Eine Studie von Prof. Dr. Holger Lütters (Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin) zu den Effekten künstlicher Interviewer im Marktforschungsinterview.
Präsentation auf der Research&Results 2012 in München (#rar12)
1. Avatare in der Marktforschung
Vortrag Research & Results, München 24. Oktober 2012
Prof. Dr. Holger Lütters
holger.luetters@htw-berlin.de Twitter.com/borschtsch
2. Forschungsziel: Messung des Einflusses des künstlichen
Interviewers auf die Ergebnissituation im Interview
Chance des virtuellen Fragen der Forschung
Interviews
1. Effekte auf Daten
• Erhöhte Motivation der verschiedener Fragetypen
Teilnehmer (reaktive Antwortdaten)
• Niedrigere Abbrecherquoten 2. Effekte auf nicht-reaktive
• Glaubwürdigkeit der Daten / Einfluss auf
Interaktion erhöhen Teilnahmebereitschaft
• Standardisierung des • Responseverhalten (Drop-Out)
„persönlichen“ Interviewer- • Wahrnehmung der Interaktion
Einflusses (gefühlte Dauer;
Wohlfühlfaktor) durch Angaben
der Teilnehmer
• Konsistenz der Messung
3. Technische Effekte
Grundfrage des Avatar-Einsatzes: Unterstützung vs. Manipulation
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3. Avatare in der Marktforschung
1
Annahme:
Avatare könnten eine interessante Bereicherung im
Rahmen der Interaktionen der Marktforschung sein
4. „Ein Avatar ist eine künstliche Person oder ein grafischer
Stellvertreter einer echten Person in der virtuellen Welt“
Quellle: http://de.wikipedia.org/wiki/Avatar_(Internet) Beispiele von secondlife.com
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5. Avatare wurden bereits zur Erforschung der
Unterstützung von Shopping-Szenarien eingesetzt
Human Avatar Non-human Avatar
Source: Seung-A Annie Jin, Justin Bolebruch (2009): AVATAR-BASED ADVERTISING IN SECOND LIFE:
THE ROLE OF PRESENCE AND ATTRACTIVENESS OF VIRTUAL SPOKESPERSONS in: Journal of
Interactive Advertising, Vol 10 No 1 (Fall 2009), pp. 51‐60
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6. Idee des Forschungsvorhabens:
Partieller Einsatz von Avataren im Rahmen eines
Fragebogens der Online-Marktforschung
Photo-realistic
Überlegungen bei der Auswahl
der Avatare
• Welche Art von Avatar?
Mensch, Tier oder künstliches
Wesen etc.
• Qualität der Darstellung?
Low-fidelity cartoonish
Wie menschlich?
Low-fidelity cartoonish bis photo-
realistisch
• Art der Darstellung?
Gesicht vs. Ganzkörper
• Welche Stimme?
Hell bis dunkel Non-human
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7. Entscheidung für „konservativen“ Facial Avatar
Experimentalausprägung: Photorealistische Avatare; Split in
weibliche und männliche Repräsentationsform inklusive
geschlechterspezifischer Stimme
Hintergrund: Logos der Studiengänge der HTW Berlin
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8. Durchführung der Studie
2
Repräsentativstudie der HTW Berlin mit
Unterstützung durch panelbiz Berlin
9. 10-minütige deutschlandweite Repräsentativbefragung zu
nicht mehr ganz aktuellen Marken
Feldbericht
• Erste Response: Montag, 9. Juli 2012
• Letzte Response: Mittwoch, 11. Juli 2012
• Anzahl Kontakte 1.120
• Vollständige Interviews: 640
• Vollständige, konsistente Interviews:
n=608
Deutschlandweite
• Drei technische Routen mit identischem Repräsentativbefragung durch
Inhalt; Zufallszahl steuert die Routenwahl Panelbiz.com mit questfox®
• Zwei Kontrollfragen als technische
Überprüfung (Screenout bei Nichterfüllung)
• Quotensteuerung soziodemografischer
Merkmale
• Durchschnittlich 12 Minuten Response
Time der vollständigen konsistenten
Teilnehmer: 741 Sekunden (Median)
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10. Verschiedene Themen und Methoden wurden in die Studie
integriert
Gefragt wurde u.a. nach
• Technologie-Involvement
• Bekanntheit „alter“ deutscher Marken
• Imageprofile dieser Marken
• Analytic Hierarchy Process Modell zur Markenbewertung
und Konsistenzmessung
• Bewertungen von unterstützenden Erklärungen zu Teilfragen
nach dem Price-Sensitivity-Meter Verfahren
• Bewertung der Befragung durch Teilnehmer
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11. Studie mit drei technischen Routen mit identischem Inhalt.
Einsatz der Avatar-Repräsentation bei Fragen/Erklärungen
Vier gezielte Interventionen Drei Varianten der Befragung
mit Einsatz von Avataren
1. Technologietest als Screen-out
Route 1: R1
2. Avatar bei Frage zum
Klassischer Fragebogen
Technologie-Involvement zum eigenständigen
3. Avatar zur Erklärung des Lesen
Price-Sensitivity-Meters
4. Avatar zur Erklärung des R2
Analytic Hierarchy Process Route 2:
Verfahrens Weiblicher Avatar
liest vor
Route 3: R3
Männlicher Avatar
liest vor
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13. Die Avatare werden mit einer Text-to-Speech Technologie
in die Lage versetzt, geschriebene Texte vorzulesen
Text zum eigenständigen Lesen:
R1
R2
Text wird vorgelesen:
Verschiedene Menschen haben
einen sehr unterschiedlichen
Bezug zu ….
R3
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14. 1. Schritt: Technische Überprüfung der
Teilnahmevoraussetzung als Screenout
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15. Ca. 10% der Teilnehmer sind nicht in der Lage das Video
zu sehen; ca. 17% konnten es nicht hören
Basis: n=647 Kandidaten in den Zufallsrouten R2 und R3
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17. Keine verbesserten Drop-out Raten durch Einsatz der Avatare.
Nebenergebnis: Männlicher Avatar erzeugt höchsten Drop-out
Drop-out:
Drop-out: Drop-out: 11,9%
8,6% 9,1%
R1 R2 R3
Basis: n=750 Teilnehmer (ohne Screenouts/Quota-Full)
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18. Die an vier Stellen eingesetzten Avatare verlängern die
tatsächliche Antwortzeit der Befragung um ca. 20%
R1 Mean: 708 Sekunden
Median: 629 Sekunden
R2 Mean: 866 Sekunden
(18,2% länger als R1)
Median: 752 Sekunden
(16,4% länger als R1)
R3
Mean: 879 Sekunden
(19,5% länger als R1)
Median: 815 Sekunden
(22,8% länger als R1) Gesamte Studie
Mittelwert 818 Sekunden 13,6 Minuten
Basis: n=604 vollständige Teilnehmer Konsistenz unter 0,5 Median 741 Sekunden 12,35 Minuten
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19. Die mit 10 Minuten Dauer angegebene Befragung wurde in
einer gefühlten Einschätzung nicht als erheblich länger
bewertet
„Kann ich nicht sagen“
R1 2,97
10,35 Minuten*
6,90%
n=203
R2 3,06
12,55 Minuten* 4,40%
n=203
R3 3,30
13,58 Minuten* 4,50%
n=202
Basis: n=608 vollständige Teilnehmer Konsistenz unter 0,5
* = Median der Antwortzeit aller Teilnehmer der Gruppe
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20. Betrachtung Top Boxes verändert das Bild:
Weiblicher Avatar verkürzt das Interview gefühlt;
Männlicher Avatar erzeugt das Gefühl einer langen Befragung
R1
n=203
Top-Boxes:
R2
n=203
R3
n=202
Basis: n=608 vollständige Teilnehmer Konsistenz unter 0,5
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21. Die konkrete Abfrage nach den Minuten der Befragung
kehrt das Ergebnis um: Avatare verkürzen „gefühlt“ die
Minuten, die im Interview verbracht wurden
Echte Echte Zeit Abfrage: Gefühlte Zeit in
Zeit MEDIAN Gefühlte Relation zu
MEAN Zeit in tatsächlichem
Sekunden* Median
R1 R1
628 Sekunden
705
10,35 Minuten
621 -1%
n=203
R2 R2
753 Sekunden
868
12,55 Minuten
642 -15%
n=203
R3 R3
815 Sekunden
879
13,58 Minuten
677 -17%
n=202
Vorgabe 10 Minuten für Interview
* Die Abfrage der Zeit erfolgte in Minutenschritten
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22. Zusammenfassung
Nicht-reaktive Effekte des Avatareinsatzes
• Avatar ist technisch problematisch und erhöht die
Abbruchquote bei einigen Zielgruppen
(Interessant: Audio problematischer als Video)
• Zeit ist ein extrem subjektiver Begriff, der nicht immer
durch die Realität abgebildet wird
• Erstaunliche Gender-Nebeneffekte:
„Wenn Frau vorliest, antworten Männer schneller“
„Wenn Mann vorliest, antworten Frauen schneller“
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23. Reaktive Ergebnisunterschiede
4
Nachfolgend werden keine inhaltlichen Ergebnisse der Studie gezeigt.
Es werden lediglich strukturelle Unterschiede, die auf die
Verwendung der Avatare zurückzuführen sind, dargestellt.
24. Technologie-Involvement (Gendereffekt 1):
Weiblicher Avatar erzeugt höheres Technologie-Involvement
Vermutung: Soziale Erwünschtheit durch Avatareinsatz
Ich interessiere mich sehr für das Thema
Unterhaltungselektronik
Ich beschäftige mich gerne mit den Produkten
der verschiedenen Anbieter von
Unterhaltungselektronik
Die Wahl eines bestimmten
Unterhaltungsgerätes sagt viel über die
Persönlichkeit der Person aus
Die Auswahl des "falschen" Gerätes kann zum
Problem werden
Die einzelnen Marken für
Unterhaltungselektronik am Markt
unterscheiden sich sehr stark
Mein Wissen über die verschiedene Marken
der Unterhaltungselektronik ist sehr gut
R1 R2 R3
n=203 n=203 n=202
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25. Technologie-Involvement (Gendereffekt 2):
Alleinige Betrachtung der weiblichen Teilnehmer zeigt bei Einsatz
von Avataren generell ein höheres Technologie-Involvement
Ich interessiere mich sehr für das Thema
Unterhaltungselektronik
Ich beschäftige mich gerne mit den Produkten
der verschiedenen Anbieter von
Unterhaltungselektronik
Die Wahl eines bestimmten
Unterhaltungsgerätes sagt viel über die
Persönlichkeit der Person aus
Die Auswahl des "falschen" Gerätes kann zum
Problem werden
Die einzelnen Marken für
Unterhaltungselektronik am Markt
unterscheiden sich sehr stark
Mein Wissen über die verschiedene Marken
der Unterhaltungselektronik ist sehr gut
R1 R2 R3
n=103 n=96 n=104
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 25
26. Technologie-Involvement (Gendereffekt 3):
Wenn Männer von Männern zu Technologie befragt werden,
spielen sie die Bedeutung von Technologie herunter
Ich interessiere mich sehr für das Thema
Unterhaltungselektronik
Ich beschäftige mich gerne mit den Produkten
der verschiedenen Anbieter von
Unterhaltungselektronik
Die Wahl eines bestimmten
Unterhaltungsgerätes sagt viel über die
Persönlichkeit der Person aus
Die Auswahl des "falschen" Gerätes kann zum
Problem werden
Die einzelnen Marken für
Unterhaltungselektronik am Markt
unterscheiden sich sehr stark
Mein Wissen über die verschiedene Marken
der Unterhaltungselektronik ist sehr gut
R1 R2 R3
n=100 n=107 n=98
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 26
27. Kaum Einfluss der Avatare auf Bewertung von Marken mit
einer Ratingscale
Frage: Wie gefallen Ihnen die folgenden Marken?
R1 R2 R3
n=203 n=203 n=202
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 27
28. Zusammenfassung Ergebnisunterschiede
• Der Einsatz von Avataren scheint themenbezogen Einfluss
zu nehmen (hier: starke Gendereffekte bei Technikfragen)
• Bei weniger genderspezifischen Themen erzeugen die Avatare
nahezu keine Effekte auf die Ergebnisse
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 28
29. Avatare in der Paarvergleichsbewertung
- Einfluss auf Ergebnisse
- Konsistenz der Beantwortung
30. Drei AHP Paarvergleiche als Aufwärmübung zur
Konsistenzmessung
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 30
31. Keine relevanten Ergebnis-Unterschiede in der
Paarvergleichsbewertung der Bedeutung von drei
allgemeinen Items
R1
n=203
R2
n=203
R3
n=202
Befragung im AHP Paarvergleichsverfahren; Ergebnisvektoren
Basis: n=608 vollständige Teilnehmer Konsistenz unter 0,5
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 31
32. Keine relevanten Ergebnis-Unterschiede in der
Paarvergleichsbewertung der Bedeutung von 3
allgemeinen Items
R1
n=203
R2
n=203
R3
n=202
Befragung im AHP Paarvergleichsverfahren; Ergebnisvektoren
Basis: n=608 vollständige Teilnehmer Konsistenz unter 0,5
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 32
33. Keine strukturellen Unterschiede in der Markenbewertung
im Paarvergleichsverfahren
0.38
0.44
0.38
0.31
0.29
0.33 R1
0.16
n=203
0.13
0.16 R2
0.15
0.14 n=203
0.13 R3
n=202
n=608 konsistente Antworten im AHP-Paarvergleich der als bekannt angegebenen Marken
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 33
34. Der weibliche Avatar erzeugt die besten (=niedrigsten)
Konsistenzwerte im AHP-Verfahren
R1 R2 R3
n=203 n=203 n=202
Route 1: Route 2: Route 3:
Text-Fragebogen Weiblicher Avatar Männlicher Avatar
Warm-up 0,235 Warm-up 0,194 Warm-up 0,240
1. Rating: 0,227 1. Rating: 0,186 1. Rating: 0,227
2. Rating: 0,114 2. Rating: 0,093 2. Rating: 0,114
Basis n=608; Konsistenzmessung im Analytic Hierarchy Process; Keine Wiederholung inkonsistenter Paarvergleiche
Gemessen wurde die Konsistenz in drei verschiedenen AHP Decision Trees (Warm-up; 1. Rating; 2. Rating)
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 34
35. Der Qualitätsindikator Konsistenz fällt in den Gruppen
unterschiedlich aus.
Weibliche Avatare erzeugen höchste Konsistenzwerte
R1 R2 R3
Konsistenzmessung
sehr konsistent <0,1 25,6% 33,0% 19,5%
konsistent 24,7% 21,9% 24,8%
<0,2
weniger <0,5 41,4% 35,3% 51,0%
konsistent
inkonsistent >0,5 4,2% 4,7% 3,3%
extrem
inkonsistent
>0,8 1,4% 0,5% 0,5%
Basis n=215 n=215 n=210
Durchschnittlicher Konsistenzwert 0,323 0,320 0,320
Basis: n=640 alle vollständigen Antworten (auch inkonsistent)
Messung der Consistency Ratio of the Hierarchy (CRH) in allen Entscheidungsbäumen
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 35
36. Zusammenfassung der Paarvergleichsbewertungen
• Keine Unterschiede bei Verwendung von Avataren auf Daten in
AHP (Analytic Hierarchy Process)-Entscheidungsmodellen
• Der weibliche Avatar erzeugt bessere Konsistenzwerte und
scheint besser „zu erklären“
• Interpretation: Strengen sich beide Geschlechter mehr
an, wenn Frauen die Fragen stellen?
Fazit: Von Unterstützung bis Manipulation ist alles möglich
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 36
38. „Mit Abstand die innovativste, unterhaltsamste und
kurzweiligste Umfrage, die ich jemals gemacht habe“
Tagcloud auf Basis der Antworten von n=405 Kandidaten in den Zufallsrouten R2 und R3
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 38
39. Avatare habe keine positive Auswirkung auf die Bewertung
der Befragung bei einer befragungserfahren Zielgruppe
R1
n=203
R2
n=203
R3
n=202
Basis: n=608 vollständige Teilnehmer Konsistenz unter 0,5
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 39
40. Keine deutlich verbesserte Wahrnehmung des Fragebogens
bei Nutzung der Avatare
R1 8,22
n=203
R2
8,25
n=203
8,35
R3
n=202
Basis: n=608 vollständige Teilnehmer Konsistenz unter 0,5
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 40
41. Die Weiterempfehlungsabsicht erhöht sich durch den
Einsatz der Avatare leicht (Net Promoter Score)
NPS Score
R1
21,1%
n=203
R2
23,5%
n=203
R3
23,3%
n=202
n= 608
Der Net Promoter Score gibt an, wie viel Prozent die Erhebung weiterempfehlen würden.
Formel: % der Antworten 9 und 10 minus % der Antworten 0-6
Je höher der Score, desto höher der Netto-Empfehler-Score
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 41
42. Wenn eine Frau erklärt, scheint das Thema besser
verstanden zu werden
R1 8,69
n=203
9,17
R2
n=203
R3 8,93
n=202
Basis: n=608 vollständige Teilnehmer Konsistenz unter 0,5
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 42
43. Interpretation der Erkenntnisse
5
Avatare in der Zukunft der Marktforschung:
Die Nutzung von Avataren muss wohl überlegt
sein, da diese (teils unkontrollierbare) Effekte
erzeugen.
44. Die vorgefundenen Ergebnisunterschiede tangieren
verschiedene Dimensionen
• Keine erkennbar positiven Erkenntnisse in Bezug auf
Teilnahmebereitschaft, Gefallen der Studie etc.
• Gefühlt kürzerer Fragebogen durch Avatar-Fragebogen
• Keine Effekte auf Daten bei Standardfragen
• Starke Gender Effekte bei Nutzung von Avataren in Bezug
auf Themenfragen, die mit Geschlecht in Beziehung stehen
• Starke Effekte in Bezug auf Interaktionsszenarien
(Bsp.: Weibliche Avatare erklären gefühlt besser)
• Ergebnis der GfK-Avatar-Studie 2011 bestätigt: Avatar hatte
einen positiven Effekt auf das Antwortverhalten bei offenen
Fragen; Hier: Deutlich mehr Textantworten bei Verwendung
eines künstlichen weiblichen Interviewers
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 44
45. Status 2012: Probleme>Nutzen
Effekte des Einsatzes von Avataren sind genau abzuwägen
• Die Studie wurde für die (erfahrenen) Umfrageteilnehmer
nicht signifikant attraktiver
• Avatare sind eine vielversprechende Erscheinung, die jedoch
nur sehr gezielt eingesetzt werden sollte. Vorsichtige Nutzbarkeit von
Avataren für besonders komplexe Fragestellungen und Erklärungen
möglich
• Neue Problemphänomene werden mit dem Einzug von Avataren in
der Marktforschung Einzug halten
• Neue Arten von Selbstselektionseffekten (z.B.
Ähnlichkeitshypothese)
• Soziale Erwünschtheit ggü. einem Avatar
• Gender-Stereotypen könnten durch diese Art der Forschung
vertieft werden
• Alternative Avatarkonzepte sollten dringend geprüft werden
• Weitere Forschung ist zu integrieren, da die Effekte eher nicht-
rationale Erklärungsmuster aufzuweisen scheinen
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 45
46. Nächster Forschungsschritt: Menschen statt Avatare
Leitidee: Ähnlichkeitshypothese zur Zielgruppe
Umsetzung im Rahmen des ExcelLuS Projekt der HTW Berlin im Green-Screen Studio der HTW Berlin
Identische Umsetzung mit zielgruppenähnlichen Typen für studentische Befragungen
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 46
47. Idee zur Vermeidung der vorgefundenen Gendereffekte:
Einsatz von Non-Human Avataren
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 47
49. Unser Dank gilt den Partnern, die diese Studie unterstützt
haben
Durchführung • Unterstützer der Studie
Prof. Dr. Holger Lütters
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Fachbereich 3
Treskowallee 8
10318 Berlin www.panelbiz.com
Holger.Luetters@htw-berlin.de
www.pangealabs.com
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 49
50. Eine erste Studie mit verschiedenen Inhalten wurde 2011
von der GfK umgesetzt. Dank an Dr. Christian Jarchow
Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4 Gruppe 5
Gruppe 6 Gruppe 7 Gruppe 8 Gruppe 9 Gruppe 10
Quelle: Dr. Christian Jarchow, GfK Marktforschung, Online Research
Der Effekt von Interviewer-Avataren auf das Antwortverhalten in Online-Befragungen: Ergebnisse eines Experiments
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 50
51. Literaturhinweise
• Cassell, J., Miller, P. (2008). “Is It Self-Administration If the Computer Gives You
Encouraging Looks?” Envisioning the Survey Interview of the Future, edited by
Conrad, F.G. and Schober, M.F. , John Wiley & Sons., pp. 161-178
• Ehrlich, J. S., and Riesman, D. (1961). “Age and authority in the interview.” Public
Opinion Quarterly, 25, 39-56
• Jarchow, Christian (2011): Der Effekt von Interviewer-Avataren auf das Antwortverhalten
in Online-Befragungen: Ergebnisse eines Experiments. Studie der GfK
Marktforschung, Online Research
• Haedrich, Günther (1964): Der Interviewereinfluss in der Marktforschung
• Mika Lehdonvirta, Vili Lehdonvirta and Akira Baba Prosocial behaviour in avatar-mediated
interaction: the influence of character gender on material versus emotional help-giving
• Malakhoff, Lawrence A. and Matt Jans. 2011. “Toward Usage of Avatar Interviewers in
Web Surveys” Survey Practice, June: www.surveypractice.org
• Rizzo, A.A. /Neumann, U. / Enciso, R. / Fidaleo, D. and J.Y. Noh: Performance-Driven
Facial Animation: Basic Research on Human Judgments of Emotional State in
Facial Avatars in CyberPsychology & Behavior. August 2001, Vol. 4, No. 4: 471-487
• Seung-A Annie Jin, Justin Bolebruch (2009): AVATAR-BASED ADVERTISING IN SECOND
LIFE: THE ROLE OF PRESENCE AND ATTRACTIVENESS OF VIRTUAL SPOKESPERSONS in:
Journal of Interactive Advertising, Vol 10 No 1 (Fall 2009), pp. 51‐60
Prof. Dr. Holger Lütters · Avatare in der Marktforschung· Research & Results · 24. Oktober 2012 51