Dieser Fachvortrag war Teil der Fortbildung "Mit weniger Einsatz mehr erreichen: Energieeffizienz in der Chemie" für Auszubildende der Chemie-Branche im Kongresshaus Baden-Baden am 5. Dezember 2013.
Oyen: Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir – Ausbildungsreife im Li...
Vortrag "Energiewende - Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen auf die chemische Industrie" von Dr. Winfried Golla.
1. 05. Dezember 2013
Energiewende – Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen auf
die chemische Industrie
Dr. Winfried Golla, Geschäftsführer VCI Baden-Württemberg
2. Energie in der Chemieproduktion
Chemieproduktion in Deutschland benötigt große
Mengen Energie
Strom
Gas
53 Milliarden
Kilowattstunden
120 Milliarden
Kilowattstunden
Entspricht dem Stromverbrauch
von 13 Mio. 4-PersonenDurchschnittshaushalten
Entspricht dem Gasverbrauch
von 6 Mio. 4-PersonenDurchschnittshaushalten
3. Chemie setzt Energieträger auch stofflich ein
Stofflicher und energetischer Einsatz in der Chemie
Mineralölprodukte und Erdgas nach Einsatzart, 2011
100%
1,6
90%
80%
70%
89,1
60%
energetischer Einsatz
50%
15,3
40%
30%
stofflicher Einsatz
20%
29,9
10%
0%
Mineralölprodukte (Mio. Tonnen)
Quelle: FEK, VCI, Destatis
Erdgas (Mio. MWh)
4. Hohe und steigende Kosten für Energieträger in der Chemie
Kosten für Energieträger in der Chemie
Energetischer und stofflicher Einsatz von Energieträgern, in Mrd. Euro
stofflicher Einsatz
energetischer Einsatz
20,2
15,6
16,1
13,8
9,8
4,3
10,9
8,5
7,3
11,0
12,8
9,1
6,0
5,4
5,5
5,5
2003
2004
Quelle: VCI
7,9
8,5
17,1
17,0
6,5
2005
7,7
7,6
8,5
2006
2007
2008
6,8
2009
8,0
2010
VCI-Daten: leichte Abweichung zur Kostenstruktur
9,2
2011
5. Überblick: Produktion, Energieverbrauch und Treibhausgase
Entwicklung seit 1990
+ 62 %
Deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie
1990 - 2011
Energieverbrauch
absolut
Emission
Treibhausgase
absolut
Produktion
- 20 %
- 18,5 %
- 49%
Quelle: VCI
6. Energie als teuerster Produktionsfaktor in der chemischen
Industrie
• Energie ist teuer
• Energiekosten sind zum bedeutendsten Produktionsfaktor
in der Chemie geworden
• Energie ist nicht überall auf der Welt gleich teuer
• Deutschland hat kaum eigene Energierohstoffe
• Energie ist ein Politikum
• Deutschland fährt bewusst eine Strategie zur weiteren
Energieverteuerung aus Klimaschutzgründen
• Deutsche steht in einem massiven internationalen
Wettbewerb (Exportquote über 70%)
Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können
war und ist die deutsche Chemie schon aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen nachhaltig, d.h. so effizient
wie möglich umzugehen
7. Chemieprodukte sparen in ihrem Lebenszyklus viel mehr
Treibhausgase ein als bei ihrer Produktion entstehen
Ergebnis einer weltweiten Ökoeffizienzanalyse-Prognose für 2030
(in CO2-Äuquivalenten pro Jahr)
Einsparungen
von CO2-Emissionen durch
Chemie-Produkte
Emissionen
von CO2-Emissionen
für Rohstoffe, Herstellung und
Entsorgung von Chemikalien
20,3 Mrd. t
6,5 Mrd. t
3:1
8. Energieeffizienz im Gebäudebereich von zentraler Bedeutung
für das Gelingen die Energiewende
Fast 40% des Endenergieverbrauchs in Deutschland entfallen auf den
Gebäudebereich (2010).
(inkl. Verkehr)
9. Chemieprodukte und Energieeffizienz
Beispiel Gebäude
Chemie:
• Dämmstoffe Styropor, PUR
• Komponenten für MehrscheibenIsolierglasfenster
• Baustoffe
• Farbe
Bild: Heidelbergcement
12. Chemieprodukte und Erneuerbare Energien
Beispiel: Windenergie
Chemie:
• Glasfaser- & karbonfaserverstärkte Kunststoffe
für Rotoren
• Polyester-, Vinylester- u.
Epoxidharz
• Härter für Rotorenblätter,
• Polyurethanbeschichtungen
und - lacke für Rotoren
• Kabelummantelungen
13
Bild: VCI
13. Dank Chemie: Einsparung von Kraftstoff und CO2
Scheiben: Polymere Werkstoffe
(Polyester [PC] oder Acrylglas
[PMMA]) sparen 50 Prozent Gewicht.
Lack: Moderne Lacke
können Reflexionsverhalten und die
Wärmeaufnahme der
Beschichtung ändern.
Das entlastet die
Klimaanlage.
Reifen: Synthesekautschuke, Füllstoffe
und Additive sparen bis zu 8 Prozent
Kraftstoff ein und moderne Reifen sind
zudem leiser, sicherer und langlebiger.
Licht: LED-Scheinwerfer
sind länger haltbar und
sparen bis zu 80 Prozent
Energie.
Leichtbau: Kunststoffe verringern das
Gewicht einzelner Bauteile um bis zu
80 Prozent. Karosserieteile werden
zunehmend verklebt statt geschweißt.
1 Kilogramm Klebstoff spart bis zu 25
Kilogramm Gewicht.
14. Die chemische Industrie steht am Anfang der
Wertschöpfungskette
Innovationen
Chemische
Industrie
weiterverarbeitende
Industrie
Hersteller von
Konsum- und
Investitionsgütern
15. Für den Klimaschutz ist es besser, (Vor-)Produkte werden in
Deutschland hergestellt
16. Die Politik muss die unterschiedlichen energiepolitischen
Ziele zusammenführen
Bezahlbare
Energiepreise
Klimaschutz
Versorgungssicherheit
17. Versorgungssicherheit
Was ist unser Problem?
Strom als Energieträger hat (bislang) keine wesentliche Pufferoder Speicherfunktion
(im Gegensatz z.B. zu Erdgas, das sowohl im Erdgasnetz selbst oder in
großen Kavernen gepuffert und gespeichert werden kann).
Strom muss auf den Bruchteil von Sekunden in
genau der Menge ins Netz eingespeist werden,
wie er entnommen wird.
18. Verlauf der Stromerzeugung Windkraft und Photovoltaik
Schwankung im Bereich von 23 Großkraftwerken
25.000
MW
20.000
15.000
10.000
5.000
0
23.000 MW
Solar
Wind
Tagesmittelwerte
Quelle:
EEX-Transparenzplattform
20. Installierte Leistung, gesicherte Leistung und Last (2012)
Sonstige
Erneuerbare
125,1
130,9
Nicht einsetzbare Leistung
Revisionen
Ausfälle
Reserve für System-DL
Verbleibende Leistung:
5,1 GW
Wasserkraft
Sonstige
4,7
14,2
31,3
Erdgas
gesicherte Leistung
88,1 GW
12,7
7,9
Höchstlast
1,9
26,9
83
Steinkohle
25,1
Braunkohle
18,6
17,1
30
installierte Leistung
gesicherte Leistung
Last
219,0 GW
88,1 GW
21,6
Quellen: Szenario B aus dem Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan 2012;
dena Netzstudie I; dena Berechnungen
Schwachlast
21. Versorgungssicherheit: Infrastruktur
Wo stehen wir?
Probleme
• Deutsches Netz nicht auf den
massiven Ausbau
an Erneuerbaren Energien
ausgelegt
• Erforderlicher Übertragungsnetzausbau bis 2022:
3820 km
bislang realisiert:
199 km
• Erforderlicher Verteilnetzausbau
bis 2022: 98 000 – 156 000 km
bis 2030: 135 000 – 193 000 km
• Genehmigungsprobleme
• Akzeptanzprobleme (NIMB)
• Finanzierungsprobleme
23. Starker Anstieg der Strompreise
Entwicklung der Industriestrompreise in Deutschland
Industriestrompreise in ct/kWh für verschiedene Mengenbänder
16
15
500 - 2000 MWh
2 - 20 GWH
14
13
20 - 70 GWh
70 - 150 GWh
12
11
10
9
8
7
6
Quelle: Eurostat
Repräsentative Strompreise, inkl. Steuern, ohne MwSt.
24. Hohe Strompreise in Deutschland
Strompreise für die Industrie im europäischen Vergleich
Strompreis in ct/kWh, Verbrauch 70-150 GWh, 1. Halbjahr 2013
11,4
10,6
Quelle: Eurostat
10,1 9,8
9,2
8,4
8,2
7,7
7,5
7,1
7,0
6,7
Inkl. Steuern, ohne MwSt., * 2. Halbjahr 2012
5,9
5,5
25. Kosten der Energiewende
• Erneuerbare Energien werden auch
weiterhin erheblich teurer sein als heutige
konventionelle Energieerzeugung.
EEG-Umlage
• Netzausbau erfordert erhebliche
zusätzliche Investitionen.
Netzkosten
• Neue Kraftwerke werden erst bei höheren
Strompreisen gebaut werden.
Kapazitätsumlage?
26. Umlage nach dem Erneuerbaren Energien-Gesetz (EEG) wird
2014 um fast 20 Prozent steigen
EEG-Umlage
Euro pro Megawattstunde
62,40
52,77
35,32 35,92
20,47
11,02 11,60
2,46
3,24
3,88
2001
2002
2003
Quelle: VCI
5,16
5,84
6,31
2004
2005
2006
13,10
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
27. Härtefallregelung dämpft den Kostenanstieg
EEG Kosten für die chemisch-pharmazeutische Industrie
In Mio Euro
3.500
3.250
3.000
2.750
EEG-Mehrkosten
mit Härtefallregelung
(in Mio. Euro)
2.500
EEG-Mehrkosten
o. Härtefallregelung
(in Mio. Euro)
2.000
1.390
1.500
1.410
+ 23
Prozent
990
1.000
810
800
540
500
400
370
170 230
210
230
230
360
550
360
0
2006
2007
2008
Quelle: Statistisches Bundesamt, ÜNB, Prognos, VCI
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Ab 2013 EEG Mehrkosten ohne Härtefallregel und ohne Befreiung
der Eigenerzeugung
28. Belastungen aus EEG, Emissionshandel und Stromsteuer
liegen trotz Entlastungsregelungen bei über 1,3 Mrd. Euro
Deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie
2013
800
EEG
Emissionshandel
380
2.750
Belastung der chemischen Industrie
595
mit
ohne
Entlastungsregelungen
Stromsteuer
Millionen Euro 0
140
1.050
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
Berechnungsgrundlagen
EEG-Umlage: 800 Millionen bei Härtefallregelung und Befreiung der Eigenerzeugung, 2,75 Milliarden bei voller Umlage auf den
gesamten Stromverbrauch. Emissionshandel: Neuberechnung mit einem Zertifikatepreis von 15€/t CO2 (= von der Politik
angestrebtes Niveau). 380 Millionen bei teilweiser Kompensation der emissionshandelsbedingt steigenden Stromkosten, 595
Millionen ohne Kompensation. Berechnet mit dem von der EU-Kommission verwendeten Emissionsfaktor von 0,76 t CO2/MWh.
Die Kosten für Prozessemis-sionen und die Erzeugung von Wärme sind nicht enthalten. Stromsteuer: 140 Millionen bei
Spitzenausgleich und Befreiung bestimmter Prozesse. Bei einer Gegenrechnung der Senkung der Rentenversicherungsbeträge
sinkt die Belastung auf 55 Milli-onen Euro. 1,05 Milliarden bei vollem Stromsteuersatz auf den gesamten Stromverbrauch.