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chon während Annette Döringer, 26, an
der Fachhochschule Reutlingen Textil-
technologie und -management studierte,
meldete sie sich beim Business-Netzwerk Xing an
und abonnierte Unternehmens-News. So erfuhr sie,
dass der Textilhersteller und Autozulieferer Röko-
na in Tübingen einen Projektmanager Automotive
suchte. Personalchefin Melanie Müller gehörte zu den
Xing-Kontakten der Studentin. Das wirkte als Türöff-
ner. „Die Hemmschwelle, über soziale Medien Kon-
takt aufzunehmen, ist niedriger als bei einer schrift-
lichen Bewerbung“, meint Döringer. Sie fragte die
Personalchefin, ob ihre Bewerbung überhaupt eine
Chance hätte – schließlich könne sie nicht, wie in der
Ausschreibung verlangt, Berufserfahrung vorweisen.
Diese Offenheit kam gut an: „Es sollten sich viel mehr
Bewerber trauen, die sozialen Netzwerke zu nutzen,
um sich über offene Positionen in einem Unterneh-
men zu erkundigen“, sagt Müller. Sie forderte die Stu-
dentin auf, ihre Bewerbung online einzureichen.
Online schlägt Papier – das ist längst Alltag bei der
Jobsuche. Via Internet bewerben sich Praktikanten
und Berufseinsteiger nicht nur professioneller und
schneller, sondern auch kostengünstiger: keine Map-
pe, kein Papier, kein Porto. Obendrein landet die Be-
werbung per Mausklick direkt im richtigen Postfach
im Unternehmen. Doch in der digitalen Welt lauern
Text: Iris Quirin  Illustrationen: Roman Klonek
Unternehmen rekrutieren Praktikanten und Nachwuchskräfte
zunehmend über das Internet. Umso wichtiger ist es für
Bewerber, sich in sozialen Medien von der besten Seite zu zeigen.
Und möglichst keine negativen Spuren zu hinterlassen.
f wie Fettnäpfchen
S
Handelsblatt Karriere Fair Company Guide 2015
08
Titel
09
Titel
Annette Döringer,
Projektmanagerin bei
Rökona, hat sich vor Abga-
be ihrer Bewerbungsunter-
lagen mit der Personalche-
fin ihres Arbeitgebers auf
Xing ausgetauscht.
neue Fallstricke. Ein schlampig angelegtes Profil in
einem sozialen Netzwerk schadet mehr, als dass es
nützt. Jugendsünden wie peinliche Fotos holen Be-
werber Jahre später noch ein.
Ein Klick zum Job
Die meisten deutschen Unternehmen verlangen aus-
drücklich digitale Bewerbungen, die sie bequem in
ihre IT-Prozesse einpflegen können. Nach der Un-
tersuchung „Recruiting Trends 2015“ des Jobportals
Monster schreiben die 1.000 größten deutschen Un-
ternehmen sieben von zehn Vakanzen in Internet-Stel-
lenbörsen aus, drei von zehn offenen Stellen werden
in sozialen Netzwerken veröffentlicht. Die „Adecco
Global Study 2014“ des Personaldienstleisters Adec-
co misst den Social Media noch größere Bedeutung
bei: Demnach platzieren 42 Prozent der Unternehmen
ihre Stellenanzeigen in diesem Kanal, 41 Prozent er-
halten Bewerbungen retour. Manchmal ist der Job nur
einen Klick entfernt. André Meister, 22, entdeckte auf
Facebook eine Praktikantenstelle bei Swabr, einem
Berliner Anbieter von Echtzeitkommunikationslösun-
gen für Unternehmen. Ein Link lotste den Soziologie-
studenten direkt zum Bewerbungsformular. Seit März
2015 arbeitet Meister im Marketing von Swabr.
Bewerben ist heute keine Einbahnstraße mehr – oft
wagen Personaler den ersten Schritt. Nach der Adec-
co-Studie sprechen mehr als ein Drittel der Unter-
nehmen passive Bewerber direkt in sozialen Medien
an. Die Hamburger Handels- und Dienstleistungs-
gruppe Otto hat dafür ein „Active Sourcing Team“
ins Leben gerufen. Von dort erhielt Nick Wübbena,
29, im Sommer 2014 auf Xing eine Anfrage, ob er sich
für die vakante Stelle als „Online-Kampagnenmana-
ger Suchmaschinenmarketing“ interessiere. Das tat
er. „Es ist wichtig, dass man für Unternehmen auf-
findbar wird und diese wissen, welchen Hintergrund
man hat“, findet Wübbena. Er hatte bereits während
seines Bachelor-Wirtschaftsstudiums in Irland ein
Xing-Profil angelegt.
„Man muss
schon etwas
von sich
preisgeben.“
Christopher Gräfen,
Berater bei BDO
Christopher Gräfen,
Berater bei BDO, hat vor
der Bewerbungsphase
gründlich im Internet
recherchiert – über sich
selbst. Sein digitaler Fuß-
abdruck ist nun makellos.
10
Titel
Handelsblatt Karriere Fair Company Guide 2015
Fotos:HermannWoratsch,privat
Nick Wübbena
erhielt sein Jobange-
bot über das Netzwerk
Xing. Dort hatte ihn das
Active-Sourcing-Team der
Otto-Gruppe aufgespürt.
Mit Buzzwords punkten
Ob Xing oder LinkedIn: Ein gutes Profil weist keine
Lücken auf. Auch wer noch keinen Abschluss und we-
nig Berufserfahrung hat, kann glänzen. „Praktisch je-
der Student hat eine spannende Geschichte zu erzäh-
len. Keiner sollte sich scheuen, Nebenjobs, Praktika
oder Werkstudententätigkeiten zu beschreiben“, rät
Patrick Alberts von Xing. Personalprofis durchforsten
die Netzwerke mithilfe von Suchmaschinen, weshalb
Jobsucher Schlüsselbegriffe in ihr Profil einbauen
sollten. „Dazu gehören unbedingt fachliche Buzz-
words wie ‚Lean Management’ oder ‚Kaizen’“, sagt
Karin Hohn, Geschäftsführerin der Social-Recrui-
ting-Agentur Job Ambition in Stuttgart. Je höher das
Job-Profil in den Suchmaschinen landet, desto mehr
„Traffic“ ziehen Bewerber auf sich. Links zu weiteren
Profilen und Websites sorgen für zusätzliche Auf-
merksamkeit.
Gewisse Umgangsformen gelten auch in Social Media.
Rechtschreib- und Grammatikfehler entwerten das
beste Profil. Distanzlose oder gar beleidigende Kom-
mentare gehen gar nicht, Themen wie Politik oder
Religion führen leicht aufs Glatteis. Jobsucher dürfen
aber auch nicht zu blass rüberkommen. Eine Kontakt-
anfrage wie: „Hallo, Sie haben ein interessantes Profil,
bitte fügen Sie mich hinzu“ öffnet keine Türen. „Man
muss schon etwas von sich preisgeben und mit Be-
dacht die Felder ‚Ich biete’ und ‚Ich suche’ ausfüllen“,
sagt Christopher Gräfen, 31. Seit Herbst 2014 ist der
Betriebswirt als Berater bei der Wirtschaftsprüfungs-
gesellschaft BDO in Hamburg beschäftigt. Bevor er
sich bewarb, hatte er seinen Namen gegoogelt. Einen
Treffer empfand er als unpassend, ein Privatfoto auf
Facebook. Das konnte Gräfen aus der „Öffentlichkeit“
verbannen, indem er seine Privatsphäre-Einstellun-
gen aktualisierte.
Zeitbombe im Netz
Dass Personaler aufwendig nach digitalen Spuren
von Berufseinsteigern forschen, hält Klaus Eck, Fach-
mann für Online-Reputation und Geschäftsführer der
Eck Consulting Group in Essen, für unwahrscheinlich
(siehe Interview). Wenn es aber um Führungspositio-
nen geht, ziehen Unternehmen alle Register. Sie nut-
zen spezielle Anwendungen, die fragwürdige Inhalte
aus dem Netz filtern. Diese greifen automatisch auf
alle Web-2.0-Inhalte zu und werten sie aus. Zuweilen
stoßen sie auf öffentliche Accounts, die vor Jahren
unter Klarnamen angelegt wurden und wie Zeitbom-
ben vor sich hin ticken. Im schlimmsten Fall erhält
der Bewerber erst gar keine Chance, sich persönlich
vorzustellen, weil die Software ihn schon wegen einer
Jugendsünde aussortiert hat.
Das Internet vergisst nichts, trotzdem beendet nicht
jede Peinlichkeit sofort die Karriere. „Arbeitsrechtlich
„Es ist wichtig, dass
man für Unternehmen
auffindbar wird.“
Nick Wübbena,
Online-Kampagnenmanager
bei der Otto-Gruppe
dürfen Informationen aus Social-Media-Plattformen
nur verwendet werden, wenn diese jedem zugäng-
lich sind und einen reinen beruflichen Bezug haben.
Informationen aus LinkedIn und Xing lassen sich da-
her eher verwerten als solche aus Facebook“, sagt
Thomas Schnell, Head of HR Consulting & Recruiting
der Haufe Gruppe in Freiburg. „Dennoch sollten die
Bewerber darauf achten, was sie ins Netz stellen.“
Denn auch wenn ein Personalmanager eventuell kein
Interesse an Nachforschungen haben sollte, so wer-
den vielleicht Führungskräfte, Kollegen oder Kunden
neugierig. Viel wichtiger als die privaten Aktivitäten im
Netz sind Schnell ein schlüssiger Lebenslauf, ein über-
zeugendes, kurzes Motivationsschreiben und ein guter
Auftritt im Vorstellungsgespräch. Auch Jens Schulte,
Leiter Personalmarketing und Rekrutierung beim Mün-
chener Elektronikkonzern Rohde & Schwarz, verlässt
sich lieber auf seine persönliche Einschätzung, statt
den Darstellungen in Social Media zu folgen. „Wenn
allerdings Bewerber auf ihr Xing- oder LinkedIn-Profil
verweisen, gehen wir darauf ein“, sagt er.
11
Titel
Foto:privat
Nach einer aktuellen repräsentativen Studie des
Branchenverbands Bitkom schaut sich jedes zwei-
te Unternehmen ab 50 Mitarbeitern die beruflichen
Netzwerke seiner Bewerber an. Sie suchen gezielt
nach deren fachlicher Qualifikation, Äußerungen zu
Fachthemen, dem Unternehmen und dessen Wett-
bewerbern. Jeder siebte Personalchef hat sich nach
Sichtung des Profils entschieden, den Bewerber nicht
zum Gespräch einzuladen. „Ein bewusst gepflegtes
Profil kann die Bewerbungsunterlagen ergänzen, die
eigenen Qualifikationen unterstreichen und das Bild
eines Kandidaten abrunden“, sagt Bitkom-Hauptge-
schäftsführer Bernhard Rohleder.
Einfacher als mit der Google-Suche geht der Kandi-
daten-Check künftig mit sogenannten Big-Data-Lö-
sungen. Experten sehen darin die nächste Innovation
in der Personalbeschaffung: Personaler lassen große
Datenmengen aus verschiedenen Quellen auswer-
ten, um Fachkräfte aus den sozialen Netzwerken zu
fischen oder um Personalbewegungen in Unterneh-
men zu verfolgen. Der „gläserne Mitarbeiter“ ist das
Schreckgespenst vieler Bewerber. Eine Studie von
Bitkom Research und LinkedIn zeigt, dass bereits
jedes elfte Unternehmen solche Big-Data-Lösungen
im Personalbereich anwendet. Jeder zweite der be-
fragten Personalverantwortlichen in rund 400 Unter-
nehmen gibt an, diese Lösungen wegen datenschutz-
rechtlicher Bestimmungen oder Sicherheitsbedenken
vorerst nicht zu nutzen. Mit den Daten aus sozialen
Netzwerken lassen sich nämlich Persönlichkeitsana-
lysen von Bewerbern erstellen, die ihre Leistungsfä-
higkeit im Job voraussagen. Hier lauert die Gefahr,
dass Bewerber, bei denen Hinweise auf körperliche
oder psychische Erkrankungen vorliegen, diskrimi-
niert werden – das wäre ein Verstoß gegen das Allge-
meine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Schnell starten: Profil schon
während des Studiums ein-
richten und sich mit Kommili-
tonen, Professoren und Kon-
takten aus Praktika, von
Karrieremessen und Unter-
nehmensbesuchen vernet-
zen. Kontaktanfragen zeitnah
nach dem persönlichen Tref-
fen rausschicken, dabei sau-
ber und wertschätzend for-
mulieren, Unternehmens-
News abonnieren.
Gut pflegen: Das Profil soll
immer aktuell, möglichst lü-
ckenlos, ausführlich und
prägnant sein. Den persönli-
chen Werdegang sowie Qua-
lifikationen in den Vorder-
grund stellen. Personaler
nehmen sich nur wenige Se-
kunden Zeit, um Profile zu
bewerten. Der erste Eindruck
zählt!
Flagge zeigen: Ein seriöses
Profilbild in guter Qualität
erhöht die Wahrscheinlich-
keit, dass eine Kontaktanfra-
ge angenommen wird, um
70 Prozent.
Breit aufstellen: Richtig inte-
ressant wird das Profil durch
Arbeitsproben in Form von
Bildern, Videos oder Links.
Ehrenamtliche Tätigkeiten
unbedingt aufführen.
Mehrere Kanäle bespielen:
Wer weitere Profile hat, ei-
nen Blog betreibt oder twit-
tert, kann auf diese Kanäle
verlinken.
Richtig netzwerken
Wer von Unternehmen in sozialen Netzwerken gefunden
und angesprochen werden will, muss ein aussagekräftiges
Profil erstellen. Tipps von Xing und LinkedIn:
Suchen und finden
Wofür nutzen Unternehmen Social Media?
... die Arbeitgebermarke zu stärken
Um ...
51,4 %
... Stellenanzeigen zu bewerben
41,9 %
... Bewerbungen zu erhalten
41 %
... Bewerber direkt anzusprechen
35,2 %
... Inhalte zu überprüfen, die Bewerber in
sozialen Netzwerken veröffentlichen
21 %
... das Netzwerk eines Bewerbers zu prüfen
14,3 %
... Angaben im Lebenslauf zu überprüfen
12,4 %
Quelle: Recruiting Trends 2015, Monster/CHRIS/Uni Bamberg
„Ein bewusst
gepflegtes Profil
kann die Bewer-
bungsunterlagen
ergänzen.“
Bernhard Rohleder,
Bitkom-Hauptgeschäftsführer
Handelsblatt Karriere Fair Company Guide 2015
12
Titel
Böser Kater
Volltrunken auf der Party oder nackt am Pool
– solche Bilder in Social Media können einen bösen Kater nach
sich ziehen und die Jobsuche torpedieren. Klaus Eck, Fachmann
für Online-Reputation und Geschäftsführer der Eck Consulting
Group, erläutert, wie sich der Ruf im Internet aufpolieren lässt.
Was raten Sie Berufseinsteigern, die beim Ego-Googeln
peinliche Fotos oder Statements von sich finden?
Man kann nicht immer nur Hochglanz bieten. Jeder, der in den sozialen
Netzwerken aktiv ist, muss damit rechnen, dass es auch kritische Din-
ge über ihn gibt. Das schärft eher die Glaubwürdigkeit, als dass es ei-
nem schadet. Fühlt sich jemand auf Fotos von ausgelassenen Partys
nicht gut getroffen, kann man denjenigen, der sie eingestellt hat, bit-
ten, sie herauszunehmen. Auf keinen Fall sollte man direkt mit einem
Anwalt drohen. Das kann für mehr Wirbel im Netz sorgen, als einem
lieb ist. Manchmal ist es sinnvoll, Dinge, die nicht auf der ersten Seite
der Trefferliste von Suchmaschinen stehen, einfach zu ignorieren.
Durchforsten Arbeitgeber tatsächlich das Netz nach
Informationen über Bewerber?
Warum sollte ein Arbeitgeber einen jungen Bewerber, der gute Un-
terlagen schickt, daran messen, wie er in der digitalen Öffentlichkeit
dasteht? Der Aufwand, den man dafür betreiben müsste, wäre auch
nicht verhältnismäßig. Das ist eher ein Thema bei Führungskräften.
Kann ich die Trefferlisten der Suchmaschinen beeinflussen?
Personaler schauen sich die Profile der Kandidaten in den Busi-
ness-Netzwerken an. Was in den Profilen auf Xing oder LinkedIn
steht, hat jeder selbst in der Hand und landet oft automatisch ganz
oben auf der Trefferliste von Suchmaschinen. Mit eigenen Fotos und
Veröffentlichungen wie Fachbeiträgen oder Kommentaren auf Blogs
kann jeder seine öffentliche Wahrnehmung beeinflussen.
Wie kann ich schon vor dem Berufseinstieg meinen
Ruf im Netz aufpolieren?
Wer mit dem normalen Menschenverstand agiert, macht keine gro-
ßen Fehler. Junge Menschen kennen sich heute sehr gut mit den sozi-
alen Netzwerken aus und wissen, wie sie die Privateinstellungen nut-
zen können. Der Trend geht sowieso dahin, dass sie sich privat eher
abgeschottet in ihren Gruppen über WhatsApp oder Snapshot orga-
nisieren. Damit sind sie nur in ihrer Gruppe sichtbar. Wer sich jedoch
viel engagiert, gut schreiben und mit Fotos umgehen kann, sollte sei-
ne Aktivitäten in den sozialen Medien für sich nutzen und sie aus-
drücklich in seinen Bewerbungen erwähnen.
Kann ich schlimme Patzer aus dem Netz entfernen
und was kostet das?
Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum sogenannten
„Recht des Vergessenwerdens“ muss Google unter bestimmten Be-
dingungen Links aus den Ergebnissen streichen. So sind sie wenigs-
tens in der Suchmaschine nicht mehr sichtbar. Dafür muss man einen
Antrag bei Google stellen, die Bearbeitung dauert einige Wochen. In
schlimmen Fällen, etwa bei der Verletzung von Persönlichkeitsrech-
ten, sollte man den Rat von Profis suchen und einen Rechtsanwalt
einschalten. Das geht kostenmäßig schnell in die tausend Euro. 
Interview
Und noch ein Trend setzt sich durch: die mobile Be-
werbung. Beim Online-Jobportal Indeed nutzen 80
Prozent der unter 25-Jährigen das Smartphone für
die Jobsuche. Fast die Hälfte der Unternehmen hat
ihre Karriere-Websites für den mobilen Zugriff auf-
gerüstet, heißt es in der Monster-Studie „Recruiting
Trends 2015“. Laut einer Umfrage von StepStone un-
ter 17.000 Fachkräften würden sich 80 Prozent von
ihnen gern per Smartphone bewerben.
Berufseinsteigerin Annette Döringer hatte ihre Be-
werbung bei Rökona in aller Ruhe zu Hause am
Computer geschrieben. „Am Smartphone passieren
schnell Tippfehler“, sagt sie. Ihre tadellose Online-Be-
werbung überzeugte. Seit Februar 2015 hat sie den
Arbeitsvertrag in der Tasche. 
„Es sollten sich viel
mehr Bewerber
trauen, die
sozialen Netzwerke
zu nutzen, um
sich über offene
Positionen zu
erkundigen.“
Melanie Müller,
Personalchefin bei Rökona
13
Titel
Foto:RaimundVerspohl,raimund-verspohl-portraits.com

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  • 1. chon während Annette Döringer, 26, an der Fachhochschule Reutlingen Textil- technologie und -management studierte, meldete sie sich beim Business-Netzwerk Xing an und abonnierte Unternehmens-News. So erfuhr sie, dass der Textilhersteller und Autozulieferer Röko- na in Tübingen einen Projektmanager Automotive suchte. Personalchefin Melanie Müller gehörte zu den Xing-Kontakten der Studentin. Das wirkte als Türöff- ner. „Die Hemmschwelle, über soziale Medien Kon- takt aufzunehmen, ist niedriger als bei einer schrift- lichen Bewerbung“, meint Döringer. Sie fragte die Personalchefin, ob ihre Bewerbung überhaupt eine Chance hätte – schließlich könne sie nicht, wie in der Ausschreibung verlangt, Berufserfahrung vorweisen. Diese Offenheit kam gut an: „Es sollten sich viel mehr Bewerber trauen, die sozialen Netzwerke zu nutzen, um sich über offene Positionen in einem Unterneh- men zu erkundigen“, sagt Müller. Sie forderte die Stu- dentin auf, ihre Bewerbung online einzureichen. Online schlägt Papier – das ist längst Alltag bei der Jobsuche. Via Internet bewerben sich Praktikanten und Berufseinsteiger nicht nur professioneller und schneller, sondern auch kostengünstiger: keine Map- pe, kein Papier, kein Porto. Obendrein landet die Be- werbung per Mausklick direkt im richtigen Postfach im Unternehmen. Doch in der digitalen Welt lauern Text: Iris Quirin  Illustrationen: Roman Klonek Unternehmen rekrutieren Praktikanten und Nachwuchskräfte zunehmend über das Internet. Umso wichtiger ist es für Bewerber, sich in sozialen Medien von der besten Seite zu zeigen. Und möglichst keine negativen Spuren zu hinterlassen. f wie Fettnäpfchen S Handelsblatt Karriere Fair Company Guide 2015 08 Titel
  • 3. Annette Döringer, Projektmanagerin bei Rökona, hat sich vor Abga- be ihrer Bewerbungsunter- lagen mit der Personalche- fin ihres Arbeitgebers auf Xing ausgetauscht. neue Fallstricke. Ein schlampig angelegtes Profil in einem sozialen Netzwerk schadet mehr, als dass es nützt. Jugendsünden wie peinliche Fotos holen Be- werber Jahre später noch ein. Ein Klick zum Job Die meisten deutschen Unternehmen verlangen aus- drücklich digitale Bewerbungen, die sie bequem in ihre IT-Prozesse einpflegen können. Nach der Un- tersuchung „Recruiting Trends 2015“ des Jobportals Monster schreiben die 1.000 größten deutschen Un- ternehmen sieben von zehn Vakanzen in Internet-Stel- lenbörsen aus, drei von zehn offenen Stellen werden in sozialen Netzwerken veröffentlicht. Die „Adecco Global Study 2014“ des Personaldienstleisters Adec- co misst den Social Media noch größere Bedeutung bei: Demnach platzieren 42 Prozent der Unternehmen ihre Stellenanzeigen in diesem Kanal, 41 Prozent er- halten Bewerbungen retour. Manchmal ist der Job nur einen Klick entfernt. André Meister, 22, entdeckte auf Facebook eine Praktikantenstelle bei Swabr, einem Berliner Anbieter von Echtzeitkommunikationslösun- gen für Unternehmen. Ein Link lotste den Soziologie- studenten direkt zum Bewerbungsformular. Seit März 2015 arbeitet Meister im Marketing von Swabr. Bewerben ist heute keine Einbahnstraße mehr – oft wagen Personaler den ersten Schritt. Nach der Adec- co-Studie sprechen mehr als ein Drittel der Unter- nehmen passive Bewerber direkt in sozialen Medien an. Die Hamburger Handels- und Dienstleistungs- gruppe Otto hat dafür ein „Active Sourcing Team“ ins Leben gerufen. Von dort erhielt Nick Wübbena, 29, im Sommer 2014 auf Xing eine Anfrage, ob er sich für die vakante Stelle als „Online-Kampagnenmana- ger Suchmaschinenmarketing“ interessiere. Das tat er. „Es ist wichtig, dass man für Unternehmen auf- findbar wird und diese wissen, welchen Hintergrund man hat“, findet Wübbena. Er hatte bereits während seines Bachelor-Wirtschaftsstudiums in Irland ein Xing-Profil angelegt. „Man muss schon etwas von sich preisgeben.“ Christopher Gräfen, Berater bei BDO Christopher Gräfen, Berater bei BDO, hat vor der Bewerbungsphase gründlich im Internet recherchiert – über sich selbst. Sein digitaler Fuß- abdruck ist nun makellos. 10 Titel Handelsblatt Karriere Fair Company Guide 2015 Fotos:HermannWoratsch,privat
  • 4. Nick Wübbena erhielt sein Jobange- bot über das Netzwerk Xing. Dort hatte ihn das Active-Sourcing-Team der Otto-Gruppe aufgespürt. Mit Buzzwords punkten Ob Xing oder LinkedIn: Ein gutes Profil weist keine Lücken auf. Auch wer noch keinen Abschluss und we- nig Berufserfahrung hat, kann glänzen. „Praktisch je- der Student hat eine spannende Geschichte zu erzäh- len. Keiner sollte sich scheuen, Nebenjobs, Praktika oder Werkstudententätigkeiten zu beschreiben“, rät Patrick Alberts von Xing. Personalprofis durchforsten die Netzwerke mithilfe von Suchmaschinen, weshalb Jobsucher Schlüsselbegriffe in ihr Profil einbauen sollten. „Dazu gehören unbedingt fachliche Buzz- words wie ‚Lean Management’ oder ‚Kaizen’“, sagt Karin Hohn, Geschäftsführerin der Social-Recrui- ting-Agentur Job Ambition in Stuttgart. Je höher das Job-Profil in den Suchmaschinen landet, desto mehr „Traffic“ ziehen Bewerber auf sich. Links zu weiteren Profilen und Websites sorgen für zusätzliche Auf- merksamkeit. Gewisse Umgangsformen gelten auch in Social Media. Rechtschreib- und Grammatikfehler entwerten das beste Profil. Distanzlose oder gar beleidigende Kom- mentare gehen gar nicht, Themen wie Politik oder Religion führen leicht aufs Glatteis. Jobsucher dürfen aber auch nicht zu blass rüberkommen. Eine Kontakt- anfrage wie: „Hallo, Sie haben ein interessantes Profil, bitte fügen Sie mich hinzu“ öffnet keine Türen. „Man muss schon etwas von sich preisgeben und mit Be- dacht die Felder ‚Ich biete’ und ‚Ich suche’ ausfüllen“, sagt Christopher Gräfen, 31. Seit Herbst 2014 ist der Betriebswirt als Berater bei der Wirtschaftsprüfungs- gesellschaft BDO in Hamburg beschäftigt. Bevor er sich bewarb, hatte er seinen Namen gegoogelt. Einen Treffer empfand er als unpassend, ein Privatfoto auf Facebook. Das konnte Gräfen aus der „Öffentlichkeit“ verbannen, indem er seine Privatsphäre-Einstellun- gen aktualisierte. Zeitbombe im Netz Dass Personaler aufwendig nach digitalen Spuren von Berufseinsteigern forschen, hält Klaus Eck, Fach- mann für Online-Reputation und Geschäftsführer der Eck Consulting Group in Essen, für unwahrscheinlich (siehe Interview). Wenn es aber um Führungspositio- nen geht, ziehen Unternehmen alle Register. Sie nut- zen spezielle Anwendungen, die fragwürdige Inhalte aus dem Netz filtern. Diese greifen automatisch auf alle Web-2.0-Inhalte zu und werten sie aus. Zuweilen stoßen sie auf öffentliche Accounts, die vor Jahren unter Klarnamen angelegt wurden und wie Zeitbom- ben vor sich hin ticken. Im schlimmsten Fall erhält der Bewerber erst gar keine Chance, sich persönlich vorzustellen, weil die Software ihn schon wegen einer Jugendsünde aussortiert hat. Das Internet vergisst nichts, trotzdem beendet nicht jede Peinlichkeit sofort die Karriere. „Arbeitsrechtlich „Es ist wichtig, dass man für Unternehmen auffindbar wird.“ Nick Wübbena, Online-Kampagnenmanager bei der Otto-Gruppe dürfen Informationen aus Social-Media-Plattformen nur verwendet werden, wenn diese jedem zugäng- lich sind und einen reinen beruflichen Bezug haben. Informationen aus LinkedIn und Xing lassen sich da- her eher verwerten als solche aus Facebook“, sagt Thomas Schnell, Head of HR Consulting & Recruiting der Haufe Gruppe in Freiburg. „Dennoch sollten die Bewerber darauf achten, was sie ins Netz stellen.“ Denn auch wenn ein Personalmanager eventuell kein Interesse an Nachforschungen haben sollte, so wer- den vielleicht Führungskräfte, Kollegen oder Kunden neugierig. Viel wichtiger als die privaten Aktivitäten im Netz sind Schnell ein schlüssiger Lebenslauf, ein über- zeugendes, kurzes Motivationsschreiben und ein guter Auftritt im Vorstellungsgespräch. Auch Jens Schulte, Leiter Personalmarketing und Rekrutierung beim Mün- chener Elektronikkonzern Rohde & Schwarz, verlässt sich lieber auf seine persönliche Einschätzung, statt den Darstellungen in Social Media zu folgen. „Wenn allerdings Bewerber auf ihr Xing- oder LinkedIn-Profil verweisen, gehen wir darauf ein“, sagt er. 11 Titel Foto:privat
  • 5. Nach einer aktuellen repräsentativen Studie des Branchenverbands Bitkom schaut sich jedes zwei- te Unternehmen ab 50 Mitarbeitern die beruflichen Netzwerke seiner Bewerber an. Sie suchen gezielt nach deren fachlicher Qualifikation, Äußerungen zu Fachthemen, dem Unternehmen und dessen Wett- bewerbern. Jeder siebte Personalchef hat sich nach Sichtung des Profils entschieden, den Bewerber nicht zum Gespräch einzuladen. „Ein bewusst gepflegtes Profil kann die Bewerbungsunterlagen ergänzen, die eigenen Qualifikationen unterstreichen und das Bild eines Kandidaten abrunden“, sagt Bitkom-Hauptge- schäftsführer Bernhard Rohleder. Einfacher als mit der Google-Suche geht der Kandi- daten-Check künftig mit sogenannten Big-Data-Lö- sungen. Experten sehen darin die nächste Innovation in der Personalbeschaffung: Personaler lassen große Datenmengen aus verschiedenen Quellen auswer- ten, um Fachkräfte aus den sozialen Netzwerken zu fischen oder um Personalbewegungen in Unterneh- men zu verfolgen. Der „gläserne Mitarbeiter“ ist das Schreckgespenst vieler Bewerber. Eine Studie von Bitkom Research und LinkedIn zeigt, dass bereits jedes elfte Unternehmen solche Big-Data-Lösungen im Personalbereich anwendet. Jeder zweite der be- fragten Personalverantwortlichen in rund 400 Unter- nehmen gibt an, diese Lösungen wegen datenschutz- rechtlicher Bestimmungen oder Sicherheitsbedenken vorerst nicht zu nutzen. Mit den Daten aus sozialen Netzwerken lassen sich nämlich Persönlichkeitsana- lysen von Bewerbern erstellen, die ihre Leistungsfä- higkeit im Job voraussagen. Hier lauert die Gefahr, dass Bewerber, bei denen Hinweise auf körperliche oder psychische Erkrankungen vorliegen, diskrimi- niert werden – das wäre ein Verstoß gegen das Allge- meine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Schnell starten: Profil schon während des Studiums ein- richten und sich mit Kommili- tonen, Professoren und Kon- takten aus Praktika, von Karrieremessen und Unter- nehmensbesuchen vernet- zen. Kontaktanfragen zeitnah nach dem persönlichen Tref- fen rausschicken, dabei sau- ber und wertschätzend for- mulieren, Unternehmens- News abonnieren. Gut pflegen: Das Profil soll immer aktuell, möglichst lü- ckenlos, ausführlich und prägnant sein. Den persönli- chen Werdegang sowie Qua- lifikationen in den Vorder- grund stellen. Personaler nehmen sich nur wenige Se- kunden Zeit, um Profile zu bewerten. Der erste Eindruck zählt! Flagge zeigen: Ein seriöses Profilbild in guter Qualität erhöht die Wahrscheinlich- keit, dass eine Kontaktanfra- ge angenommen wird, um 70 Prozent. Breit aufstellen: Richtig inte- ressant wird das Profil durch Arbeitsproben in Form von Bildern, Videos oder Links. Ehrenamtliche Tätigkeiten unbedingt aufführen. Mehrere Kanäle bespielen: Wer weitere Profile hat, ei- nen Blog betreibt oder twit- tert, kann auf diese Kanäle verlinken. Richtig netzwerken Wer von Unternehmen in sozialen Netzwerken gefunden und angesprochen werden will, muss ein aussagekräftiges Profil erstellen. Tipps von Xing und LinkedIn: Suchen und finden Wofür nutzen Unternehmen Social Media? ... die Arbeitgebermarke zu stärken Um ... 51,4 % ... Stellenanzeigen zu bewerben 41,9 % ... Bewerbungen zu erhalten 41 % ... Bewerber direkt anzusprechen 35,2 % ... Inhalte zu überprüfen, die Bewerber in sozialen Netzwerken veröffentlichen 21 % ... das Netzwerk eines Bewerbers zu prüfen 14,3 % ... Angaben im Lebenslauf zu überprüfen 12,4 % Quelle: Recruiting Trends 2015, Monster/CHRIS/Uni Bamberg „Ein bewusst gepflegtes Profil kann die Bewer- bungsunterlagen ergänzen.“ Bernhard Rohleder, Bitkom-Hauptgeschäftsführer Handelsblatt Karriere Fair Company Guide 2015 12 Titel
  • 6. Böser Kater Volltrunken auf der Party oder nackt am Pool – solche Bilder in Social Media können einen bösen Kater nach sich ziehen und die Jobsuche torpedieren. Klaus Eck, Fachmann für Online-Reputation und Geschäftsführer der Eck Consulting Group, erläutert, wie sich der Ruf im Internet aufpolieren lässt. Was raten Sie Berufseinsteigern, die beim Ego-Googeln peinliche Fotos oder Statements von sich finden? Man kann nicht immer nur Hochglanz bieten. Jeder, der in den sozialen Netzwerken aktiv ist, muss damit rechnen, dass es auch kritische Din- ge über ihn gibt. Das schärft eher die Glaubwürdigkeit, als dass es ei- nem schadet. Fühlt sich jemand auf Fotos von ausgelassenen Partys nicht gut getroffen, kann man denjenigen, der sie eingestellt hat, bit- ten, sie herauszunehmen. Auf keinen Fall sollte man direkt mit einem Anwalt drohen. Das kann für mehr Wirbel im Netz sorgen, als einem lieb ist. Manchmal ist es sinnvoll, Dinge, die nicht auf der ersten Seite der Trefferliste von Suchmaschinen stehen, einfach zu ignorieren. Durchforsten Arbeitgeber tatsächlich das Netz nach Informationen über Bewerber? Warum sollte ein Arbeitgeber einen jungen Bewerber, der gute Un- terlagen schickt, daran messen, wie er in der digitalen Öffentlichkeit dasteht? Der Aufwand, den man dafür betreiben müsste, wäre auch nicht verhältnismäßig. Das ist eher ein Thema bei Führungskräften. Kann ich die Trefferlisten der Suchmaschinen beeinflussen? Personaler schauen sich die Profile der Kandidaten in den Busi- ness-Netzwerken an. Was in den Profilen auf Xing oder LinkedIn steht, hat jeder selbst in der Hand und landet oft automatisch ganz oben auf der Trefferliste von Suchmaschinen. Mit eigenen Fotos und Veröffentlichungen wie Fachbeiträgen oder Kommentaren auf Blogs kann jeder seine öffentliche Wahrnehmung beeinflussen. Wie kann ich schon vor dem Berufseinstieg meinen Ruf im Netz aufpolieren? Wer mit dem normalen Menschenverstand agiert, macht keine gro- ßen Fehler. Junge Menschen kennen sich heute sehr gut mit den sozi- alen Netzwerken aus und wissen, wie sie die Privateinstellungen nut- zen können. Der Trend geht sowieso dahin, dass sie sich privat eher abgeschottet in ihren Gruppen über WhatsApp oder Snapshot orga- nisieren. Damit sind sie nur in ihrer Gruppe sichtbar. Wer sich jedoch viel engagiert, gut schreiben und mit Fotos umgehen kann, sollte sei- ne Aktivitäten in den sozialen Medien für sich nutzen und sie aus- drücklich in seinen Bewerbungen erwähnen. Kann ich schlimme Patzer aus dem Netz entfernen und was kostet das? Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum sogenannten „Recht des Vergessenwerdens“ muss Google unter bestimmten Be- dingungen Links aus den Ergebnissen streichen. So sind sie wenigs- tens in der Suchmaschine nicht mehr sichtbar. Dafür muss man einen Antrag bei Google stellen, die Bearbeitung dauert einige Wochen. In schlimmen Fällen, etwa bei der Verletzung von Persönlichkeitsrech- ten, sollte man den Rat von Profis suchen und einen Rechtsanwalt einschalten. Das geht kostenmäßig schnell in die tausend Euro.  Interview Und noch ein Trend setzt sich durch: die mobile Be- werbung. Beim Online-Jobportal Indeed nutzen 80 Prozent der unter 25-Jährigen das Smartphone für die Jobsuche. Fast die Hälfte der Unternehmen hat ihre Karriere-Websites für den mobilen Zugriff auf- gerüstet, heißt es in der Monster-Studie „Recruiting Trends 2015“. Laut einer Umfrage von StepStone un- ter 17.000 Fachkräften würden sich 80 Prozent von ihnen gern per Smartphone bewerben. Berufseinsteigerin Annette Döringer hatte ihre Be- werbung bei Rökona in aller Ruhe zu Hause am Computer geschrieben. „Am Smartphone passieren schnell Tippfehler“, sagt sie. Ihre tadellose Online-Be- werbung überzeugte. Seit Februar 2015 hat sie den Arbeitsvertrag in der Tasche.  „Es sollten sich viel mehr Bewerber trauen, die sozialen Netzwerke zu nutzen, um sich über offene Positionen zu erkundigen.“ Melanie Müller, Personalchefin bei Rökona 13 Titel Foto:RaimundVerspohl,raimund-verspohl-portraits.com