Presseschau - Ihr Buch hat ein Gesicht
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Wiens Buchhandel gegen Amazon & Co.
14.04.2013 | 18:31 | (Die Presse)
45 der 530 Wiener Buchhändler legen sich mit dem Milliardenkonzern an. Die Kampagne
"Ihr Buch hat ein Gesicht" appelliert an das Heile-Welt-Denken der Kunden.
Wien/Awe. Der Online-Großhändler Amazon und seine Konkurrenten verkaufen neben Büchern längst
auch Artikel wie Baumaschinen, Fahrradzubehör und Küchenausstattung. Ein Mausklick genügt – und
wenige Tage später bringt der Paketdienst die bestellte Ware an die Haustür. Auf Wunsch auch zu
einem frei wählbaren Zeitpunkt.
Ein Service, das inzwischen vor allem dem fast schon romantisch verklärten Buchladen „um die Ecke“
zu schaffen macht. Ein Zusammenschluss einer Gruppe von Buchhändlern aus Wien will den Kampf mit
den weltweit agierenden Internetriesen nun zumindest auf lokaler Ebene aufnehmen. „Ihr Buch hat ein
Gesicht“ – so heißt die Aktion, in deren Rahmen sich die teilnehmenden Läden und ihre Händler über
Plakate, Postkarten, Webauftritte und Social-Media-Aktionen selbst eine Bühne schaffen. Das häufigste
Argument der Händler gegen die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit der Onlinehändler sind sie selbst.
„Die Wiener Buchhändler sind weit mehr als Verkäufer, sie sind oft Ratgeber, Freunde, Psychologen
und Vertraute“, sagt Bernhard Bastien von der Buchhandlung Lerchenfeld.
Überhaupt, so der Eindruck, setzen die Buchläden auf Gewissen, Bauchgefühl und ein klein wenig
Heile-Welt-Denken ihrer Kunden. So sei das Buchgeschäft vor Ort Garant dafür, dass der Umsatz, die
Steuern und die Arbeitsplätze in der Region bleiben. Es ist kein Zufall, dass die Aktion, die sich selbst
als „Kampagne für den stationären Buchhandel“ versteht, in eine Zeit fällt, in der Amazon öffentlich in
der Defensive ist.
Immer gleicher Buchpreis
Vor wenigen Wochen deckte die deutsche ARD in einer international beachteten Reportage massive
Missstände bei der Beschäftigung von Leiharbeitern bei Amazon auf. Dabei geriet auch der
österreichische Personaldienstleister und Amazon-Zulieferer Trenkwalder ins Visier. Auf dieser Welle
der Kritik möchten die 45 teilnehmenden Buchhändler nun mitschwimmen und gleichzeitig auf die
Bedeutung ihres eigenen Gewerbes hinweisen.
Ihre Geschäfte hätten zwar nicht zu Mitternacht geöffnet, aber auch der Laden um die Ecke könne
ausnahmslos jedes Buch zum gleichen Preis organisieren. Die Buchpreisbindung macht es Amazon und
seinen Klonen unmöglich, billiger anzubieten als die Händler vor Ort. Trotzdem: Der Hauptverband des
österreichischen Buchhandels schätzt, dass Internetbuchhändler inzwischen 15 bis 20 Prozent der
Umsätze absaugen. Tendenz steigend. Eine Summe, die den klein strukturierten Handel vor Ort – allein
in Wien gibt es 530 Geschäfte – hart trifft.
E-Books, die naturgemäß ausschließlich über Onlinehändler vertrieben werden, spielen dabei allerdings
noch kaum eine Rolle. Erst fünf Prozent der Verlagsumsätze sind auf den Verkauf von digitalen Büchern
zurückzuführen.
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14.04.2013