In der kapazitierten Produktionsplanung tritt im Bereich der Werkstattproduktion regelmäßig das Problem der Losgrößenplanung auf. Diese deterministische Planung wird in der Praxis häufig um Lagerhaltungspolitiken ergänzt, die in der Lage sind bspw. stochastische Bedarfe zu berücksichtigen, um einen gegebenen Servicegrad zu erfüllen. Es wird ein Ansatz vorgestellt, wie ein Simulationsmodell auf Basis der Simulationssoftware Arena implementiert und wie zur Unterstützung der Simulation ein externer Solver eingebunden werden kann.
Fertigungs-Optimierung - MES-Lösung für Kennzahlenanalyse und Prozessüberwachung
Modellierung eines integrierten Produktion-Lager-Knotens
1. HERPERS, Sascha; SCHULZ, Thomas: Modellierung eines integrierten Produktion-Lager-Knotens.
In: WENZEL, Sigrid [Hrsg]: Simulation in Produktion und Logistik 2006, Tagungsband zur
12. Fachtagung. Erlangen : SCS Publishing House, 2006, S. 73-82.
Modellierung eines integrierten
Produktion-Lager-Knotens
Sascha Herpers* Thomas Schulz**
Universität zu Köln Rockwell Automation
herpers@wiso.uni-koeln.de tschulz@ra.rockwell.com
Zusammenfassung
In der kapazitierten Produktionsplanung tritt im Bereich der Werkstattproduktion regelmäßig
das Problem der Losgrößenplanung auf. Diese deterministische Planung wird in der Praxis
häufig um Lagerhaltungspolitiken ergänzt, die in der Lage sind bspw. stochastische Bedarfe
zu berücksichtigen, um einen gegebenen Servicegrad zu erfüllen. Betrachtet ein Unterneh-
men beide Aspekte integrativ, handelt es sich um einen Produktion-Lager-Knoten. Der Bei-
trag beschreibt die relevanten Eigenschaften der betrachteten Planungssituation. Es wird
ein Ansatz vorgestellt, wie ein Simulationsmodell auf Basis der Simulationssoftware Arena
implementiert und wie zur Unterstützung der Simulation ein externer Solver eingebunden
werden kann.
1 Motivation
In der kapazitierten Produktionsplanung tritt im Bereich der Werkstattproduktion regelmäßig
das Problem der Losgrößenplanung auf (vgl. [Tem05b]). Gegenstand ist die Festlegung von
Produktionszeitpunkten und den dann zu produzierenden Mengeneinheiten der Produkte
auf allen Stufen des Fertigungsprozesses, sodass alle Bedarfe vollständig und rechtzeitig
erfüllt und die gegebenen Kapazitätsbeschränkungen eingehalten werden. Da jede Losauf-
lage mit Rüstkosten und -zeiten verbunden ist, versucht der Planer durch Vorziehen von
Periodenbedarfen die Anzahl der Rüstvorgänge zu reduzieren. Im Zuge dessen verursacht
die Produktion von Gütern vor ihrem eigentlichen Bedarfszeitpunkt den Aufbau von Lager-
beständen und den damit verbundenen Lagerkosten. Diese Wechselwirkung von Rüst- und
Lagerkosten führt zu einem Optimierungsproblem, bei dem die Losgrößen so zu fixieren
sind, dass die gesamten, damit verbundenen Kosten minimal werden.
In der lagerorientierten Produktion für den anonymen Massenmarkt basieren die Perioden-
bedarfe für die herzustellenden Endprodukte oder selbständig absatzfähigen Zwischenpro-
dukte auf Prognosen zukünftiger Bedarfe. Diese u. U. dynamischen Bedarfe werden in der
Planung als mit Sicherheit bekannt, d.h. als deterministisch angenommen. Dies trifft auch
auf alle anderen in der Losgrößenplanung berücksichtigten Größen zu. Produktionsstörun-
gen und zufällige Abweichungen der Bedarfsmengen bleiben unbeachtet. Da in der Realität
jedoch stochastische Einflussgrößen wirksam sind, müssen Vorkehrungen getroffen wer-
den, um diese Einflüsse zu berücksichtigen (vgl. [Tem05a]).
In den theoretischen Planungskonzepten und auch in der betrieblichen Praxis wird deshalb
(u. a.) am Ende der Produktion ein stochastisches Bestandsmanagement betrieben. Aufga-
be ist hier die Festlegung und Auffüllung von Sicherheitsbeständen, um die regulär geplan-
*
Seminar für SCM und Produktion, Universität zu Köln, Albertus Magnus Platz, 50923 Köln
**
Rockwell Automation, Bublitzer Str. 32, 40599 Düsseldorf
2. ten Abläufe vor stochastischen Einflüssen zu schützen. Dies ermöglicht es dann, gegen-
über dem Abnehmer der Erzeugnisse einen vorher festgelegten Servicegrad zu garantie-
ren. Betrachtet ein Unternehmen beide Aspekte integrativ, handelt es sich um einen Pro-
duktion-Lager-Knoten. Hier werden Losgrößenpläne derart aufgestellt, dass die Bedarfe un-
ter Berücksichtigung bestehender Kapazitäten gemäß einem vorgegebenen Servicegrad er-
füllt werden können.
Der Tagungsbeitrag beschreibt zunächst die relevanten Eigenschaften eines solchen
Supply Chain Knotens. Hierzu zählen z.B. die Struktur der Nachfragen sowie relevante Ser-
vicegrade. Anschließend wird die Modellierung des Knotens auf konzeptioneller Ebene
vorgestellt. Dies betrifft vor allen die Modellierung der Zeitachse und die damit verbundene
Abfolge der Ereignisse innerhalb einer Periode. Es folgt eine Beschreibung der technischen
Implementierung im Rahmen der Simmulationssoftware Arena (Rockwell Software). Dies
beinhaltet neben der Beschreibung der Prozesse auch Hinweise darauf, wie externe Solver
in die Simulation integriert werden können. Somit wird insgesamt gezeigt, wie praxisrele-
vante Aspekte im Rahmen von Simulationsstudien modelliert und im Hinblick auf die Gene-
rierung von Problemlösungen implementiert werden können.
2 Literaturüberblick
In den vergangenen Jahren sind einige Beiträge veröffentlicht worden, die sich mit integrier-
ten Produktion-Lager-Knoten bzw. allgemeiner mit stochastischer Losgrößenplanung be-
schäftigen. De Bodt und van Wassenhove (vgl. [DBvW83]) untersuchen den Einfluss von
Prognosefehlern auf die Gesamtkosten und die Erhöhung der geplanten Anzahl an Bestel-
lungen, wenn die Stochastik ignoriert und mit den bekannten deterministischen Methoden
geplant wird. Zur Begrenzung dieser negativen Effekte werden Sicherheitsbestände
eingeführt. Wemmerlöv und Whybark (vgl. [WW84]) untersuchen vor diesem Hintergrund 14
verschiedene Lösungsansätze und überprüfen deren Leistungsfähigkeit mittels Simulation.
Wie de Bodt und van Wassenhove setzen sie Sicherheitsbestände ein, um sich gegen die
Prognosefehler abzusichern (vgl. auch [CH84], [JJ100]). Einen anderen Ansatz verfolgen
Bookbinder und Tan (vgl. [BT88]). Die Nachfrage wird hier als Zufallsvariable mit bekannter
Verteilungsfunktion modelliert. Sie stellen ein Modell vor, dass die Zeitpunkte der Lagerauf-
füllung und anschließend zu fordernde Ziellagerbestände im Hinblick auf einen -
Servicegrad, d.h. der Wahrscheinlichkeit, dass die Periodennachfrage kleiner oder gleich
dem physischen Bestand zu Beginn einer Periode ist, optimiert. Somit werden hier nicht die
Produktionsmengen festgelegt, sondern sie ergeben sich zum Zeitpunkt der Lagerauffüllung
aus den Nachfragemengen seit dem jeweils letzen Lagerzugangszeitpunkt. Tarim und
Kingsman (vgl. [TK04]) entwickeln diesen Ansatz weiter, indem sie die beiden Variablen
(Lagerzugangszeitpunkt und Lagerzielbestand) simultan bestimmen.
Während die genannten Ansätze sich lediglich auf den Ein-Produkt-Fall ohne Kapazitäten
beziehen, lösen Bitran und Yanasse (vgl. [BY84]) stochastische dynamische Losgrößen-
probleme, bei denen die verfügbare Kapazität beschränkt ist. Sie approximieren die sto-
chastische Nachfrage in einem deterministische Ersatzmodell, dass sie so lösen, dass ein
gegebener -Servicegrad (siehe unten) eingehalten werden kann (vgl. auch [RS90]). Fujiwa-
ra und Khang (vgl. fujiwara93a) formulieren ein stochastisches Netzwerkflussproblem, bei
dem die Flüsse über die Kanten den Produktionsmengen entsprechen. Sie fordern eben-
falls die Einhaltung eines -Servicegrades.
Für den Fall mit nur einem Produkt findet sich eine Vielzahl weiterer exakter oder heuristi-
scher Ansätze, die sich hauptsächlich in der Modellierung der Stochastik bzw. in dem ver-
folgten Servicegraden unterscheiden. Bezogen auf die mehrstufige, kapazitierte Mehrpro-
duktlosgrößenplanung lassen sich aber nur wenige Ansätze finden. In dem oben bereits
erwähnten Artikel von Bitran und Yanasse (vgl. [BY84] dekomponieren die Autoren das
Problem in mehrere unabhängige Einproduktprobleme und aggregieren die einzeln berech-
neten, produktspezifischen Servicegrade zu einem Gesamtservicegrad.
3. 3 Problemformulierung
Alle vorgenannten Autoren betrachten das Problem jedoch aus der Perspektive einer iso-
lierten Produktionsstätte. Einflüsse von außen werden nur über die stochastische Nachfra-
ge abgebildet. Dabei wird unterstellt, dass die Nachfragen einer Periode unabhängig von
der Nachfrage der vorhergehenden Periode sind. Diese Annahme ist gerechfertigt, wenn
eine große Anzahl Nachfrager existiert, deren Nachfrageströme sich überlagern. Dies ist
aber nicht immer der Fall. Im Rahmen dieses Beitrags soll deshalb eine Situation, wie in
Abbildung 1 betrachtet werden.
An verschiedenen Standorten werden hier regionale Auslieferungsläger (RAL) betrieben.
Jedes regionale Auslieferungslager ist für die Deckung der Bedarfe einer Menge von End-
kunden (EK) verantwortlich, die verschiedene Produkte nachfragen. Diese Endkundennach-
fragen unterliegen verschiedenen Verteilungsannahmen. So können sie bspw. normal-,
gamma- oder empirisch diskretverteilt sein, wobei davon ausgegangen wird, dass die Pa-
rameter der Verteilungen bekannt sind. Zur Sicherung der produktspezifischen Servicegra-
de betreibt jedes Regionallager eine individuell angepasste Lagerhaltungspolitik (bspw. wie
hier dargestellt eine (s,q)-Politik, vgl. [SPP98]).
Allgemein ist ein Servicegrad ein Leistungskriterium für die Lieferfähigkeit eines Lagers.
Beispiele hierfür sind (vgl. z.B. [TEM05a, WCF05]):
• -Servicegrad: gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass ein eintreffender
Bedarf
Abbildung 1: Ausschnitt aus einer Supply Chain
vollständig aus dem bei seinem Eintreffen vorhanden physischen Lagerbe-
stand gedeckt werden kann.
• -Servicegrad: gibt den Anteil der Gesamtnachfrage an, der ohne eine lager-
bedingte Lieferzeit sofort aus dem Lager gedeckt werden kann.
• Lieferzeit-Kriterium: gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte
Lieferzeit zu erwarten ist.
• time-window fulfillment rate: gibt den Anteil der Nachfrage an, der vor Ablauf
einer festgelegte Anzahl von Perioden vollständig gedeckt werden kann.
Die Lagerauffüllung des RAL wird durch Bestellaufträge ausgelöst, die an ein zentrales
Auslieferungslager (ZAL) gerichtet sind. Letzteres agiert rein passiv auf eingehende Bestel-
lungen. Es löst weder eigene Bestellungen aus, noch werden zukünftige Bedarfe antizipiert.
Stattdessen wird das Zentrallager durch die Produktion des vorgelagerten Produktionsbe-
triebs (P) aufgefüllt.
4. Der Produktionsbetrieb stellt hierzu Produktionspläne auf, die so gestaltet sein müssen,
dass die regionalen Auslieferungsläger die an sie gerichteten Endkundennachfragen ge-
mäß den Servicegradbedingungen befriedigen können. Dabei ist zu beachten, dass für die
Produktion nur eine beschränkte Kapazität zur Verfügung steht. Zur Generierung der Pro-
duktionspläne stehen die über alle Regionallager für ein bestimmtes Produkt aggregierten
Endkundennachfragen zur Verfügung. Zusätzlich gehen die damit verbundenen Prognose-
fehler als empirisch beobachtete stochastische Verteilungen mit in die Planung ein. Die im
Planungszeitraum evtl. auftretenden Sonderaktionen (z.B. eine Werbekampagne für ein be-
stimmtes Produkt) sind im Voraus bekannt. Deren Auswirkung auf die Nachfrage kann da-
bei als deterministisch angesehen werden.
Abbildung 2: Modellierung der Zeitachse
Für die Analyse und Modellierung dieser Situation ist die Art der Zeitachse von entschei-
dender Bedeutung. Sie legt sowohl Annahmen über Überwachungs- und Planungsintervalle
in den Knoten der Supply Chain als auch die zeitliche Struktur der Ereignisse fest (vgl. Ab-
bildung 2). Es wird davon ausgegangen, das am Anfang einer Periode die neuen Kunden-
nachfragen (in aggregierter Form je Produkt) eintreffen. Wurden in vorhergehenden Perio-
den Bestellungen (im Falle des Produktionsknotens z.B. für Vorprodukte) ausgelöst, deren
Liefermengen in der betrachteten Periode eintreffen, dann werden diese Lagerzugänge als
nächstes vermerkt. Anschließend findet eine weitere Lagerauffüllung durch die
Produktion statt. (Dieses Ereignis entfällt bei reinen Lagerknoten.) Am Ende der Periode
werden schließlich aufgrund mangelnder Lieferfähigkeit zurückgestellte Nachfragen sowie
aktuelle Periodennachfragen befriedigt.
Ziel des Simulationsmodells ist es, für das oben beschriebene Planungsproblem einen Aus-
schnitt einer Supply Chain zu modellieren. Dabei sind u. U. mehrere Produktion-Lager-
Knoten, reine Lager-Knoten und Endkunden-Knoten zu implementieren. Als Ergebnis der
Simulation erhält der Planer statistische Auswertung über physische Lagerbestände, Fehl-
mengen, Wartezeitverteilungen und Servicegrade sowie Auslastungen der kapazitierten
Ressourcen. Mit Hilfe dieser Kenngrößen lässt sich nicht nur die Konfiguration der Supply
Chain (monetär) bewerten, sondern auch die zuweilen komplexen wechselseitigen Bezie-
hungen der Supply Chain Knoten analysieren. Hierdurch lassen sich z.B. Fragen klären,
wie sich die physischen Lagerbestände zwischen den Knoten verschieben, wenn Zielservi-
cegrade innerhalb der Lieferkette verändert werden.
5. 4 Technische Umsetzung
Es sollte nun ein Simulationsmodell entwickelt werden, das in der Lage ist, die oben ge-
nannten Problemeigenschaften (diskrete Zeitachse, verschiedene Nachfrageverteilungen,
unterschiedliche Servicegrade, unterschiedliche Typen von Supply Chain Knoten) zu mo-
dellieren. Um die Wiederverwendbarkeit des Modells zu gewährleisten sollte die Simulation
so modular aufgebaut werden, dass die einzelnen Module beliebig miteinander kombiniert
werden können. So sind auch Problemstellungen modellierbar, die über die in Abbildung 1
gezeigte Situation hinausgehen und größere Ausschnitte der Supply Chain simulieren. Die
Modularität stellt darüber hinaus sicher, dass das Simulationsmodell ggf. um weitere Kom-
ponenten leicht erweitert werden kann. Nicht zuletzt war es auch wichtig, externe Software
(z.B. kommerzielle Optimierungssoftware oder eigenentwickelte Applikationen) als Pla-
nungswerkzeuge in die Simulation zu integrieren.
Zur Auswahl standen verschiedene am Markt verfügbare Standard-
Simulationsanwendungen, die auf ihre Eignung für die Umsetzung des Modells geprüft
wurden. Die Wahl fiel letztlich auf Arena (Version 10.0, Rockwell Software, vgl. z.B. [bla00],
[DSB01], [KSS04], [TH05]).
Dabei handelt es sich um ein Simulationswerkzeug, dass – wie es mittlerweile Standard ist
– mit graphischer Benutzeroberfläche ausgestattet ist (vgl. z.B. Durch einfaches Ziehen und
Ablegen kann der Nutzer selbst komplexe Modelle leicht zusammenstellen, indem er Modu-
le, die bestimmte Teilprozesse realisieren, einfach in das bestehende Modell hineinzieht
und mit anderen Modulen verbindet. Zusätzlich bietet Arena die Möglichkeit, eigene Module
durch Aggregation bestehender Module zu erstellen. Somit können häufig verwendete Teil-
prozesse in einer eigenen Modulbibliothek (ein so genanntes Template) abgelegt und spä-
ter
leichter wieder verwendet werden. Die Modellierung der diskreten Zeitachse und die Ein-
bindung externer Software soll nun einen beispielhaften Einblick in die Umsetzung des Mo-
dells als Template geben.
Um, wie in Abschnitt 3 beschrieben, zeitdiskrete Systeme abzubilden, muss einerseits ein
Taktgeber implementiert werden, der am Anfang eines Ereignisses ein Signal sendet. An-
dererseits muss der Rest des Modells so erweitert werden, dass Entitäten auf die entspre-
chenden Ereignissignale warten, bevor der jeweilige Prozess fortgesetzt werden kann.
Für die Erzeugung von Ereignissignalen stellt Arena das Modul Signal (Advanced Process
Template) bereit. Als Parameter (Signal Value) wird ein Ausdruck angegeben, der das Er-
eignis repräsentiert. Dies kann entweder eine Zahl oder ein über das Datenmodul Expressi-
ons angelegter Ausdruck sein. Läuft eine Entität durch das Signal-Modul wird das Ereignis
ausgelöst. Damit andere Bereiche des Modells darauf reagieren können, müssen an den
entsprechenden Stellen Hold-Module (Advanced Process Template) eingefügt werden. Die-
se Module können so eingestellt werden, dass Entitäten solange aufgehalten werden, bis
ein bestimmter Wert von einem Signal-Modul gesendet wird. Hierfür muss der Parameter
Type auf Wait for Signal eingestellt werden. Der Parameter Wait for Value muss dann den
gleichen Ausdruck enthalten, der im zugehörigen Signal-Modul verwendet wurde. Am An-
fang einer Periode (d.h. technisch gesehen in festen zeitlichen Abständen) werden für jeden
Prozess (z.B. Liefereingang, Bestellausgang usw.) Entitäten erzeugt und zu dem jeweiligen
Hold-Modul weitergeleitet, das den Anfang eines Modellausschnittes markiert. Eine am An-
fang der Simulation erzeugte Entität sendet dann in regelmäßigen Abständen die entspre-
chende Signale, wodurch die wartenden Entitäten die jeweiligen Prozessschritte ausführen.
Zu diesen Prozessschritten zählt auch die Planung der Produktionsmengen und -Zeit-
punkte. Diese werden nicht als Parameter der Simulation vorgegeben, sondern dynamisch
in Abhängigkeit des bisherigen Simulationsverlaufes durch externe Software festgelegt.
Somit können auch beliebig langfristig angelegte Beobachtungen des Modellverhaltens
durchgeführt werden. Arena bietet hierfür u.A. die Möglichkeit VBA-Code (Visual Basic for
Applications) in die Modelle oder eigenentwickelten Templates zu integrieren. Hierzu muss
an geeigneter Stelle ein VBA-Block (Block Template) eingefügt werden. Immer dann, wenn
6. eine Entität auf einen solchen Block trifft, wird der mit ihr verbundene VBA-Code ausge-
führt. Abbildung 3 zeigt ein stark vereinfachtes Beispiel.
Abbildung 3: VBA-Code Beispiel
Für das Simulationsmodell wurde ein eigener Solver geschrieben, der die Produktionspläne
auf Basis eines Losgrößenmodells berechnet, dass um stochastische Nachfragen und Ser-
vicegradrestriktionen erweitert wurde. In Zeile 5 wird der Solver mit Hilfe des VBA-Befehls
CreateObject instantiiert. Arena verwaltet alle Variablen und Attribute über Symbolnum-
mern. Um die Eigenschaften und Rahmenbedingungen des aktuellen Planungslaufes aus-
zulesen, muss zunächst die Symbolnummer aller relevanten Variablen ermittelt werden
(Zeile 8). Danach wird der Wert der betreffenden Variablen ausgelesen und an den Solver
übergeben (Zeile 8 und 9, Zeile 11 steht für weitere, hier ausgelassene Initialisierungsschrit-
te). In Zeile 12 wird der Solver angewiesen, den Plan zu erstellen. Analog zur Initialisierung
werden nun die ermittelten Plandaten aus dem Solver ausgelesen und an das Modell über-
geben (Zeile 13--17). Anstelle des eigens hierfür entwickelten Solvers können auf ähnliche
Weise auch Standardsolver wie bspw. CPLEX (ILOG) integriert werden, die über eine ver-
gleichbare Schnittstelle verfügen.
Die einzelnen implementierten Module sind der folgenden Tabelle zu entnehmen:
Modul Kurzbeschreibung
Demand Das Demand-Modul repräsentiert den Endkunden, der ein bestimmtes
Produkt nachfragt. Die Nachfrage kann über eine Liste von Ausdrücken
pro Periode definiert werden. Wurde für eine bestimmte Periode kein
Ausdruck angegeben, wird automatisch der Nachfrageausdruck der Peri-
ode mit dem nächst kleineren Index verwendet. Alternativ können histo-
risch beobachtete Nachfragedaten aus einer Datei eingelesen werden.
Production- Dieses Modul ist optional. Es handelt sich um ein Datenmodul, das nur in
plan den Fällen zum Einsatz kommt, in denen die Produktionspläne nicht
automatisch durch den externen Solver erstellt werden. Dann kann mit
Hilfe dieses Moduls ein manueller Plan (Produktionsmenge pro Produkt
und Periode) hinterlegt werden. Auch diese Daten können statisch direkt
im Modell hinterlegt oder während der Simulation aus einer Datei ausge-
lesen werden.
Clock Hierbei handelt es sich um ein Pflichtmodul, dass in jedem Modell vor-
handen sein muss. Clock implementiert die oben beschriebene diskrete
Zeitachse und dient somit als Taktgeber für alle anderen Module.
7. Modul Kurzbeschreibung
PPS Das PPS-Modul kümmert sich um die Produktionssteuerung. Es erzeugt
in regelmäßigen Abständen Produktionsaufträge für die Produktion-
Lager-Knoten (Modul PINode, siehe unten). In diesem Modul werden
auch Informationen über Nachfrageprognose, Prognosefehlerverteilun-
gen und die verfügbaren Ressourcen mit ihren Eigenschaften hinterlegt.
Hier wird auch festgelegt, wie geplant werden soll, d.h. mit welchen Pla-
nungshorizonten oder Plantypen (Anschlussplanung, rollierende Pla-
nung) zu planen ist.
Lager Zur Abbildung der Lagerknoten wird das Lager-Modul verwendet. Hier
werden verschiedene in der Literatur übliche Lagerhaltungspolitiken imp-
lementiert. Die hierfür benötigten Parameter können entsprechend der
gewählten Politik eingegeben werden. Das Lager erzeugt auch Auswer-
tungen über die oben beschriebenen Leistungskennzahlen.
Product- Dieses Modul verwaltet die in der Simulation modellierten Produkte.
list
PINode Mit dem Modul PINode wird ein Produktion-Lager-Knoten abgebildet. Er
verwaltet mehrere an dem betrachteten Standort produzierte Produkte
und – falls erforderlich – ihre mehrstufige Erzeugnisstruktur. Zusätzlich
können wichtige Eigenschaften wie die Art der Lieferung (vollständige
Lieferung oder Teillieferung) oder die Art der Verwaltung von Rück-
standsaufträgen eingestellt werden. Ebenso wie das Lager-Modul werden
im Modul PINode Kennzahlen wie der -Servicegrad oder die Wartezeit-
verteilung der Produkte erfasst.
5 Zusammenfassung
In diesem Beitrag wurde eine Supply Chain betrachtet, in der sowohl reine Lager-Knoten
als auch integrierte Produktion-Lager-Knoten existieren. Die sich daraus ergebene Prob-
lemstellung wurde erläutert und mit Hilfe der Simulationssoftware Arena modelliert. Zur
Verdeutlichung und als Einstieg in die Thematik der Integration externer Solver und Simula-
tionmodelle wurde detailliert gezeigt, wie bestehende Heuristiken und Optimierer berück-
sichtigt werden können.
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