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22 kressreport 10.14 vom 30. Mai 2014
22 digital
PROZESS DER ANREICHERUNG*
SowerdenInhalteaufgewertet
* Machbarkeitsstudie Axel Springer/Vico Quelle:Vico Research & Consultung GmbH 2014
Artikel aus
i Kiosk
Entitäten
Extraktion
Semantic-
Web-Abgleich
Texte im
iKiosk sind
angereichert
Einbindung in
Texte
Management
der Inhalte
BIG DATA
Darf’s ein bisschen
mehr sein?
Um ihre Inhalte im Internet besser aufzubereiten und zu vernetzen,
investieren Medienhäuser zunehmend in technologiebasierte Dienste
L„Dieser Artikel könnte Sie interes-
sieren.“ Mit Empfehlungen wie
diesen, versuchen Medienmarken, Leser
auf ihren Internet-Portalen zu halten
und ihnen inhaltlichen Mehrwert zu lie-
fern. Zum Text passende Videos, ergän-
zende Statistiken oder der Verweis auf
verwandte Themen sollen das digitale
Lese-Erlebnis verbessern.
Inhaltliche Vorschläge funktionieren
dabei nicht nur innerhalb einer Website.
Über Querverweise können sie auch für
Synergien zwischen Medienmarken un-
tereinander sorgen oder digitale Produk-
te aufwerten. Dafür werden intensiv
neue Technologien getestet; Daten spie-
len immer öfter eine Rolle.
Die Axel Springer SE arbeitet derzeit
an verschiedenen Ansätzen, das Modell
des digitalen Kiosks weiterzuentwickeln.
In einer Machbarkeitsstudie hat das Un-
ternehmen kürzlich untersucht, inwie-
weit der iKiosk unter Einsatz moderner
Technologien und mit vertretbarem Auf-
wand Zusatzdienste anbieten kann.
Dabei wurden Texte aus der ePaper-
Download-Plattform mit einer Themen-
Erkennungs-Technologie analysiert.
Passend zum aufgerufenen Text konnten
automatisch ergänzende Inhalte aus ver-
schiedenen Quellen wie Wissensdaten-
banken angezeigt werden, beispielswei-
se Statistiken, Informationen zu im Text
genannten Personen, Orten oder auch
Unternehmen. Die Informationsquellen
wurden nur für die Teststudie genutzt.
Später könnte es u.a. darum gehen, mit
eigenen Inhalten bestehende Texte so zu
ergänzen, dass der Leser einen zusätzli-
chen Nutzen hat, länger auf dem Portal
verweilt und so die Leserbindung und
Leserzufriedenheit gesteigert werden.
„Es ist erstaunlich, wie gut es bereits
gelingt, verschiedene Datenquellen al-
lein mit Hilfe semantischer Technolo-
gien zu verbinden“, sagt Sascha Adam,
Leiter Produktmanagement und Social
Media, Axel Springer SE. Die Herausfor-
derung werde sein, die Qualität der The-
menerkennungsicherzustellenunddem
Nutzer nur relevante Zusatzinformatio-
nen anzuzeigen. „Bei aller Automatisie-
rung behält der Redakteur die inhaltli-
che Hoheit. Er entscheidet, welche Quel-
len hinzugezogen werden“, erläutert Ya-
san Budak, Beratungs-Chef der Firma
Vico Research & Consulting, mit der
Axel Springer seine Machbarkeitsstudie
gemeinsam durchgeführt hat. Bisher
wurde nur getestet. Eine ganz entschei-
dende Erkenntnis habe man bereits aus
der Studie gezogen: „Es wird weiterhin
derMenschsein,derdieautomatisierten
Ergebnisse in einen Kontext bringt und
die Qualität der Ergebnisse sicherstellt“,
sagtAdam.AlsNächstessollengeeignete
Rollen und Prozesse definiert und wirt-
schaftlich etabliert werden.
„In den meisten Verlagsredaktionen,
insbesondere unter den Online-Redak-
Sascha Adam (l., Axel Springer) und
Yasan Budak (Vico) testeten die
automatische Inhaltegenerierung
kressreport 10.14 vom 30. Mai 2014 23
digital 23
teuren, ist Big Data aktuell ein Thema“,
sagt Alexander Kahlmann, Partner beim
Hamburger Beratungsunternehmen
Schickler. Wie viel Geld Verlagshäuser
heutzutage in datenbasierte Technolo-
gien investieren, hängt in erster Linie da-
von ab, wie stark Kernsysteme wie Con-
tent Management oder Redaktionsar-
chiv betroffen sind. Kleine webbasierte
Lösungen lassen sich laut Kahlmann
schon mit einem fünftstelligen Budget-
rahmen umsetzen. Sollen datenbasierte
Lösungen in die Kernsysteme integriert
werden oder müssen Kernsysteme sogar
neu aufgesetzt werden, muss dem Bera-
ter zufolge mit Investitionen im sechs-
oder siebenstelligen Euro-Bereich ge-
rechnet werden.
Aber wohl kaum ein Medienhaus dürf-
te sich dieser Entwicklung entziehen
können. Schon lange gibt es einen Trend
zu individuellen Informationen. Auch
gewöhnen sich Leser zunehmend an
Empfehlungen und auf sie zugeschnitte-
ne Inhalte. „Diese Entwicklung wird vom
Leser getrieben“, sagt Kahlmann. Jedes
Verlagshaus müsse sich damit auseinan-
dersetzen.
Semantisch und analytisch
Um vorhandene journalistische Inhalte
automatisiert miteinander zu verknüp-
fen, gelten zwei Möglichkeiten als be-
sonders vielversprechend: zum einen
die semantische Textanalyse und zum
anderen das automatische Analysieren
von Lese- und Surfverhalten.
Bei einer semantischen Textanalyse
identifiziert eine Software im digitalen
Artikel Schlüsselwörter und schließt auf
ihre Bedeutung. „Mit semantisch er-
zeugten Empfehlungen kann ein Text
immer dort verwertet werden, wo er in-
haltlich relevant ist“, erläutert Johannes
Sommer, Geschäftsführer von Retresco.
Die Technologie des Berliner Dienstleis-
ters ist neben datenbasierten Empfeh-
lungen sogar in der Lage, aus den indi-
ziertenInhalteneinesMedienhausesau-
tomatisiert komplette Themenseiten zu
generieren. Motivation dafür können
aus Verlagssicht sowohl der geballte Le-
sernutzen als auch eine bessere Inhalte-
Vermarktung sein.
Grundsätzlich zielen semantisch ba-
sierte Empfehlungen darauf ab, den Le-
sern mehr themennahe Informationen
zu liefern, ihnen eine weitere Suche im
Web zu ersparen und sie länger bei einer
Medienmarke zu halten. Positiver Ne-
beneffekt: Ein Artikel verschwindet nicht
nach zwei Tagen im Redaktionsarchiv.
Eine längere Verweildauer und zusätzli-
che Seitenaufrufe pro Nutzer wirken sich
ebenfalls positiv auf die Vermarktbarkeit
eines Internet-Auftrittes aus.
Ein anderer datenbasierter Ansatz ist
die automatische Analyse des Online-
Leseverhaltens. Hier greift das „Prinzip
Amazon“. „Lesen zwei Nutzer den glei-
chen journalistischen Artikel, ist es sehr
wahrscheinlich,dassihnenunterschied-
liche Zusatzinformationen angeboten
werden, da sie verschiedene Interessen
haben“, erläutert Jana Kusick, Managing
Director Sales & Cooperations bei plista,
einem Berliner Anbieter zielgerichteter
digitaler Werbung. Ort, Uhrzeit und be-
nutzte Sprache des Online-Lesers wer-
den in solche Analysen ebenso einbezo-
gen wie Interessen oder zuvor gelesene
Artikel. So können beispielsweise einem
Leser, der häufig freitagabends Sport-
nachrichten liest, am Freitagabend auch
inderPolitik-RubrikautomatisiertSport-
News empfohlen werden. Das Tracking
des Leseverhaltens erfolgt anonym, mit
Hilfe so genannter Cookies. Dies sind
kleine Textdateien, die im Internet-
browser des Users gespeichert werden.
Semantische Analysen und Leserin-
formationen werden in der Praxis auch
gern kombiniert. So kann bei einer se-
mantisch basierten Empfehlung zum
Beispiel berücksichtigt werden, wie viele
Artikel dieser Nutzer üblicherweise auf
dem Portal liest oder ob ihn eher Videos
oder Statistiken interessieren. Manche
Lösungen unterbreiten sogar Themen-
vorschläge:SiescannendasWebinEcht-
zeit nach Themen, für die sich eine be-
stimmte Zielgruppe aktuell interessiert
und stellen diese Informationen den Re-
dakteuren zur Verfügung.
„Die Technologien für thematische
Empfehlungen haben sich in den ver-
gangenen zwei Jahren rasant verbessert“,
sagt Kahlmann. Die Analysen sind heute
genauer, Empfehlungen passender. Hin-
zu kommt: Je länger Verlage mit diesen
Instrumenten arbeiten, desto besser
werden sie. Denn je größer die Daten-
menge ist, umso detaillierter lassen sich
Zusammenhänge erkennen und Rück-
schlüsse ziehen.
Noch nicht im Alltag verankert
Viele Verlage bauen solche Technolo-
gien jetzt auf, sammeln erste Erfahrun-
gen. Es wird viel getestet. „Meist läuft die
Technik voran und der Mensch hinter-
her“, sagt Kahlmann. Auch hätten man-
che Medienhäuser datenbasierte Tech-
nologien zwar bereits eingeführt, im Re-
daktionsalltag angekommen seien bis-
her aber nur wenige. Er schätzt, dass nur
zehnbis20%derRedakteuredievorhan-
denen technologischen Möglichkeiten
tatsächlich nutzen. Der Grund: Oft fehle
schlicht das Konzept, auch würden sie
nicht ausreichend auf den neuen Syste-
men geschult. Strukturen und Arbeits-
weisen blieben meist unverändert. „Pro-
zessewiedieContent-Erstellungmüssen
angepasst werden, sonst verpuffen die
Investitionen“, warnt Kahlmann.
Für die Leser birgt eine Daten-Strate-
gie sogar weitere Potenziale. So könnten
Big-Data-Auswertungen künftig bereits
bei der Kreation neuer, leserfreundlicher
Digital-Produkte helfen. „Datenanaly-
sen sollten Produktentwicklungen der
Verlage begleiten. Dort schlummert gro-
ßes Potenzial“, sagt Timm Peters, Chair-
man der Digital Analytics Group DAG –
einem Verein, der sich mit Fragen digita-
ler Analysen beschäftigt. Insbesondere
dieser frühe Abschnitt digitaler Wert-
schöpfungsketten werde bisher sträflich
vernachlässigt. Karsten Zunke
Jana Kusick ist Director Sales & Corpora-
tions bei plista, Timm Peters spricht als
Chairman für den Verein DAG
Unternehmensberater Alexander Kahl-
mann (l., Schickler) und Technologie-
Experte Johannes Sommer (Retresco) ©Retresco
©RobertWunsch

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Interview kressreport 10.2014

  • 1. 22 kressreport 10.14 vom 30. Mai 2014 22 digital PROZESS DER ANREICHERUNG* SowerdenInhalteaufgewertet * Machbarkeitsstudie Axel Springer/Vico Quelle:Vico Research & Consultung GmbH 2014 Artikel aus i Kiosk Entitäten Extraktion Semantic- Web-Abgleich Texte im iKiosk sind angereichert Einbindung in Texte Management der Inhalte BIG DATA Darf’s ein bisschen mehr sein? Um ihre Inhalte im Internet besser aufzubereiten und zu vernetzen, investieren Medienhäuser zunehmend in technologiebasierte Dienste L„Dieser Artikel könnte Sie interes- sieren.“ Mit Empfehlungen wie diesen, versuchen Medienmarken, Leser auf ihren Internet-Portalen zu halten und ihnen inhaltlichen Mehrwert zu lie- fern. Zum Text passende Videos, ergän- zende Statistiken oder der Verweis auf verwandte Themen sollen das digitale Lese-Erlebnis verbessern. Inhaltliche Vorschläge funktionieren dabei nicht nur innerhalb einer Website. Über Querverweise können sie auch für Synergien zwischen Medienmarken un- tereinander sorgen oder digitale Produk- te aufwerten. Dafür werden intensiv neue Technologien getestet; Daten spie- len immer öfter eine Rolle. Die Axel Springer SE arbeitet derzeit an verschiedenen Ansätzen, das Modell des digitalen Kiosks weiterzuentwickeln. In einer Machbarkeitsstudie hat das Un- ternehmen kürzlich untersucht, inwie- weit der iKiosk unter Einsatz moderner Technologien und mit vertretbarem Auf- wand Zusatzdienste anbieten kann. Dabei wurden Texte aus der ePaper- Download-Plattform mit einer Themen- Erkennungs-Technologie analysiert. Passend zum aufgerufenen Text konnten automatisch ergänzende Inhalte aus ver- schiedenen Quellen wie Wissensdaten- banken angezeigt werden, beispielswei- se Statistiken, Informationen zu im Text genannten Personen, Orten oder auch Unternehmen. Die Informationsquellen wurden nur für die Teststudie genutzt. Später könnte es u.a. darum gehen, mit eigenen Inhalten bestehende Texte so zu ergänzen, dass der Leser einen zusätzli- chen Nutzen hat, länger auf dem Portal verweilt und so die Leserbindung und Leserzufriedenheit gesteigert werden. „Es ist erstaunlich, wie gut es bereits gelingt, verschiedene Datenquellen al- lein mit Hilfe semantischer Technolo- gien zu verbinden“, sagt Sascha Adam, Leiter Produktmanagement und Social Media, Axel Springer SE. Die Herausfor- derung werde sein, die Qualität der The- menerkennungsicherzustellenunddem Nutzer nur relevante Zusatzinformatio- nen anzuzeigen. „Bei aller Automatisie- rung behält der Redakteur die inhaltli- che Hoheit. Er entscheidet, welche Quel- len hinzugezogen werden“, erläutert Ya- san Budak, Beratungs-Chef der Firma Vico Research & Consulting, mit der Axel Springer seine Machbarkeitsstudie gemeinsam durchgeführt hat. Bisher wurde nur getestet. Eine ganz entschei- dende Erkenntnis habe man bereits aus der Studie gezogen: „Es wird weiterhin derMenschsein,derdieautomatisierten Ergebnisse in einen Kontext bringt und die Qualität der Ergebnisse sicherstellt“, sagtAdam.AlsNächstessollengeeignete Rollen und Prozesse definiert und wirt- schaftlich etabliert werden. „In den meisten Verlagsredaktionen, insbesondere unter den Online-Redak- Sascha Adam (l., Axel Springer) und Yasan Budak (Vico) testeten die automatische Inhaltegenerierung
  • 2. kressreport 10.14 vom 30. Mai 2014 23 digital 23 teuren, ist Big Data aktuell ein Thema“, sagt Alexander Kahlmann, Partner beim Hamburger Beratungsunternehmen Schickler. Wie viel Geld Verlagshäuser heutzutage in datenbasierte Technolo- gien investieren, hängt in erster Linie da- von ab, wie stark Kernsysteme wie Con- tent Management oder Redaktionsar- chiv betroffen sind. Kleine webbasierte Lösungen lassen sich laut Kahlmann schon mit einem fünftstelligen Budget- rahmen umsetzen. Sollen datenbasierte Lösungen in die Kernsysteme integriert werden oder müssen Kernsysteme sogar neu aufgesetzt werden, muss dem Bera- ter zufolge mit Investitionen im sechs- oder siebenstelligen Euro-Bereich ge- rechnet werden. Aber wohl kaum ein Medienhaus dürf- te sich dieser Entwicklung entziehen können. Schon lange gibt es einen Trend zu individuellen Informationen. Auch gewöhnen sich Leser zunehmend an Empfehlungen und auf sie zugeschnitte- ne Inhalte. „Diese Entwicklung wird vom Leser getrieben“, sagt Kahlmann. Jedes Verlagshaus müsse sich damit auseinan- dersetzen. Semantisch und analytisch Um vorhandene journalistische Inhalte automatisiert miteinander zu verknüp- fen, gelten zwei Möglichkeiten als be- sonders vielversprechend: zum einen die semantische Textanalyse und zum anderen das automatische Analysieren von Lese- und Surfverhalten. Bei einer semantischen Textanalyse identifiziert eine Software im digitalen Artikel Schlüsselwörter und schließt auf ihre Bedeutung. „Mit semantisch er- zeugten Empfehlungen kann ein Text immer dort verwertet werden, wo er in- haltlich relevant ist“, erläutert Johannes Sommer, Geschäftsführer von Retresco. Die Technologie des Berliner Dienstleis- ters ist neben datenbasierten Empfeh- lungen sogar in der Lage, aus den indi- ziertenInhalteneinesMedienhausesau- tomatisiert komplette Themenseiten zu generieren. Motivation dafür können aus Verlagssicht sowohl der geballte Le- sernutzen als auch eine bessere Inhalte- Vermarktung sein. Grundsätzlich zielen semantisch ba- sierte Empfehlungen darauf ab, den Le- sern mehr themennahe Informationen zu liefern, ihnen eine weitere Suche im Web zu ersparen und sie länger bei einer Medienmarke zu halten. Positiver Ne- beneffekt: Ein Artikel verschwindet nicht nach zwei Tagen im Redaktionsarchiv. Eine längere Verweildauer und zusätzli- che Seitenaufrufe pro Nutzer wirken sich ebenfalls positiv auf die Vermarktbarkeit eines Internet-Auftrittes aus. Ein anderer datenbasierter Ansatz ist die automatische Analyse des Online- Leseverhaltens. Hier greift das „Prinzip Amazon“. „Lesen zwei Nutzer den glei- chen journalistischen Artikel, ist es sehr wahrscheinlich,dassihnenunterschied- liche Zusatzinformationen angeboten werden, da sie verschiedene Interessen haben“, erläutert Jana Kusick, Managing Director Sales & Cooperations bei plista, einem Berliner Anbieter zielgerichteter digitaler Werbung. Ort, Uhrzeit und be- nutzte Sprache des Online-Lesers wer- den in solche Analysen ebenso einbezo- gen wie Interessen oder zuvor gelesene Artikel. So können beispielsweise einem Leser, der häufig freitagabends Sport- nachrichten liest, am Freitagabend auch inderPolitik-RubrikautomatisiertSport- News empfohlen werden. Das Tracking des Leseverhaltens erfolgt anonym, mit Hilfe so genannter Cookies. Dies sind kleine Textdateien, die im Internet- browser des Users gespeichert werden. Semantische Analysen und Leserin- formationen werden in der Praxis auch gern kombiniert. So kann bei einer se- mantisch basierten Empfehlung zum Beispiel berücksichtigt werden, wie viele Artikel dieser Nutzer üblicherweise auf dem Portal liest oder ob ihn eher Videos oder Statistiken interessieren. Manche Lösungen unterbreiten sogar Themen- vorschläge:SiescannendasWebinEcht- zeit nach Themen, für die sich eine be- stimmte Zielgruppe aktuell interessiert und stellen diese Informationen den Re- dakteuren zur Verfügung. „Die Technologien für thematische Empfehlungen haben sich in den ver- gangenen zwei Jahren rasant verbessert“, sagt Kahlmann. Die Analysen sind heute genauer, Empfehlungen passender. Hin- zu kommt: Je länger Verlage mit diesen Instrumenten arbeiten, desto besser werden sie. Denn je größer die Daten- menge ist, umso detaillierter lassen sich Zusammenhänge erkennen und Rück- schlüsse ziehen. Noch nicht im Alltag verankert Viele Verlage bauen solche Technolo- gien jetzt auf, sammeln erste Erfahrun- gen. Es wird viel getestet. „Meist läuft die Technik voran und der Mensch hinter- her“, sagt Kahlmann. Auch hätten man- che Medienhäuser datenbasierte Tech- nologien zwar bereits eingeführt, im Re- daktionsalltag angekommen seien bis- her aber nur wenige. Er schätzt, dass nur zehnbis20%derRedakteuredievorhan- denen technologischen Möglichkeiten tatsächlich nutzen. Der Grund: Oft fehle schlicht das Konzept, auch würden sie nicht ausreichend auf den neuen Syste- men geschult. Strukturen und Arbeits- weisen blieben meist unverändert. „Pro- zessewiedieContent-Erstellungmüssen angepasst werden, sonst verpuffen die Investitionen“, warnt Kahlmann. Für die Leser birgt eine Daten-Strate- gie sogar weitere Potenziale. So könnten Big-Data-Auswertungen künftig bereits bei der Kreation neuer, leserfreundlicher Digital-Produkte helfen. „Datenanaly- sen sollten Produktentwicklungen der Verlage begleiten. Dort schlummert gro- ßes Potenzial“, sagt Timm Peters, Chair- man der Digital Analytics Group DAG – einem Verein, der sich mit Fragen digita- ler Analysen beschäftigt. Insbesondere dieser frühe Abschnitt digitaler Wert- schöpfungsketten werde bisher sträflich vernachlässigt. Karsten Zunke Jana Kusick ist Director Sales & Corpora- tions bei plista, Timm Peters spricht als Chairman für den Verein DAG Unternehmensberater Alexander Kahl- mann (l., Schickler) und Technologie- Experte Johannes Sommer (Retresco) ©Retresco ©RobertWunsch