Vortrag im Rahmen des Neujahrsseminar 2015 des Arbeitskreis Benedikt Kautsky zum Thema "Voraussetzungen und Ansatzpunkte fortschrittlicher Wirtschaftspolitik", 03. Januar 2015, Bad Leonfelden, Österreich
3. 250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
„Wer Märkte stört,
mindert die gesamt-
wirtschaftliche
Nachfrage.“
2005
„Hamburger Appell“ der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
4. 250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
Der Hamburger Appell ist ein Aufruf von 250
Wirtschaftsprofessoren für eine konsequente Reform-
politik. Lesen Sie auf der folgenden Seite, was Prof.
Dr. Hüther zum Thema Staatsverschuldung sagt.
Prof. Dr. Ulrich Blum
Institut für Wirtschafts-
forschung, Halle
„Ohne Aussicht auf Gewinne
gibt es keine Investitionen
und damit kein
Wachstum.“
HHAppell_Motiv02_Blum.indd 1HHAppell_Motiv02_Blum.indd 1 02.09.2005 16:55:46 Uhr02.09.2005 16:55:46 Uhr
250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
Der Hamburger Appell ist ein Aufruf von 250
Wirtschaftsprofessoren für eine konsequente Reform-
politik. Lesen Sie auf der folgenden Seite Prof. Dr.
Blankarts These zu Arbeitskosten und Steuerlast.
Prof. Dr. Michael Hüther
Institut der deutschen
Wirtschaft Köln
„Die Staatsverschuldung
von heute ist die
Steuerbelastung von
morgen.“
HHAppell_Motiv03_Huether.indd 1HHAppell_Motiv03_Huether.indd 1 02.09.2005 16:56:10 Uhr02.09.2005 16:56:10 Uhr
250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
Der Hamburger Appell ist ein Aufruf von 250 Wirt-
schaftsprofessoren für eine konsequente Reformpolitik.
Lesen Sie auf der folgenden Seite die These von Prof.
Dr. Starbatty zur gesamtwirtschaftlichen Nachfrage.
Prof. Dr. Charles B. Blankart
Humboldt-Universität zu Berlin
„Hohe Arbeitskosten und
Steuerlasten behindern
Unternehmertum und
verhindern Arbeitsplätze.“
HHAppell_Motiv04_Blankart.indd 1HHAppell_Motiv04_Blankart.indd 1 02.09.2005 16:56:51 Uhr02.09.2005 16:56:51 Uhr
250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
Der Hamburger Appell ist ein Aufruf von 250
Wirtschaftsprofessoren für eine konsequente Re-
formpolitik. Lesen Sie auf der folgenden Seite,
wie Arbeitslosigkeit und Löhne zusammenhängen.
Prof. Dr. Joachim Starbatty
Universität Tübingen
„Wer Märkte stört,
mindert die gesamt-
wirtschaftliche
Nachfrage.“
HHAppell_Motiv05_Starbatty.indd 1HHAppell_Motiv05_Starbatty.indd 1 02.09.2005 16:57:48 Uhr02.09.2005 16:57:48 Uhr
250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
Der Hamburger Appell ist ein Aufruf von 250
Wirtschaftsprofessoren für eine konsequente Re-
formpolitik. Lesen Sie auf der nächsten Seite, was
Prof. Dr. Priddat zum Thema Sozialleistungen sagt.
„Wenn einfache Jobs teuer
bleiben, bleibt Deutschland
ein Land mit hoher
Arbeitslosigkeit.“
Prof. Dr. Norbert Berthold
Universität Würzburg
HHAppell_Motiv06_Berthold.indd 1HHAppell_Motiv06_Berthold.indd 1 02.09.2005 16:58:28 Uhr02.09.2005 16:58:28 Uhr
250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
„Wer Märkte stört,
mindert die gesam
250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
Der Hamburger Appell ist ein Aufruf von 250
Wirtschaftsprofessoren für eine konsequente Re-
formpolitik. Lesen Sie auf der nächsten Seite
die Expertenmeinung zum Thema Bildungssystem.
„Sozialleistungen müssen
niedrige Einkommen
ergänzen, nicht
ersetzen.“
Prof. Dr. Birger P. Priddat
Zeppelin University,
Departmenthead
„Public Management
& Governance“,
Friedrichshafen
250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
Der Hamburger Appell ist ein Aufruf von 250
Wirtschaftsprofessoren für eine konsequente Reform-
politik. Lesen Sie auf der folgenden Seite Prof. Dr.
Friedrich Schneiders These zum Thema „Stagnation“.
Prof. Dr. Lutz Arnold
Universität Regensburg
„Bessere Bildung erfordert
nicht nur Geld, sondern
vor allem Leistungs-
orientierung.“
250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
Der Hamburger Appell ist ein Aufruf von 250 Wirt-
schaftsprofessoren für eine konsequente Reformpolitik.
Lesen Sie auf der folgenden Seite eine Expertenmei-
nung von Prof. Dr. Straubhaar zur Globalisierung.
Prof. Dr. Friedrich Schneider
Universität Linz
„Das Argument, in einer
wirtschaftlichen Stagnation
dürfe man sich nicht ,kaputt-
sparen‘, ist bequem –
aber falsch.“
250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
Der Hamburger Appell ist ein Aufruf von 250
Wirtschaftsprofessoren für eine konsequente Reform-
politik. Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie wir
die Staatsfinanzen in den Griff kriegen können.
Prof. Dr. Thomas Straubhaar
Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut HWWI
„Globalisierung steigert
unseren Lebensstandard –
durch größere Produktvielfalt
und billigere Produkte.“
250 Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung
Der Hamburger Appell ist ein Aufruf von 250 Wirt-
schaftsprofessoren für eine konsequente Reformpolitik.
„Die Konsolidierung der
Staatsfinanzen erfordert
weitreichende Einschnitte –
auch in die sogenannten
Sozialsysteme.“
Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen
Universität Freiburg
7. The ultimate aim of a science is to
establish a single, complete, and
comprehensive account of the natural
world (or the part of the world investigated
by the science) based on a single set of
fundamental principles.
“
Kellert, Longinon und
Waters (2006: x)
Monismus
8. Immer, wenn Dir eine Theorie als die
einzig mögliche erscheint, nimm das als
Zeichen, dass Du weder die Theorie, noch
das zu lösende Problem verstanden hast.
“
Karl R. Popper,
Objektive Erkenntnis
Pluralismus
13. [A] plurality of paradigms in economics
and in social sciences in general is not only
an obvious fact but also a necessary and
desirable phenomenon in a very complex
and continually changing subject.
“
Kurt W. Rothschild, To Push
and to be Pushed (1999: 5)
<2> Vielschichtigkeit der Welt
16. P
Ans/eg
ökonomischer
Ungleichheit
Steuerpoli/k:
Entlastung
von
hohen
Einkommen
&
Vermögen
Globalisierung:
Freier
Kapitalverkehr
Macht:
Schwächere
GewerkschaDen
Technologischer
Wandel:
Rentabilität
von
Bildung
Hierarchisierung
der
Arbeitswelt:
working
poor
vs.
Managerboni
Makroökonomie:
Geringere
Nachfrage
Gesundheit:
Mehr
Armut
-‐
Mehr
Krankheit
Poli/k:
Mehr
Macht
für
Eliten.
Individuelle
Zufriedenheit:
Stagna/on
trotz
Wachstum
Finanzmärkte:
Mehr
Spekula/on,
mehr
Verschuldung,
mehr
„faule
Kredite“
Keynes
Evolu/onäre
Ökonomie
Neoklassik
<2> Vielschichtigkeit der Welt
17. The competition between paradigms is not
the sort of battle that can be resolved by
proofs.
“ Thomas S. Kuhn, The Structure of
Scientific Revolution (1962: 148)
<3> Rationalität der Theoriewahl
18. Science advances one funeral at a time.
“ Max Planck
<3> Rationalität der Theoriewahl
19. <3> Rationalität der Theoriewahl
<2> Vielschichtigkeit der Welt
<1> Fallibilismus
Gründe für Theorien- und Methodenpluralismus:
21. eine unübersehbare Bevorzugung und
Förderung eines Mainstreams neoklassischer
Prägung an Universitäten, Forschungs-
instituten und staatlichen und internationalen
Wirtschaftsorganisationen
“
Kurt W. Rothschild (2008: 25)
These: Ökonomie ist monistisch
22. Those standard classifications convey a
sense of the profession as a single set of
ideas. In our view, that is wrong; it is much
more useful to characterize the economics
profession as a diverse evolving set of ideas,
loosely held together by its modeling
approach to economic problems.
“
David Colander et al. (2004:
486-487)
Gegenthese: Vielfalt in der Ökonomie
25. Modern applied microeconomics consists
of a grab bag of models with a model for
every purpose.
“ David Colander (2000: 139)
26. Beispiel: Market for Lemons
Standardannahme:
vollständige Information
Akerlof (1970):
asymmetrische
Information
Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kovacs_special_1968.JPG?uselang=de
27. Beispiel: Market for Lemons
Standardannahme:
vollständige Information
Akerlof (1970):
asymmetrische
Information
>> Gleichzeitigkeit
widersprüchlicher
Annahmen
Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kovacs_special_1968.JPG?uselang=de
Variante 1:
Vollständige Information als
Hilfshypothese
>> alternative Modelle
Variante 2:
Vollständige Information als
Gesetzeshypothese
>> konkurrierende Modelle
28. It is as if physicists sometimes supposed
that force is proportional to acceleration and
in other models took force to be proportional
to acceleration squared.
“
Hausman (1992: 52)
30. Deutsche Ökonomen, besessen von ihrer
Denkschule? Das stimmt einfach nicht. […]
Ökonomen wie der spätere deutsche
Nobelpreisträger Reinhard Selten erforschten
in Experimenten, wie die Menschen als
Sparer, Konsumenten oder Arbeitnehmer
wirklich ticken. Antwort: Jedenfalls nicht so
eigennützig und effizient wie gedacht.
“
Uwe Jean Heuser ,
Die Zeit, 17/2012
31. Deutsche Ökonomen, besessen von ihrer
Denkschule? Das stimmt einfach nicht. […]
Ökonomen wie der spätere deutsche
Nobelpreisträger Reinhard Selten erforschten
in Experimenten, wie die Menschen als
Sparer, Konsumenten oder Arbeitnehmer
wirklich ticken. Antwort: Jedenfalls nicht so
eigennützig und effizient wie gedacht.
“
Uwe Jean Heuser ,
Die Zeit, 17/2012
32. Die Psychologische Ökonomik verwendet
dieselben Methoden wie die Standard-
Ökonomik, nämlich mathematische
Formalisierung von Annahmen, logische
Analyse der Konsequenzen dieser
Annahmen, empirischer Test. Dabei werden
jeweils nur wenige Variablen oder “stylised
facts” systematisch analysiert.
“
Margit Osterloh
(2008)
33. Es werden dabei immer nur eine oder
zwei Annahmen der Standard-Ökonomik
in Richtung eines größeren
psychologischen Realismus modifiziert,
wobei das standardökonomische
Modell als Referenz gilt.
“
Margit Osterloh
(2008)
36. The IS-LM diagram, which is widely, but
not universally, accepted as a convenient
synopsis of Keynesian theory, is a thing for
which I cannot deny that I have some
responsibility. […] as time has gone on, I
have myself become dissatisfied with it.
“
John Hicks (1980: 139)
37. Es folgt aus der ganzen Anlage unsres
Gedankengangs, daß es kein dynamisches
Gleichgewicht gibt. Die Entwicklung ist ihrem
innersten Wesen nach eine Störung des
bestehenden statischen Gleichgewichts ohne
jede Tendenz diesem oder überhaupt
irgendeinem andern Gleichgewichtszustande
wieder zuzustreben.
“
Joseph A. Schumpeter
(1912/2006: 489)
38. Paul Romer gilt als ein „Neu-
Schumpeterianer. […] Auf die Frage, ob
Schumpetersche Ideen einen Einfluß auf
sein theoretisches Schaffen hatten, bemerkt
er: „Nein, ehrlicherweise kann ich sagen,
sie hatten keinen“.
“
Jochen Röpke und Olaf
Stiller (2006: VII)
39. <3> Assimilation von Kritikern
<2> Neoklassik als Benchmark
<1> Axiomatische Variation
Instrumente ökonomischer Kritikimmunisierung:
41. Despite the enormity of recent events, the
principles of economics are largely
unchanged. Students still need to learn
about gains from trade, supply and
demand, the efficiency properties of market
outcomes, and so on. These topics will
remain the bread-and-butter of introductory
courses.
“
Gregory Mankiw
42. Мore economic research (and teaching),
not less, is the best hope of both emerging
from the current crisis and of avoiding future
ones.
“
Doug McTaggart,
Christopher Findley und
Michael Parkin
49. percentage of citations
from top 13 heterodox
percentage of citations
from top 13 orthodox
in top 13
heterodox
52.42% (intra-network) 47.58% (inter-network)
in top 13
orthodox
2.85% (inter-network) 97.15% (intra-network)
Empirie zu ökonomischen Diskursen
Daten: Thomson’s Social Science Citation Index (SSCI); Heterodox Journals wurden auf Basis von Frederic Lee’s
“Heterodox Directory” (2009a) ermittelt.
(a) Lose heterodoxe vs.
enge orthodoxe
Zitationsnetzwerke
(b) Einseitige Offenheit
der Heterodoxie für den
Mainstream
50. Empirie zu ökonomischen Diskursen II
Daten: Thomson’s Social Science Citation Index (SSCI); Heterodox Journals wurden auf Basis von Frederic Lee’s
“Heterodox Directory” (2009a) ermittelt.
Top 13 heterodox journals
Citations in
top 13
orthodox
Citations of
top 13
orthodox
Diff. Proportion
Economy
and
Society 46 69 -‐23 1.5
Ecological
Economics 18 1022 -‐1004 56.78
Work,
Employment
and
Society 17 47 -‐30 2.76
Review
of
interna/onal
Poli/cal
55 111 -‐56 2.02
Journal
of
Economic
Behaviour
340 2605 -‐2265 7.66
New
Poli/cal
Economy
5 50 -‐45 10
Cambridge
Journal
of
Economics
98 617 -‐519 6.3
Journal
of
Development
Studies
72 672 -‐600 9.33
Journal
of
Evolu/onary
Economics
36 517 -‐481 14.36
Feminist
Economics 7 198 -‐191 28.29
Journal
of
Post-‐Keynesian
10 407 -‐397 40.7
Journal
of
Economic
Issues 22 568 -‐546 25.82
Economics
&
Philosophy 27 153 -‐126 5.67
Total 753 7036 -‐6283 9.34
52. Pluralismus-
konzept
Kernbotschaft Art des
Diskurses
Zielsetzung
Selbst-
süchtig
Andere als
illegitim, aber
unbezwingbar
Regelm. Kritik
an anderen
Paradigmen
Vorherrschaft/
Überleben
(Monismus)
Desinter-
essiert
Andere
Paradigmen als
legitim, aber
irrelevant
Seltene Kritik/
Ausein-
andersetzung
Erhalt des status
quo
(Paradigmen-
pluralismus)
Interessiert Andere
Paradigmen als
potentiell
bereichernd
Konstruktive
Auseinander-
setzung
Ökumenische
Integration u.
Diversifizierung
(Plurlistisches
Paradigma)
Pluralismuskonzepte
53. Vergleich von
theoretischen Aussagen
Pluralistische Forschungs-
praktiken und -strategien
èç Identisch
(a) Integrationìë Konvergierend
éé Kompatibel (b)
Arbeits-
teilungO
O Neutral
(c)
Diversifikation
ëì Divergent
(d) Empirischer Test
konfligierender Hypothesen
çè Widersprüchlich
Pluralismus in der (Forschungs-)Praxis
54. Wissenschaftstheorie fordert
Pluralismus in Theorie und Methode
Die paradigmatische Konstellation
der Ökonomie ist stark monistisch
Überwindung institutioneller Hürden
als wissenschaftspolitische Aufgabe
Fazit
57. Innerdisziplinär Außerdisziplinär
Einrichtung/Förderung
heterodoxer Institute
Kritische Reflexion ökonomischer
Expertise im Parteienkontext
Heterodoxe (Zusatz-)
Ausbildungsangebote (z.B.
Masterstudiengänge, Summer
Schools)
Stärkung ökonomischer
Forschung in verwandten
Disziplinen wie Wirtschaftssoz.
und Politische Ökonomie
Kooperation mit studentischen
Initiativen
Aufnahme von Wirtschafts-
soziologInnen in
Sachterverständigenräte
Finanzierung heterodoxer
Forschungsprojekte
Preise für heterodoxen
Wirtschaftsjournalismus
Preise/Stipendien für heterodoxe
Forschung
Pluralisierungsstrategien
59. Literatur
Kapeller, Jakob / Dobusch, Leonhard (2009): Why is Economics not an
Evolutionary Science? New Answers to Veblen's old Question.
Journal of Economic Issues, Vol. 43(4):867-898.
Kapeller, Jakob / Dobusch, Leonhard (2009): Diskutieren und Zitieren:
Zur paradigmatischen Konstellation aktueller ökonomischer
Theorie. Intervention - Journal of Economics, Vol. 6(2):145-152.
Kapeller, Jakob (2010): Citation Metrics: Serious drawbacks, perverse
incentives and strategic options for heterodox
economics. American Journal of Economics and Sociology, 69(5):
1376-1408.
Kapeller, Jakob / Dobusch, Leonhard (2012): A guide to paradigmatic
Self-marginalization - Lessons for Post-Keynesian Economists.
Review of Political Economy, 24(3):469-487.
Kapeller, Jakob / Dobusch, Leonhard (2012): Heterodox United vs.
Mainstream City? Sketching a framework for interested pluralism
in economics. Journal of Economic Issues, 46(4), 1035-1058