mit den
Lehrer*innen je eine Haupt- wie auch eine För-
derschule repräsentiert.
Zudem sei an dieser Stelle angemerkt, dass
die #NichtEgal-­Initiative für alle Schultypen
gleichermaßen konzipiert wurde. Unterschied-
liche Lehrpläne nach Bundesländern sowie
unterschiedliche Lernniveaus von Schulen
wurden in der Workshop-Konzeption wie auch
in den Materialien nicht merklich berücksich-
tigt, was vor allem von einigen Lehrer*innen
kritisiert wurde.
Output: Zielgruppen akzeptieren Angebote
Die Akzeptanz wird nun differenziert nach
den Zielgruppen der Mentor*innen (Mento-
ren-Workshop) und der Schüler*innen (Akti-
onstag) betrachtet. Hier wurde vor allem ge-
sondert nach dem Einsatz von Smartphones
und dem Peer-Ansatz gefragt, da diese Eigen-
heiten in der #NichtEgal-Initiative darstellen
und durch die Ausnahmesituation des Schul-
alltags das Potential haben, bei den Schü-
ler*innen auf besonderen Zuspruch
zu stoßen.
Zielgruppe: Mentor*innen akzeptieren
Angebote
Die Akzeptanz der Workshops zeigt sich bei
den Mentor*innen vor allem in den Aussa-
gen zur Zufriedenheit mit dem Workshop
(abgefragt wurden hierzu “Spaß an der Teil-
nahme” und “Spaß an der Arbeit mit dem
Smartphone”):
Tab. 5: Umfrage Mentor*innen nach dem Mentoren-Workshop
Smartphone sorgt für Spaß und hohe
Lernbereitschaft
Nahezu 93% hatten Spaß am Workshop. Spaß
ist hier als wichtiger Faktor anzusehen, weil
er Einfluss auf Lernbereitschaft und somit auf
die Wirkung des Bildungsprogramms hat. Vor
allem die Arbeit am Smartphone stellt für die
Schüler*innen eine besondere Situation dar
(im Schulalltag ist das Smartphone häufig
verboten); über 90 % der Schüler*innen gaben
an, dass ihnen insbesondere die Arbeit mit
dem Smartphone Spaß bereitet hat.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 36
Spaß kann darüber hinaus auch zu den posi-
tiven Ergebnissen für eine erneute, mögliche
Teilnahme geführt haben. In der Umfrage
nach dem von den Mentor*innen angeleiteten
Aktionstag gaben über 80% der Mentor*innen
an, wieder am Projekt als Mentor*in mitwir-
ken zu wollen, falls es erneut stattfände:
Tab. 6: Umfrage Mentor*innen nach dem Aktionstag
Diese positiven Ergebnisse zur Akzeptanz
werden gestützt durch die Einschätzung der
Teamer*innen: Diese gaben an, dass die Men-
tor*innen sehr aufmerksam (38,9 %) bis auf-
merksam (51,9 %) am Workshop-Programm
teilgenommen haben. Auch die Lehrer*innen
betonten in den Interviews, dass die Mento-
ren-Workshops gut bei den werdenden Men-
tor*innen ankamen, insbesondere das Arbei-
ten mit dem Smartphone wurde gelobt. Der
Ausnahmezustand, in der Schule das Handy
einsetzen zu dürfen, scheint also maßgeblich
zur Akzeptanz und zum Spaß am Programm
beizutragen.
Zielgruppe: Schüler*innen akzeptieren Angebote
Auch die Schüler*innen zeigen sich zufrieden
mit dem Programm. 92,3 % der Schüler*innen
hatten Spaß am Aktionstag. Auch hier stößt
insbesondere die Arbeit mit dem Smartpho-
ne und der Peer-Ansatz auf Zuspruch: Über
90% gaben an, dass ihnen die Arbeit mit dem
Smartphone Spaß gemacht hat, ebenso über
90% befanden es für gut, dass der Workshop
von den Schüler*innen durchgeführt wurde.
Ob eine Schüler*in selbst beim Programm als
Mentor*in mitmachen möchte, wurde nicht
eindeutig beantwortet. Mögliche Thesen dafür
sind, dass die Schüler*innen das Mentor*in-
nen-Dasein in Summe nicht als “cool genug”
empfinden, oder aber, dass sie in ihrer Alters-
stufe noch nicht bereit dafür sind, diese Art
von Verantwortung zu übernehmen.
Tab. 7: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 37
YouTuber erhöhen die Aufmerksamkeit
der Schüler*innen
Die Teamer*innen bewerten die Aufmerksam-
keit der Schüler*innen über den Aktionstag
verteilt als hoch (12,3 % sehr aufmerksam,
61,6 % aufmerksam). Allerdings gab knapp
ein Viertel der Teamer*innen an, dass die
Schüler*innen über den Tag eher unkonzen-
triert oder gelangweilt waren. Aussagekräf-
tig wäre diese Einschätzung nur dann, wenn
man den Anteil “gelangweilter Schüler*in-
nen” im üblichen Schulalltag dagegen rech-
net. In jedem Fall spricht es für den Einsatz
von YouTuber*innen innerhalb der #NichtE-
gal-Initiative, da diese die Aufmerksamkeit
der Schüler*innen merklich erhöhten. Einer
der Teamer*innen äußerte sich entsprechend:
“Einen besonderen Charakter hatten die Ak-
tionstage, wenn auch YouTuber*innen anwe-
send waren.” Auch in den Interviews, die mit
den Lehrer*innen geführt wurden, zeigte sich,
dass der Besuch der YouTuber*innen die Auf-
merksamkeit der Schüler*innen positiv be-
einflusste, besonders der Einstieg mit YouTu-
be-Videos sei besonders gelungen, weil man
sich damit auf die Sprache und Lebenswelt
der Jugendlichen beziehe. Auch der Peer-An-
satz wurde aus Sicht der Lehrer*innen von
den Schüler*innen besonders gut angenom-
men. Zum Peer-Konzept schilderte einer der
Teamer*innen seine Erfahrungen so: “Nach
dem Videodreh kam eine Mentorin, die gerade
zum ersten Mal das Ergebnis ihrer Gruppe
gesehen hatte, auf mich zu und sagte: ‘Ich
bin so stolz auf meine Gruppe, ich hätte nie
gedacht, dass die so ein tolles Video ma-
chen, das ist sogar besser als unseres...!’ Was
braucht es mehr um von Peer Education über-
zeugt zu werden?”
Allerdings äußerten die Lehrer*innen Zweifel
an der Altersstufe.
Die Schüler*innen seien in der 7. Klasse noch
zu jung, das Thema Hate Speech werde in-
haltlich noch nicht erfasst. Dies könnte auch
eine Erklärung für einige Unruhe am Aktions-
tag liefern. Gleichzeitig betonten bspw. je-
doch die Landesmedienanstalten, dass die
Medienbildung immer früher ansetzen müsse,
da Schüler*innen schließlich bereits im jun-
gen Alter mit diesen Phänomenen konfron-
tiert werden (das bestätigen auch die Statisti-
ken in Kapitel 2.1).
3.3. Wirkungen
Erst bei eintretenden Veränderungen auf
der Ebene der Zielgruppe spricht man von
Wirkung. Diese Veränderungen können
im Bewusstsein bzw. der Fähigkeiten, des
Handelns, oder gar in der Lebenslage der Ziel-
gruppe verankert sein.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 38
Umfragen und Experiment liefern
Wirkungsnachweise
Nach jedem Workshop bzw. Aktionstag wur-
den die Zielgruppen der Mentor*innen und
Schüler*innen gebeten, an einer Umfrage teil-
zunehmen. Dazu wurden die Teamer*innen
im Vorfeld für die Wirkungsanalyse gebrieft
und erhielten einen Online-Link, den sie am
Ende jedes Workshops an die Teilnehmer*in-
nen weitergaben. Die Schüler*innen wurden
am Ende des Workshops entsprechend gebe-
ten, die kurze Umfrage an ihren Smartphone
ausfüllen. Die Mentor*innen wurden zweimal
befragt, sowohl nach ihrem eigenen Trai-
ningstag (Mentoren-Workshop) als auch nach
der Durchführung des Aktionstags. In einer
Kurzumfrage nach dem Mentoren-Training
wurden sie zu ihrem Kenntnisstand zum The-
ma Hate Speech, der Zufriedenheit mit dem
Mentoren-Training, ihren Einstellungen zu
Peer Education und zum Medieneinsatz be-
fragt. Die zweite Umfrage nach Durchführung
des Aktionstags enthielt Fragen zur Mach-
barkeit des Workshops, gesteigertem Selbst-
bewusstsein und Empathievermögen. Beide
Umfragen lassen somit Rückschlüsse auf
Veränderungen des Bewusstseins bzw. Fä-
higkeiten zu. Inwiefern die Zielgruppe durch
das Projekt ihr Handeln ändern wird, kann nur
durch subjektive Selbsteinschätzung (die Ab-
sicht, erneut beim Projekt als Mentor mitzu-
machen) abgefragt werden.
Die Schüler*innen wurden einmalig am Ende
des Aktionstags mittels einer Online-Umfrage
zu ihrem Kenntnisstand zu Hate Speech, der
Zufriedenheit mit dem Angebot, ihren Einstel-
lungen zu Peer Education sowie zum Ler-
nerfolg allgemein befragt. Neben der Selbst-
einschätzung des Lernerfolgs wurden sie zu
Bewältigungsstrategien im Umgang mit Hate
Speech getestet: In einem Verhaltensexperi-
ment wurde den Schüler*innen ein beleidigen-
der Kommentar gezeigt, den sie in Bezug auf
Hate Speech einordnen und ihre (fiktive) Re-
aktion aufschreiben sollten. Zudem sollte der
Medieneinsatz mit dem Handy bewertet sowie
die Bereitschaft erfragt werden, selbst ein-
mal als Mentor*in am Programm teilnehmen
zu wollen. Diese Umfrage lässt differenzierte
Rückschlüsse auf die Veränderung des Be-
wusstseins bzw. der Fähigkeiten zu, letzteres
getestet durch das Verhaltensxperiment. Eine
Veränderung des Handelns konnte lediglich
durch künftige Handlungsabsichten mittels
subjektiver Selbsteinschätzungen ermittelt
werden.
Ferner wurden die Teamer*innen um eine Ein-
schätzung des jeweiligen Workshops bzw. Ak-
tionstags gebeten, die die Qualität der Work-
shops beurteilen sollte. Die Einschätzungen
der Teamer*innen bilden eine Expertenmei-
nung ab und liefern somit Erkenntnisse über
Akzeptanz und Wirkungen bei der direkten
Zielgruppe.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 39
Outcome: Die Zielgruppe Mentor*innen ver-
ändert ihr Bewusstsein bzw. ihre Fähigkeiten
Um auf dieser Ebene Wirkung nachzuweisen,
wird ein Abgleich zwischen Wissensstand vor
der #NichtEgal-Initiative und nach dem Work-
shop- bzw. Aktionstag vorgenommen.
Wissenszuwachs im Umgang mit Hate Speech
Zunächst zeigt die Umfrage, dass es Bedarf
an der Auseinandersetzung mit dem Thema
Hate Speech gibt, da sich mehr als ein Drittel
der Mentor*innen noch nicht mit Hate Speech
auseinandergesetzt hat. Folglich konnte der
Workshop-Tag zu einem großen Wissenszu-
wachs bei den Mentor*innen führen. Das be-
stätigen auch 89,3 %, die “viel über Hate Spe-
ech und den Umgang damit gelernt” haben:
Tab. 8: Umfrage Mentor*innen nach dem Aktionstag
Außerdem hat der Workshop das Verantwor-
tungsbewusstsein der Mentor*innen gestärkt.
Auch hierin zeigt sich, dass der Ansatz von
Peer Education über den Aspekt der Akzep-
tanz hinaus Wirkung erzielt:
Tab. 9: Umfrage Mentor*innen nach dem Aktionstag
Gesteigertes Empathievermögen und
Selbstbewusstsein
Besonders die Angaben der Mentor*innen nach
dem durchgeführten Aktionstag lassen Rück-
schlüsse auf die Wirkung der Initiative in Bezug
auf das Bewusstsein und die Fähigkeiten der
Zielgruppe zu. Die Mehrzahl der Mentor*innen
fühlten sich gut auf den Aktionstag (hier “Klas-
senbesuch”) vorbereitet. Allerdings gaben 18%
an, “eher nicht” gut auf den Klassenbesuch vor-
bereitet gewesen zu sein. Möglicherweise hätten
einige Mentor*innen eine intensivere Betreuung
– bspw. durch die Lehrkraft vor Ort oder mehr
Teamer*innen in einer Klasse – benötigt. Den-
noch fühlten sich die meisten imstande, den Ak-
tionstag erfolgreich zu bewältigen. Vor allem das
Selbstbewusstsein einiger Mentor*innen wurde
gestärkt, 73,2 % gaben an, nun Inhalte besser vor
den Klassenkameraden präsentieren zu können.
Ebenso wurde das Empathievermögen gestei-
gert, denn über 70% gaben an, sich nun besser
in andere hineinversetzen zu können. Vor allem
die Aussage von über 90 % der Mentor*innen,
nun andere Schüler*innen zum Thema beraten
zu können, weist auf gesteigertes Wissen und
Selbstbewusstsein der Mentor*innen hin.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 40
Tab. 10: Umfrage Mentor*innen nach dem Aktionstag
Die Einschätzung der Teamer*innen zur Be-
kanntheit des Themas passt zu den Angaben
der Mentor*innen, nahezu ein Drittel der Men-
tor*innen sei kaum bis nicht vertraut mit der
Thematik gewesen:
Deine Einschätzung: Fühlten sich die
Schüler schon vor dem Workshop in der
Lage, mit Hatespeech umzugehen?
Tab. 11: Umfrage Teamer*innen
Bei den Aussagen zum “Umgang mit Hate
Speech” ergibt sich allerdings ein wider-
sprüchliches Bild, da sich laut der Teamer*in-
nen nahezu gleichermaßen Mentor*innen
“eher nicht in der Lage” fühlten, mit Hate
Speech umzugehen, wie sie sich “eher in der
Lage” fühlten. Hier können die unterschied-
liche Schulform (Gymnasium gegenüber
Hauptschule) oder abweichende bisherige
Berührungen einiger Schüler*innen mit Eh-
renamtsprogrammen Erklärungen für diese
entgegengesetzten Aussagen liefern. In je-
dem Fall ist es ein Hinweis darauf, dass eine
Vertiefung der Thematik und umfangreichere
Auseinandersetzung mit Bewältigungsstrate-
gien notwendig sind.
Positiver Lernerfolg laut Teamer*innen
Den Lernerfolg schätzen die Teamer*innen
recht positiv ein: Den inhaltlichen Lernerfolg
der Mentor*innen bewerteten die Teamer*in-
nen als hoch (62%) bis sehr hoch (17%). Den
sozialen Lernerfolg fiel mit der Angabe “et-
was” (46%) und “hoch” (43%) gleichverteilt aus
(“sehr hoch” bewerteten 11%, “marginal” kei-
ner). Der medientechnische Lernerfolg wurde
insgesamt unterschiedlich bewertet – mögli-
cherweise weil das Vorwissen der Schüler*in-
nen hier besonders ausgeprägt war und
somit weniger neues Wissen vermittelt
werden konnte:
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 41
Deine Einschätzung: Wie hoch war der
medientechnische Lernerfolg (Medien­
kompetenz) bei den Mentoren an dem Tag?
Tab. 12: Umfrage Teamer*innen
Die Teamer-Einschätzung zur Bewältigung der
Mentor*innen des Aktionstages zeigte über-
wiegend gute Ergebnisse, jedoch konnten fast
ein Drittel der Mentor*innen den Aktionstag
“nicht sonderlich gut” bewältigen, und über
5% “überhaupt nicht gut”:
Deine Einschätzung: Wie gut konnten die
Mentoren den Aktionstag bewältigen?
Tab. 13: Umfrage Teamer*innen
Dies könnte darin begründet liegen, dass die
Befähigung zur Mentor*in nicht allein in ei-
nem eintägigen Bildungsprogramm zu leis-
ten ist, sondern mehr Zeit braucht. Differen-
zierte Einblicke bieten die Lehrer-Interviews:
Die Lehrer*innen bewerteten, dass die Men-
tor*innen durch das Einfinden in die Lehrer-
rolle viel gelernt hätten, vor allem hätte diese
Erfahrung das Bewusstsein gestärkt und das
Verständnis der Mentor*innen für das Lehrer­
dasein beflügelt. Allerdings empfanden eini-
ge Mentor*innen die Übernahme von Verant-
wortung als sehr anstrengend. Zudem fühlten
sich einige Mentor*innen in ihrer Rolle teils
überfordert, bspw. dabei, am Aktionstag eine
Diskussion zu leiten. Dies stimmt mit den ge-
mischten Aussagen zur Vorbereitung und der
Präsentation vor der Gruppe überein (siehe
Abbildung 16). Eine häufig genannte Anmer-
kung unter den Lehrer*innen war, dass die
Mentor*innen – gerade die in der 9. Klasse –
noch etwas zu jung für das Programm seien.
Die Befähigung des Programms wurde von
den meisten Lehrer*innen im Hinblick darauf
positiv bewertet, für das Thema Hate Speech
zu sensibilisieren und Handlungsmöglichkei-
ten aufzuzeigen. Eine umfassende Befähigung
zum Umgang könne die Initiative in der Kürze
der Durchführung allerdings nicht leisten.
Zielgruppe: Schüler*innen verändern
Bewusstsein bzw. Fähigkeiten
Mehr (Selbst-)Bewusstsein im Umgang
mit Hate Speech
Nur wenige Schüler*innen hatten sich vor der
Initiative mit dem Thema Hate Speech be-
schäftigt – noch einmal deutlich weniger als
die zwei Jahre älteren Mentor*innen (24 %
i. Vgl. zu 37,5 %). Erfreulicherweise fällt der
Lernzuwachs entsprechend hoch aus: 88,9
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 42
% haben viel über Hate Speech gelernt und
knapp 94 % sieht sich nun in der Lage, mit
Hate Speech umzugehen. Dies ist ein zentra-
les Ergebnis, da sich Wirkung hier vor allem
auf der Bewusstseinsebene entfaltet: Wenn
durch die Teilnahme am Workshop gesteiger-
tes Selbstbewusstsein im Umgang mit Hate
Speech erzielt werden konnte, so ist zu erwar-
ten, dass sich dies auch in der tatsächlichen
Handlung widerspiegelt, sollte eine Schüler*in
tatsächlich mit Hate Speech konfrontiert sein.
Tab. 14: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag
Die Teamer*innen schätzten den Kenntnis-
stand der Schüler*innen zu Hate Speech ge-
mischt ein: 43% der Schüler*innen seien “eher
vertraut” mit dem Thema, genauso wie 43%
es “eher nicht” seien (die restlichen Anga-
ben fallen zu je 7% auf “noch nie gehört” und
“sehr vertraut”). Allerdings wirkten die meis-
ten Schüler*innen vor Beginn des Workshops
nicht in der Lage, mit Hate Speech umzu-
gehen; somit bestätigen also auch die Tea-
mer*innen einen hohen Bedarf an entspre-
chender Wissensvermittlung.
Deine Einschätzung: Fühlten sich die
Schüler schon vor dem Workshop in der
Lage, mit Hatespeech umzugehen?
Tab. 15: Umfrage Teamer*innen
Den inhaltlichen Lernerfolg am Aktionstag
bewerteten die Teamer*innen nur zu 10% als
“sehr hoch”. Immerhin 36% empfanden
den inhaltlichen Lernerfolg als “hoch”, mehr
als die Hälfte jedoch antwortete mit “etwas”.
Der soziale Lernerfolg wurde größtenteils po-
sitiv bewertet (18% “sehr hoch”, 42% “hoch”).
Jedoch ist auch hier die undeutliche Antwort
“etwas” zur Einschätzung des sozialen Ler-
nerfolgs mit 38% recht ausgeprägt. Beim me-
dientechnischen Lernerfolg ist die Aussage
“etwas” mit mehr als die Hälfte am stärksten
vertreten, immerhin bewerten ihn knapp 35%
als “hoch” und 8% als “sehr hoch”.
Lehrer*innen plädieren für Ausweitung
des Themas
Die Lehrer-Interviews geben Aufschluss
über die sehr unterschiedlichen Einschät-
zungen der Teamer*innen: Die Lehrer*innen
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 43
bemängelten, dass auch nach dem Aktions-
tag vielen Schüler*innen die Grenze zwischen
Hate Speech und Meinungsfreiheit noch un-
klar sei. Einige Lehrer*innen äußerten sich
erneut im Hinblick auf die Altersstufe kritisch,
die Schüler*innen in der 7. Klasse seien noch
zu jung. Zudem entspreche Cybermobbing
(noch) nicht ihrer Lebenswelt. Der Aktionstag
stelle zwar eine Vorbereitung auf die Kon-
frontation mit Hate Speech dar, jedoch reiche
ein Projekttag nicht aus, die Schüler*innen
umfassend für den Ernstfall vorzubereiten.
Schließlich finde durch den Aktionstag eine
Sensibilisierung für das Thema statt, und eine
Stärkung der Zivilcourage im Netz sei dank
des Workshops zu erwarten. Die Ansätze sei-
en also richtig gewählt, jedoch für einen nach-
haltige Verbesserung nicht ausreichend.
Verhaltensexperiment
Am Ende eines Aktionstages wurden die
Schüler*innen gebeten, an einer kurzen Um-
frage teilzunehmen. Neben einer Selbstein-
schätzung (Spaß, Vorwissen, Lernfortschritt)
werden sie darin mit einem beispielhaften
Kommentar auf YouTube konfrontiert. Diesen
gilt es zu bewerten und angemessen darauf
zu reagieren. Dadurch wird sichtbar, ob der
Aktionstag zum richtigen und selbstbewuss-
ten Umgang mit Hate Speech beigetragen
hat. Natürlich bleibt dabei zu berücksichtigen,
dass es sich um eine Versuchsumgebung
handelt und die Befragung direkt im An-
schluss an den Aktionstag stattfindet. Das
bedeutet, dass die Schüler*innen vermutlich
motivierter sind, in dieser Situation der so-
zialen Erwartung gemäß dem Gelernten zu
entsprechen, als es im Privaten später wäre.
Nichtsdestotrotz gibt das Experiment damit
Hinweis, ob die Schüler*innen prinzipiell in
der Lage sind, souverän mit Hate Speech um-
zugehen. Deshalb sind die Ergebnisse auch
der Wirkungsstufe der Befähigung und nicht
der Verhaltensänderung zuzuordnen.
Abb. 9: Fiktiver beleidigender Kommentar auf YouTube für das
Verhaltensexperiment
Der Kommentar weist mehrere diskriminieren-
de Zuschreibungen auf und diskreditiert den
Angesprochenen als “hässlich” und “richtige
Scheiße labernd”. Anstatt einer inhaltsbezo-
genen Diskussion soll der Angesprochene
mit dieser Beleidigung herabgewürdigt wer-
den. Der Kommentar lässt sich damit als eine
Form von Hate Speech kategorisieren.
87,8 % der Schüler*innen bewerten den Kom-
mentar auch entsprechend als Hate Spe-
ech, 63,5 % als eindeutig, 24,3 % als in der
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 44
Grauzone. Lediglich 6,7 % halten die Beleidi-
gung noch für freie Meinungsäußerung, 5,5
% trauen sich keine Einschätzung zu. Damit
ist die absolute Mehrheit der Schüler*innen
in der Lage, Hate Speech in diesem Beispiel
zu erkennen; für 12,2 % war der Aktionstag
jedoch nicht ausreichend, um eine solche Be-
wertung abzugeben.
Wie bewertest Du folgenden
Kommentar auf YouTube?
Tab. 16: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag
Als nächstes stellt sich die Frage, wie die
Schüler*innen auf den Kommentar reagieren.
In den Umfragen wurden den Schüler*innen
dafür fünf Möglichkeiten angeboten. Präfe-
rierte Antworten sind: “Ich würde öffentlich
schlichtend kommentieren.”, “Ich würde eine
private Nachricht schreiben.” und “Ich wür-
de den Kommentar melden.” Zwischen die-
sen Antwortmöglichkeiten wird nicht weiter
unterschieden, da allesamt einen sensiblen
Umgang mit dem Thema Hate Speech dar-
stellen. Während mit einem schlichtenden, öf-
fentlichen Kommentar im besonderen Maße
digitale Zivilcourage zum Ausdruck gebracht
wird, kann eine private Nachricht stärker
deeskalierend wirken. Um das Opfer zu schüt-
zen, ist jedoch ebenfalls das Melden des
Kommentars eine valide Option. In den päda-
gogischen Empfehlungen nicht gewollt sind
hingegen, “öffentlich zurück zu beleidigen”
oder auch “einfach nichts zu tun”.
Wie würdest Du reagieren?
Tab. 17: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag
Über die Hälfte der Schüler*innen ( 52,9 %)
würde den Kommentar melden, was sich so
interpretieren lässt, als dass die Schüler*in-
nen “mit aller Macht” gegen Hate Speech
vorgehen und es aus den Kommentar-Spalten
verbannen wollen. Auf einen schlichtenden,
öffentlichen Kommentar (15,2 %) oder eine
private Nachricht (11,7 %) würden kombiniert
mehr als ein Viertel zurückgreifen. Problema-
tisch ist das verbleibende knappe Viertel der
Schüler*innen, das zu einem äußerst geringen
Teil (2,3 %) öffentlich zurück beleidigen wür-
de, aber zu einem weit größeren von 17,9 %
nichts unternehmen würde.
Interessant erscheint die Differenz zwischen
den Schüler*innen, die nichts unternehmen
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 45
würden (17,9 %), und denjenigen, die den
Kommentar zuvor nicht als Hate Speech klas-
sifiziert haben (12,2 %). Das bedeutet, dass
5,7 % der Schüler*innen nicht handeln würden,
obwohl sie den Kommentar als Hate Spe-
ech erkannt haben. Hier wären weiterfüh-
rend die Motive interessant: Angst vor sozia-
ler Ächtung oder mangelnde Motivation, um
einzugreifen, wären denkbar – konnten im
Rahmen dieser Wirkungs­analyse allerdings
nicht weiter eruiert werden. Möglicherweise
wäre es auch hilfreich, mit den Schüler*innen
weitergehend konkrete Handlungsstrategi-
en einzuüben: Was genau kann ich auf einen
Hass-Kommentar antworten?
Die Schüler*innen, die bereits eine Hand-
lungsoption ausgewählt haben, wurden ge-
beten, dementsprechend einen öffentlichen
Kommentar bzw. eine private Nachricht als
Antwort auf den Hate-Speech-Kommentar zu
verfassen. So entstand eine Textmenge aus
111 öffentlichen Kommentaren und 169 priva-
ten Nachrichten. Davon lassen sich 45 res-
pektive 46 Antworten aussortieren, weil sie
nicht relevant für die Aufgabenstellung wa-
ren (Bsp.: “Hi ich bin dennis” oder “Die Stunde
war cool und es hat Spaß gemacht”).
Unter den übrigen öffentlichen Kommentare
(66) sowie privaten Nachrichten (105) fin-
den sich im Wesentlichen folgende acht
Sprechhandlungen:
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 46
Sprechhandlung Beispiele
Auf Meinungsfrei-
heit berufen, Höf-
lichkeit einfordern
“Deine Meinung kannst du gerne äußern aber
bitte höflich”,
“Bitte hör auf andere sinnlos zu beleidigen. Jeder
hat seine eigene Meinung, aber das geht zu weit.”
Nach Intention
fragen
“Warum machst du das?”
Zum Aufhören
auffordern
“hör auf damit”,
“hör auf, andere einfach auf andere zu
beleidigen”,
“Bitte hör in Zukunft auf solche Beleidigung öf-
fentlich zu äußern, danke.”
Dimension
aufzeigen,
Empathie
einfordern
“Denk doch vielleicht ein bisschen nach, wie wür-
dest du dich fühlen, wenn du so ein Kommentar
bekommen würdest? Auf jeden Fall wäre es dir
nicht egal. Du wärst sicher verletzt. Denk das
nächste mal vielleicht einfach nach, bevor du so
einen dummen Kommentar schreibst.”,
“Sowas beleidigt viele Menschen. Denk das
nächste mal darüber nach, ob es dich vielleicht
selber verletzen würde.”;
“Stell dir vor es passiert dir”
Meldung androhen “Warum behauptest du sowas? Kannst du das
nicht für dich behalten? Sowas gehört nicht hier-
her! Melde ich gleich mal…”
Ablehnung äußern “Muss das sein ist echt nicht toll”
Konstruktivität
einfordern
“Wieso schreibst du soetwas dann schreib was
er/sie bessermachen kann”,
“Könntest du bitte konstruktive kritik an mich
äußern?”
Zurück beleidigen “Guck dich mal selber an du”,
“Hör auf damit das will niemand wissen”
Tab. 18: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag
Am häufigsten finden sich dabei die rela-
tiv einfachen Sprechakte NACH INTENTION
FRAGEN und ZUM AUFHÖREN AUFFORDERN,
wobei auch das Fragen nach der Intention als
eine indirekte Aufforderung verstanden werden
kann. In diesen Fällen geht es den Schüler*in-
nen darum, möglichst schnell den Beleidigun-
gen einen Riegel vorzuschieben. In einigen
Fällen wird zu diesem Zweck auch angedroht,
dass der Kommentar gemeldet wird.
In nicht wenigen Beiträgen wird aber auch
sehr sensibel mit Hate Speech umgegangen
und versucht, dem Kommentierenden die
Dimensionen seiner Handlung aufzuzeigen.
Dazu zählen die Sprechhandlungen EMPA-
THIE, KONSTRUKTIVITÄT oder HÖFLICHKEIT
EINFORDERN, um die Diskussionskultur zu
verbessern. In einigen Fällen wird auch direkt
auf die Meinungsfreiheit eingegangen, um
dem Kommentierenden dieses Argument zu
entziehen, falls er sich auf selbige berufen
sollte.
Nur in Einzelfällen reagiert der/die Schüler*in
mit einer Beleidigung und zeigt damit, dass
der souveräne Umgang mit Hate Speech noch
nicht verstanden bzw. verinnerlicht wurde.
Outcome: Zielgruppen verändern
ihr Verhalten
Diese Wirkungsebene zeigt, wie sich das tat-
sächliche Verhalten der Zielgruppe in einer
realistischen Situation verändert. Aussagen
zu Wirkungen auf der Verhaltensebene sind
durch die verwendeten Methoden, wie das
durchgeführte Verhaltentsexperiment (künst-
liche Situation) oder einer Befragung im bzw.
direkt nach dem Programm, nicht nachzu-
weisen. Auch die teilnehmende Beobachtung
kann keine Verhaltensveränderung beweisen,
weil sie im Zuge des Projekts stattfindet.
`
Eine Analyse von Reaktionen auf die Konfron-
tation mit Hate Speech (Melde- und Kom-
mentar-Verhalten, private Nachrichten an
Hater) könnte zeigen, ob die Schüler*innen
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 47
nun souverän mit Hate Speech umgehen
können und Zivilcourage im Internet zeigen.
Allerdings erschweren der Datenschutz eine
solche Analyse oder machen sie gar unmög-
lich (Fernmelde­geheimnis). Ob Schüler*in-
nen ihr Wissen in die Peer-Gruppen tragen,
könnte man durch anschließende Befragung
herausfinden.
Im Rahmen dieses Berichts ist allerdings
eine Analyse der Verhaltensänderung nicht
möglich.
Outcome: Lebenslage der Zielgruppen
ändert sich
Diese Stufe beschreibt Veränderungen der
Lebenslage der Zielgruppe, die durch die In-
tervention stattgefunden hat. Dazu ist eine
umfassende Untersuchung nach Projektab-
schluss notwendig. Belastbare Aussagen
dazu, ob Schüler*innen souverän mit Hate
Speech im Netz umgehen können, kann man
erst nachweisen, wenn dies auch nachträg-
lich und in einer realen Situation der Fall ist.
Diese Bestätigung könnte durch Selbstein-
schätzung der Schüler*in erfolgen. Inwiefern
Schüler*innen ihren digitalen Alltag bewusst
gestalten, könnte man durch einen Metho-
denmix aus Befragung und Verhaltensbeob-
achtung herausfinden. Auch die Tatsache,
ob Schüler*innen mehr Verantwortung für
14 Definition aus “Social Impact Measurement: classification of methods” von Maas, Karen und Kellie Liket. In: Environmental management ac-
counting and supply chain management. Springer Netherlands, 2011. 171-202.
ihre Mitschüler*innen übernehmen, gibt Auf-
schluss über eine veränderte Lebenslage.
Aussagen über die Lebenslage der Zielgruppe
sind komplex, weil sie im Zeitverlauf analysiert
werden müssen und externe Faktoren schwer
isolierbar sind. Auch diese Stufe kann im Rah-
men des Berichts nicht erschlossen werden.
Impact: Gesellschaft verändert sich
Möchte man den Impact einer Intervention
nachweisen, so betrachtet man Wirkungen
auf gesellschaftlicher Ebene. Impact – oft
auch Social Impact14 – bezieht sich dann auf
eine ökonomische, ökologische oder sozia-
le Dimension. Ein Nachweis vom Impact der
#NichtEgal-Initiative wäre der ausgewiesene
Beitrag zu einem Rückgang von Hate Speech
und die Unterstützung zu einer offenen, tole-
ranten Diskussionskultur im Netz. Diese zu
untersuchen, erfordert umfassende Langzeit-
studien, weshalb Aussagen über (Social) Im-
pact im Zuge dieses Berichts nicht getroffen
werden können.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 48
3.4. Darstellung der Wirkungslogik
Inputs Outputs Outcomes Impact
•	Projektleitung (Konzeption,
Controlling, Evaluation):
330 Personentage
•	Teamer*innen (Durchführung):
332,5 Personentage
•	YouTuber*innen (Unterstützung):
5,75 Personentage
1
Erbrachte Leistungen:
•	2 Pilot-Workshops
•	1 Teamer*innen-Workshops
•	40 Mentoren-Workshops (Klasse
9-10)
•	40 Schüler-Aktionstage mit 195
Workshops (Klasse 7-8)
•	25 Ermutigende Videos von be-
kannten YouTubern
•	10 Vor-Ort-Besuche von
YouTuber*innen
•	Website mit Lernmaterialien,
inkl. 8 Videos zum Einsatz in
Workshops
•	Aufruf-Video zum Mitmachen für
YouTube-Nutzerinnen
4
Neues Wissen oder neue Fähig­
keiten der erreichten Personen
• 87,8 % der Mentor*innen und
Schüler*innen können Hate Speech
erkennen und bewerten; 79,1 % der
Mentor*innen und Schüler*innen
können adäquat darauf reagieren.
• 43,7 % der Mentor*innen und
Schüler*innen weisen medien-
technischen Lernerfolg im Um-
gang mit dem Smartphone auf.
• 73,3 % der Mentor*innen haben
neue Kompetenzen in der Wis-
sensvermittlung erworben.
• 70,2 % der Mentor*innen
empfinden ein gesteigertes
Empathievermögen.
• 89,1 % der Mentor*innen haben
ein verstärktes Verantwortungs-
bewusstsein entwickelt.
7
Erwünschte Veränderungen für die
Gesamtgesellschaft THESE
Das Projekt #NichtEgal trägt zu
einem Rückgang von Hate Speech
bei und unterstützt eine offene,
tolerante Diskussionskultur im
Internet.
2
Nutzung der Leistungen:
durch 5.535 Schüler*innen an 40
teilnehmenden Schulen
5
Erwünschte Veränderungen im
Handeln der erreichten Personen
THESE
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen nutzen digitale Kommunikati-
on bewusst und kompetent.
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen reagieren souverän auf Hate
Speech.
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen tragen ihr Wissen weiter in
ihre Peer-Gruppen.
• Die Mentor*innen und Schü-
ler*innen zeigen Zivilcourage im
Internet.
3
Zufriedenheit mit dem Angebot
92,5 % der teilnehmenden Men-
tor*innen und Schüler*innen hatten
Spaß
6
Erwünschte Veränderungen
der Lebenslage der erreichten
Personen THESE
• Die Mentor*innen und Schü-
ler*innen fühlen sich nicht mehr
von Hate Speech im Internet
überfordert.
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen gestalten bewusst ihren digi-
talen Alltag.
• Die Mentor*innen und Schüler*in-
nen übernehmen verstärkt Ver-
antwortung für Andere.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 49
3.5. Vergleich mit der Kontrollgruppe
Um die Wirkung des Programms abzusichern,
wurde eine Umfrage mit 7.- und 8.-Klässler*in-
nen durchgeführt, die nicht an der Initiative
teilgenommen haben. Wie sicher fühlen sie
sich im Umgang mit Hate Speech auch ohne
Workshops? Und wie gut schneiden sie im
Vergleich beim Verhaltensexperiment ab?
Insgesamt wurden dazu 174 Schüler*innen15
befragt.
Kennst Du Hate Speech?
Tab. 19: Umfrage Kontrollgruppe nach dem Workshop
Ein Fünftel der Schüler*innen (19,5 %) kann
den Begriff Hate Speech nach eigenen Anga-
ben genau einordnen und kennt die Bedeu-
tung. Dazu kommt ein Viertel (26,4 %), das in
etwa versteht, was Hate Speech meint. 46 %
haben den Begriff noch nicht gehört bzw. ken-
nen dessen Bedeutung nicht. Diese Selbst-
einschätzung lässt sich gut überprüfen durch
die nachfolgende Aufgabe, bitte in kurzen
Worten zu schreiben, was Hate Speech für die
Person bedeutet. Nimmt man die Hälfte her-
aus derer, die bereits angegeben hatten, den
Begriff nicht einordnen zu können, bleiben im
15 Die Verteilung zwischen Schülerinnen (49,1 %) und Schülern (44,2 %) ist recht ausgeglichen. Die meisten Schüler*innen gehen in Hamburg
oder Berlin aufs Gymnasium (76,5 %), deutlich weniger auf die Gesamtschule (9,9 %) oder auf die Realschule (9,9 %).
Wesentlichen vier Gruppen: Die erste geht al-
lein von dem Wort Hate aus, kann aber nicht
genau benennen, was damit in diesem Zu-
sammenhang gemeint ist:
•	“Ich weiß nur was hate heißt hassen”
•	“schnell hassen”
•	“Da das wort hate da drine ist denke ich man
redet über böse Menschen”
•	“Ich glaube es soll etwas über Hass bedeu-
ten. Man soll also über den Hass reden”
Eine zweite Gruppe bezieht den Begriff Hate
Speech bereits auf das Internet, häufig auf die
sozialen Medien, kann also den Kontext be-
reits einordnen:
•	“Hate Kommentare unter Fotos oder Videos”
•	“Hate Speech sind für mich schlechte Kom-
mentare unter Videos oder anderem. Jeden-
falls sind sie negativ.”
•	“Also, dass wenn jemand z.b. ein Video auf
YouTube hochlädt und anderen es nicht ge-
fällt, dass er dann irgendwelche hass Wörter
schreib, nur weil ihm das Video nicht gefällt.
Diese Wärter ärgern je auch irgendwie die je-
nigen, die das Video hochgeladen haben.”
Die dritte Gruppe ordnet das Phänomen ein,
gibt Gründe, warum es gerade im Internet vor-
kommt (Anonymität) oder auch was die Fol-
gen für die Opfer sind:
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 50
•	“Für mich bedeutet Hate speech jemanden
über das Internet oder Youtube weh zu tun in
dem man fiese Kommentare unter die Bilder
schreibt und die Leute verletzt.”
•	“Für mich bedeutet “Hate Speech” das
jemand die Anonymität des Internet ausnutzt
und Beleidungung und Hetze im Internet
verbreitet“
•	“Auf sozialen Netzwerken gibt es viele
Leute die Kommentare unter Videos oder Bil-
der schreiben die ziemlich gemein und
respektlos sind.”
Und die letzte Gruppe kommt zu Fehlinterpre-
tationen und kann die Bedeutung von Hate
Speech aktuell noch nicht greifen:
•	“Hate speech bedeutet für mich über Probleme
zu schreiben”
•	“Das man heute damit beleidigen kann”
Unter denjenigen, die Hate Speech nach ei-
gener Aussage bereits kennen und einordnen
können, finden sich die meisten Beschreibun-
gen in der zweiten Gruppen, d. h. sie haben
den Begriff bereits im Zusammenhang mit
dem Internet gehört. In der kurzen Schreibauf-
gabe geben sie jedoch wenig Hinweise dar-
auf, ob sie genau verstehen, was sich hinter
dem Begriff verbirgt. Nur wenige (ungefähr 12
%) zeigen bereits hier ein tiefergehendes Ver-
ständnis. Häufiger ist, dass Hate Speech nicht
viel weiter als das Wort hate übersetzt und
interpretiert werden kann. Die Kontrollgruppe
weist also einen deutlichen Bedarf auf.
Den Bedarf bestätigen die Schüler*innen auch
selbst, wenn sie gefragt werden, ob sie ihrer
Meinung nach bereits richtig mit Hate Speech
umgehen können. 45,5 % fühlen sich dazu in
der Lage, 42,4 % sind sich unsicher und 12,1
% wissen überhaupt nicht, wie sie damit um-
gehen sollten.
Glaubst Du, Du könntest richtig
mit Hate Speech umgehen?
Tab. 20: Umfrage Kontrollgruppe nach dem Workshop
Kontrollgruppe fühlt sich deutlich weniger
sicher im Umgang mit Hate Speech
Im Vergleich zu der Umfrage am Ende der
Aktionstage (Schüler-Workshops) sind das
nicht mal halb so viele Schüler*innen, die sich
für den Umgang mit Hate Speech gewappnet
fühlen (bei den Aktionstagen: 57,6 % stimmt
genau, 36 % stimmt eher). Auf der anderen
Seite beträgt die Anzahl an Schüler*innen, die
überhaupt nicht wissen, wie sie mit Hate Spe-
ech umgehen sollen, nur 3,3 % statt der 12 %
in der Kontroll­gruppe. Das belegt noch einmal
deutlich, dass die Aktionstage das Selbstbe-
wusstsein der Schüler*innen signifikant er-
höht haben.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 51
Tab. 21: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag
Die Kontrollgruppe wurde im Verhaltens-
experiment ebenfalls mit dem beleidigen-
den Kommentar konfrontiert und gebeten,
ihn zu bewerten und darauf zu reagieren.
In der Einschätzung unterscheidet sich die
Kontrollgruppe nicht wesentlich von den
Schüler*innen nach dem Workshop. 5 %
weniger erkennen darin einen klaren Hate-Spe-
ech-Kommentar, 3 % mehr sehen darin eine
offene Meinungsäußerung. Also selbst ohne
klares Verständnis von Hate Speech gelingt
es der Kontrollgruppe zu 85 %, die Beleidigung
als Teil von Hate Speech einzuordnen.
Wie bewertest Du folgenden
Kommentar auf YouTube?
Tab. 22: Umfrage Kontrollgruppe nach dem Workshop
Wie bewertest Du folgenden
Kommentar auf YouTube?
Tab. 23: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag
Doch wie gestaltet sich der Umgang mit dem
Kommentar im Vergleich? Hier werden deutli-
che Unterschiede erkennbar. Über doppelt so
viele Schüler*innen in der Kontrollgruppe wür-
den nichts unternehmen (40 % im Vergleich
zu knapp 18 % der Aktionstag-Teilnehmer*in-
nen), über doppelt so viele würden öffentlich
zurück beleidigen (4,7 % gegenüber 2,2 %)
und nur halb so viele schlichtend kommentie-
ren (8 % gegenüber 15 %). Noch eklatanter ist
der Unterschied bei der privaten Nachricht, zu
der innerhalb der Kontrollgruppe lediglich 3,5
% (im Vergleich zu 11,7 %) greifen würden.
Wie würdest Du reagieren?
Tab. 24: Umfrage Kontrollgruppe nach dem Workshop
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 52
Wie würdest Du reagieren?
Tab. 25: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag
Die privaten Nachrichten und öffentlichen
Kommentare in der Kontrollgruppe weisen
auch längst nicht so differenzierte Sprech-
handlungen auf, wie noch unter den Teil-
nehmer*innen des Aktionstages. Es wird
nach der Intention gefragt (“Wrm beleidigt
du sie wenn du sie wahrscheinlich eh nicht
kennst?”) und indirekt aufgefordert, damit
aufzuhören (“Sei leise du wurdest nicht ge-
fragt????????????????”), wenn auch zum Teil
– wie in diesem Beispiel – relativ aggressiv.
Auch wird häufig Ablehnung geäußert (“Ich
finde es nicht gut wenn Leute beleidigt wer-
den.”). Darüber hinaus werden jedoch nicht,
wie unter den Teilnehmer*innen, die Dimensi-
onen von Hate Speech aufgezeigt, zu Konst-
ruktivität, Empathie und Höflichkeit aufgeru-
fen oder die Meinungsfreiheit thematisiert.
Die Kommentare zeigen somit, dass durch die
#NichtEgal-­Initiative nicht nur notwendiges
Wissen an Schüler*innen vermittelt wird, wie
man Hate Speech erkennt, sondern sie auch
bewusster und selbstbewusster in den Um-
gang damit gehen.
#NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 53
4. EXPERTENMEINUNG:
LEHRER*INNEN  LANDESMEDIENANSTALTEN
Wie schätzen Lehrer*innen und Vertreter*in-
nen der Landesmedienanstalten die Initiati-
ve #NichtEgal ein? Die Lehrer*innen sind eine
sehr interessante Zielgruppe, da sie zum
einen den Lernerfolg der Schüler*innen be-
urteilen können, zum anderen weil sie in der
Verantwortung stehen, Inhalte wie zum The-
ma Hate Speech an ihre Klassen zu vermitteln
und somit dauerhaft an ihrer Schule stark zu
machen. Die Landesmedienanstalten hinge-
gen nehmen eine externe Expertenrolle ein.
Uns interessiert ihre Meinung dazu, wie sie
den Ansatz der #NichtEgal Schüler-Work-
shops bewerten und wie sie die Chancen
einer langfristigen Implementierung über die
Initiative hinaus sehen. In beiden Fällen han-
delt es sich um qualitative Einschätzungen
anhand von leitfragengestützten Interviews.
4.1 Einschätzung der Lehrer*innen
Insgesamt wurden neun Lehrer*innen inter-
viewt, die den Mentoren-Workshop wie Akti-
onstag begleitet haben. Häufig sind das die
3.6 Zwischenfazit
Die #NichtEgal-Initiative hat an 40 Schulen in Mentoren-Workshops und anschließenden Aktions-
tagen 5535 Schüler*innen erreicht. Im Vorfeld wurden Teamer-Workshops und Pilot-Workshops
durchgeführt, um die Qualität des Programms sicher­zustellen. Die Initiative weist eine hohe
Akzeptanz bei der Zielgruppe auf, wofür sich insbesondere die Arbeit mit dem Smartphone und
der Peer-Ansatz verantwortlich zeichnen. Es hat ein deutlicher Wissenszuwachs bei der Ziel-
gruppe statt­gefunden und die Schüler*innen fühlen sich insgesamt sicherer im Umgang mit Hate
Speech. Durch ein Verhaltensexperiment konnte nachgewiesen werden, dass Schüler*innen in der
Lage sind, Hate Speech als solche zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren. Der Vergleich
mit der Kontrollgruppe zeigte, dass ohne die Teilnahme an den Workshops nicht dieselben posi­
tiven Ergebnisse erzielt werden konnten. Die Initiative leistet demnach einen wertvollen Beitrag,
Jugendliche im Umgang mit Hate Speech zu bilden und somit eine positive Debattenkultur im
Netz zu unterstützen. Verbesserungsmöglichkeiten bestehen in einer Anpassung auf die ent-
sprechende Schulform bzw. auch eine kritische Reflexion der Altersstufe. So oder so muss eine
Vertiefung der Workshops stattfinden, damit sich eine nachhaltige Wirkung entfalten kann.
Wirkungsbericht #NichtEgal
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Wirkungsbericht #NichtEgal

  • 1. Wirkungsbericht #NichtEgal Schülerworkshops 2016-17 Beauftragt durch: Digitale Helden Durchgeführt von: betterplace lab #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden.
  • 2. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 2 Liebe Leser*innen, liebe Entscheider*innen in Schulbehörden, Stiftungen und Landesmedienanstalten, dieser Wirkungsbericht zeigt Ihnen was möglich ist, wenn Schüler*innen die Möglichkeit bekommen, sich mit den Themen Toleranz und Respekt im Netz auf kreative und ernsthafte Weise auseinander zu setzen. Der Bericht verdeutlicht zugleich, welche Lücken und Herausforderungen es noch aus Sicht von Schüler*innen, Medienpädagog*innen, Lehrer*innen und Vertreter*innen von Landesmedienanstalten bei der Umsetzung von medienpädagogischen Projekten gibt. Wir haben diesen Wirkungsbericht eigenständig in Auftrag gegeben, damit wir aus den Erfahrungen der #NichtEgal Schülerworkshops lernen können und herausfinden, was gut funktioniert und was nicht. Ziel ist es, dass der Bericht dazu beiträgt, dass sich methodisch und strukturell die Medienbil- dung an Schulen verbessert und verändert. Wir haben diese Evaluation aus unserem eigenen Budget finanziert in der Hoffnung, dass wir in Zu- kunft mit Ihnen und unseren Partnern gemeinsam die Bildung an Schulen positiv gestalten. Viel Spaß bei der Lektüre, Ihr Florian Borns, Geschäftsführer Digitale Helden. Digitale Helden sind Herausgeber des #NichtEgal Wirkungsberichts. Partner der Initiative #NichtEgal YouTube, die Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb), die Digitalen Helden und die v(FSM) haben #NichtEgal zusammen gestartet. #NichtEgal steht unter der Schirmherrschaft der Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley.
  • 3. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 3 ZUSAMMENFASSUNG Im Rahmen der #NichtEgal-Initiative haben die Digitalen Helden zwischen November 2016 und Mai 2017 an 40 Schulen bundes­weit Work- shops koordiniert und mit acht weiteren me- dienpädagogischen Teams umgesetzt – mit dem Ziel, die Schüler*­innen der Klassen 7 bis 10 zum souveränen Umgang mit Hate Speech im Internet zu befähigen. Das sind die zentralen Ergebnisse des vorliegenden Wirkungsberichts. Insgesamt haben 5.535 Schüler*innen an der Initiative #Nicht­Egal teilgenommen: In anschließenden Umfragen gaben 92,5 % von ihnen an, dass ihnen der Workshop Spaß gemacht hat, und 80,6 % würden jederzeit wieder teilnehmen. Der Lernerfolg im Umgang mit Hate Speech fiel im Vergleich zu der Kon­ trollgruppe signifikant aus: Überprüft wurde der Lernerfolg durch a) die Selbsteinschätzung der teilnehmenden Schü- ler*innen, b) die Fremdeinschätzung durch die begleitenden Teamer*innen sowie Lehrer*in- nen und c) in einem Verhaltensexperiment, in dem die Schüler*innen einen beleidigenden Kommentar einschätzen und angemessen darauf reagieren sollten.
  • 4. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 4 Die Initiative #NichtEgal zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus: • Die Schüler*innen werden im Peer-Ansatz unterrichtet, das heißt zunächst werden Schüler*innen der 9. und 10. Klassen zu Mentor*innen ausgebildet, bevor diese ihr Wissen in einem Workshop an die Klassen 7 und 8 weitergeben: 90,3 % der jüngeren Schüler*innen finden es gut, dass sie von älteren Mitschüler*innen angeleitet werden. Und die älteren Schüler*­innen schätzen gleichzeitig die Chance (89,1 %), Verantwor- tung für die Mitschüler*innen übernehmen zu können. Hinzu kommen positive Nebeneffekte, wie, dass die älteren Schüler*innen jetzt bes- ser Themen vor der Gruppe präsentieren (73,3 %) und sich besser in andere hineinver- setzen können (70,2 %). • Im Rahmen des Workshops konnten die Schüler*innen mit ihrem Smartphone ar- beiten und eigene Video-Statements gegen Hate Speech erstellen: 91,5 % der Schü- ler*innen hat das besonders Spaß gemacht – und insbesondere die Lehrer*innen haben diesen Aspekt zur Förderung der Medien- kompetenz gelobt. • Eingebettet wurden die Workshops in die #NichtEgal-Initiative von YouTube. Zum Teil waren selbst YouTuber*innen mit an den Schulen, um auf die Dringlichkeit des Themas hinzuweisen. Sowohl die Teamer*innen als auch Lehrer*innen haben berichtet, dass es für die Schüler*innen wichtig war, sich als Teil einer Bewegung zu begreifen und dass dies für zusätzliche Identifikation und Moti- vation gesorgt hat. Insgesamt ist der Lernerfolg der Schüler*in- nen in Bezug auf den Umgang mit Hate Speech als sehr positiv zu bewerten. Im Wirkungsbericht belegen das zudem die Ein- schätzungen der Teamer*innen, Lehrer*innen und Landesmedienanstalten. Disclaimer: Der vorliegende Wirkungsbericht wurde von dem betterplace lab im Auftrag der Digitalen Helden angefertigt und analysiert die Schüler-Workshops im Rahmen der Initiative #NichtEgal 2016/17. Das betterplace lab war selbst Projektpartner und neben der Wirkungs- analyse für das Projektmanagement zuständig.
  • 5. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 5 INHALTSVERZEICHNIS Zusammenfassung 1. Einleitung 1.1 Gegenstand des Berichts und Methodik 2. Gesellschaftliche Herausforderung und Lösungsansatz 2.1 Gesellschaftliche Herausforderung 2.2 Bisherige Lösungsansätze 2.3 Der Lösungsansatz 3. Ressourcen, Leistungen und Wirkungen in der Initiative 3.1 Eingesetzte Ressourcen (Input) 3.2 Erbrachte Leistungen (Output) 3.3 Erreichte Wirkungen (Outcome/Impact) 3.4 Darstellung der Wirkungslogik 3.5 Vergleich mit der Kontrollgruppe 3.6 Zwischenfazit 4. Expertenmeinung: Lehrer*innen Landesmedienanstalten 4.1 Einschätzung der Lehrer*innen 4.2 Einschätzung der Landesmedienanstalten 4.3 Zwischenfazit 5. Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen 6. Informationen zu den ausführenden Organisationen 6.1 Digitale Helden 6.2 Weitere Partner
  • 6. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 6 1. Einleitung “Wir sind die ‘Generation Internet’. Manchmal kann ich gar nicht stolz darauf sein. Ich finde, Beleidigungen sind sehr häufig geworden. Es wird sehr viel gehatet im Netz. Gegen Homos, gegen Ausländer, gegen Menschen, die ein bisschen anders aussehen oder andere Videos machen…” In dem Video zur Initiative #Nicht­ Egal beschreiben bekannte YouTuber*innen die aktuelle Debattenkultur im Internet, wenn man sie denn noch so nennen kann. Offene Diskussionen werden zunehmend überschattet von Hate Speech, also Äußerungen mit dem Ziel der Herabsetzung und Verunglimpfung bestimmter Personen oder Personengruppen. Die “Generation Internet” (häufig auch als 1 Der Internetkonsum ist über die Jahre kontinuierlich gestiegen. Heute sind Jugendliche ab 12 Jahren im Durchschnitt bereits eine Stunde online am Tag, s. ausführlicher in Kapitel 2. “Digital Natives” bezeichnet) sind Kinder und Jugendliche, die bereits mit dem Internet auf- gewachsen sind. Für sie ist das Internet Teil ihrer Lebenswelt, in der sie sich einen wesent- lichen Teil ihrer Zeit verbringen.1 Sie können zwar intuitiv die digitalen Geräte und Pro- gramme bedienen, doch sind sie dabei meist auf sich allein gestellt; weder Eltern noch Leh- rer*innen geben ihnen Orientierung in der digi- talen Welt. Das ist besonders problematisch, da sie im Internet zunehmend mit sprachli- cher Gewalt konfrontiert werden. Wie können sie nicht nur sich selbst schützen, sondern auch Zivilcourage zeigen, dagegen vorgehen und so langfristig für eine friedlichere Diskus- sionskultur im Internet sorgen? Abb. 1: Video-Ausschnitt zur Initiative #NichtEgal (https://nichtegal.withyoutube.com/)
  • 7. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 7 Digitale Helden und die Initiative #NichtEgal Die Organisation Digitale Helden will mittels Fortbildungs­programmen Schulen und Fa- milien dabei helfen, digitale Kommunikation bewusst und kompetent zu nutzen. Schüler*­ innen, Eltern und Pädagog*innen werden zu mündigen Teilnehmer*innen in einer digital vernetzten Gesellschaft. Dafür braucht es sowohl Digital-Know-how als auch Empa- thie (Einfühlungsvermögen, Verständnis für das Gegenüber); beides wollen die Digitalen Helden vermitteln. Ihr Ziel ist es, Internetauf- klärung dauerhaft im Schulalltag zu verankern und dadurch eine lebendige Wertediskussion an den Schulen zu etablieren. Der Fokus liegt auf Cybermobbing, seiner Prävention, der Problemlösung im Konfliktfall und der Sensibilisierung für die Folgen. Ein di- gitaler Held ist jemand, der sich gegen Hass im Netz und für Toleranz einsetzt. 2 „Peer-Ansatz“ oder „Peer Involvement” meint, dass Schüler*innen als „Multiplikator*innen geschult und eingesetzt werden, um Gleichaltrigen relevante Inhalte näherzubringen” (Definition aus “Das pädagogische Konzept der Peer Education im Rahmen von Medienkompetenzförderung und Jugendmedienschutz” von Neumann-Braun und Keinschnittger. Universität Basel: Institut für Medienwissenschaft, 2012). 3 Die Digitalen Helden arbeiten seit 2013 an der Konzeption ihres Ansatzes, an der Übertragung auf die #NichtEgal-Initiative seit August 2017. Die Gesamtlaufzeit der Initiative unter Mitarbeit der Digitalen Helden erstreckt sich von August 2016 bis Mai 2017. Der Wirkungsbericht beschränkt sich jedoch auf den Zeitraum November 2016 bis Mai 2017, in denen die zu untersuchenden Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Gemeinsam mit der Bundeszentrale für poli- tische Bildung, dem Verein Freiwillige Selbst- kontrolle Multimedia-Dienste­anbieter e. V., bekannten YouTuber*innen, acht weiteren medienpädagogischen Teams und YouTube haben die Digitalen Helden am 19.09.2016 die Initiative #NichtEgal gestartet. Schirmher- rin war zum Durchführungszeitraum die dama- lige Bundesministerin Manuela Schwesig und ist jetzt die neue Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Dr. Katarina Bar- ley (Stand: Nov. 2017). YouTube finanziert die Initiative, ist jedoch nicht in die pädagogische Umsetzung und Durchführung der Workshops an den Schulen involviert. YouTube hat die Digitalen Helden beauftragt, die #NichtEgal Schülerworkshops gemeinsam mit Partnern zu konzipieren und zu koordinieren, weil es mit dem Digitale Helden Mentorenprogramm bereits über Vorerfahrungen im Bereich Peer Education2 verfügt. Das Fortbildungspro- gramm fand im Zeitraum von November 2016 bis Mai 2017 statt.3
  • 8. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 8 #NichtEgal stärkt Handlungskompetenzen Die Initiative #NichtEgal stärkt bei über 5.000 jungen Schüler*innen die Handlungs- kompetenz, auf negative Kommentare und Hassreden im Internet selbstbewusst reagieren zu können – und zwar in sechs Schritten: 1. Die Digitalen Helden und die medienpäda- gogischen Agentur medienblau entwickeln gemeinsam das pädagogische Konzept und führen einen “Teach the teacher”-Workshop mit deutschlandweit renommierten pädagogi- schen Teams durch. 2. Das betterplace lab erstellt mit den Digitalen Helden den Umsetzungsplan und die Wirkungsanalyse innerhalb der #Nich- tEgal-Initiative. Die FSM begleitet die Work- shopplanung sowie die Materialerstellung im Sinne einer Qualitätskontrolle fachlich und inhaltlich. 3. Teamer*innen gehen an die Schulen, um dort das Konzept in Workshops umzusetzen. 4. Schüler*innen der Klassen 9 und 10 wer- den in diesen Workshops zu Mentor*innen ausgebildet. 5. Die Mentor*innen können in Folge selbst Workshops (so genannte Aktionstage) vor den jüngeren Klassen 7 und 8 durchführen (Peer-Ansatz). 6. Lehrer*innen unterstützen dabei die Mentor*innen in den Workshops.
  • 9. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 9 Ablauf des #NichtEgal Aktionstages Medienpädagog*innen starten Aktionstag in der Aula. Schüler*innen bewerten Hate-Speech Situationen. Fotocredit: H. Menzel; Das Foto zeigt Ingo Bever und Britta Senn von medienblau in Aktion.
  • 10. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 10 YouTuber*innen geben Tipps mit aufgezeichneten Videos. Mentor*innen starten Workshop in den einzelnen Klassen.
  • 11. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 11 Mentor*innen stellen Brainstorming Methode mit Placemat vor. Schüler*innen finden eigene Themen für Respekt und Toleranz und gegen Hass im Netz.
  • 12. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 12 Schüler*innen stellen Hauptproblem und Lösung ihres geplanten Videos vor. Klassenlehrer (links) hilft die Themen im Feedback-Gespräch zu fokussieren.
  • 13. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 13 Schüler*innen gestalten kreative Handyvideos. Schüler*innen filmen eigenen Handyscreen ab.
  • 14. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 14 Schüler*innen überprüfen selbst gedrehte Szenen. Mit Unterstützung der Mentor*innen übertragen die Schüler*innen die Handyvideos per Datenkabel auf Laptop, um sie vor der Klasse zu präsentieren.
  • 15. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 15 Schüler*innen geben sich gegenseitig Feedback. YouTuberin KleinaberHannah in der Diskussion mit Schüler*innen. Bei insgesamt 10 Aktionstagen waren YouTuber*innen vor Ort in der Schule. (Fotocredit: Google Deutschland)
  • 16. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 16 YouTuber Mr.Wissen2Go im Gespräch mit Schüler Mentor*innen
  • 17. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 17 1.1. Gegenstand des Berichts Methodik Der vorliegende Bericht ist eine Wirkungsana- lyse der Fortbildungsmaßnahmen (genauer: der Workshops) innerhalb der #NichtEgal-Ini- tiative, die von November 2016 bis Mai 2017 durch die Digitalen Helden und neun weiteren pädagogischen Teams durchgeführt wurden. Wie erfolgreich waren die #NichtEgal-Work- shops, wie viel haben sie bewirkt? Das heißt, konnten durch die Workshops Veränderungen bei der Zielgruppe, die Schüler*innen der Klas- sen 7-10, und der Gesellschaft erreicht wer- den? Um das zu überprüfen, bedarf es einer entsprechenden Wirkungsanalyse.4 Die Wirkungsanalyse berücksichtigt folgen- de relevanten Personengruppen5 innerhalb der Umsetzung der #NichtEgal-­Workshops in Bezug auf die jeweils angegebenen Aspekte (folgend kursiv gedruckt): • Die Digitalen Helden und Partner – durch- führende und verantwortliche Organisation der #NichtEgal Schülerworkshops, unter- stützt durch das betterplace lab (Projekt- management, Wirkungsanalyse), medien- blau (Pädagogische Gesamtkonzeption, “Teach-the-teacher”-Workshop, Erstellung der Lernmaterialien und Lernvideos sowie bei der 4 Es ist zu beachten, dass Wirkungen keine monokausalen Zusammenhänge sind. Bspw. beeinflussen Vorwissen, vorhandene Einstellungen oder auch die generelle Lernbereitschaft von Schüler*innen den Erfolg der Maßnahmen. Auch können externe Faktoren, wie die technische Aus- stattung einer Schule, den Lerneffekt beeinflussen. Nicht alle Variablen können in diesem Wirkungsbericht extrahiert werden. Darauf wird an den Stellen im Bericht bestmöglich hingewiesen. 5 Die umsetzenden Personengruppen werden im Anhang noch einmal im Detail vorgestellt. Durchführung von Workshops), die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Dienste­anbieter (Konzeption der Workshops und Lernmateri- alien) und YouTube (Kontakt zu YouTuber*in- nen, Ausschreibung der Workshops und Hos- ting der Projektwebseite): Input • Teamer*innen – (medien-)pädagogische Teams, die vor Ort in den Schulen die Work- shops mit den Schüler*innen durchführen: Anzahl der Workshops und Teilnehmer*innen, Einschätzung der Aufmerksamkeit der Schü- ler*innen, ihres thematischen Vorwissens und Lernerfolgs (inhaltlich, Sozialkompetenz, Medienkompetenz), Beurteilung des Ablaufs und Erfolgs des Peer-Konzepts.
  • 18. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 18 • Mentor*innen (Klassen 9 und 10) – Schüler*in- nen, die in einem ersten Workshop zu Men- tor*innen ausgebildet werden, so dass sie in einem späteren Workshop selbst als Lehren- de vor die jüngeren Klassen 7 und 8 treten können: Spaß am Workshop und Einsatz des Smartphones, Vorwissen, Lernerfolg (inhaltlich, Präsentation, Empathie), Fähigkeit im Umgang mit Hate Speech, Bereitschaft zur Verantwor- tungsübernahme, Bewältigung des Klassenbe- suchs, Interesse an Fortsetzung. • Schüler*innen (Klassen 7 und 8) – Teilneh- mer*innen der Workshops, die durch die Mentor*innen durchgeführt werden: Spaß am Workshop und Einsatz des Smartphones, Ak- zeptanz des Peer-Ansatzes, Vorwissen, Lerner- folg (inhaltlich, Präsentation, Empathie), Fähig- keit im Umgang mit Hate Speech, Interesse an Fortsetzung und Verantwortungsübernahme. • Kontrollgruppe (Klasse 8) – Schüler*innen, die nicht an der #NichtEgal-Initiative teilge- nommen haben: Wissen, Fähigkeit im Um- gang mit Hate Speech, Interesse an der Initiative. • Lehrer*innen – Lehrende an den teilnehmen- den Schulen, die die Mentor*innen bei der Durchführung des Workshops unterstützt haben: Anbahnung und Umsetzung, Notwen- digkeit der Initiative und Alternativen, Bewer- tung der Workshops, Lernerfolg der Schüler*in- nen, Möglichkeiten der Vertiefung, Bewertung des Peer-Ansatzes und der Technik-Nutzung, Bewertung der Einbettung in die Initiative #NichtEgal, Bereitschaft zur erneuten Teilnah- me, Chancen und Hürden der dauerhaften Implementierung. • Landesmedienanstalten – Experteneinschät- zung der Initiative #NichtEgal: Notwendigkeit der Initiative und Alternativen, Abdeckung, Be- wertung des Peer-Ansatzes und der Technik-­ Nutzung, Bewertung der Einbettung in die In- itiative #NichtEgal, Chancen und Hürden der dauerhaften Implementierung. Die Schritte innerhalb der Analyse spiegeln die Komplexität des Wirkungsgegenstandes, also der Initiative #NichtEgal, wider. Zur Überprüfung kommen unterschiedliche Methoden aus qualita- tiver und quantitativer Forschung zum Einsatz: Beobachtungen während des Pilot-Workshops, mehrfache Umfragen mit den unterschied- lichen Schülergruppen und pädagogischen Teams, leitfadengestützte Interviews mit Leh- rer*innen und Vertreter*innen der Landesme- dienanstalten sowie die Überprüfung der Ergeb- nisse durch eine Kontrollgruppe sind darunter die Wesentlichen.
  • 19. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 19 Standardisierte Befragungen der Schüler*innen (Teilnehmer*innen und Kontrollgruppe) Leitfadengestützte Interviews mit Lehrer*innen Einschätzutng Teamer*innen Experteninterviews mit Landesmedienanstalten Monitoring Teilnehmerzahlen Foto- und Videodokumentation Anekdoten der Teamer*innen/Lehrer*innen Teilnehmende Beobachtung der Pilot-Workshops Methode liefert eher „emotional überzeugende Daten“ Methode liefert eher „faktenbezogene Daten“ Belastbarkeit der Aussage Aufwand,Kosten,Zeit,Expertise Abb. 2: Schaubild der Maßnahmen zur Datenerhebung (Abbildung in Anlehnung an „Kursbuch Wirkung“ S.74, www.kursbuch-wirkung.de, PHINEO gAG 2013) Die Datenerhebung erfolgte durch das better- place lab in Kooperation mit den Digitalen Hel- den und den teilnehmenden Teamer*innen. Die oben genannten Maßnahmen werden in Ka- pitel 2.2 und Kapitel 3 ausführlich dargestellt. Eine wesentliche Herausforderung bestand darin, allen Schüler*innen die Teilnahme an den verschiedenen Umfragen zu ermöglichen und eine stabile Rücklaufquote zu gewährleis- ten. Die Umfragen wurden online im Anschluss an die Mentoren- sowie Schüler-­Workshops durchgeführt. In den Pilot-Workshops wurden für die Umfrage noch Tablets bereitgestellt. Da allerdings die Mehrzahl der teilnehmen- den Schulen nicht über freies WLAN verfüg- te, musste in Folge auf die Smartphones der Schüler*­innen und ihre mobile Verbindung zurückgegriffen werden. Das heißt, die Schü- ler*innen mussten überzeugt werden, dass sie eigenständig von ihrem Mobiltelefon auf die Umfrage zugreifen und sie ausfüllen. Schü- ler*innen, die das ablehnten oder kein internetfähiges Mobiltelefon zur Verfügung hatten, konnten dazu die Smartphones der Teamer*innen nutzen. Da den Umfragen je- weils am Ende der Workshops Zeit eingeräumt wurde und die Schüler*innen sich erfreulich interessiert und kooperativ gezeigt haben, war die Rücklaufquote der Umfragen trotz der tech- nischen Schwierigkeiten überdurchschnittlich. In den Zielgruppen der Schüler*innen konnten 24 % befragt werden, unter den Mentor*innen gar 28 %. Damit ist die quantitative Datenlage als repräsentativ für die analysierten Work- shops zu werten. Zielgruppe Teilnehmer*innen an den Workshops (absolut) Teilnehmer*innen an Umfrage (absolut) Teilnehmer*- innen an Umfrage (relativ) Teamer *innen (nach Mentoren-Workshop) 78 58 74,36 % Teamer*innen (nach Schüler-Workshop) 74 74 100 % Mentoren*innen (nach Mentoren-Workshop) 937 404 43,12 % Mentoren*innen (nach Schüler-Workshop) 937 134 14,30 % Schüler*innen (nach Schüler-Workshop) 4418 1050 23,77 % Tab. 1: Rücklaufquote zu den Umfragen im Wirkungsbericht Die quantitativen Befragungen in Form der Umfragen wurden durch Einschätzungen der Teamer*innen, Lehrer*innen und der Landes- medienanstalten als Experten ergänzt und flos- sen in diesen Wirkungsbericht ein. In Form und Struktur orientiert sich dieser Bericht an dem Social Reporting Standard von 2014, musste jedoch an einigen Stellen ergänzt und ausge- weitet werden.
  • 20. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 20 2. GESELLSCHAFTLICHE HERAUSFORDERUNG UND LÖSUNGSANSATZ 2.1 Gesellschaftliche Herausforderung Kinder sind heutzutage digitale Frühstarter: Im Alter von 10 Jahren sind in Deutschland fast alle online, ab 12 Jahren besitzen sie ein Smartphone und sind in den sozialen Medi- en aktiv. Das belegen sowohl die JIM-Studie 2016 des Medienpädagogischen Forschungs- verbunds Südwest (mpfs) als auch eine Stu- die des Branchenverbands Bitkom von 2014. Hier zeigt sich, dass mit der Nutzung von Fa- cebook, Instagram, Snapchat und Co auch die Dauer, die Jugendliche im Netz verbringen, ansteigt – von 22 Minuten pro Tag bei den Zehn- bis Elfjährigen auf 59 Minuten am Tag ab einem Alter von zwölf Jahren, also dem Zeitpunkt, wenn soziale Netzwerke ins Spiel kommen. Bereits von klein auf erleben Kin- der den Umgang mit PCs, Tablets und Smart- phones als Teil ihres Alltags und wesentliche Kommunikationsmittel. Im Internet können Kin- der ­nach Informationen zu ihren Hobbys oder Hausaufgaben ­recherchieren, über große Dis- tanzen hinweg Kontakt halten oder Unterhal- tungsangebote wahrnehmen. Gleichzeitig machen die Digitalen Helden und viele weitere pädagogische Teams in ihrer Praxisarbeit die Erfahrung, dass sich viele Eltern und Lehrkräfte Orientierung und Beglei- tung im Umgang mit digitalen Medien wün- schen. Schließlich benötigen Kinder und Ju- gendliche eine Internetkompetenz, bspw. im Umgang mit persönlichen Daten. Schließlich “vergisst das Internet nicht” und so bleiben peinliche Fotos oder der öffentliche Streit mit dem ersten Freund für sehr lange Zeit on- line sichtbar. Eine weitere Gefahr besteht in bedenklichen Inhalten (wie pornografisches oder gewalthaltiges Material), die im Internet genauso abrufbar sind wie harmlose Inhalte. Außerdem sollten Kinder und Jugendliche vor unangemessener Kontaktaufnahme durch Fremde sowie ungewolltem Sexting gefeit sein. Und nicht zuletzt ist der Ton in den sozialen Netzwerken rauer geworden. In vielen Fällen wird die offene, tolerante Debatten­kultur zusehends aggressiver, verletzender und hasserfüllter. Die Sprache radikalisiert sich, offene An- feindungen sind schneller geschrieben als ausgesprochen. Mal richten sich die Anfein- dungen und Verleumdungen gezielt gegen Einzelne (Cybermobbing), mal gegen altbekannte Feindbilder wie Ausländer, Homosexuelle oder Muslime. Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und andere Formen der Diskrimi- nierung werden im Netz auf unterschiedli- che Arten geäußert, sei es als offenkundig
  • 21. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 21 menschenverachtende Parole oder als Sati- re verpackt. Das macht Hate Speech häufig schwer zu erkennen.6 Abb. 4: Nutzung der sozialen Netzwerke von 6-18-Jährigen (Bitkom, 2014: Jung und vernetzt, https://www.bitkom.org/noindex/Publikationen/2014/ Studien/Jung-und-vernetzt-Kinder-und-Jugendliche-in-der-digitalen-Gesell- schaft/BITKOM-Studie-Jung-und-vernetzt-2014.pdf) Abb. 5: Gerätebesitz Jugendlicher 2016 (mpfs, 2016: JIM-Studie, https:// www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2016/JIM_16_Charts_Broschue- re_Bilddateien.pdf) 6 Eine Definition von Hate Speech und eine nähere thematische Einführung in das umfangreiche Thema findet sich im #NichtEgal Reader: htt- ps://events.withgoogle.com/nichtegal-workshops/materialien. Abb. 3: Internetnutzung von 6-18-Jährigen (Bitkom, 2014: Jung und vernetzt, https://www.bitkom.org/noindex/Publikationen/2014/Studien/Jung-und-ver- netzt-Kinder-und-Jugendliche-in-der-digitalen-Gesellschaft/BITKOM-Studie- Jung-und-vernetzt-2014.pdf) Das verlangt aufgeklärte Diskussionsteilneh- mer*innen sowie Zivilcourage, sich dieser Situation zu stellen, insbesondere wenn das Diskussionsklima insgesamt bereits geschä- digt ist und gewalttätige Äußerungen auf der Tagesordnung stehen – und zudem gezielt von rechten Gruppen inst- rumentalisiert werden. Die große stille Masse resigniert angesichts von Hass­rede und Into- leranz online und sieht keinen Weg, die Situation zu verändern. Da erscheint es wenig verwunderlich, wenn insbesondere Kinder und Jugendliche in diesem Klima – geprägt von einer lauten Minderheit – schnell überfordert sind, entweder selbst Opfer werden oder sich dem aggressiven Ton anpassen und zu Tä- tern werden. Dabei sind es diejenigen, die das Netz künftig gestalten werden.
  • 22. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 22 2.2 Bisherige Lösungsansätze Hate Speech schallt dem Internetnutzer immer häufiger in Form von Häme, Zorn und Hass in den sozialen Netzwerken, Medien-Kom- mentarspalten und Foren entgegen. Ein all­ umfassender Lösungsansatz hat sich noch nicht gefunden, jedoch unterschiedliche Ansatzpunkte. Aufklärung Ein wesentlicher ist die Aufbereitung aller not- wendigen Informationen: Was hat Hate Speech mit den Menschenrechten zu tun? Welche Gesetze gibt es gegen Hate Speech? Wer sind Hater*innen? Diese und andere Fragen beantworten bspw. die Neuen Deutschen Medienmacher sehr anschaulich auf www.no-hate-speech.de. Abb. 6: Startseite der Informationsseite no-hate-speech.de 7 Als Lehr- und Lernmaterialien für Lehrkräfte sind bereits erschienen: die Klicksafe Broschüre “Hass im Hetz” (http://www.klicksafe.de/service/ aktuelles/news/detail/hate-speech-aktuelle-erkenntnisse-und-neue-broschuere/) und die Unterrichtsmaterialien “Hass in der Demokratie begeg- nen” der Initiative Medien in die Schule (http://www.medien-in-die-schule.de/unterrichtseinheiten/hass-in-der-demokratie-begegnen/). 8 Darunter finden sich: “Geh sterben!” - Hate Speech und Kommentarkultur im Internet: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/hatespeech/ geh-sterben-hate-speech-und-kommentarkultur-im-internet/, Hetze gegen Flüchtlinge in Sozialen Medien - Handlungsempfehlungen: http://www. amadeu-antonio-stiftung.de/onlinehetze/, Viraler Hass - Rechtsextreme Kommunikationsstrategien im Web 2.0: https://www.amadeu-anto- nio-stiftung.de/w/files/pdfs/viraler-hass.pdf. 9 Leider sind einige dieser Gruppen, wie die auf Facebook, am 14.07.17 nicht mehr zu erreichen. Auch der kreative Umgang mit dem Thema Hate Speech schafft zusätzliche Aufmerk- samkeit, Sensibilisierung und einen weiteren Anreiz für digitale Zivilcourage. Ein besonders schönes Beispiel ist die Kampagne hasshilft. de – “die erste unfreiwillige Online-Spen- den-Aktion”. Für jeden menschenverachten- den Kommentar auf Facebook, auf den mit ei- nem Hasshilft-Post geantwortet wird, wird ein Euro für ein Flücht­lings­projekt oder eine Initia- tive gegen Rechts gespendet. Somit wird der Hass-Kommentar zum Bumerang und das Erkennen und Reagieren auf Hate Speech mit einer Spende belohnt. Aber welche Programme7 richten sich ge- zielt an Kinder und Jugendliche, so wie es die #NichtEgal-Initiative tut? Da wäre das Projekt no-nazi.net – Für soziale Netzwerke ohne Na- zis der Amadeu Antonio Stiftung zu nennen. Neben einer Reihe Studien rund um das The- ma Hate Speech8 haben sie in diesem Projekt no-nazi.net-Gruppen bei Facebook, Google+, YouTube, wer-kennt-wen.de, Twitter sowie Jappy erstellt, in denen sie ein Diskussionsan- gebot für interessierte Jugendliche schaffen.9 Durch den Austausch sollen “längerfristig
  • 23. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 23 junge Menschen so befähigt werden, sich selbstständig und medien­kompetent für eine demokratische Kultur in den sozialen Netz- werken einzusetzen”, ist auf der Website zu lesen (http://www.amadeu-antonio-stiftung. de/die-stiftung-aktiv/themen/im-internet/ no-nazi-net/). Peer-to-Peer-Arbeit Die Ansätze der aktiven Beteiligung von Ju- gendlichen nach dem Peer Education-An- satz sind in der Pädagogik nicht neu. „Not- wendig erscheint allerdings, diese Konzepte systematisch mit Konzepten und Methoden der aktiven Medienarbeit zu verknüpfen…“ (#NichtEgal Reader, S. 19). Peer-Projekte gibt es mittlerweile in fast allen Bundeslän- dern. Sechs von neun pädagogischen Teams, die die #NichtEgal Schülerworkshops durch- geführt haben, sind bereits in Peer Educati- on-Programmen in ihren Bundesländern aktiv. Aus diesem Grund wurden sie auch für die Durchführung vor Ort ausgewählt. „Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen haben sich in Deutschland bereits mit der Peer-Arbeit beschäftigt. Genannt seien hier zum einen die Forschungsergebnisse der Ini- tiative „Peerhochdrei“, die in zwei Förderzeit- räumen (2012/2013 und 2013/2014) eine Auswahl von insgesamt ca. 20 innovativen Kleinprojekten gefördert und untersucht hat. Zum anderen hat das Men- torenprogramm von Digitale Helden seine wissenschaftliche Evaluation veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass die im Mentoren- programm von Digitale Helden durchgeführ- te Ausbildung, die eine Teilnahme an einer Schul-AG und einem Online-Kurs über den Verlauf eines ganzen Schuljahres beinhaltet, als sehr günstig eingeschätzt wird” (Zitat aus #NichtEgal Reader, S. 20).
  • 24. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 24 2.3 Der Lösungsansatz Im Rahmen der Initiative #NichtEgal schulen die Pädago­gischen Teams Schüler*innen dar- in, digitale Kommunikation bewusst und kom- petent zu nutzen. Im Fokus steht der souveräne Umgang mit Hate Speech: ihn in den sozialen Netzwerken zu erkennen, zu be- werten und adäquat darauf zu reagieren. Methodisch wird dabei der Peer-Ansatz ver- folgt, d. h. päda­gogische Teams bilden zu- nächst ältere Schüler*innen der Klassen 9 und 10 zu Mentor*innen aus, die dann ihrer- seits in Workshops ihr Wissen an jüngere Schüler*innen der Klassen 7 und 8 weiter- geben. Schließlich sind ältere Schüler*innen glaubwürdiger und näher an den Themen der jüngeren. Außerdem lernen sie damit in höhe- rem Maße Verantwortung für das Thema und ihre Mitschüler zu übernehmen. Abb 7: Die Multiplikationsmechanik des Peer-to-Peer-Ansatzes der Digitalen Helden10 . 10 In der Abbildung 7 sind die Zielzahlen der Initiative dargestellt 11 Die Möglichkeit des Selbststudiums (C) wurde im Rahmen dieses Wirkungsbericht nicht analysiert und deshalb in Folge nicht mehr weiter aufgeführt. Durch den beschriebenen Peer-Ansatz können außerdem die älteren Schüler*innen selbst zu Multiplikatoren werden, sodass am Ende deut- lich mehr Schüler*innen erreicht werden: Die medienpädagogische Agentur medienblau entwickelt im Auftrag der Digitalen Helden das pädagogische Gesamtkonzept. Teamer*innen werden zu Ausbildern geschult. Diese Teamer*innen geben insgesamt 40 Men- toren-Workshops und erreichen so 1.000 ältere Schüler*innen, die damit zu Mentor*­innen werden. Als Mentor*innen gehen die älteren Schüler*innen an Aktionstagen (so werden die Schüler-Work- shops genannt) in die jüngeren Klassen und erreichen damit 5.000 Schüler*innen. Leistungen (Output) und direkte Zielgruppen Im Mittelpunkt stehen die Schüler*innen der Klassen 7 bis 10. Sie sollen anhand von Work- shops zu souveränen Nutzer*innen digita- ler Kommunikation ausgebildet werden. Sie unterteilen sich in die Klassen 9 und 10 (A) sowie die Klassen 7 und 8 (B) – außerdem gibt es noch die Möglichkeit für Schulklassen, sich das Thema mittels der Materialien im Selbststudium (C)11 zu erarbeiten.
  • 25. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 25 A. Klasse 9-10 Pädagogische Teams (Teamer*innen) halten an 40 Schulen Workshops zum Umgang mit Hate Speech. Diese Workshops richten sich an Schüler*innen der Klassen 9 und 10 und umfassen folgende inhaltliche Blöcke: • Inhaltliche Auseinandersetzung mit dem The- ma Hate Speech • Produktion eines Statement-Videos • Meine Arbeit als Mentor • Vorbereitung des Aktionstages mit den jün- geren Schüler-Klassen Die Schüler*innen werden also nicht nur inhalt- lich auf das Thema vorbereitet, sondern erlan- gen ebenfalls technische Kompetenzen in der Videoproduktion sowie soziale in der Anleitung eines Workshops mit jüngeren Klassen. B. Klassen 7-8 Die Mentor*innen ihrerseits veranstalten Schüler-Workshops in Form sogenannter Aktionstage mit Schüler*innen aus den Klas- sen 7 und 8. Inhaltlich beschränkt es sich auf die Auseinandersetzung mit dem The- ma Hate Speech sowie der Produktion eines Statement-Videos. In zehn Fällen begleiten bekannte YouTuber*­ innen die Aktionstage und motivieren die Schüler*innen so zusätzlich, indem sie ihnen aus ihrer Perspektive die Wichtigkeit des The- mas näher bringen. Intendierte Wirkung auf die Zielgruppen Die Schüler*innen sollen die Fähigkeiten erwerben, dort souverän mit Hate Speech umzugehen, wo ihnen Hass im Internet be- gegnet. Sie sollen zu mündigen Kommuni- kationsteilnehmer*innen im Internet werden und sich für (digitale) Zivilcourage einsetzen. Infolgedessen fühlen sie sich nicht mehr von Hate Speech im Internet überfordert und wer- den in die Lage versetzt, bewusst ihren digi- talen Alltag zu gestalten. Es geht also nicht ausschließlich um die angemessene Reaktion auf Fehlverhalten. Durch den Peer-Ansatz erlernen die Men- tor*innen darüber hinaus, Verantwortung für andere zu übernehmen und ihr Wissen wei- terzugeben. Sie verbessern also nicht nur ihre Präsentationsfähigkeiten, sondern erleben auch einen Perspektivwechsel von der Schü- ler*in zur Lehrer*in und damit, wie herausfor- dernd aber auch lohnend es sein kann, sein Wissen weiterzugeben.
  • 26. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 26 Als indirekte Zielgruppen sind darüber hinaus die Lehrer*innen und Landesmedienanstal- ten zu nennen. Beide sind – auf unterschiedli- chen Ebenen – wichtige Torwächter, wenn es darum geht, Medienkompetenzen auch über das Projekt hinaus an Schulen zu vermitteln. Das Engagement und die notwendige Kom- petenz der Lehrer*innen sind ein wesentlicher Faktor, da sie (ggf. mit externer Unterstützung wie hier innerhalb der Initiative) die Inhalte in den Klassen vermitteln müssen. Die Landes- medienanstalten können als Expert*innen da- rüber hinaus Einfluss auf den Lehrplan neh- men – und darüber den Lehrer*innen mehr Freiraum für das Thema geben. Daher gilt es, sowohl die Lehrer*innen als auch die Lan- desmedienanstalten von der Wichtigkeit des Themas Hate Speech sowie dem Ansatz der Digitalen Helden zu überzeugen. Erst dann kann die Initiative #NichtEgal auf gesellschaftlicher Ebene langfristig zu einem Rückgang von Hate Speech und einer toleran- ten Debattenkultur im Internet beitragen.
  • 27. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 27 Darstellung der Wirkungslogik Inputs Outputs Outcomes Impact • Projektleitung (Konzeption, Controlling, Evaluation) • Teamer*innen (Durchführung) • YouTuber*innen (Unterstützung) 1 Erbrachte Leistungen: • Teamer-Workshops • Pilot-Workshops • Mentoren-Workshops (Klasse 9-10) • Schüler-Workshops (Klasse 7-8) • Ermutigende Videos von bekann- ten YouTuber*innen • Vor-Ort-Besuche von YouTuber*innen • Website mit Lernmaterialien 4 Neues Wissen oder neue Fähig­ keiten der erreichten Personen • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen können Hate Speech erken- nen, ihn bewerten und adäquat darauf reagieren. • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen weisen medientechnischen Lernerfolg im Umgang mit dem Smartphone auf. • Die Mentor*innen haben neue Kompetenzen in der Wissensver- mittlung erworben. • Die Mentor*innen haben ein verstärktes Verantwortungsbe- wusstsein entwickelt. 7 Erwünschte Veränderungen für ­die Gesamtgesellschaft Die Initiative #NichtEgal trägt zu einem Rückgang von Hate Speech bei und unterstützt eine offene, tolerante Diskussionskultur im Internet. 2 Nutzung der Leistungen: durch Schüler*innen an den teil­ nehmenden Schulen 5 Erwünschte Veränderungen im Handeln der erreichten Personen • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen nutzen digitale Kommunikati- on bewusst und kompetent. • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen reagieren souverän auf Hate Speech. • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen tragen ihr Wissen weiter in ihre Peer-Gruppen. • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen zeigen Zivilcourage im Internet. 3 Zufriedenheit mit dem Angebot der teilnehmenden Mentor*innen und Schüler*innen 6 Erwünschte Veränderungen der Lebenslage der erreichten Personen • Die Mentor*innen und Schüler*­ innen fühlen sich nicht mehr von Hate Speech im Internet überfordert. • Die Mentor*innen und Schüler*­ innen gestalten bewusst ihren ­digitalen Alltag. • Die Mentor*innen und Schüler*­ innen übernehmen verstärkt ­Verantwortung für Andere.
  • 28. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 28 3. RESSOURCEN, LEISTUNGEN UND WIRKUNGEN IN DER INITIATIVE 12 Umfassende Informationen zu Ressourcen umfassen finanzielle, zeitliche und sachliche Mittel. Über die finanziellen Mittel wie Sachmittel liegen keine Informationen vor, weshalb die Input-Ebene lediglich über zeitliche Ressourcen abgebildet wird. Da in dieser Initiative die Personalin- tensität ausgesprochen hoch ist, werden diese Angaben dennoch als aussagekräftig erachtet. 13 Personentage werden in FTE (Vollzeitäquivalenten) aufgeführt, sodass Engagements von einigen Stunden (statt kompletten Arbeitstagen) zusammengerechnet eine ungerade PT-Zahl (Personentage) ergeben können. 3.1. Ressourcen Die eingesetzten Ressourcen für das Projekt werden mit einer Gesamtzahl von ca. 668,25 Personentagen12 für eine Projektlaufzeit von August 2016 bis April 2017 angegeben: • Projekt-Konzeption (Digitale Helden und betterplace lab): 112 + 14 PT13 • Projektsteuerung (Digitale Helden und betterplace lab): 96 + 48 PT • Weitere Projektbausteine (Digitale Helden, medienblau): 60 PT • Einsatz Teamer*innen: 332,5 PT • Einsatz YouTuber*innen: 5,75 PT • Fachliche und inhaltliche Begleitung der Work­ shops und Lehrmaterialien (FSM): ca. 12 PT Die initiale Konzeption der Schülerworkshops wurde durch die Digitalen Helden in Zusam- menarbeit mit medienblau und dem better- place lab durchgeführt. Die Projektsteuerung meint die kontinuierliche Organisation des Projekts und Abstimmungen der Projektpart- ner (Digitale Helden, medienblau und betterpla- ce lab). Dies beinhaltet die Koordination von Kooperationsverträgen der teilnehmenden Schulen sowie die Aufbereitung von Lehr- und Lernmaterialien. Die Teamer*innen sind zehn pädagogische Teams, bestehend aus zwei bis drei Teamer*innen, die über das Bundesge- biet verteilt sind und die jeweiligen Mentoren-­ Workshops und Aktionstage geleitet haben. Zehn Aktionstage wurden von YouTuber*in- nen begleitet. 3.2. Leistungen Beschreibung der bereitgestellten Leistungen der #NichtEgal-Initiative Teamer*innen-Workshop Am 31.10.2016 fand der Teamer*innen-Work- shop im Museum für Kommunikation in Frankfurt am Main unter der Leitung der Tea- mer*innen von medienblau statt. Alle zehn medienpädagogischen Organisationen ent- senden hier mindestens eine Person. Folgen- des Rahmenprogramm wurde umgesetzt.
  • 29. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 29 a) Vorlaufphase Alle Teilnehmer*Innen erhielten im Vorfeld des Workshops mit Hilfe der “flipped class- room”-Methode ein Arbeitspaket, bestehend aus Musterabläufen der Mentoren- sowie Schüler-­ Workshops und einer editierbaren Präsentation sowie Informationen zur Organisation der Initia- tive (Zeitpläne, Ansprechpartner, Einbindung der Evaluation, Dokumentation der Mentoren- und Schülerworkshops, etc.). b) Workshop-Tag Der Tag war dafür da, neben den Inhalten auch auf einer persönlichen Ebene das „Wir-Gefühl“ zu stärken und alle Projektverantwortlichen bei #NichtEgal vorzustellen. Die kombinierten Me- thoden Peer Education, Blended-Learning sowie der OER Ansatz wurden erläutert und dem Team wurde aufgezeigt, welche Haltung, Freiheiten und Grenzen das Team bei der Umsetzung hat. In der Arbeitsphase wurden die editierbaren Arbeitsmaterialien mit den Teamer*innen aller Agenturen diskutiert und Verbesserungsvor- schläge aufgenommen. Die Expertise der pä- dagogischen Teams der verschiedenen Agen- turen war eine sehr wertvolle Bereicherung. So ist die Placemat-Methode als Brainstorming für die Gruppenarbeit, einige Smartphone Apps zur Umsetzung und wertvolle Praxiserfahrungen in die Konzeption und Umsetzung eingeflossen. c) Kontinuierliche Begleitung Die Projektleitung aus Digitale Helden und dem betterplace lab waren mit den Teams von Ende September 2016 bis Ende Januar 2017 im zweiwöchentlichen Austausch. Ein Google Hangout im Dezember 2016 und ein Hangout zum Abschluss des Projektes im Juni 2017 sorgten dafür, dass die Teams für die Ausbil- dung der Mentor*innen inhaltlich professionell vorbereitet waren. Pilot-Workshops Im Vorfeld des offiziellen Starts der #NichtEgal- Schülerworkshops wurden zwei Pilot-Work- shops, jeweils ein Mentoren-­Workshop und ein Schüler-Workshop, durchgeführt. Beide fanden in der Kopernikusschule in Freigericht, Hessen, statt. Die Pilot-Workshops sollten die Durch- führbarkeit des Projekts testen und etwaige Verbesserungsmöglichkeiten ausloten. Um die Durchführbarkeit der Untersuchungsmetho- de für die Wirkungsanalyse zu überprüfen, hat das betterplace lab beobachtend an den Work- shops teilgenommen.
  • 30. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 30 Video-Links #NichtEgal-Aufrufvideo: https://youtu.be/k5F6z4MDews Beispiel-Video von Schüler*innen: „Hass im Netz ist uns #NichtEgal“: https://www.youtube.com/watch?v=u_5lPsJOXRc Beispiel-Video von Mentor*innen: „Was Mentor*innen über Anonymität im Netz sagen“: https://www.youtube.com/watch?v=8yu7pPjrQXI Beobachtung der Pilot-Workshops Graues Novemberwetter draußen, aufgeregtes Treiben im Klassenraum der Kopernikusschu- le in Freigericht, Hessen. 25 Schüler*innen der Klassenstufe 10 kommen zusammen, am Ende des Schultages sind sie fit im Umgang mit Hate Speech. Nach einem kurzen Kennenlernspiel ist die aus unterschiedlichen Klassen zusammen- gewürfelte Truppe für den Tag aufgewärmt. Der #NichtEgal-Clip wird abgespielt, in dem YouTuber*innen wie Dagi Bee, datteltäter und Mr.Wissen2go auftauchen. Für die angehen- den Mentor*innen bekannte Gesichter, die mal mehr mal weniger mit zustimmenden “wohooo”-Rufen kommentiert werden. Dann geht’s auch schon an’s Eingemachte, denn zunächst müssen die Schüler*innen einmal selbst lernen, worum es beim Thema Hate Speech geht. Die begleitenden Teamer*innen zeigen Beispiele für Hass im Netz, die Schü- ler*innen diskutieren: Was ist Hate Speech? Wie kann man damit umgehen? Hier soll ein zweites Video Handlungsoptionen aufzeigen. Es ist kurzweilig, die Schüler*innen schwanken zwischen aufgeregt und konzentriert. Für sie geht es nun in Kleingruppen, ein erstes The- men-Brainstorming wird anschließend mit der Placemat-Methode vertieft, eine Form der Gruppenarbeit, bei der mittels rotierendem Flipchart kooperatives Lernen gestaltet wer- den kann. Nach dem Denken und Diskutieren kommt jetzt das Machen; es ist Zeit, kreativ zu werden: mit ihrem eigenen Video. Gezeigt werden soll eine Szene, die sich mit dem The- ma Hassrede auseinandersetzt, und einen möglichen Ausweg aus solch einer Situation aufzeigt. Erlaubt ist alles, was im Rahmen ei- nes Handyvideos und in der kurzen Arbeits- zeit möglich ist. Die Schüler*innen sind aus dem Häuschen, schließlich sind sie ausdrück- lich dazu angehalten, nun ihr Smartphone zu benutzen – im Schulalltag eigentlich verboten – und gar zu schauspielern! Aber Moment, zuerst braucht es ein Videoskript.
  • 31. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 31 Ist das geschrieben, machen sich die Schü- ler*innen mit einem Plan im Gepäck auf; die meisten verlassen dann den Raum und wer- keln im Treppenhaus, der Aula und auf dem Schulhof vor sich hin. Nach einer Stunde sind alle wieder da und präsentieren ihre Werke. Unterhaltsame, charmante Kurzvideos wer- den vorgestellt. In dem einen treten die Schü- ler*innen im Wechsel vor die Kamera und sprechen sich gegen Rassismus, Vorurteile und sonstigen Hass im Netz aus. In einem anderen plädieren die Schüler*innen für einen respektvollen und empathischen Umgang miteinander – trotz Anonymität im Netz. Die- ser Test vor der Teilöffentlichkeit der eigenen Klasse konfrontiert die Schüler*innen erstmals mit der Tatsache, dass Reaktionen auf eigens produzierte Inhalte die eigene Wahrnehmung beeinflussen können. Die Reaktionen können zu ermutigen oder verletzen. Diese Erkenntnis regt zur Diskussion über Konsequenzen von Veröffentlichungen im Netz an. Doch nun folgt der wohl wichtigste Schritt: Die Schüler*innen sollen in ihre Rolle als Men- tor*in schlüpfen. Nach kurzem Input wer- den vor allem Herausforderungen, aber auch Chancen für das Mentor*innen-Dasein be- sprochen. Es gibt einiges zu klären: Von Zeit- management über Ausdruck und Sprache bis zum Rollenwechsel als “Lehrenden” ist alles dabei. In einem Rollenspiel wird sich auspro- biert. Abschließend gibt es für die Mentor*in- nen noch wichtigen Input zum Recht: Wem gehören denn die Rechte an solch einem Vi- deo? Wer oder was darf gezeigt werden? Zum Abschluss reflektieren die Schüler*innen den Tag, danach werden die frisch gebackenen Mentor*innen entlassen. Nachzulesen gibt’s das Gelernte natürlich in der #NichtEgal-Bro- schüre (der Reader ist abrufbar unter htt- ps://events.withgoogle.­com/nichtegal-work- shops/materialien/), was wäre ein Schultag ohne Hausaufgaben? Keine vier Wochen später können die Men- tor*innen ihr Wissen gleich anwenden: Der #NichtEgal-Aktionstag startet. Die Aula der Kopernikusschule ist brechend voll, lautes Stimmen­wirrwarr, alle sind sichtlich aufgeregt. Der Tag startet mit einem Grußwort der Leh- rer*innen. Eigentlich sollte zu diesem Zeit- punkt bereits der begleitende YouTube-Star eingetroffen sein, doch der steckt noch im Stau. Kein Problem, zunächst tut es auch die Videoaufzeichnung der YouTuber*innen im #NichtEgal-Clip. Mal lautes Raunen, mal er- tönen Fanrufe in der Aula. Die Schüler*innen sind sichtlich gepackt und direkt im Thema angekommen. Anschließend übernehmen die Teamer*innen die Moderation, doch dann betritt auch schon MrWissen2go die Bühne
  • 32. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 32 – absolute Stille im Raum. Das gab es vorher noch nicht, wie die Rektorin der Schule später kommentiert. MrWissen2go ergreift das Mik- rofon. Er möchte erfahren, was die Schüler*in- nen über Hate Speech wissen. Doch auch die Schüler*innen haben ein paar Fragen für MrWissen2go vorbereitet, die er erst mal in ei- nem Kurzinterview beantwortet. Dann geht es zurück zum Thema Hate Speech – und direkt in die Umsetzung. Die Schüler*­innen machen sich auf in ihre Klassen, begleitet werden sie jeweils von einigen Mentor*innen, die sie von an Anfang an durch den Tag begleiten. Erste Aufgabe: “Sage Deinem Mitschüler auf dem Weg in den Klassenraum etwas Nettes”. Die Schüler*innen befolgen, lautes Gemurmel er- füllt den Raum, während sich die Masse auf die Klassenzimmer der Kopernikusschule verteilt. In den Klassenräumen folgt der Ab- lauf nun dem der Mentoren-Workshops, nur wird das Ganze eben nicht von Teamer*innen oder Lehrer*innen angeleitet, sondern von den Mentor*innen selbst. Erwachsene halten sich heute im Hintergrund. Die Mentor*innen moderieren zunächst durch die Grundlagen von Hate Speech, gefolgt von einem Erfah- rungsaustausch und dem Gruppen-Brainstor- ming. Danach erklären die Mentor*innen den Schüler*innen alles rund um den Videodreh – und los geht’s! Auch hier werden später spannende, kurze Clips präsentiert. Die größ- te Herausforderung für die Mentor*innen dürf- te wohl sein, mal in der Rolle des Lehrers zu stecken. Doch die Schüler*innen machen es den Mentor*innen nicht allzu schwer, schließ- lich spricht man dieselbe Sprache, hat ähnli- che Erfahrungen – der Peer-Ansatz geht auf. Am Ende des Tages scheinen Schüler*innen wie Mentor*innen zufrieden mit dem Tag, wenn auch sichtlich erschöpft. Der Lehrer be- endet den heutigen Tag mit den Worten “Für mich war es auch ein toller Tag, ich musste ja gar nichts tun und habe dennoch das Gefühl, dass wir heute alle einen großen Schritt vor- angekommen sind”. Zufriedener kann man ei- nen Schultag wohl kaum beenden, dieses Mal übrigens ohne Hausaufgaben!
  • 33. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 33 Untersuchung und Bewertung der Leistungen der #NichtEgal-Initiative Im Folgenden werden die Leistungen der #NichtEgal-Workshops aufgelistet und bewer- tet. Hierbei sei zu erwähnen, dass die Leis- tungsebene (Output) sich auf die konkreten Maßnahmen und Angebote bezieht, die eine Organisation durchführt. Sie lösen besten- falls eine Wirkung auf die Zielgruppen aus, sind jedoch selbst noch keine Wirkung. Fin- det ein Schüler*innen-Workshop also statt, ist dies zwar ein Output-Ergebnis, aber noch kein Nachweis für Wirkung, wie etwa der Ler- nerfolg der Schüler*innen. Auf die Wirkungen wird in Kapitel 3.3 eingegangen. Im Projektmanagement wurden durch regel- mäßiges Monitoring die Mentoren-Workshops wie auch die Aktionstage erfasst. Mittels die- ser Daten lassen sich erste Aussagen über den Projekterfolg auf Ebene des Outputs (Aktivitäten finden wie geplant statt) treffen. Um im nächsten Schritt beurteilen zu können, ob die direkten Zielgruppen – Mentor*innen und Schüler*innen – erreicht wurden, soll- ten die Teamer*innen nach jedem durchge- führten Workshop und Aktionstag über eine Online-Umfrage angeben, wie viele Teilneh- mer*innen am jeweiligen Workshop bzw. Ak- tionstag anwesend waren. Diese zahlenmäßi- ge Erfassung zur Analyse der Reichweite gibt Aufschluss darüber, inwiefern die Zielgruppen durch die stattfindenden Aktivitäten erreicht wurden. Ferner bleibt zu überprüfen, ob sie das Angebot auch angenommen haben. Dar- aus ergeben sich im Folgenden drei Stufen: Output: Aktivitäten finden wie geplant statt Deutschlandweit sind 567 Bewerbungen aus 14 Bundesländern für die Teilnahme an #NichtEgal eingegangen. Die Mehrheit der Bewerbungen ging auf Initiativen von Schü- ler*innen zurück. Im Anschluss wurden die Bewerber*innen per E-Mail angeschrieben und mit Informationsschreiben für die Schu- len versorgt. 72 Schulen haben daraufhin die Teilnahme am Programm schriftlich bestätigt und eine offizielle Bewerbung nachgereicht. Im Anschluss erfolgte die Absprache mit Ko- operationsverträgen mit den Schulleitungen und verantwortlichen Lehrer*innen. Insge- samt haben schließlich 40 Schulen aus allen 16 Bundesländern an der #NichtEgal-Initiati- ve teilgenommen. Die Aktivitäten fanden zum Großteil wie geplant statt bzw. konnten Aus- fälle komplett ausgeglichen werden. Output: Zielgruppen werden erreicht Insgesamt wurden durch die 40 Mentoren-Work- shops und 40 Schüler-Workshops 5.535 Schü- ler*innen der Klassen 7 bis 10 erreicht. Folgende Zahlen zeigen eine Verteilung über die erreich- ten Mentor*innen und Schüler*innen (hier beide Zielgruppen unter “Schüler*innen gesamt” auf- geführt), die an den genannten Aktivitäten teilge- nommen haben.
  • 34. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 34 Bundesland Erreichte Schüler*innen gesamt Baden-Württemberg 89 Bayern 89 Berlin 432 Brandenburg 293 Bremen 421 Hamburg 255 Hessen 459 Mecklenburg-Vorpommern 310 Niedersachsen 1146 Nordrhein-Westfalen 188 Rheinland-Pfalz 1057 Saarland 50 Sachsen 116 Sachsen-Anhalt 11 Schleswig-Holstein 110 Thüringen 509 Tab. 2: Verteilung der erreichten Schüler*innen in den Workshops nach Bundesländern Wie die Tabelle darstellt, hat in jedem Bun- desland mindestens ein Aktionstag stattge- funden, jedoch ist die Verteilung über die Bundesländer unterschiedlich. Dies liegt einerseits an den Verbindungen, die seitens der Digitalen Helden bereits zu einigen Schu- len bestanden (v. a. in Niedersachsen, Rhein- land-Pfalz und Hessen), andererseits haben auch die Kontakte der medien­pädagogischen Teamer*innen in den jeweiligen Bundeslän- dern eine Rolle gespielt. Tatsächlich kamen aus manchen Bundesländern sehr viel weni- ger Bewerbungen (z. B. Brandenburg, Sach- sen-Anhalt und Saarland) als aus anderen. Geschlecht Erreichte Schüler*innen gesamt weiblich 2781 männlich 2375 anderes 379 Tab. 3: Verteilung der erreichten Schüler*innen in den Workshops nach ihrem Geschlecht Die Geschlechterverteilung unter den Schü- ler*innen ist einigermaßen gleichmäßig und muss für die Interpretation der Ergebnisse nicht berücksichtigt werden. Schultyp Erreichte Schüler*innen gesamt Gymnasium 3542 Gesamtschule 1030 Realschule 648 Mittelschule 94 Hauptschule 116 Obestufenzentrum 66 Förderschule 39 Tab. 4: Verteilung der erreichten Schüler*innen in den Workshops nach den Schultypen
  • 35. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 35 Auch die Schultypen sind unterschiedlich stark vertreten. Am häufigsten wurde die #NichtEgal-Initiative an Gymnasien durchge- führt, gefolgt von der Gesamtschule. Folglich sind auch die Umfragen häufiger von Gym- nasiast*innen ausgefüllt worden als bspw. von Hauptschüler*innen. Die Bewertung des Programms mag also für Schüler*innen des Gymnasiums durchaus positiv sein, könnte für eine Hauptschule allerdings anders aus- fallen. Um dies durch qualitative Ergebnisse auszugleichen, ist in den Interviews mit den Lehrer*innen je eine Haupt- wie auch eine För- derschule repräsentiert. Zudem sei an dieser Stelle angemerkt, dass die #NichtEgal-­Initiative für alle Schultypen gleichermaßen konzipiert wurde. Unterschied- liche Lehrpläne nach Bundesländern sowie unterschiedliche Lernniveaus von Schulen wurden in der Workshop-Konzeption wie auch in den Materialien nicht merklich berücksich- tigt, was vor allem von einigen Lehrer*innen kritisiert wurde. Output: Zielgruppen akzeptieren Angebote Die Akzeptanz wird nun differenziert nach den Zielgruppen der Mentor*innen (Mento- ren-Workshop) und der Schüler*innen (Akti- onstag) betrachtet. Hier wurde vor allem ge- sondert nach dem Einsatz von Smartphones und dem Peer-Ansatz gefragt, da diese Eigen- heiten in der #NichtEgal-Initiative darstellen und durch die Ausnahmesituation des Schul- alltags das Potential haben, bei den Schü- ler*innen auf besonderen Zuspruch zu stoßen. Zielgruppe: Mentor*innen akzeptieren Angebote Die Akzeptanz der Workshops zeigt sich bei den Mentor*innen vor allem in den Aussa- gen zur Zufriedenheit mit dem Workshop (abgefragt wurden hierzu “Spaß an der Teil- nahme” und “Spaß an der Arbeit mit dem Smartphone”): Tab. 5: Umfrage Mentor*innen nach dem Mentoren-Workshop Smartphone sorgt für Spaß und hohe Lernbereitschaft Nahezu 93% hatten Spaß am Workshop. Spaß ist hier als wichtiger Faktor anzusehen, weil er Einfluss auf Lernbereitschaft und somit auf die Wirkung des Bildungsprogramms hat. Vor allem die Arbeit am Smartphone stellt für die Schüler*innen eine besondere Situation dar (im Schulalltag ist das Smartphone häufig verboten); über 90 % der Schüler*innen gaben an, dass ihnen insbesondere die Arbeit mit dem Smartphone Spaß bereitet hat.
  • 36. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 36 Spaß kann darüber hinaus auch zu den posi- tiven Ergebnissen für eine erneute, mögliche Teilnahme geführt haben. In der Umfrage nach dem von den Mentor*innen angeleiteten Aktionstag gaben über 80% der Mentor*innen an, wieder am Projekt als Mentor*in mitwir- ken zu wollen, falls es erneut stattfände: Tab. 6: Umfrage Mentor*innen nach dem Aktionstag Diese positiven Ergebnisse zur Akzeptanz werden gestützt durch die Einschätzung der Teamer*innen: Diese gaben an, dass die Men- tor*innen sehr aufmerksam (38,9 %) bis auf- merksam (51,9 %) am Workshop-Programm teilgenommen haben. Auch die Lehrer*innen betonten in den Interviews, dass die Mento- ren-Workshops gut bei den werdenden Men- tor*innen ankamen, insbesondere das Arbei- ten mit dem Smartphone wurde gelobt. Der Ausnahmezustand, in der Schule das Handy einsetzen zu dürfen, scheint also maßgeblich zur Akzeptanz und zum Spaß am Programm beizutragen. Zielgruppe: Schüler*innen akzeptieren Angebote Auch die Schüler*innen zeigen sich zufrieden mit dem Programm. 92,3 % der Schüler*innen hatten Spaß am Aktionstag. Auch hier stößt insbesondere die Arbeit mit dem Smartpho- ne und der Peer-Ansatz auf Zuspruch: Über 90% gaben an, dass ihnen die Arbeit mit dem Smartphone Spaß gemacht hat, ebenso über 90% befanden es für gut, dass der Workshop von den Schüler*innen durchgeführt wurde. Ob eine Schüler*in selbst beim Programm als Mentor*in mitmachen möchte, wurde nicht eindeutig beantwortet. Mögliche Thesen dafür sind, dass die Schüler*innen das Mentor*in- nen-Dasein in Summe nicht als “cool genug” empfinden, oder aber, dass sie in ihrer Alters- stufe noch nicht bereit dafür sind, diese Art von Verantwortung zu übernehmen. Tab. 7: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag
  • 37. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 37 YouTuber erhöhen die Aufmerksamkeit der Schüler*innen Die Teamer*innen bewerten die Aufmerksam- keit der Schüler*innen über den Aktionstag verteilt als hoch (12,3 % sehr aufmerksam, 61,6 % aufmerksam). Allerdings gab knapp ein Viertel der Teamer*innen an, dass die Schüler*innen über den Tag eher unkonzen- triert oder gelangweilt waren. Aussagekräf- tig wäre diese Einschätzung nur dann, wenn man den Anteil “gelangweilter Schüler*in- nen” im üblichen Schulalltag dagegen rech- net. In jedem Fall spricht es für den Einsatz von YouTuber*innen innerhalb der #NichtE- gal-Initiative, da diese die Aufmerksamkeit der Schüler*innen merklich erhöhten. Einer der Teamer*innen äußerte sich entsprechend: “Einen besonderen Charakter hatten die Ak- tionstage, wenn auch YouTuber*innen anwe- send waren.” Auch in den Interviews, die mit den Lehrer*innen geführt wurden, zeigte sich, dass der Besuch der YouTuber*innen die Auf- merksamkeit der Schüler*innen positiv be- einflusste, besonders der Einstieg mit YouTu- be-Videos sei besonders gelungen, weil man sich damit auf die Sprache und Lebenswelt der Jugendlichen beziehe. Auch der Peer-An- satz wurde aus Sicht der Lehrer*innen von den Schüler*innen besonders gut angenom- men. Zum Peer-Konzept schilderte einer der Teamer*innen seine Erfahrungen so: “Nach dem Videodreh kam eine Mentorin, die gerade zum ersten Mal das Ergebnis ihrer Gruppe gesehen hatte, auf mich zu und sagte: ‘Ich bin so stolz auf meine Gruppe, ich hätte nie gedacht, dass die so ein tolles Video ma- chen, das ist sogar besser als unseres...!’ Was braucht es mehr um von Peer Education über- zeugt zu werden?” Allerdings äußerten die Lehrer*innen Zweifel an der Altersstufe. Die Schüler*innen seien in der 7. Klasse noch zu jung, das Thema Hate Speech werde in- haltlich noch nicht erfasst. Dies könnte auch eine Erklärung für einige Unruhe am Aktions- tag liefern. Gleichzeitig betonten bspw. je- doch die Landesmedienanstalten, dass die Medienbildung immer früher ansetzen müsse, da Schüler*innen schließlich bereits im jun- gen Alter mit diesen Phänomenen konfron- tiert werden (das bestätigen auch die Statisti- ken in Kapitel 2.1). 3.3. Wirkungen Erst bei eintretenden Veränderungen auf der Ebene der Zielgruppe spricht man von Wirkung. Diese Veränderungen können im Bewusstsein bzw. der Fähigkeiten, des Handelns, oder gar in der Lebenslage der Ziel- gruppe verankert sein.
  • 38. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 38 Umfragen und Experiment liefern Wirkungsnachweise Nach jedem Workshop bzw. Aktionstag wur- den die Zielgruppen der Mentor*innen und Schüler*innen gebeten, an einer Umfrage teil- zunehmen. Dazu wurden die Teamer*innen im Vorfeld für die Wirkungsanalyse gebrieft und erhielten einen Online-Link, den sie am Ende jedes Workshops an die Teilnehmer*in- nen weitergaben. Die Schüler*innen wurden am Ende des Workshops entsprechend gebe- ten, die kurze Umfrage an ihren Smartphone ausfüllen. Die Mentor*innen wurden zweimal befragt, sowohl nach ihrem eigenen Trai- ningstag (Mentoren-Workshop) als auch nach der Durchführung des Aktionstags. In einer Kurzumfrage nach dem Mentoren-Training wurden sie zu ihrem Kenntnisstand zum The- ma Hate Speech, der Zufriedenheit mit dem Mentoren-Training, ihren Einstellungen zu Peer Education und zum Medieneinsatz be- fragt. Die zweite Umfrage nach Durchführung des Aktionstags enthielt Fragen zur Mach- barkeit des Workshops, gesteigertem Selbst- bewusstsein und Empathievermögen. Beide Umfragen lassen somit Rückschlüsse auf Veränderungen des Bewusstseins bzw. Fä- higkeiten zu. Inwiefern die Zielgruppe durch das Projekt ihr Handeln ändern wird, kann nur durch subjektive Selbsteinschätzung (die Ab- sicht, erneut beim Projekt als Mentor mitzu- machen) abgefragt werden. Die Schüler*innen wurden einmalig am Ende des Aktionstags mittels einer Online-Umfrage zu ihrem Kenntnisstand zu Hate Speech, der Zufriedenheit mit dem Angebot, ihren Einstel- lungen zu Peer Education sowie zum Ler- nerfolg allgemein befragt. Neben der Selbst- einschätzung des Lernerfolgs wurden sie zu Bewältigungsstrategien im Umgang mit Hate Speech getestet: In einem Verhaltensexperi- ment wurde den Schüler*innen ein beleidigen- der Kommentar gezeigt, den sie in Bezug auf Hate Speech einordnen und ihre (fiktive) Re- aktion aufschreiben sollten. Zudem sollte der Medieneinsatz mit dem Handy bewertet sowie die Bereitschaft erfragt werden, selbst ein- mal als Mentor*in am Programm teilnehmen zu wollen. Diese Umfrage lässt differenzierte Rückschlüsse auf die Veränderung des Be- wusstseins bzw. der Fähigkeiten zu, letzteres getestet durch das Verhaltensxperiment. Eine Veränderung des Handelns konnte lediglich durch künftige Handlungsabsichten mittels subjektiver Selbsteinschätzungen ermittelt werden. Ferner wurden die Teamer*innen um eine Ein- schätzung des jeweiligen Workshops bzw. Ak- tionstags gebeten, die die Qualität der Work- shops beurteilen sollte. Die Einschätzungen der Teamer*innen bilden eine Expertenmei- nung ab und liefern somit Erkenntnisse über Akzeptanz und Wirkungen bei der direkten Zielgruppe.
  • 39. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 39 Outcome: Die Zielgruppe Mentor*innen ver- ändert ihr Bewusstsein bzw. ihre Fähigkeiten Um auf dieser Ebene Wirkung nachzuweisen, wird ein Abgleich zwischen Wissensstand vor der #NichtEgal-Initiative und nach dem Work- shop- bzw. Aktionstag vorgenommen. Wissenszuwachs im Umgang mit Hate Speech Zunächst zeigt die Umfrage, dass es Bedarf an der Auseinandersetzung mit dem Thema Hate Speech gibt, da sich mehr als ein Drittel der Mentor*innen noch nicht mit Hate Speech auseinandergesetzt hat. Folglich konnte der Workshop-Tag zu einem großen Wissenszu- wachs bei den Mentor*innen führen. Das be- stätigen auch 89,3 %, die “viel über Hate Spe- ech und den Umgang damit gelernt” haben: Tab. 8: Umfrage Mentor*innen nach dem Aktionstag Außerdem hat der Workshop das Verantwor- tungsbewusstsein der Mentor*innen gestärkt. Auch hierin zeigt sich, dass der Ansatz von Peer Education über den Aspekt der Akzep- tanz hinaus Wirkung erzielt: Tab. 9: Umfrage Mentor*innen nach dem Aktionstag Gesteigertes Empathievermögen und Selbstbewusstsein Besonders die Angaben der Mentor*innen nach dem durchgeführten Aktionstag lassen Rück- schlüsse auf die Wirkung der Initiative in Bezug auf das Bewusstsein und die Fähigkeiten der Zielgruppe zu. Die Mehrzahl der Mentor*innen fühlten sich gut auf den Aktionstag (hier “Klas- senbesuch”) vorbereitet. Allerdings gaben 18% an, “eher nicht” gut auf den Klassenbesuch vor- bereitet gewesen zu sein. Möglicherweise hätten einige Mentor*innen eine intensivere Betreuung – bspw. durch die Lehrkraft vor Ort oder mehr Teamer*innen in einer Klasse – benötigt. Den- noch fühlten sich die meisten imstande, den Ak- tionstag erfolgreich zu bewältigen. Vor allem das Selbstbewusstsein einiger Mentor*innen wurde gestärkt, 73,2 % gaben an, nun Inhalte besser vor den Klassenkameraden präsentieren zu können. Ebenso wurde das Empathievermögen gestei- gert, denn über 70% gaben an, sich nun besser in andere hineinversetzen zu können. Vor allem die Aussage von über 90 % der Mentor*innen, nun andere Schüler*innen zum Thema beraten zu können, weist auf gesteigertes Wissen und Selbstbewusstsein der Mentor*innen hin.
  • 40. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 40 Tab. 10: Umfrage Mentor*innen nach dem Aktionstag Die Einschätzung der Teamer*innen zur Be- kanntheit des Themas passt zu den Angaben der Mentor*innen, nahezu ein Drittel der Men- tor*innen sei kaum bis nicht vertraut mit der Thematik gewesen: Deine Einschätzung: Fühlten sich die Schüler schon vor dem Workshop in der Lage, mit Hatespeech umzugehen? Tab. 11: Umfrage Teamer*innen Bei den Aussagen zum “Umgang mit Hate Speech” ergibt sich allerdings ein wider- sprüchliches Bild, da sich laut der Teamer*in- nen nahezu gleichermaßen Mentor*innen “eher nicht in der Lage” fühlten, mit Hate Speech umzugehen, wie sie sich “eher in der Lage” fühlten. Hier können die unterschied- liche Schulform (Gymnasium gegenüber Hauptschule) oder abweichende bisherige Berührungen einiger Schüler*innen mit Eh- renamtsprogrammen Erklärungen für diese entgegengesetzten Aussagen liefern. In je- dem Fall ist es ein Hinweis darauf, dass eine Vertiefung der Thematik und umfangreichere Auseinandersetzung mit Bewältigungsstrate- gien notwendig sind. Positiver Lernerfolg laut Teamer*innen Den Lernerfolg schätzen die Teamer*innen recht positiv ein: Den inhaltlichen Lernerfolg der Mentor*innen bewerteten die Teamer*in- nen als hoch (62%) bis sehr hoch (17%). Den sozialen Lernerfolg fiel mit der Angabe “et- was” (46%) und “hoch” (43%) gleichverteilt aus (“sehr hoch” bewerteten 11%, “marginal” kei- ner). Der medientechnische Lernerfolg wurde insgesamt unterschiedlich bewertet – mögli- cherweise weil das Vorwissen der Schüler*in- nen hier besonders ausgeprägt war und somit weniger neues Wissen vermittelt werden konnte:
  • 41. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 41 Deine Einschätzung: Wie hoch war der medientechnische Lernerfolg (Medien­ kompetenz) bei den Mentoren an dem Tag? Tab. 12: Umfrage Teamer*innen Die Teamer-Einschätzung zur Bewältigung der Mentor*innen des Aktionstages zeigte über- wiegend gute Ergebnisse, jedoch konnten fast ein Drittel der Mentor*innen den Aktionstag “nicht sonderlich gut” bewältigen, und über 5% “überhaupt nicht gut”: Deine Einschätzung: Wie gut konnten die Mentoren den Aktionstag bewältigen? Tab. 13: Umfrage Teamer*innen Dies könnte darin begründet liegen, dass die Befähigung zur Mentor*in nicht allein in ei- nem eintägigen Bildungsprogramm zu leis- ten ist, sondern mehr Zeit braucht. Differen- zierte Einblicke bieten die Lehrer-Interviews: Die Lehrer*innen bewerteten, dass die Men- tor*innen durch das Einfinden in die Lehrer- rolle viel gelernt hätten, vor allem hätte diese Erfahrung das Bewusstsein gestärkt und das Verständnis der Mentor*innen für das Lehrer­ dasein beflügelt. Allerdings empfanden eini- ge Mentor*innen die Übernahme von Verant- wortung als sehr anstrengend. Zudem fühlten sich einige Mentor*innen in ihrer Rolle teils überfordert, bspw. dabei, am Aktionstag eine Diskussion zu leiten. Dies stimmt mit den ge- mischten Aussagen zur Vorbereitung und der Präsentation vor der Gruppe überein (siehe Abbildung 16). Eine häufig genannte Anmer- kung unter den Lehrer*innen war, dass die Mentor*innen – gerade die in der 9. Klasse – noch etwas zu jung für das Programm seien. Die Befähigung des Programms wurde von den meisten Lehrer*innen im Hinblick darauf positiv bewertet, für das Thema Hate Speech zu sensibilisieren und Handlungsmöglichkei- ten aufzuzeigen. Eine umfassende Befähigung zum Umgang könne die Initiative in der Kürze der Durchführung allerdings nicht leisten. Zielgruppe: Schüler*innen verändern Bewusstsein bzw. Fähigkeiten Mehr (Selbst-)Bewusstsein im Umgang mit Hate Speech Nur wenige Schüler*innen hatten sich vor der Initiative mit dem Thema Hate Speech be- schäftigt – noch einmal deutlich weniger als die zwei Jahre älteren Mentor*innen (24 % i. Vgl. zu 37,5 %). Erfreulicherweise fällt der Lernzuwachs entsprechend hoch aus: 88,9
  • 42. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 42 % haben viel über Hate Speech gelernt und knapp 94 % sieht sich nun in der Lage, mit Hate Speech umzugehen. Dies ist ein zentra- les Ergebnis, da sich Wirkung hier vor allem auf der Bewusstseinsebene entfaltet: Wenn durch die Teilnahme am Workshop gesteiger- tes Selbstbewusstsein im Umgang mit Hate Speech erzielt werden konnte, so ist zu erwar- ten, dass sich dies auch in der tatsächlichen Handlung widerspiegelt, sollte eine Schüler*in tatsächlich mit Hate Speech konfrontiert sein. Tab. 14: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag Die Teamer*innen schätzten den Kenntnis- stand der Schüler*innen zu Hate Speech ge- mischt ein: 43% der Schüler*innen seien “eher vertraut” mit dem Thema, genauso wie 43% es “eher nicht” seien (die restlichen Anga- ben fallen zu je 7% auf “noch nie gehört” und “sehr vertraut”). Allerdings wirkten die meis- ten Schüler*innen vor Beginn des Workshops nicht in der Lage, mit Hate Speech umzu- gehen; somit bestätigen also auch die Tea- mer*innen einen hohen Bedarf an entspre- chender Wissensvermittlung. Deine Einschätzung: Fühlten sich die Schüler schon vor dem Workshop in der Lage, mit Hatespeech umzugehen? Tab. 15: Umfrage Teamer*innen Den inhaltlichen Lernerfolg am Aktionstag bewerteten die Teamer*innen nur zu 10% als “sehr hoch”. Immerhin 36% empfanden den inhaltlichen Lernerfolg als “hoch”, mehr als die Hälfte jedoch antwortete mit “etwas”. Der soziale Lernerfolg wurde größtenteils po- sitiv bewertet (18% “sehr hoch”, 42% “hoch”). Jedoch ist auch hier die undeutliche Antwort “etwas” zur Einschätzung des sozialen Ler- nerfolgs mit 38% recht ausgeprägt. Beim me- dientechnischen Lernerfolg ist die Aussage “etwas” mit mehr als die Hälfte am stärksten vertreten, immerhin bewerten ihn knapp 35% als “hoch” und 8% als “sehr hoch”. Lehrer*innen plädieren für Ausweitung des Themas Die Lehrer-Interviews geben Aufschluss über die sehr unterschiedlichen Einschät- zungen der Teamer*innen: Die Lehrer*innen
  • 43. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 43 bemängelten, dass auch nach dem Aktions- tag vielen Schüler*innen die Grenze zwischen Hate Speech und Meinungsfreiheit noch un- klar sei. Einige Lehrer*innen äußerten sich erneut im Hinblick auf die Altersstufe kritisch, die Schüler*innen in der 7. Klasse seien noch zu jung. Zudem entspreche Cybermobbing (noch) nicht ihrer Lebenswelt. Der Aktionstag stelle zwar eine Vorbereitung auf die Kon- frontation mit Hate Speech dar, jedoch reiche ein Projekttag nicht aus, die Schüler*innen umfassend für den Ernstfall vorzubereiten. Schließlich finde durch den Aktionstag eine Sensibilisierung für das Thema statt, und eine Stärkung der Zivilcourage im Netz sei dank des Workshops zu erwarten. Die Ansätze sei- en also richtig gewählt, jedoch für einen nach- haltige Verbesserung nicht ausreichend. Verhaltensexperiment Am Ende eines Aktionstages wurden die Schüler*innen gebeten, an einer kurzen Um- frage teilzunehmen. Neben einer Selbstein- schätzung (Spaß, Vorwissen, Lernfortschritt) werden sie darin mit einem beispielhaften Kommentar auf YouTube konfrontiert. Diesen gilt es zu bewerten und angemessen darauf zu reagieren. Dadurch wird sichtbar, ob der Aktionstag zum richtigen und selbstbewuss- ten Umgang mit Hate Speech beigetragen hat. Natürlich bleibt dabei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Versuchsumgebung handelt und die Befragung direkt im An- schluss an den Aktionstag stattfindet. Das bedeutet, dass die Schüler*innen vermutlich motivierter sind, in dieser Situation der so- zialen Erwartung gemäß dem Gelernten zu entsprechen, als es im Privaten später wäre. Nichtsdestotrotz gibt das Experiment damit Hinweis, ob die Schüler*innen prinzipiell in der Lage sind, souverän mit Hate Speech um- zugehen. Deshalb sind die Ergebnisse auch der Wirkungsstufe der Befähigung und nicht der Verhaltensänderung zuzuordnen. Abb. 9: Fiktiver beleidigender Kommentar auf YouTube für das Verhaltensexperiment Der Kommentar weist mehrere diskriminieren- de Zuschreibungen auf und diskreditiert den Angesprochenen als “hässlich” und “richtige Scheiße labernd”. Anstatt einer inhaltsbezo- genen Diskussion soll der Angesprochene mit dieser Beleidigung herabgewürdigt wer- den. Der Kommentar lässt sich damit als eine Form von Hate Speech kategorisieren. 87,8 % der Schüler*innen bewerten den Kom- mentar auch entsprechend als Hate Spe- ech, 63,5 % als eindeutig, 24,3 % als in der
  • 44. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 44 Grauzone. Lediglich 6,7 % halten die Beleidi- gung noch für freie Meinungsäußerung, 5,5 % trauen sich keine Einschätzung zu. Damit ist die absolute Mehrheit der Schüler*innen in der Lage, Hate Speech in diesem Beispiel zu erkennen; für 12,2 % war der Aktionstag jedoch nicht ausreichend, um eine solche Be- wertung abzugeben. Wie bewertest Du folgenden Kommentar auf YouTube? Tab. 16: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag Als nächstes stellt sich die Frage, wie die Schüler*innen auf den Kommentar reagieren. In den Umfragen wurden den Schüler*innen dafür fünf Möglichkeiten angeboten. Präfe- rierte Antworten sind: “Ich würde öffentlich schlichtend kommentieren.”, “Ich würde eine private Nachricht schreiben.” und “Ich wür- de den Kommentar melden.” Zwischen die- sen Antwortmöglichkeiten wird nicht weiter unterschieden, da allesamt einen sensiblen Umgang mit dem Thema Hate Speech dar- stellen. Während mit einem schlichtenden, öf- fentlichen Kommentar im besonderen Maße digitale Zivilcourage zum Ausdruck gebracht wird, kann eine private Nachricht stärker deeskalierend wirken. Um das Opfer zu schüt- zen, ist jedoch ebenfalls das Melden des Kommentars eine valide Option. In den päda- gogischen Empfehlungen nicht gewollt sind hingegen, “öffentlich zurück zu beleidigen” oder auch “einfach nichts zu tun”. Wie würdest Du reagieren? Tab. 17: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag Über die Hälfte der Schüler*innen ( 52,9 %) würde den Kommentar melden, was sich so interpretieren lässt, als dass die Schüler*in- nen “mit aller Macht” gegen Hate Speech vorgehen und es aus den Kommentar-Spalten verbannen wollen. Auf einen schlichtenden, öffentlichen Kommentar (15,2 %) oder eine private Nachricht (11,7 %) würden kombiniert mehr als ein Viertel zurückgreifen. Problema- tisch ist das verbleibende knappe Viertel der Schüler*innen, das zu einem äußerst geringen Teil (2,3 %) öffentlich zurück beleidigen wür- de, aber zu einem weit größeren von 17,9 % nichts unternehmen würde. Interessant erscheint die Differenz zwischen den Schüler*innen, die nichts unternehmen
  • 45. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 45 würden (17,9 %), und denjenigen, die den Kommentar zuvor nicht als Hate Speech klas- sifiziert haben (12,2 %). Das bedeutet, dass 5,7 % der Schüler*innen nicht handeln würden, obwohl sie den Kommentar als Hate Spe- ech erkannt haben. Hier wären weiterfüh- rend die Motive interessant: Angst vor sozia- ler Ächtung oder mangelnde Motivation, um einzugreifen, wären denkbar – konnten im Rahmen dieser Wirkungs­analyse allerdings nicht weiter eruiert werden. Möglicherweise wäre es auch hilfreich, mit den Schüler*innen weitergehend konkrete Handlungsstrategi- en einzuüben: Was genau kann ich auf einen Hass-Kommentar antworten? Die Schüler*innen, die bereits eine Hand- lungsoption ausgewählt haben, wurden ge- beten, dementsprechend einen öffentlichen Kommentar bzw. eine private Nachricht als Antwort auf den Hate-Speech-Kommentar zu verfassen. So entstand eine Textmenge aus 111 öffentlichen Kommentaren und 169 priva- ten Nachrichten. Davon lassen sich 45 res- pektive 46 Antworten aussortieren, weil sie nicht relevant für die Aufgabenstellung wa- ren (Bsp.: “Hi ich bin dennis” oder “Die Stunde war cool und es hat Spaß gemacht”). Unter den übrigen öffentlichen Kommentare (66) sowie privaten Nachrichten (105) fin- den sich im Wesentlichen folgende acht Sprechhandlungen:
  • 46. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 46 Sprechhandlung Beispiele Auf Meinungsfrei- heit berufen, Höf- lichkeit einfordern “Deine Meinung kannst du gerne äußern aber bitte höflich”, “Bitte hör auf andere sinnlos zu beleidigen. Jeder hat seine eigene Meinung, aber das geht zu weit.” Nach Intention fragen “Warum machst du das?” Zum Aufhören auffordern “hör auf damit”, “hör auf, andere einfach auf andere zu beleidigen”, “Bitte hör in Zukunft auf solche Beleidigung öf- fentlich zu äußern, danke.” Dimension aufzeigen, Empathie einfordern “Denk doch vielleicht ein bisschen nach, wie wür- dest du dich fühlen, wenn du so ein Kommentar bekommen würdest? Auf jeden Fall wäre es dir nicht egal. Du wärst sicher verletzt. Denk das nächste mal vielleicht einfach nach, bevor du so einen dummen Kommentar schreibst.”, “Sowas beleidigt viele Menschen. Denk das nächste mal darüber nach, ob es dich vielleicht selber verletzen würde.”; “Stell dir vor es passiert dir” Meldung androhen “Warum behauptest du sowas? Kannst du das nicht für dich behalten? Sowas gehört nicht hier- her! Melde ich gleich mal…” Ablehnung äußern “Muss das sein ist echt nicht toll” Konstruktivität einfordern “Wieso schreibst du soetwas dann schreib was er/sie bessermachen kann”, “Könntest du bitte konstruktive kritik an mich äußern?” Zurück beleidigen “Guck dich mal selber an du”, “Hör auf damit das will niemand wissen” Tab. 18: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag Am häufigsten finden sich dabei die rela- tiv einfachen Sprechakte NACH INTENTION FRAGEN und ZUM AUFHÖREN AUFFORDERN, wobei auch das Fragen nach der Intention als eine indirekte Aufforderung verstanden werden kann. In diesen Fällen geht es den Schüler*in- nen darum, möglichst schnell den Beleidigun- gen einen Riegel vorzuschieben. In einigen Fällen wird zu diesem Zweck auch angedroht, dass der Kommentar gemeldet wird. In nicht wenigen Beiträgen wird aber auch sehr sensibel mit Hate Speech umgegangen und versucht, dem Kommentierenden die Dimensionen seiner Handlung aufzuzeigen. Dazu zählen die Sprechhandlungen EMPA- THIE, KONSTRUKTIVITÄT oder HÖFLICHKEIT EINFORDERN, um die Diskussionskultur zu verbessern. In einigen Fällen wird auch direkt auf die Meinungsfreiheit eingegangen, um dem Kommentierenden dieses Argument zu entziehen, falls er sich auf selbige berufen sollte. Nur in Einzelfällen reagiert der/die Schüler*in mit einer Beleidigung und zeigt damit, dass der souveräne Umgang mit Hate Speech noch nicht verstanden bzw. verinnerlicht wurde. Outcome: Zielgruppen verändern ihr Verhalten Diese Wirkungsebene zeigt, wie sich das tat- sächliche Verhalten der Zielgruppe in einer realistischen Situation verändert. Aussagen zu Wirkungen auf der Verhaltensebene sind durch die verwendeten Methoden, wie das durchgeführte Verhaltentsexperiment (künst- liche Situation) oder einer Befragung im bzw. direkt nach dem Programm, nicht nachzu- weisen. Auch die teilnehmende Beobachtung kann keine Verhaltensveränderung beweisen, weil sie im Zuge des Projekts stattfindet. ` Eine Analyse von Reaktionen auf die Konfron- tation mit Hate Speech (Melde- und Kom- mentar-Verhalten, private Nachrichten an Hater) könnte zeigen, ob die Schüler*innen
  • 47. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 47 nun souverän mit Hate Speech umgehen können und Zivilcourage im Internet zeigen. Allerdings erschweren der Datenschutz eine solche Analyse oder machen sie gar unmög- lich (Fernmelde­geheimnis). Ob Schüler*in- nen ihr Wissen in die Peer-Gruppen tragen, könnte man durch anschließende Befragung herausfinden. Im Rahmen dieses Berichts ist allerdings eine Analyse der Verhaltensänderung nicht möglich. Outcome: Lebenslage der Zielgruppen ändert sich Diese Stufe beschreibt Veränderungen der Lebenslage der Zielgruppe, die durch die In- tervention stattgefunden hat. Dazu ist eine umfassende Untersuchung nach Projektab- schluss notwendig. Belastbare Aussagen dazu, ob Schüler*innen souverän mit Hate Speech im Netz umgehen können, kann man erst nachweisen, wenn dies auch nachträg- lich und in einer realen Situation der Fall ist. Diese Bestätigung könnte durch Selbstein- schätzung der Schüler*in erfolgen. Inwiefern Schüler*innen ihren digitalen Alltag bewusst gestalten, könnte man durch einen Metho- denmix aus Befragung und Verhaltensbeob- achtung herausfinden. Auch die Tatsache, ob Schüler*innen mehr Verantwortung für 14 Definition aus “Social Impact Measurement: classification of methods” von Maas, Karen und Kellie Liket. In: Environmental management ac- counting and supply chain management. Springer Netherlands, 2011. 171-202. ihre Mitschüler*innen übernehmen, gibt Auf- schluss über eine veränderte Lebenslage. Aussagen über die Lebenslage der Zielgruppe sind komplex, weil sie im Zeitverlauf analysiert werden müssen und externe Faktoren schwer isolierbar sind. Auch diese Stufe kann im Rah- men des Berichts nicht erschlossen werden. Impact: Gesellschaft verändert sich Möchte man den Impact einer Intervention nachweisen, so betrachtet man Wirkungen auf gesellschaftlicher Ebene. Impact – oft auch Social Impact14 – bezieht sich dann auf eine ökonomische, ökologische oder sozia- le Dimension. Ein Nachweis vom Impact der #NichtEgal-Initiative wäre der ausgewiesene Beitrag zu einem Rückgang von Hate Speech und die Unterstützung zu einer offenen, tole- ranten Diskussionskultur im Netz. Diese zu untersuchen, erfordert umfassende Langzeit- studien, weshalb Aussagen über (Social) Im- pact im Zuge dieses Berichts nicht getroffen werden können.
  • 48. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 48 3.4. Darstellung der Wirkungslogik Inputs Outputs Outcomes Impact • Projektleitung (Konzeption, Controlling, Evaluation): 330 Personentage • Teamer*innen (Durchführung): 332,5 Personentage • YouTuber*innen (Unterstützung): 5,75 Personentage 1 Erbrachte Leistungen: • 2 Pilot-Workshops • 1 Teamer*innen-Workshops • 40 Mentoren-Workshops (Klasse 9-10) • 40 Schüler-Aktionstage mit 195 Workshops (Klasse 7-8) • 25 Ermutigende Videos von be- kannten YouTubern • 10 Vor-Ort-Besuche von YouTuber*innen • Website mit Lernmaterialien, inkl. 8 Videos zum Einsatz in Workshops • Aufruf-Video zum Mitmachen für YouTube-Nutzerinnen 4 Neues Wissen oder neue Fähig­ keiten der erreichten Personen • 87,8 % der Mentor*innen und Schüler*innen können Hate Speech erkennen und bewerten; 79,1 % der Mentor*innen und Schüler*innen können adäquat darauf reagieren. • 43,7 % der Mentor*innen und Schüler*innen weisen medien- technischen Lernerfolg im Um- gang mit dem Smartphone auf. • 73,3 % der Mentor*innen haben neue Kompetenzen in der Wis- sensvermittlung erworben. • 70,2 % der Mentor*innen empfinden ein gesteigertes Empathievermögen. • 89,1 % der Mentor*innen haben ein verstärktes Verantwortungs- bewusstsein entwickelt. 7 Erwünschte Veränderungen für die Gesamtgesellschaft THESE Das Projekt #NichtEgal trägt zu einem Rückgang von Hate Speech bei und unterstützt eine offene, tolerante Diskussionskultur im Internet. 2 Nutzung der Leistungen: durch 5.535 Schüler*innen an 40 teilnehmenden Schulen 5 Erwünschte Veränderungen im Handeln der erreichten Personen THESE • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen nutzen digitale Kommunikati- on bewusst und kompetent. • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen reagieren souverän auf Hate Speech. • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen tragen ihr Wissen weiter in ihre Peer-Gruppen. • Die Mentor*innen und Schü- ler*innen zeigen Zivilcourage im Internet. 3 Zufriedenheit mit dem Angebot 92,5 % der teilnehmenden Men- tor*innen und Schüler*innen hatten Spaß 6 Erwünschte Veränderungen der Lebenslage der erreichten Personen THESE • Die Mentor*innen und Schü- ler*innen fühlen sich nicht mehr von Hate Speech im Internet überfordert. • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen gestalten bewusst ihren digi- talen Alltag. • Die Mentor*innen und Schüler*in- nen übernehmen verstärkt Ver- antwortung für Andere.
  • 49. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 49 3.5. Vergleich mit der Kontrollgruppe Um die Wirkung des Programms abzusichern, wurde eine Umfrage mit 7.- und 8.-Klässler*in- nen durchgeführt, die nicht an der Initiative teilgenommen haben. Wie sicher fühlen sie sich im Umgang mit Hate Speech auch ohne Workshops? Und wie gut schneiden sie im Vergleich beim Verhaltensexperiment ab? Insgesamt wurden dazu 174 Schüler*innen15 befragt. Kennst Du Hate Speech? Tab. 19: Umfrage Kontrollgruppe nach dem Workshop Ein Fünftel der Schüler*innen (19,5 %) kann den Begriff Hate Speech nach eigenen Anga- ben genau einordnen und kennt die Bedeu- tung. Dazu kommt ein Viertel (26,4 %), das in etwa versteht, was Hate Speech meint. 46 % haben den Begriff noch nicht gehört bzw. ken- nen dessen Bedeutung nicht. Diese Selbst- einschätzung lässt sich gut überprüfen durch die nachfolgende Aufgabe, bitte in kurzen Worten zu schreiben, was Hate Speech für die Person bedeutet. Nimmt man die Hälfte her- aus derer, die bereits angegeben hatten, den Begriff nicht einordnen zu können, bleiben im 15 Die Verteilung zwischen Schülerinnen (49,1 %) und Schülern (44,2 %) ist recht ausgeglichen. Die meisten Schüler*innen gehen in Hamburg oder Berlin aufs Gymnasium (76,5 %), deutlich weniger auf die Gesamtschule (9,9 %) oder auf die Realschule (9,9 %). Wesentlichen vier Gruppen: Die erste geht al- lein von dem Wort Hate aus, kann aber nicht genau benennen, was damit in diesem Zu- sammenhang gemeint ist: • “Ich weiß nur was hate heißt hassen” • “schnell hassen” • “Da das wort hate da drine ist denke ich man redet über böse Menschen” • “Ich glaube es soll etwas über Hass bedeu- ten. Man soll also über den Hass reden” Eine zweite Gruppe bezieht den Begriff Hate Speech bereits auf das Internet, häufig auf die sozialen Medien, kann also den Kontext be- reits einordnen: • “Hate Kommentare unter Fotos oder Videos” • “Hate Speech sind für mich schlechte Kom- mentare unter Videos oder anderem. Jeden- falls sind sie negativ.” • “Also, dass wenn jemand z.b. ein Video auf YouTube hochlädt und anderen es nicht ge- fällt, dass er dann irgendwelche hass Wörter schreib, nur weil ihm das Video nicht gefällt. Diese Wärter ärgern je auch irgendwie die je- nigen, die das Video hochgeladen haben.” Die dritte Gruppe ordnet das Phänomen ein, gibt Gründe, warum es gerade im Internet vor- kommt (Anonymität) oder auch was die Fol- gen für die Opfer sind:
  • 50. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 50 • “Für mich bedeutet Hate speech jemanden über das Internet oder Youtube weh zu tun in dem man fiese Kommentare unter die Bilder schreibt und die Leute verletzt.” • “Für mich bedeutet “Hate Speech” das jemand die Anonymität des Internet ausnutzt und Beleidungung und Hetze im Internet verbreitet“ • “Auf sozialen Netzwerken gibt es viele Leute die Kommentare unter Videos oder Bil- der schreiben die ziemlich gemein und respektlos sind.” Und die letzte Gruppe kommt zu Fehlinterpre- tationen und kann die Bedeutung von Hate Speech aktuell noch nicht greifen: • “Hate speech bedeutet für mich über Probleme zu schreiben” • “Das man heute damit beleidigen kann” Unter denjenigen, die Hate Speech nach ei- gener Aussage bereits kennen und einordnen können, finden sich die meisten Beschreibun- gen in der zweiten Gruppen, d. h. sie haben den Begriff bereits im Zusammenhang mit dem Internet gehört. In der kurzen Schreibauf- gabe geben sie jedoch wenig Hinweise dar- auf, ob sie genau verstehen, was sich hinter dem Begriff verbirgt. Nur wenige (ungefähr 12 %) zeigen bereits hier ein tiefergehendes Ver- ständnis. Häufiger ist, dass Hate Speech nicht viel weiter als das Wort hate übersetzt und interpretiert werden kann. Die Kontrollgruppe weist also einen deutlichen Bedarf auf. Den Bedarf bestätigen die Schüler*innen auch selbst, wenn sie gefragt werden, ob sie ihrer Meinung nach bereits richtig mit Hate Speech umgehen können. 45,5 % fühlen sich dazu in der Lage, 42,4 % sind sich unsicher und 12,1 % wissen überhaupt nicht, wie sie damit um- gehen sollten. Glaubst Du, Du könntest richtig mit Hate Speech umgehen? Tab. 20: Umfrage Kontrollgruppe nach dem Workshop Kontrollgruppe fühlt sich deutlich weniger sicher im Umgang mit Hate Speech Im Vergleich zu der Umfrage am Ende der Aktionstage (Schüler-Workshops) sind das nicht mal halb so viele Schüler*innen, die sich für den Umgang mit Hate Speech gewappnet fühlen (bei den Aktionstagen: 57,6 % stimmt genau, 36 % stimmt eher). Auf der anderen Seite beträgt die Anzahl an Schüler*innen, die überhaupt nicht wissen, wie sie mit Hate Spe- ech umgehen sollen, nur 3,3 % statt der 12 % in der Kontroll­gruppe. Das belegt noch einmal deutlich, dass die Aktionstage das Selbstbe- wusstsein der Schüler*innen signifikant er- höht haben.
  • 51. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 51 Tab. 21: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag Die Kontrollgruppe wurde im Verhaltens- experiment ebenfalls mit dem beleidigen- den Kommentar konfrontiert und gebeten, ihn zu bewerten und darauf zu reagieren. In der Einschätzung unterscheidet sich die Kontrollgruppe nicht wesentlich von den Schüler*innen nach dem Workshop. 5 % weniger erkennen darin einen klaren Hate-Spe- ech-Kommentar, 3 % mehr sehen darin eine offene Meinungsäußerung. Also selbst ohne klares Verständnis von Hate Speech gelingt es der Kontrollgruppe zu 85 %, die Beleidigung als Teil von Hate Speech einzuordnen. Wie bewertest Du folgenden Kommentar auf YouTube? Tab. 22: Umfrage Kontrollgruppe nach dem Workshop Wie bewertest Du folgenden Kommentar auf YouTube? Tab. 23: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag Doch wie gestaltet sich der Umgang mit dem Kommentar im Vergleich? Hier werden deutli- che Unterschiede erkennbar. Über doppelt so viele Schüler*innen in der Kontrollgruppe wür- den nichts unternehmen (40 % im Vergleich zu knapp 18 % der Aktionstag-Teilnehmer*in- nen), über doppelt so viele würden öffentlich zurück beleidigen (4,7 % gegenüber 2,2 %) und nur halb so viele schlichtend kommentie- ren (8 % gegenüber 15 %). Noch eklatanter ist der Unterschied bei der privaten Nachricht, zu der innerhalb der Kontrollgruppe lediglich 3,5 % (im Vergleich zu 11,7 %) greifen würden. Wie würdest Du reagieren? Tab. 24: Umfrage Kontrollgruppe nach dem Workshop
  • 52. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 52 Wie würdest Du reagieren? Tab. 25: Umfrage Schüler*innen nach dem Aktionstag Die privaten Nachrichten und öffentlichen Kommentare in der Kontrollgruppe weisen auch längst nicht so differenzierte Sprech- handlungen auf, wie noch unter den Teil- nehmer*innen des Aktionstages. Es wird nach der Intention gefragt (“Wrm beleidigt du sie wenn du sie wahrscheinlich eh nicht kennst?”) und indirekt aufgefordert, damit aufzuhören (“Sei leise du wurdest nicht ge- fragt????????????????”), wenn auch zum Teil – wie in diesem Beispiel – relativ aggressiv. Auch wird häufig Ablehnung geäußert (“Ich finde es nicht gut wenn Leute beleidigt wer- den.”). Darüber hinaus werden jedoch nicht, wie unter den Teilnehmer*innen, die Dimensi- onen von Hate Speech aufgezeigt, zu Konst- ruktivität, Empathie und Höflichkeit aufgeru- fen oder die Meinungsfreiheit thematisiert. Die Kommentare zeigen somit, dass durch die #NichtEgal-­Initiative nicht nur notwendiges Wissen an Schüler*innen vermittelt wird, wie man Hate Speech erkennt, sondern sie auch bewusster und selbstbewusster in den Um- gang damit gehen.
  • 53. #NichtEgal - Eine Initiative mit YouTube für Toleranz und Respekt. Herausgeber dieses Wirkungsberichts sind die Digitalen Helden. 53 4. EXPERTENMEINUNG: LEHRER*INNEN LANDESMEDIENANSTALTEN Wie schätzen Lehrer*innen und Vertreter*in- nen der Landesmedienanstalten die Initiati- ve #NichtEgal ein? Die Lehrer*innen sind eine sehr interessante Zielgruppe, da sie zum einen den Lernerfolg der Schüler*innen be- urteilen können, zum anderen weil sie in der Verantwortung stehen, Inhalte wie zum The- ma Hate Speech an ihre Klassen zu vermitteln und somit dauerhaft an ihrer Schule stark zu machen. Die Landesmedienanstalten hinge- gen nehmen eine externe Expertenrolle ein. Uns interessiert ihre Meinung dazu, wie sie den Ansatz der #NichtEgal Schüler-Work- shops bewerten und wie sie die Chancen einer langfristigen Implementierung über die Initiative hinaus sehen. In beiden Fällen han- delt es sich um qualitative Einschätzungen anhand von leitfragengestützten Interviews. 4.1 Einschätzung der Lehrer*innen Insgesamt wurden neun Lehrer*innen inter- viewt, die den Mentoren-Workshop wie Akti- onstag begleitet haben. Häufig sind das die 3.6 Zwischenfazit Die #NichtEgal-Initiative hat an 40 Schulen in Mentoren-Workshops und anschließenden Aktions- tagen 5535 Schüler*innen erreicht. Im Vorfeld wurden Teamer-Workshops und Pilot-Workshops durchgeführt, um die Qualität des Programms sicher­zustellen. Die Initiative weist eine hohe Akzeptanz bei der Zielgruppe auf, wofür sich insbesondere die Arbeit mit dem Smartphone und der Peer-Ansatz verantwortlich zeichnen. Es hat ein deutlicher Wissenszuwachs bei der Ziel- gruppe statt­gefunden und die Schüler*innen fühlen sich insgesamt sicherer im Umgang mit Hate Speech. Durch ein Verhaltensexperiment konnte nachgewiesen werden, dass Schüler*innen in der Lage sind, Hate Speech als solche zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren. Der Vergleich mit der Kontrollgruppe zeigte, dass ohne die Teilnahme an den Workshops nicht dieselben posi­ tiven Ergebnisse erzielt werden konnten. Die Initiative leistet demnach einen wertvollen Beitrag, Jugendliche im Umgang mit Hate Speech zu bilden und somit eine positive Debattenkultur im Netz zu unterstützen. Verbesserungsmöglichkeiten bestehen in einer Anpassung auf die ent- sprechende Schulform bzw. auch eine kritische Reflexion der Altersstufe. So oder so muss eine Vertiefung der Workshops stattfinden, damit sich eine nachhaltige Wirkung entfalten kann.