„Du bist gewaltig bey Frommans gelobt worden.“ Ein Wissenschaftsverlag zwischen Slow Publishing und Wissenschaft 2.0
Holger Epp
„Du bist gewaltig bey Frommans gelobt worden.“ – Die Geschichte des Verlags
„Wissenschaftsgeschichte zum Anfassen“ – Das Programm des Verlags
Digital Humanities: Wie verändert die digitale Revolution das Verlagsprofil?
Datenbanken: Kritische Editionen als Bausteine eines ‚Semantic Web‘
Open Access: Gemeinsamer Neubeginn oder Enteignung der Wissenschaftsverlage?
„Lost in translation“? – Ein Wissenschaftsverlag zwischen Slow Publishing und Wissenschaft 2.0
„Du bist gewaltig bey Frommans gelobt worden.“ Ein Wissenschaftsverlag zwischen Slow Publishing und Wissenschaft 2.0
1. „Du bist gewaltig bey Frommans
gelobt worden.“
Ein Wissenschaftsverlag zwischen
Slow Publishing und Wissenschaft 2.0
Holger Epp, Lektor
frommann-holzboog Verlag e.K.
König-Karl-Straße 27
70372 Stuttgart (Bad Cannstatt)
E-Mail: lektorat@frommann-holzboog.de
privater Blog: zeilentiger.wordpress.com
Twitter: @zeilentiger
2. Gliederung
1. „Du bist gewaltig bey Frommans gelobt worden.“ – Die Geschichte
des Verlags
2. „Wissenschaftsgeschichte zum Anfassen“ – Das Programm des Verlags
3. Digital Humanities: Wie verändert die digitale Revolution das
Verlagsprofil?
4. Datenbanken: Kritische Editionen als Bausteine eines ‚Semantic Web‘
5. Open Access: Gemeinsamer Neubeginn oder Enteignung der
Wissenschaftsverlage?
6. „Lost in translation“? – Ein Wissenschaftsverlag zwischen
Slow Publishing und Wissenschaft 2.0
3. Das Profil in Kürze
• Wir sind ein wissenschaftlicher Fachverlag mit
den Schwerpunkten Philosophie,
Psychoanalyse, Theologie und den
angrenzenden Wissenschaften. Der Verlag ist
wirtschaftlich eigenständig und beschäftigt
zehn Mitarbeiter. Lieferbar sind derzeit ca.
1000 Titel, jährlich kommen etwa 30 neue
Titel hinzu.
4. 1. „Du bist gewaltig bey Frommans
gelobt worden.“
Die Geschichte des Verlags
5. Alles begann mit einem Waisenhaus ...
• 1727 in Züllichau
(heute Sulechów in
Polen) Gründung eines
Waisenhaus mit
angeschlossener
Druckerei. Gottlob
Benjamin Frommann
als ‚Geschäftsführer‘
der Buchhandlung
• Abb. aus „Wissenschaftsgeschichte zum Anfassen. Von
Frommann bis Holzboog“, Stuttgart-Bad Cannstatt 2002, S.
30.
6. Jena: Im Salon des Verlegers
• 1798 Umzug nach Jena
und gesellschaftlicher
Mittelpunkt der Stadt:
Besuch von Goethe, Jean
Paul, Ludwig Tieck, den
Gebrüdern Schlegel,
Herder, Fichte, Hegel,
Schelling, Schopenhauer,
Wilhelm und Alexander
von Humboldt und den
Gebrüdern Grimm …
• Abb. aus „Wissenschaftsgeschichte zum Anfassen. Von Frommann
bis Holzboog“, Stuttgart-Bad Cannstatt 2002, S. 113.
7. Stuttgart – Umbrüche und Tiefpunkt
• 1886 Verkauf aus dem Besitz der Familie
Frommann und Verlegung nach Stuttgart
• In den folgenden Jahrzehnten mehrere
Besitzerwechsel
• 1943 bei Luftangriff ausgebrannt
8. Bad Cannstatt
• 1955 von Günther
Holzboog erworben,
inzwischen in zweiter
Generation (Eckhart
Holzboog)
• Heute einer der
angesehensten
deutschen
Wissenschaftsverlage
für kritische Editionen
10. ‚Slow-Publishing‘
• Jahrzehntelange Projekte (oft an Akademien
der Wissenschaften)
• Komplexe bis hochkomplexe Texte
• Kleinauflagen in hochwertiger Ausstattung
• Eigene Verlagsauslieferung weltweit v.a. an
Bibliotheken
• Jahrzehntelange Lieferbarkeit
11. Melanchthon Briefwechsel
• Beispielseite 1 einer
historisch-kritischen
Edition, aus:
Melanchthon, Philipp:
Briefwechsel. T=Edition.
Band T 14: Texte 3780-
4109 (1545). Bearbeitet
von Matthias Dall'Asta,
Heidi Hein und Christine
Mundhenk. 2013.
12. Schelling, Akademie-Ausgabe
• Beispiel 2, aus:
Schelling, Friedrich
Wilhelm Joseph:
Historisch-kritische
Ausgabe. Reihe II:
Nachlaß. Band 4: Frühe
theologische Arbeiten
1792–1793.
Herausgegeben von
Christian Buro und
Klaus Grotsch. 2013.
14. Wie verändert die digitale Revolution
das Verlagsprofil?
• Lexikographische Printwerke obsolet oder verlangen
elektronische Form (Datenbank)
• Reprint-Ausgaben weitgehend obsolet
• Monographien, Sammelbände und kleine Editionen
bieten wir parallel als PDF an
• Für Zeitschriften suchen wir – ‚Versuch und Irrtum‘ –
noch nach Wegen digitaler Vermarktung
16. Editionen als Datenbanken
• Vorteile: Verwaltung komplexer Systeme, Zugriff weltweit,
Visualisierung mehrerer Varianten, Vernetzung mit anderen
Plattformen und Datenbanken, erlaubt Ergänzungen und
Verbesserungen sowie Mitarbeit einer Community …
• Nachteile: Wir brauchen alle Daten (auch Altbestände) in
einem medienneutralen und damit möglichst
zukunftssicheren Format (XML), intensiver Aufwand an
Kodierungen (TEI-DTD), Datenbankverwaltungssystem,
Problem der Nachhaltigkeit (inhaltliche Redaktion,
technische Überführung in neue Formate, Hosting …) u.v.m.
• Wir brauchen Partner für solche Entwicklungen, die
Akademien sind aber unter dem Druck der Open Access-
Politik schwer zu überzeugen
17. Van Gogh Letters
• http://vangoghletters.org/vg/ = Beispiel für
eine recht gelungene, vielseitige
Datenbanklösung einer historisch-kritischen
Briefeausgabe, von öffentlichen Geldern in
den Niederlanden finanziert und open access
im Netz. Von der Darstellung wäre das eine
Orientierung für unsere Editionen – nur
natürlich als zu vermarktendes Produkt.
19. Rechtliche und politische Fragen
• Entschiedene Open Access-Agenda von
Wissenschaftsorganisationen und der Politik
• Tendenz zu einer „völligen Enteignung der
Verlage“ (Rechtsurteile zu § 52a und § 52b
UrhG; „Zweitveröffentlichungsrecht“)
20. 6. „Lost in translation“?
Ein Wissenschaftsverlag zwischen
Slow Publishing und Wissenschaft 2.0
21. Thesen
• Unser Ziel: Hybridlösungen = Fortführung des
Slow Publishing von hochwertigen
Printausgaben mit paralleler elektronischer
Ausgabe, insbesondere Datenbanklösungen
• Unsere Herausforderung: Gelingt uns die
Übersetzung in ein neues Zeitalter – oder
scheitern wir an dieser Klippe und
verschwinden wie die Dinosaurier?